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das Wachsthum von Kindern zu ermitteln. Wenn man sie in an eindringlicherem Ernfte, als er sonst abgethanen Repertoir- Anti­gemessenen Zeiträumen wiegt und mißt und von den sich ergebenden quitäten zugewendet wird, einstudirt worden und gab vor Allem Bahlen immer die früheren abzieht, so erhält man, wie viele einem Gaste, Herrn Nebe aus Karlsruhe , Gelegenheit, als glauben, ohne weiteres die Wachsthumszahlen, zumal wenn sich van Bett ursprüngliche komische Kraft und für einen Baßbuffo ein Kind regelmäßig entwickelt". Ein einfacher Versuch genügt, hinreichende Stimmmittel und Gesangskunft zu zeigen. diesen Glauben zu erschüttern. Wiegt und mißt man ein zehnjähriges Das 7. philharmonische Konzert sicherte sich durch Kind abends unmittelbar vor dem Schlafengehen und morgens un- die Mitwirkung Pablo de Sarate's erhöhtes Intereffe. Ist mittelbar nach dem Aufstehen, so wird am Morgen sein Gewicht dieser spanische Violinvirtuose auch seit seinem ersten Erscheinen, etwa 700 Gramm( beinahe 1/2 Pfund) weniger, seine Länge zwei da er sich der Kunstwelt vor 25 Jahren als in sich fertige Ju­Zentimeter mehr betragen als am Abend vorher. Das Wachsthum dividualität vorstellte, tein anderer, vor allem fein rein musikalisch geht eben vor sich nach den uns nur unvollkommen bekannten Ge- Bedeutenderer geworden, so ist dieses Vierteljahrhundert auch an der setzen der Entwickelungsgeschichte. Im großen und leicht erkenntlich Fülle feiner pikanten Vortragsfeinheiten, an den Schattirungen tritt die Wirkung dieser Gesetze hervor, wenn man das Wachsthum feines füßen Tones und seiner mit allen Schwierigkeiten spielenden der verschiedenen Thierklassen mit einander, oder das Wachsthum Technit spurlos vorübergegangen. Aus seinem etwas schmächtigen des Kindes mit demjenigen von höheren Thieren vergleicht. So Repertoir hatte er diesmal das 2. Bruch'sche Konzert gewählt, dem braucht das neugeborene Kind, um sein Gewicht zu verdoppeln, es nicht an gewisser musikalischer Eigenthümlichkeit, wohl aber an ebenso viele Monate, als das neugeborene Kalb Wochen. Aber zulänglichkeit gehaltvoller Motive fehlt. Sekundäre Vorzüge es giebt noch zahlreiche andere Ursachen, welche auf Gewicht und werden da in raffinirte Beleuchtung gefeßt; es ist ein frankes, Wachsthum fördernd oder hemmend einwirken. Hierzu zwei Bei- unwahres Stück. Für das bekannte a- moll- Rondo von Saint- Saëns spiele: Ein sechsjähriges Kind hat ein Jahreswachsthum von um mit seiner Ballettgrazie, der kunstreich zugespizten Rhythmik und gefähr vier Pfund, also ein mittleres monatliches Wachsthum von trivialen technischen Zurschaustellung dünkte uns Sarate zu gut. Aus 1/3 Pfund. Wenn ein solches in den ersten warmen Frühlings- dem Programme, welches Beethoven's Egmont Ouvertüre und Brahm's tagen viele Stunden bei lehaster Bewegung im Freien zu 2. Symphonie enthielt, ragten die drei genial fonzipirten Orchesterstücke bringt, erleidet es einen dauernden erheblichen Gewichts aus der" Damnation de Faust " von Berlioz durch poetische Anmuth, verlust, da es durch Haut und Lunge unverhältmäßig schwungvolle Energie und pathetische Leidenschaftlichkeit hervor. Die im viel Wasser abgiebt und den Verlust durch Trinken nicht posante Inspirationsfähigkeit des großen französischen Orchesterkoloristen genügend ersetzt. Daher wird die Wachsthumszahl des Kindes kommen in diesem Menuett der Irrlichter"," Sylphentanz" und für den betreffenden Monat viel kleiner ausfallen, als dem wirklichen Rakoczy- Marsch" zur glänzendsten Aussprache; und Nitisch hatte Wachsthum entspricht, vielleicht sogar negativ werden, das heißt, das die drei Sachen mit solch zündender Unmittelbarkeit heraus­Kind wird weniger wiegen wie im vorhergehenden Monat, obgleich gebracht, daß der Sylphentanz" wiederholt werden mußte. feine sämmtlichen Organe gleichmäßig weiter gewachsen sind. Ferner: Frederik Lamond ist ein geistig tiefgründiger Beethoven­die Stadtkinder, welche in sogenannte Ferienkolonien gehen, er: Pianist, dessen künstlerischer Ernst bis zu verschlossener Herbheit ge fahren in den wenigen Wochen ihres Landaufenthalts meist eine steigert erscheint. Er spielte die letzten Sonaten, denen vielleicht erhebliche Gewichtsvermehrung, büßen dieselbe aber nach kurzer Zeit die bestimmtesten Züge des Titanen eingeprägt find, mit stärkster wieder ein, wenn sie in ihre früheren Verhältnisse zurückkehren. Hier Eigenempfindung und plastisch vollendeter Technit. Er hat dem handelt es sich offenbar nicht um plögliches Wachsthum, sondern um Klavier fast alles abgerungen, was es zu bieten vermag; eine Art von Mäftung. Beim allgemeinen Vergleichen des Wachs- und vermißt man eines an dem feltsamen Künstler, so ist es die An­thums der Säuglinge fann man ftets ein Zurückbleiben der künstlich muth, welche dem Hörer die höchsten Echöpfungen wie ein gefälliges Ernährten konstatiren. Eine Heminung überhaupt tritt ein gegen Zonfpiel ins Ohr schmeichelt. Lamond's Gegenspiel ist Anton Ende des dritten Vierteljahres, welche wohl der Zahnentwickelung Förster . Er produzirt ausschließlich falte, glänzende, langweilige zuzuschreiben ist.- Virtuofität, welche alle diejenigen bewundern, denen Musit nur eine unbegrenzt rasche Folge von Noten bedeutet. Er hat so geringe Pietät, daß er selbst Beethoven's c- moll- Sonate( Op. 111 ) als Ge schwindigkeits- Refordpianist traftirte. Die Machenschaften über­geschäftiger Reklame haben auch die Leistungen der Brüsseler Opern­fängerin Elise Kutschera geschädigt. Mit ihrer auf Ernst und Gewissenhaftigkeit bafirten Kunstpraxis weiß diese Sängerin mit großen Bruchstücken aus Wagner's Tondramen technisch fertig zu werden; aber nur mit den Behelfen der Bühne, die ja ihre Heimath ist, wird die Künstlerin den Geduldaufwand des Publikums halb­wegs würdig entlohnen können. Der dänische Hosopernsänger Nordal Brun ist ein Tenor, dem seine dänischen Freunde gewiß warmes Interesse entgegenbringen. Hier hat seine naturalistische Singfreudigkeit, welche das Gelingen als glücklichen Zufall betrachtet, ftille Heiterfeit erregt.

Theater.

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Goethe Theater. Berliner Spezialitäten" ift ein neues Boltsstück benannt, das am Freitag im Goethe- Theater des Herrn Prasch zum ersten Male le aufgeführt wurde. Als Ver­faffer zeichnet Ludwig Fernand. Das ist ein Pseudonym. Seit einmal jemand auf den Einfall tam, einem Roman den fenfationellen Titel: Und Bebel sprach" zu geben, meint jeder August, mit den Worten Und Bebel sprach" ließe sich gut trebsen. Herr Fernand also bringt ebenfalls einen Arbeiter, der sich auf Bebel beruft, von die " die veränderte Weltordnung" und vom iroßen Kladderadatsch" spricht, im übrigen lieber pumpt als arbeitet und immerzu streift. Herr Fernand möchte aber auch nicht gern einseitig erscheinen und fo findet er auch Roupletstrophen, in denen mit vielem fentimen­talen Jammer das nächtliche Großstadtelend dem nächt­lichen Großstadtübermuth bei Champagner und Tanz gegen iddial Kunstgewerbe.

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übergestellt wird. Herr Fernand ist also doch so herablassend, hig Glasmosaiken für ein Geschäftshaus in Halle find mit gnädigem, geistigen Almofen der sozialen Nothlage beizustehen. Nur macht sein Spötteln, weil es der Ausdruck ehrlicher Unfenntniß augenblicklich im Lichthof des Kunst gewerbemuseums aus­ist, einen wohlthätigeren Eindruck, als sein Syrupmitleid. Im übrigen gestellt. Es sind Erzeugnisse der deutschen Glasmosaik- Gesellschaft ist das Volksstück Berliner Spezialitäten" ein richtiges Schauspieler- von Buhl und Wegner in Rigdorf, nach Entwürfen von May flück, das heißt, es feht sich aus alten Theatererinnerungen zu Seliger. Sie beanspruchen ein besonders Intereffe, da Glas­fammen, wie sie im Geift von Komödianten gern haften bleiben. mosaiten sonst nur noch in Venedig von Salviati zur Füllung von Ein übermüthiger Bantier verleitet ein Schneiderfräulein auf Abwege, Fensterbogen und größeren Flächen hergestellt werden, während man der Bankier wird durch seine wüste Verschwendung an den Rand fich in Rom und Florenz auf die Anfertigung von Schmucksachen des Ruins gedrängt; Fräulein Paula besinnt sich auf ihre Ehre, und kleinen Gemälden beschränken. Ferner tommt bei den aus hoffentlich hat sie nicht ganz Bankrott erlitten und heirathet den gestellten Glasmosaifen in betracht, daß zum ersten Male mit Arbeiter, der von seiner Bebel- Echwärmerei geheilt wird, nicht mehr vom Achtstundentag fafelt, sondern froh ist, wenn er für sich und für die Seinen bis nach Mitternacht schaffen kann. Ich habe den Schluß der Komödie nicht abgewartet. Nicht ohne Anmuth gab Fräulein Grete Gallus das Schneiderfräulein; aber vordem, am Wallner Theater, war diese Schauspielerin frischer in refoluten, Berlinischen Gestalten.-

Material in moderner Weise gearbeitet wurde.

diesem wir an dem Kaufhaus, Ecke der Leipziger­

Während

und Wilhelmstraße, noch die übermäßige Buntheit der früheren Arbeiten erkennen können, fällt bei den neuen Glasmosaiten eine weise Beschränkung, eine überlegene Beherrschung der Farbe auf. Bei den zwölf Bildern des Thierkreises ist meist mit fräftiger Zeich nung eine mäßige Färbung verbunden, die namentlich bei dem Schüßen, dem Widder und dem Wassermann angenehm zu nennen c. Boltsvorstellungen im Gothaer Softheater. ist. Von den drei großen Mosaiken, die ebenso wie die Bilder des Im Gothaischen Landtage batte der Abgeordnete Bock zehn Volts- Thierkreises zu Füllungen von Fensterbogen dienen sollen, haben die vorstellungen mit billigen Eintrittspreisen im Berlaufe jeder Spiel Schwäne im Schilf eine ornamental wirkende Zeichnung und zeit des Hoftheaters gefordert. Eine Zeit lang batte man sich geleuchtende Farbe. Troydem die Mosaiken nur von der Rückseite zu sträubt, jetzt endlich ist man dem Verlangen nachgekommen und hat 7 Vorstellungen( 3 Opern und 4 dramatische Stücke) bewilligt. Die sehen sind, ist die Ansicht nicht schlechter als von der Vorderseite, Bertheilung der Billets geschieht durch die Krankenkassen; die Ar- da sie aus Glasstiften zusammengestellt sind, die eine durchgehende beiter erhalten eine Anweisung, die sie zum Auslosen eines Billets gleiche Farbe haben; nur die Goldstifte mußten provisorisch bronzirt berechtigt. Es giebt uur einen Eintrittspreis: 40 Pf. Am letzten Sonntag war die erste Vorstellung; man gab die" Journalisten". Das Theater war schon acht Tage vorher ausverkauft.-

Musik.

werden.

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Aus dem Thierleben.

Die Riesenschlangen sind nach einem Aussage des Zoologen Dr. Fr. Werner in Wien weitaus die begabtesten ihrer Sippe. Bei dem großen Publikum sind sie durch die Vorstellungen -er-. Theater und Konzerte. Das Opernhaus der Schlangenbändigerinnen und die gruseligen Erzählungen über sie hat mit einer schicklichen Neuinfzenirung von Lorging's Czar die beliebtesten". Das gruseligste" ist die Bezauberung ihrer armen und Zimmermann" die Repertoirfähigkeit dieses wirklich Opfer durch ihren starren Blick, der diese unfähig macht, ihnen zu tomischen Wertes wieder einmal erwiesen. Die Oper war mit weit entfliehen. In Wirklichkeit kümmern sich aber beide zuerst gar nicht

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