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fenfiblen Nervenleitung, fo begenerirt die dazu gehörige Nerven-| Berderber, wie den Boflhalter Schlegel, der für seine üppige Fran gelle; nach einiger Zeit bemerkt man aber auch, daß die Zelle des Strizzi- Dienste" beim Herrn Reservelieutenant und Millionär nächsten Neurons, das der Leitung angehört, zu gründe geht, und lettinger thut. Sein Zuhälter- Beispiel wirkt auf den Hausknecht, man darf wohl annehmen, daß dasselbe auch bei den weiteren Zellen den feschen Lorenz, der die weitherzige Posthalterin ebenfalls pouffirt. der Fall ist, daß also fämmtliche Zellen einer ganzen Neurontette Sommerfrischler kommen dazu, Bauernkomödie wird gespielt, der abfterbeu. Es entspricht das der uralten Erfahrung, daß wir Posthalter will den werthvollsten Gemeindebesitz verschachern, uns von jedem äußeren Reiz absperren, wenn wir einschlafen um ein neumodisches neumodisches Riefenhotel darauf zu errichten. wollen; wir begeben uns in ein dunkles und ruhiges Zimmer, um Kurz, ein Theil des Bauernthums selbst ist aus dem Boden, in dem die Reize auf das Auge und das Ohr zu vermeiden, und erreichen es wurzelt, losgelöst worden. Der andere Theil, der in Ruederer's dadurch vermuthlich eine verminderte Thätigkeit der Nervenzellen. Satire freilich mehr im Hintergrunde bleibt, was das Publis Gönnen wir ihnen aber zu lange Ruhe, sperren wir uns dauernd um so leicht verfennt, sieht sich verrathen und verkauft. von jedem äußeren Reize ab, so geht der Schlaf der Nervenzellen In diesem Theil verkörpert sich die alte Volts- und Bauern­in thre vollständige Zerstörung, in ihren Tod über. So erkennen empfindung. Zuckungen der Volksseele verrathen sich auch in der wir, daß unser Leben und die uns umgebende äußere Natur aufs fatirischen Komödie Nuederer's ganz deutlich; in der Gestalt des engste zusammengehören; von außen empfangen unsere Nerven be- Kederbauern, der ein lebendiger Proteft wider den Schacher mit der ftändig Reize, und darum allein leben wir und wiffen wir, daß wir Gemeindewiese ist, und selbst in der Gestalt des armen, stammelnden empfinden und leben. Somit bilden die äußeren Reize für den Pagenlipp's, des Mußenbauers. Noch einmal empört sich das normalen Verlauf eines thätigen Lebens, dessen Grundbedingung fie bäuerliche Volksgemüth in einem Haberfeldtreiben; schon aber hat find, eine unerfehliche Wohlthat. Bt. die Schmutzwelle, die sich über das Land ergoffen bat, zu viel ver­wüstet. Den Strizzi von Posthalter hätten die behördlichen Autori­täten gerne preisgegeben. Als aber die Haberer, diese Bauernlackel, sich erdreisten, selbst den Amtsrichter und den Pfarrer zu treiben, ist es vorbei. Die Schelme rufen Viktoria. Die Dirnen vom Münchner Viktoria- Theater stehen als weißgekleidete Engel auf der Festbühne. Die Zersetzung ist weit vorgeschritten, denn schon kommen die Lumpenelemente zusammen, die den Findelhaus Verein" des würdigen Posthalters darstellen; die wackere Frau Posthalterin wird eine ehrfame Fahnenpathin, und Pfarrer, Richter und Bürgermeister geben ihren Segen dazu.

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Kleines Feuilleton.

Die Schiller Urkunde im Kaiser- Denkmal. In der Frantf. 3tg." lefen wir: Von einem unserer Leser war uns dieser Zage folgendes Kuriosum mitgetheilt worden: Bei der eiligen Errichtung des kürzlich enthüllten Wiesbadener Kaiser Friedrich Monuments, der die Abreißung des Schiller Dentmals vorhergehen mußte, hat man das alte Fundament aus dem Jahre 1859 stehen lassen und dabei völlig verabfäumt, auch die zu Schiller's ewigem" Gedächtniß dort versenkte Kassette mit Stiftungsurkunde zu entfernen, die also jetzt sich unter dem neuen Kaiser Friedrich Denkmal befindet. Für letteres einen besonderen Grundstein mit Stiftungsurkunde zu legen, hatte man in der Eile des Denkmalbaues gleichfalls für überflüssig gehalten."

An die Vorstellung im Goethe- Theater mit Bonn als Rettinger, Hofpauer als Posthalter und Nuscha Buße als Posthalterin darf man nicht denken, wenn man gegen die Friedrich- Wilhelmstadt gerecht sein will. Aber der krampfhaften Sucht der Regie, grell zu über­treiben, sollte man mahnend gegenübertreten. Man will Obwohl der uns bekannte Herr Einsender seine Mittheilung doch dem Volt Kunst bieten und so soll auch in der Schauspielerei als durchaus verbürgt bezeichnete, schien uns der in Wiesbaden nicht frasser Ungeschmack sich breit machen. Schauspielerische In­beobachtete Vorgang doch zu absonderlich, als daß wir ihn ohne dividualitäten giebt es verdammt wenig; sie können nur auf weitere Bestätigung hätten für möglich halten sollen. Wir wandien den größten Bühnen wirken und fich entfalten. Aber uns deshalb an eine andere Persönlichkeit in Wiesbaden , die wohl auch Durchschnitts- Schauspieler fönnen sich wenigstens korrekt in der Lage sein konnte, von den Vorgängen bei der Austauschung und bescheiden dem Dichterwort anschließen; und wenn der Dichter der beiden Denkmäler genau Kenntniß zu gewinnen. Die Auskunft, sagt, Frl. Wally Wanninger ist ein unselbständiges Püppchen, ein die uns nun von dieser Seite zu theil geworden, lautet in ihren verwöhntes Mutterkind, so darf die Darstellerin dieser Wally nicht Hauptstellen: nach miserabelfter Theatermanier immerzu am fleinen Finger saugen und in ewig quietschendes Geschrei ausbrechen. Ein Regiffeur, der derlei duldet oder begünstigt, ist kein Kunstbildner, sondern ein Kunstverderber.

Es ist richtig, daß bei der Errichtung des Kaiser Friedrich­Denkmals das alte Fundament des Schiller Dentmals stehen gelassen wurde. Unrichtig ist, daß verabsäumt" wurde, die Stiftungsurkunde nebst der obligaten Flasche 1859 er zu entfernen. Die Sache wurde reiflich überlegt, aber das Fundament erwies sich als so fest, trotz der an jener Stelle ungünstigen Bodenverhältnisse ( Komplitation von heißer Quelle und Grundwasser), daß es für rathfam erachtet wurde, es für das neue Denkmal zu benutzen. Ihre zweite Frage, ob vergeffen" worden ist, auf das alte Fundament einen weiteren Grundstein mit Stiftungsurkunde für das Kaiser Friedrich- Denkmal zu legen, kann ich leider nicht beant

worten."

Wie steht nun eigentlich der Fall? Ist die Stiftungsurkunde für das Schiller- Denkmal aus dem Grundstein des Kaiser- Monuments entfernt oder nicht? Hat man die Entfernung erwogen, ohne sie ausführen zu können, weil das Fundament sich als zu fest er­wies? Vielleicht provoziren diese öffentlich gestellten Fragen eine authentische Antwort. Wir sind neugierig, ob sich die Manen Schiller's auf so humoristische Weise an denen gerächt haben, für die die Wegschaffung des Poeten- Denkmals die einfachste Sache von der Welt gewesen.

Theater.

Die Freie Boltsbühne führte am Sonntag im Friedrich Wilhelmstädtischen Theater zwei Stücke auf, von denen das eine Sein Jubiläum" von E. Precz ang durchaus von ſenti mentalischem Grundklang ist, das andere Die Fahnenweihe" von Joseph Ruederer geflisfentlich, manchmal sogar allzu abficht­lich aller Sentimentalität spottet.

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Der Darsteller des Posthalters, der au glauben schien, ein Münchener Strizzi sei vom Morgen ab bis zum Abend gleichmäßig rabiat, gab auch als Träger der Hauptrolle in Preczang's" Jubiläum dem Dramolet einen pathetisch- deklamatorischen Bug, was vielleicht gar nicht in der Absicht des Verfassers lag. Den Schluß eines traurigen Lebenskapitels hat Preczang in seinem Bild aus dem Handwerker­leben" in wenige Szenen zusammengedrängt. In einfachen Zügen wird das ganze Refumée aus einem einfachen Leben gezogen. Der Titel Sein Jubiläum" ist eine bittere Jronie. Sein 50jähriges Arbeitsjubiläum feiert der greise Schuhmacher Lehnhardt. Die Noth war sein und feiner treuen Gattin ewiger Begleiter; sie weckte aber feine Rebellion in dem frommen Gemüth des Alten. Als es aber mit dem Klein­handwerfer immer abwärts ging; als sein Weib den letzten theuersten Werthgegenstand, ihr Brautgeschent, ins Pfandhaus trägt, und der Gerichtsvollzieher den letzten Schmuck pfändet; und als dann im schneidenden Gegensatz hierzu der Innungsvorstand kommt und seinem alten Mitglied gratulirt und die papierne Ehrenrolle über­reicht: da bricht in dem Alten die neue Erkenntniß durch. Er fühlt den grimmigen Hohn, und die alte Gläubigkeit ist in ihin zusammens figurirt im Stücke der jugendliche Neffe des alten Lehnhardt. gebrochen. Als Verkünder einer neuen zukunftsfrohen Anschauung Dramolet fand im Publikum Mitverständniß und Mitempfindung, die sich in lebhaftem Beifall äußerte.

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Das

Ueber die jüngsten Novitäten des Residenz Theaters nur ein paar Worte. Man gab am Sonnabend einen Schwant Ruederer's Komödie wurde im Vorjahre an dieser Stelle ein- Die vierte Dimension" von Alexander Bisson, dem gehend besprochen. Die Dramatische Gesellschaft hatte sie zuerst auf- Verfasser der tollen Madame Bonivard ". Bitter rächt sich der geführt, das Theater des Westens nahm sie hernach ins Repertoire hitzige Schacher im Theaterbetrieb. In wenigen Jahren sind die auf. Vor der Freien Boltsbühne fanden die beiden ersten Akte herz- witzigsten Köpfe ausgepumpt. Wie armselige Tröpfe ftehen heute baft heitere Aufnahme, der dritte letzte Att fiel dagegen ab; ein die Pariser Poffenautoren da, und in der deutschen Reichs­Theil des Publikums zischte. Vielleicht schien ihm die Darstellung, hauptstadt finden sich Direktoren, die noch immer vor ihnen vielleicht die fatirische Absicht des Verfassers zu grell gerathen. Enieen. Das ist eine blutige, eine herrliche Jronie! Man Der Satiriker wird aber die Dinge immer auf die Spitze hat den Witz der Autoren gepeitscht und gejagt, und immer sollte er treiben müssent. Dazu kommt bei dem Münchener Ruederer auf der einzigen Botenseite gedeihen und immer neue Wunder vom ein fünstlerisch- persönlicher Beweggrund: Die Erbitterung über die gehörnten Ehemann erfinnen. Nun liegen die Gehezten auf dem Schönfärberische Bauernkomödie( mit Zitherbegleitung und Schuh- Boden; ihr Wiz ist lahm, ihre Lustigkeit erzwungen, ihre Hanss plattlertanz), deren verlogener Empfindsamkeit er sein scharf be- wurstereien find trübselig und öde. Das hat mit seiner leuchtetes Wahrheitsbild gegenüber stellen wollte. Mit bewußter Wuth der fraftausbeutende Theaterschacher gethan, und die Absichtlichkeit wählt Ruederer den Schauplatz für seine Komödie da, deutschen Theaterdirektoren mögen die Hände ringen, wenn wo Großstadt und Land sich schon zu berühren beginnen, wo nicht ihr Publikum, das auf die die Bote dressirt war, wie mehr das reinbäuerliche Klaffeninteresse vorwaltet. Ein ein Neufundländer auf das Apportiren vom Wasser her, plöglich zu Gebirgsmarkt unweit von München ift der Drt der wiehern aufhört. Es hat wirklich aufgehört, trotzdem in Bisson's Handlung. Der Bürgermeister ist zugleich Maurermeister, Stück abermals der närrische Profeffor, den feine junge üppige Frant

der

Vorstand des Gemeindekollegiums ein Kaufmann. Die betrügt, vorkommt, und trotzdem dieser Professor allerlei höchst benachbarte Großstadt giebt schmußige Existenzen ab, verdorbene moderne, mediumistische und hypnotische Kunststücke" macht.