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Daß Ihr wie ein rechtschaffener Vater an dem Kinde handeln schreckt vor dem Ungeheuerlichsten nicht zurück; es ist das und es beschützen und behüten wollt an Leib und Seele, Schicksal, an das der wehrlose Mensch gebunden ist; und dann sollt Ihr für sie sorgen dürfen und ich will's dem Herrn die Dichter spähten mit Hamlet nach überfinnlichen Dingen aus, die jenseits unserer Schulweisheit lagen. Pfarrer sagen, daß Ihr ein Recht dazu habt."
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Der Fremde streckte ihr die Hand entgegen, und fie legte die ihre in dieselbe Hand, die sie vorher verflucht hatte.-
Kleines Feuilleton.
Menschen; nur sucht sie fein Schicksal nicht zwischen Himmel und Auch die modernste Anschauung erkennt das Gebundensein des Erde, sondern verlegt es in die Welt, die jeden umgiebt, die ihn erzieht und ihn werden läßt, was er wird. So innerlich fremd nus daher Werke wie Grillparzer's Abnfrau" sind, so fühlt man doch auch heute noch den fieberhaft bewegten dramatischen Pulsschlag dieses Gedichtes. Kaum eines der Erftlingswerte in unserer Literatur -w- Vorfrühling. Wenige Tage ist es her, eine innere bekundet die eminent dramatische Begabung des Autors so deutlich, Unruhe, ein Verlangen nach Unbestimmtem zog mich hinaus. Ich wie die„ Ahnfrau", wenn man von Schiller's Räubern" etwa absieht. wanderte durch die Straßen. Doch selbst im dichtesten Gewühl Darum hätte Grillparzer's Drama doch nicht im Schiller- Theater fonnte ich keine Ruhe finden. Immer weiter mußte ich. Endlich aufgeführt werden sollen. Nicht vor diesem Publikum, das so uns tam ich in die Gegend, wo die Straßen von großen Lagerplätzen bändig verstandesflug zu sein scheint. Aber Grillparzer war ja begrenzt werden, zwischen denen nur ab und zu eine nackte Mauer gerade kein Cretin, verehrte Mitbürgerinnen, die ihr tichertet:„ Du eines neuen Hauses schroff emporſteigt. Plöglich stand ich am ahnst es nicht." Ihr geht allenfalls einmal zur flugen Frau, um sie Uferweg. An der hellgrünen Böschung des Flusses spielten bar- zu befragen. Aber an Gespenster glaubt ihr nicht.- Nun, in Wahrheit, häuptige Kinder. Ihre Köpfe glühten vom Haschen und Laufen. auch Grillparzer hat nicht an Gespenster geglaubt. Mancher spöttelnde Hell und laut riefen sie einander zu. Die Bäume waren mit Spaßen Blondkopf ahnte wirklich nicht, wie man stupide aussehen kann, während man so verschmitt zu sein glaubt. gefüllt, die lärmend zwitscherten und zankten. Es ist gut, daß In der Mitte des graugelben Stromes zog ein fleiner Dampfer dieser Raffe fein Dichter ersteht; er hätte boshaftere Tage noch einen schwerbeladenen Steinfahn. An seinem Steuer stand der zu verleben, als sie dem armen Grillparzer in Wien beschieden Schiffer. Breitbeinig erhob er sich wie ein Stück des Rahnes. Ueber waren. feinem Leibe trug er nur eine dünne Wolljacke. Dunkle Hosen endeten an kleinen Lederpantoffeln. Den buschigen Kopf bedeckte eine zerknitterte Rattunmüße. Das alles schien zu seinem Körper zu gehören, wie er zum Schiff. So stand er unbeweglich am Steuer, starr vor sich hinsehend und den Ranch aus seiner Pfeife regelmäßig vor sich hinblasend. Er achtete nicht darauf, daß die Kinder so fröhlich laut spielten, und die Spaßen lärmten.
Am Himmel, an dem den ganzen Tag über dunkle Wolken heerden über den hellgrauen Grund gezogen waren, leuchtete es roth auf. Die Wolfen wurden vom Westen bis zum Osten von der Sonne, die weit hinter dem Stadtdunst untergegangen war, durchglüht. Es war nicht das brennende Roth des Mohnes oder das fatte Roth des Blutes, sondern das leichte, milde Roth des Flieders, das zum ersten Mal im Jahre den ganzen Himmel durchstrahlte. Auch deu qualmigen Stadtdunft durchzitterte ein röthlicher Schimmer. In die vom Flusse aufsteigende Dämmerung drang er und um fleidete alles mit frischem, schillerndem Leuchten.
Die Unruhe in mir löfte sich. Es war, wie wenn ich das Unbestimmte gefunden hatte, wie wenn der ferne Frühling zu mir spräche in dem lauten Spiel der Kinder, dem Lärm der Spatzen, dem frischgrünen Gras der Böschung und dem ersten Abendroth.
Und auch der Schiffer erschien mir wie ein Künder des Frühlings.
Ich ging zurück durch den wachsenden Abenddunst, in dem die Brückenlaternen aufblikten, zurück in die staubige Stadt mit ihrem Rädergeschwirr, Maschinengefauche und Hammergepoch.
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Die Darstellung war nach meiner persönlichen Empfindung um etliche Grade zu laut, ohne darum ins wild- lärmende zu verfallen. Das außerordentlichste Raffinement beobachteten seinerzeit die Meininger. Ihr Beispiel war auch im Schiller- Theater zu erkennen; nur wäre wohl ein taftvolleres Maß beim jeweiligen Erscheinen der weißen Schloßfrau der Wirkung günstiger. Gespenster schleichen, fagt man. Unter den Einzeldarstellern hob sich Herr Bach ( Jaromir) durch lebhaftes Temperament hervor.- -ff,
Kunft.
Die Künstlerinnen Ausstellung im Atademiegebäude hatte einen Besuch von nahezu 8000 Personen, die das tägliche Eintrittsgeld zahlten. Eine ganze Anzahl der ausgestellten Werke wurden verkauft.
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Die Madonna in einer Landschaft" von Piero della Francesca , ein foftbares Wert aus dem 15. Jahrhundert, ist von dem Louvre angetauft worden. Der Kaufpreis betrug 130 000 Frants. Da die Verwaltung nur 100 000 Frants für das Werf geben wollte, mußten die fehlenden 30 000 Franks von Privatpersonen, reichen Kunstfreunden, aufgebracht werden.
Kulturhistorisches.
Ein ungalantes Geset. Im Jahre 1770 wurde in England im Parlament folgende Bill eingebracht und dann ein stimmig zum Gesetz erhoben: Jedwede Frau, gleich viel welchen Alters, welchen Ranges und Berufes, jedwede Frau, und sei sie noch - Ueber den Kraftverbrauch des Radfahrers im Ver- so hoch gestellt, jedwede Frau, gleichviel ob verheirathet, Wittwe gleich zum Fußgänger hat, wie die Zägt. R." mittheilt, Leo oder Jungfrau, die von dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes Bunz durch Versuche im physiologischen Laboratorium der Berliner mit Hilfe von Wohlgerüchen, Schminken, Pomaden, falschen 3öpfen, Thierärztlichen Hochschule einige Gesichtspunkte gewonnen, die mit Hackenschuhen einen Unterthan Seiner Majestät zur Heirath unter den praftischen Erfahrungen ziemlich übereinstimmen. Als Maß falschen Voraussetzungen verfübren wird, ist als Betrügerin zu be für den geleisteten Kraftaufwand diente der Verbrauch an Sauerstoff strafen, insbesondere aber ist jeder Heirathsantrag, der von einem bei der Athmung während des Fahrens und Gehens. Um die Manne, dessen Sinne durch Wohlgerüche betäubt wurden, gestellt eingeathmete Luftmenge genau messen alt tönnen, wurde, als ungiltig und nicht flagbar zu betrachten. Der Gebrauch auf der Lenkstange ein Gasmesser angebracht, daß von Parfüm ist überhaupt fortan nur bei Begräbnissen gestattet, er das Gleichgewicht nicht störte. Rad nebst Gasmesser von der Ueberzeugung geleitet, daß bei so ernsten, traurigen Anlässen wogen 21,5 Kilogramm, die Versuchsperson 70 Kilogramm. selbst hinterliftige, gefährliche Frauen nicht gesinnt sein werden, sich Die Versuche ergaben, daß bei einer Geschwindigkeit von 15 Kilo- aus der Schaar der Leidtragenden ein Opfer zu suchen." metern in der Stunde, also bei einer bequemen Durchschnittsgangart, der Sauerstoffverbrauch nur um 6 pCt. größer war, als bei einer Geschwindigkeit von kaum 9 Kilometern. Wurde dagegen die Geschwindigkeit auf 21,5 Kilometer in der Stunde gesteigert, so stieg der Verbrauch von Sauerstoff gegenüber der mittleren Gangart um etwa 10 pet. Um eine unmittelbare Vergleichung zu ermöglichen, wurden auch eine Reihe von Gehverfuchen in verschiedener Gangart aus geführt. Es wurde dabei angenommen, daß ein Radfahrer- Tempo von 15 Kilometern in der Stunde 6 Kilometern Marschleistung eines guten Fußgängers entspräche. Es stellte sich heraus, daß bei 6 Kilometern für den Fußgänger und 15 Kilometern für den Radfahrer dieser 72, der Fußgänger aber nur 59 Liter Sauerstoff in der Stunde verbrauchte. Die Zahlen zeigen, daß im allgemeinen die Anstrengung des Radfahrens unterschätzt wird. Eine Stunde Radfahren erfordert alfo 22 pet. mehr Kraft, als eine Stunde Wanderns. Wie weitere Versuche lehrten, verbraucht bei größeren Geschwindigkeiten der Luftwiderstand den größten Theil der Kraft des Radfahrers.- Theater.
Im Schiller Theater wurde am Sonnabend Grill parzer's Jugenddrama" Die Ahnfrau " gegeben. Vor achtzig Jahren ist das Gedicht entstanden. Die Welt hatte Heroifches erlebt. Nach der erschütternden Revolutions tragödie die napoleonische Beit mit ihren Plänen von Welteroberung und ihrem ewigen Kriegsfieber. An die feltsamsten Möglichkeiten hatte die blutige Epoche gewöhnt, und man war müde und abgespannt geworden. In solchen Tagen wurde das Schicksalsdrama" geboren. Noch ist es erfüllt vom Blutgeruch der vergangenen Zeit; die Phantasie
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Psychologisches.
Der sechste Sinn. In der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. hielt kürzlich Privatdozent Dr. Nagel einen Vortrag über den sogenannten sechsten Sinn. Die Straßburger Post" berichtet darüber: Es ist eine leicht zu beobachtende Thatsache, daß viele Thiere in ungezwungener Ruhelage eine solche Stellung einnehmen, daß ihre Körperare in ganz bestimmter Weise zur Vertikallinie orientirt ist. Bei manchen, z. B. den Wasserfäfern, den Medusen und anderen ist dies eine einfache Folge der Massenvertheilung, also durch die Lage des Schwerpunktes bedingt; fle bleiben auch nach dem Tode in dieser Stellung. Bei anderen dagegen liegt die Sache so, daß sie ihre Stellung nur der Thätigfeit ihrer Bewegungsorgane verdanken. Das bekannteste Beispiel hierfür bieten die Fische. Keinem normal gebauten Fische fällt es ein, auf der Seite oder auf dem Rücken zu schwimmen"; und doch würde die Lage des Schwerpunktes dies be Singen, wie dies auch der todte Fisch zeigt. Auch dann, wenn man die Muskelthätigkeit lähmt, etwa dadurch, daß man durch das Wasser, in dem der Fisch sich befindet, und damit durch ihn selbst einen elektrischen Strom leitet, ihn in sogenannte Galvanonarkose verfett, fintt er sofort auf die Seite; nach Unterbrechung des Stromes schwimmt er wieder in gewohnter Weise. Wie vielfach der ganze Körper, so nehmen auch einzelne Körpertheile, vor allem der Kopf, eine zur Vertikallinie ganz bestimmt orientirte Richtung ein. Gine Schlange oder eine Blindschleiche, die man in der Hand in verschiedenster verschiedenster Weife bewegt, sucht immer den Kopf horizontal zu halten; ein Frosch, den man auf einem Tellen.