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Schreiben, worin das Mißfallen ausgedrückt wurde, daß die Schuh-| Winkel lagen fie zwanzig, dreißig Jahre lang, und nothdürftig nur fnechte" nach ihrer bisher angewohnten halsstarrigen Bösheit" wurde ihnen der aschgrane Staub abgebürstet. Auch der große trotz aller Strafandrohungen die Arbeit nicht aufgenommen haben, Wohlthäter", jene von H. Wilken geschaffene Poffenfigur, vielmehr noch immer Zusammenfünfte halten. Es wurde daher das sah vorgestern ein wenig gealtert aus. Das grobe Augenverdrehen Standrecht verkündet, damit die Verächter und Uebertreter" des dieses habgierigen Muckers und seine gar zu unbändige Lüsternheit faiserlichen Gebotes, die„ Zerstörer des allgemeinen Ruhestandes an sichern ihm heute keinen rechten Erfolg mehr; das Publikum der Leib und Leben ohne Anstand" gestraft würden Doch das war Gegenwart ist ja gewiß nicht übermäßig anspruchsvoll und kunsts noch nicht alles. Auch die Wirthe, welche ihr Lokal zu derartigen verständig, aber ein bischen Ausfeilung will es doch schon haben. Versammlungen hergaben oder den Schuhmacher- Gesellen sonstwie Dem Voltstheater fam zu statten, daß es die Blößen des Stückes Borschub leisteten, sollten nach abgeschworener Urfehde auf die durch gute Darstellung und Einflechtung zeitgemäßer Episoden verGaleeren gebracht werden. Ja sogar jeder Bezirksrichter, der decken konnte. Schon manche fleine Rolle haben wir von dem solche„ höchst verbotene Zusammenfünfte" nicht sofort der höheren Komiter Reiff hübsch spielen sehen, aber so erheiternd, wie mit Behörde anzeigte und das möglichste thäte, um die Uebel- seinem Schuhmann, der überall zu spät nach dem Rechten sieht, thäter auszurotten", sollte zur wohlverdienten Strafe feines dürfte er noch nie gewirkt haben. Gleich diesem Künstler waren alle Amtes entsetzt, in Band und Eisen geschlossen, sodann im hiesigen Mitglieder der Bühne, ob Männlein oder Weiblein, herzhaft bei der Stadtgraben auf eine gemessene Zeit zur öffentlichen Arbeit aus Sache, so daß eine Vorstellung zu stande tam, die das Stück so gehalten werden." lebendig wie eben möglich machte.
Der Schluß bringt das Tragischste. Es wird erklärt, daß etliche „ Aufhetzer und Rädelsführer" zur wohlverdienten Todesstrafe" vers urtheilt wurden, weil die Gesellen den Befehlen und Warnungen bisher nicht nachgekommen wären.
Am 31. Oktober 1722 wurden auch thatsächlich zwei der Führer gehenkt und fünf andere mußten bei der Hinrichtung anwesend sein. D. H.
Kleines Feuilleton.
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Musik.
Von der Wiener Hofoper.
Der neue Direktor
Mahler hat den Mitgliedern des Hofoperntheaters einen Revers vorgelegt, durch dessen Unterschrift sie sich ehrenwörtlich verpflichten, teine Claque- Dienste fürderhin anzunehmen. Der Tenorist Naval vom Berliner Opernhause wurde von der nächsten Saison ab auf 5 Jahre engagirt.- Kulturhistorisches.
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Der Kaffee Krieg" in Paderborn . Am Ende Als der abgesetzte Polizeiminifter Fouché das Ministerium des vorigen Jahrhunderts verbot der Fürstbischof von Paderborn verließ, nahm er alle Listen seiner Agenten und die geheime Kordas Trinken von Kaffee, den er als einen Lurusartikel für Bürgersrespondenz mit, die er mit Napoleon geführt hatte. Bald stellten cute hielt, und seine Steuerbeamten fahndeten strenge nach den versich bei ihm der Marschall Berthier, sowie Réal und Dubois ein, botenen schwarzen Bohnen. Da aber hatte er die Frauen in ihren um die Siegel an feine Papiere zu legen. Ruhig erklärte Fouche, heiligsten und heißesten Gefühlen angegriffen und gekränkt. Es entdaß die Briefe des Kaisers verbrannt wären. Berthier und die beiden anderen wandten dem gegenüber ein, daß der Kaiser damit stand ein Aufruhr, anfangs lispelnd leise, dann wie des Waldstroms nicht zufrieden sein würde. Fouché lachte ihnen ins Gesicht und der frommen Bischofsstadt auf offenem Marktplage zum Nerger der laut Geroll, und eines Nachmittags tranfen die streitbaren Frauen verabschiedete sie mit den Worten: Stadtpolizei den schwärzesten Kaffee, den sie auftreiben konnten, und fetzten dem Berbote ihres Landesvaters einen solchen beharrlichen Trotz entgegen, daß diefer sich allmälig zur Zurücknahme seines Kaffee- Erlaffes veranlaßt sah.
Wenn ich diese Korrespondenz hätte, wäre sie meine einzige Waffe, und ich würde sie nicht ausliefern. Sagen Sie Napoleon daß ich seit 20 Jahren daran gewöhnt wäre, mit dem Kopfe auf dem Schaffot zu schlafen, und daß ich ihn nicht fürchte; er fann nur den Narren Furcht einflößen."
Und thatsächlich wurde Fouché mit vollkommener Rücksicht behandelt. Napoleon hütete sich, ihn anzurühren. Theater.
-Fran Réjane sette am Montag ihr Gafispiel als Nora" in Jbsen's Schauspiel fort. Das sollte der Prüfstein für die gestaltende Kraft der Pariser Künstlerin werden.
Aft scherzt und lacht, eur sonnig- heiteres, übermüthiges
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Geographisches.
Chassa, die heilige Stadt des Dalai Lama , wurde als Residenz erst im 7. Jahrhundert n. Chr. gewählt. Der Wechsel des Königssites, der ursprünglich öftlich von Chaffa gelegen war, hängt mit der festen Begründung des Buddhismus in Tibet zufammen, ter wenige Jahre vorher durch Jnder dort die erste Einführung erhalten hatte. Die Stadt mit ihren goldstrahlenden Kuppeln und Thürmen der zahlreichen Lamaserinen und Klöfter, den prachtvollen Gruppen hundertjähriger Bäume, welche die Vorstädte umfränzen, soll nach Huc einen reizenden und zugleich majestätischen Anblick gewähren. Die Hauptstraßen Lhassa's sollen breit, gradlinig und im ganzen sauber gehalten sein. Die Häuser sind weiß getüncht uno mit glafirten, blauen, chinesischen Ziegeln gedeckt. Jedes Haus hat einen Thurm, und von Thurm zu Thurm spannen sich über die Straßen Seile, die in echt buddhistischer Weise mit Lappen von farbigem Tuch behangen sind. Lamas, Weiber und Hunde giebt es in Lhaffa" sagt ein chinesisches Sprichwort, und man kann in der That ohne Uebertreibung annehmen, daß in Lhassa und der näheren Umgebung mehr ein halbes Hunderttausend gelber Mönche leben. als Die Stadt und, was draußen zu ihr gehört, ist ein ungeheurer Klosterkomplex. Aber 2baffa ist auch nach Benares und Mekka der be suchteste Wallfahrtsort, das große Stelldichein der kurznasigen Rasse. Wie die Mohammedaner nach Metta , wie die Hindu nach Benares , jo pilgern jährlich viele Tausende Anhänger Buddha's nach Shaffa, um den fleischgewordenen Statthalter Buddha's anzubeten. Zu Fuß und auf armseligen Kleppern reitend, ftrömen fortwährend neue Anfömm linge aus allen Theilen Asiens herbei. Hier sehen wir orthodoxe Lamas von Taschi- Chambo, drapirt in weite gelbe Gewänder, dort Ladaki in rauhe, schmutzige Schaffelle gehüllt. Diese wild aussehenden, hochgewachsenen Männer mit den ungekämmten Locken find Pilger aus Khars an der chinesischen Grenze, geborene Räuber, Buddhisten von wildestem Fanatismus. Auch schwerfällige, dickbackige Mongolen kommen in Wienge nach Lhassa . Aus den fruchtbaren Niederungen Chinas , aus den unabsehbaren Wüsteneien der Mongolei , aus den wilden Schluchten des Himalaya und Küen- lün strömen die Schäße der Pilger nach dem Sitze des Dalai- Lamia. Da ist kein Goldflumpen zu schwer, fein Naphoitstein zu kostbar, der nicht auf den Stujen des Thrones von Potala niedergelegt würde. Da auf diese Weise viel Geld nach Lhassa strömt, und die dortigen Waaren und Fabrikate, wie Webereien, Räucherstäbchen, Götterbilder schen um der Heiligkeit des Ortes willen gekauft werden, so ist der Handel und die Gewerbthätigkeit der Stadt nicht unbedeutend. Je armfellger die Häuser und Hütten in Tibet , desto prächtiger erscheinen die Tempel und Klöster der Geistlichen. In Lhassa selbst ragt an Pracht und Größe namentlich ein Klofter hervor, das Lapreng, Lhaffas Opferhaus genannt. Es gilt zugleich für das Zentrum des ganzen Landes, indem alle Hauptstraßen Tibets hier zusammentreffen. Allein der Angelpunkt, um den sich das ganze System des tibetanischen Buddhismus dreht, ist nicht in den gewaltigen Lamaserinen und Klöstern zu finden, sondern unter der vergoldeten Kuppel auf dem Potala- Hügel und ist der Dalai Lama . Etwa eine Viertelstunde von Lhaffa entfernt, ragt fteil aus der
Nora ist ihrem Wesen nach ein germanischer Frauentypus. Da mit ist selbverständlich nicht gemeint, daß das Schicksal, das Nora innerlich erlebt, nicht allgemein menschlich empfunden werden könne. Das Nora- Geschick kann eine Französin nicht befremden, nur wird das Rassentemperament einer spezifisch Pariserischen Schauspielerin sich anders äußern, als das Temperament etwa einer nordgermanischen Künstlerin, die ein leidenschaftliches Erlebniß in halb verhaltenen, schweren Tönen wiedergiebt. Weil uns da manches bei Frau Rejane fremd anmuthet, wäre es darum ungerecht. ihr überaus seines Können leicht abzuwägen. Wie sie im ersten Kind, voll sorgloser Laune und kapriziöser Heiterkeit, das war vollendete Kunst und inniges Behagen. Man muß nur die französischen Naturlaute für Lust gelten lassen; und so keck- graziöse Luftigkeit, wie bei Frau Réjane , theilt sich leicht mit. Aber wie dann Nora ihren Läuterungsprozeß durchmacht bis zu dem geistig bedeutsamen Entschluß, der den Bruch mit ihrem bisherigen Leben ankündigt, das vermochte Frau Réjane unferer Empfindung nach nicht in gleicher Meisterschaft durchzuführen; wenigftens nicht so durchzuführen, daß man Nora's Charakter einheitlich wachsen sah. Im einzelnen hatte Frau Réjane ganz ergreifende Momente; wenn fie im zweiten Aft die Tarantella tanzt und plöß lich ein wilder Ausdruck verzweifelter Angst Angst über ihr Gesicht zuckt, so ist das gewiß unvergleichlich mehr, als eine sorg fam ausgearbeitete Virtuofen- Studie. Wo aber Nora nicht mehr aus bloßer Empfindung, sondern in sicherer Erkenntniß zugleich zu handeln beginnt, wo sie zur Selbstachtung sich durchringt, da vermißte der Schreiber dieser Zeilen den geistig großen Zug. Da er schien Frau Réjane theatralisch starr, eine Nora mit flug ausstudirter Pose. Das stärkste, ursprünglichste, schauspielerische Talent braucht immer neue, schwere Aufgaben, an denen es emporklimmen kann. Es lag an den Verhältnissen, die Frau Réjane zwangen, sich der leichter wiegenden Produktion hinzugeben, daß sie nicht das Höchfte erreichte, was in der Schauspielkunst zu erreichen ist. Schade, daß die über mäßig hohen Eintrittspreise es nur einem so geringen Theil des Theaterpublikums möglich machen, eine Schauspielerin wie die Réjane, deren Technik jedenfalls überaus fein ausgebildet ist, kennen zu lernen.
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Das Luisen Theater fann ristiren, was fein anderes Theater sich getrauen würde. Unvermittelt springt man hier vom dürren Boden der Berliner Lokalposse zur hohlen Gaffe des Wilhelm Tell " hinüber und vom klassischen Gestade wieder zu der Spree geduldigem Wasser zurück. Sie sind nicht einmal neu, die mit Spreewaffer getauften Kinder der Muse; in irgend einem