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Frau Rouveraud: Ich möchte nichts als meine Kinder erziehen.
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Frau Rouveraud: Das ist leicht, aber wenn Sie verftärkt werden durch liebe Erinnerungen.( Herr Grippelong will ihre Hand faffen. Sie stößt ihn zurück.) Und dann giebt es Gefühle des Abscheus, die man nicht überwinden kann.
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Kleines Feuilleton.
Herr Gr.: Aber, findet denn eine Frau in Ihrem Alter Schriftsteller und Buchhändler in Italien . Die dies von Ihrer Schönheit nicht immer eine hilfreiche Hand?( Nähert jährige Steuerliste von Mailand , dem wichtigsten Büchermarkt fich ihr unmerklich.) Da braucht man nur so ein paar Vorurtheile Italiens , giebt dem römischen Don Chisciotte Anlaß zu einer fallen zu laffen... Nebeneinanderstellung der versteuerten Einkommen der daselbst wohnhaften Buchhändler und Schriftsteller. Von den 16 Buchhändlern sind nur vier mit einem geringern Jahreseinkommen als 5000 Lire eingeschäßt; die Hälfte steht mit 10 000 und mehr angeschrieben, Ulrich Hoepli mit 32 bis 50 000, Civelli mit 57 000, Gebrüder Treves Herr Gr.( beißt sich auf die Lippen, um seine Enttäuschung gar mit 100 000 Lire. Die Lifte der Schrifftsteller eröffnet der Don zu verdecken). Schön, Frau Rouveraud; obschon ich kein strenger Chisciotte mit dem Weheruf: ohimè! Denn da ist das höchste JahresGläubiger bin, fo sehe ich doch, daß Ihnen diese Unterhaltung einkommen von nur 4000 Lire; zwei Helden der Feder sind so peinlich ist, ich will sie nicht fortsetzen. Können Sie mir feinen glücklich, es zu genießen: Giacosa und Illica; dann folgt Rovetta Termin... feinen bestimmten Termin für Ihre Zahlung an- mit 3000, Marco Praga und Colombani mit 2000, De Marchi mit geben? 1200, Fontana mit 1000 und die Dichterin Neera mit nur 800 Lire. Frau Rouveraud: Das hängt ganz von meinen Schwieger- Der Komponist Leoncavallo ist dagegen mit 10 000 Live eingeschätzt.eltern ab, deren Lage, offen gestanden, jetzt auch nicht glänzend ist. -ss- Ein merkwürdiges Pfeilgift sollen nach einer englischen Herr Gr.( fühl): Höchst bedauerlich. Auf alle Fälle haben chemischen Zeitschrift die Buschmänner der Kalahari Wüste in SüdSie hier meine Adresse. Wenn Sie mir vielleicht irgend eine Mit- Afrika benutzen. Sie vergiften nämlich ihre Pfeile mit einem theilung zu machen hätten, dann fönnen Sie mir schreiben oder thierischen Gifte, das von einem Insekt der Gattung Diamphidia selbst tommen; zwischen vier und sechs bin ich immer zu Hause stammt und entweder von dem erwachsenen Insekt oder auch von Frau Rouveraud: Ich glaube nicht, daß ich Ihnen etwas der Larve deffelben gewonnen wird. Der Chemiter Lewin fand in zu sagen habe, bevor ich die Miethe gezahlt habe. dem ausgedrückten Safte, der zur Vergiftung der Pfeile dient, ein en Herr Gr.( liebenswürdig): Wer weiß Giftstoff, welcher an Verfuchsthieren Lähmungserscheinungen unen Es giebt so viel Unvorhergesehenes im Leben. dann den Tod herbeiführte. Die Wirkung dieses Giftes soll darind auch nicht so schlimm... Auf Wiedersehen! bestehen, daß es die rothen Blutkörperchen dazu bringt, fich in dem Serum aufzulösen. Um das Gift zu gewinnen, genügt es auch, die Larve des Jusetts in destillirtes Wasser zu werfen, fie schwillt dann auf, das Wasser färbt sich hellgelb und erweist sich als fauer. Wenn man diese Lösung tocht, verliert sie ihre giftige Eigenschaft.- Literarisches.
Sie werden fehen. Uebrigens bin ich
Frau Rouveraud: Adieu, mein Herr. ( Herr Gr. geht nach unten. Er macht ein wüthendes Gesicht. Am Fuße der Treppe erwartet ihn Frau Roglu mit einem jungen, gut, aber nicht reich gefleideten Manne).
Frau Roglu: Herr Wirth der Herr möchte Sie sprechen. Es ist wegen des leeren Logis in der sechsten... aber er will nicht vorauszahlen.
Herr Gr.( gönnerhaft): Ach, sieh da! Und warum wollen Sie nicht vorauszahlen.
Der Mann: D, mein Herr, ganz einfach, weil ich kein Geld habe.
Herr Gr.: Das dachte ich mir... Aber Sie werden doch wenigstens Möbel haben?
Der Mann: Ich habe was man so im Haushalt braucht. Frau Roglu: Haben Sie ein Buffet, einen Spiegelschrank? Herr Gr.( die Frau mit einem Blick durchbohrend): Ja, ich bedaure, mein Herr, aber es ist unmöglich Sie haben fein Geld und keine Sicherheiten... Wer soll Ihnen denn da kredit
geben?
Der Mann: Mein Herr, wenn ich Geld hätte, brauchte ich feinen Kredit. Herr Gr.: Das ist klar. Aber wenn ich Ihnen Kredit ohne Sicherheit gäbe, wäre ich schön reingefallen.
Der Mann: Also Ehrenhaftigkeit giebt es in Ihren Augen nicht?
Herr Gr.: Ehrenhaftigkeit ist ein Gefühl, mein Freund, und ich liebe keine Gefühle in Geldsachen. Da giebt's nur Ziffern und Exempel Erst verschaffen Sie sich Geld, dann können Sie
wieder kommen.
Der Mann: Das wird mir ein jeder sagen. Herr Gr.: Wahrscheinlich. Aber ich kann nichts dran ändern. Ich mache es wie die anderen, und zwar weil es die anderen so machen wie ich.
Der Mann: Sie verlangen nun, daß ich Ihnen die Wohnung drei Monate vorauszahle; wenn ich aber zu meinem Fabrikanten ginge und wollte für vierzehn Tage meinen Lohn voraushaben, der würde mir ins Gesicht lachen.
Herr Gr.: Ja, ich behaupte gar nicht, daß unsere Zustände vollkommen sind! Beklagen Sie sich, das ist Ihre Sache. Uebrigens habe ich mein letztes Wort gesprochen: ich vermiethe nicht anders, sonst müßte ich meine ganzen Grundsäße umstoßen.
Der Mann: Seien Sie unbesorgt, folch ein Unglück will ich nicht anrichten. Da will ich es lieber anderwärts versuchen.
Herr Gr.: Ganz wie Sie wollen..( Der Mann geht. Grippelong zu Frau Roglu): Na, das ist ja eine schöne Pflanze, Ihre Frau Rouveraud Der werden Sie aber mal die Daum schrauben anlegen, und ich rathe Ihnen, nehmen Sie diesmal nicht ihre Partei.
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Frau R.: Ich werde die Augen zumachen und Ihnen ge. horchen, ich schwöre es Ihnen.
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Herr Gr.: Ohne Gnade muß fie rausgeworfen werden.. Geben Sie ihr acht Tage Frist, teine Minute länger dann muß Sie alles bezahlen sonst raus mit ihr!
Frau R.: Ja, Herr Hauswirth. Herr Gr.: Und wenn sie nicht einwilligt... dann schicken Sie fie mal zu mir... in meine Wohnung.. Ich werde ihr. Frau R.: Ja, Herr Hauswirth.
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Herr Gr.: Nun, Gott befohlen, Frau Noglu.( Geht. An der Thür bindet er seinen Schawl um und ruft zurück.) Also: hören Sie, teine Schwäche... acht Tage oder raus!... und teine Abschlagszahlung!... Ich will nur anständige Miether in meinem Hause haben!...
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g. b. Erkenntniß. Schauspiel in 4 Atten von Paul A. Kirstein. Berlin , August Deubner. 1897. Das Schauspiel hat ungefähr folgende Handlung: Eine Fabrit was sie hervor bringt, erfährt man nicht- muß neuer Maschinen wegen die Arbeit einstellen und ihre langjährigen Arbeiter entlassen. Der Meister Buckwitz gründet nun mit mehreren anderen eine Genossens schaft, welche bald verkracht. Doch dieses mit den neuen Maschinen war nur ein Schreckschuß und die alte Fabrik nimmt auch ohne fie die alten Arbeiter wieder auf. Alle, bis auf Buckwitz, den endlich eine Verkettung glücklicher Theaterumstände dazu treibt, selbst zu dem Fabrikherrn zu gehen und sich wieder ihm anzubieten. Warum das Stück„ Erkenntniß" heißt, ist schleierhaft. Glaubt der Verfasser damit zu beweisen, daß Genossenschaften ein Unding, oder will er einen Trumpf gegen die Sozialdemokratie ausspielen? Man fönnte es faft vermuthen, denn es wird da immer etwas von Genossen geredet. Oder soll das vielleicht die Erkenntniß sein: „ Für seine Kinder sorgen, det is das erste für die Eltern". Eine besondere Freude ist dem Leser noch durch folgende dem Drama vorgefchickte Bemerkung gemacht worden. Die Dialekte sind nur angewandt, um das Legere und Volkthümliche der Sprache anzus deuten." Nein! Wenn Dialekte angewandt werden, so müssen sie auch zu den Figuren gehören, wie das Tüpfelchen zum i. Denn ohne den Dialekt würden diese Leute nicht nur anders sprechen, sondern auch anders denken; mit einem Worte, überhaupt andere sein. Und deshalb ist der Dialekt durchaus nichts Nebenfächliches, was man eben braucht, um das Legère( ein prächtiges Wort!) der Sprechweise anzudeuten. Daß die Erstaufführung am 4. April 1897 im Lobetheater zu Breslau mit sehr gutem Erfolg stattgefunden haben soll wie uns wiederum eine Vorbemerkung verräth würde weniger für das Stück als gegen das Publikum sprechen. - 3ola's neiteftes Wert Paris " wird zuerst im„ Journal" erscheinen.
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Theater.
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wie der Dilettantismus trampfhaft sich bemüht, nach künstlerischen Es giebt kein merquicklicheres Schauspiel, als mit anzusehen, Bielen zu jagen. Als Skowronnet in seiner„ kranken Zeit" fich fern liegen, flopfte man ihm auf die tecken Fingerchen und über literarische Dinge lustig machen wollte, die ihm gewiß sehr wohlmeinend sprach man zu ihm: Das ist nichts für die Spaß. macher und Kätzchenmaler. Da erfaßte ihn der große Ehrgeiz, er Ich will ihnen beweisen, daß ich auch einer Ein und nicht blos zog sich grollend vom undankbaren Berlin zurück und sagte sich: Käßchen male; und Skowronnet beschenkte uns mit dem fürchterlich ernsten Drama, Waidwund", das am Sonnabend im Schauspielhause seine Première erlebte.
Das Stück hat so viele Merkmale dilettantischer Unbeholfenheit an sich, daß es wohl kein einziger Beurtheiler in der Berliner Presse und das überaus gutmüthige Bublifum des Schauspielhauses ebenfalls nicht, für voll nahm. Die Freunde Skowronnet's rathen ihm, zum Humor zurückzukehren. Diese Freunde verstehen unter Humor allerdings blos den harmlosen Theaterspaß; dem wirklichen, freien, poesieerfüllten Humor, der alle menschlichen Dinge menschlich begreift, stände Skowronnet vielleicht noch fremdartiger gegenüber, als der pathetischen Tragik.
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