-
230
Auf den Lärm stürzten alle Offiziere ins Zimmer und umringten Beide. " Ihr Niederträchtigen! Ihr Elenden!" schrie er schäumend vor Zorn und sich heftig nach allen Seiten wendend. " Das also war's! Ihr habt Euch verschworen! Mich tödten, mich morden, mich vergiften wolltet Ihr? Das war Eure Absicht? Und wofür? Was habe ich Euch gethan? Und dieser Basilist, der sich mein Freund nannte, ließ sich als Werkzeug dazu verwenden? D Schande, Schande über Euch, und ewige Verdammniß!"
-
Klappern hierher. Der Hauptmann ging immerfort, den kühlen Säbelgriff verzweifelt in der Hand festdrückend. Er fürchtete, einen Augenblick still zu stehen, als wenn ein fürchterliches Ungeheuer ihn verfolgte und beim kleinsten Aufenthalte ihn ereilen und in Stücke reißen würde. Endlich schüttelte er sich, hielt an, und begann seine auseinandergesprengten, verstreuten Geisteskräfte zu sammeln. ( Fortfehung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Alle schwiegen. Einige der kräftigeren Offiziere hielten ihn an Händen und Armen fest. Er wand sich, fluchte und knirschte mit den Zähnen, Blut, Tod und Rache schnaubend. Redlich stand seitwärts bleich wie eine Leiche und wartete, bis fich der Hauptmann beruhigen würde. Als die Kameraden jedoch saben, daß Redlich's Anblick ihn immer wieder zu un- frisch zugegriffen, genöthigt wird nicht. Das giebt's nicht bei mir!" schreiblicher Wuth entfachte, baten sie ihn, daß er sich ins nächste Zimmer entferne. Erst nach einer halben Stunde sant der Hauptmann, ganz heiser, schwach und erschöpft, wie todt auf den Seffel und begann wieder zu weinen.
Erst spät nachts faßte er sich so weit, daß er ruhiger überlegen konnte, was zu thun sei. Und nun verlangte er wieder mit Redlich zu sprechen.
Jener trat ruhig, bleich und resignirt herein.
"
"
Du sagtest, daß Du Beweise haft, die gegen meine Frau zeugen," sprach der Hauptmann. Wo sind sie? Beige sie!" Die Beweise sind derart, daß ich sie nicht vorweisen fann, und doch laffen fie feinen Zweifel zu. Es ist die Erzählung des unglücklichen Baron Heuchlingen ."
"
" 1
Des Barons!" rief der Hauptmann, wie ins Herz getroffen.
" Ja wohl, des Barons, den diese beiden Frauen in ihr Nez gelockt und ruinirt hatten. Deine Frau hatte bei dieser Geschichte sogar die Hauptrolle übernommen. Von welcher Art diese Rolle war.
"
Schweig! Schweig!" schrie der Hauptmanu und warf Redlich seinen Handschuh ins Gesicht.
Ruhig und ohne sichtbare Erregung, nahm dieser die Aufforderung entgegen. Nach Verlauf einer halben Stunde war die Sache geregelt. Die beiderseitigen Sekundanten arrangirten mit Zustimmung beider Parteien den Plan einer ehrenhaften Erledigung der Angelegenheit.
Gegen elf Uhr nachts verließ der Hauptmann das Kasinogebäude.
Und wo wohnt dieses... Weib?" fragte er beim Weggehen. Man gab ihm Julien's Adresse, worauf er falutirte und, ohne jemand die Hand zu reichen, fortging.
VII.
-
So, meine Herren! Nun aber, bitte, nicht zieren! Immer sagte der Großkaufmann Fiedler. Er überblickte die Tafel, die er für seine Geschäftsfreunde und Bureau- Arbeiter hatte decken lassen, um mit ihnen den Tag zu feiern, an dem er vor zwanzig Jahren seine Fabrik in Betrieb gesetzt hatte.
"
Großtaufmann Fiedler war ein Mann von fünfzig Jahren, groß und breitschulterig. Auf einem furzen Nacken trug er einen breiten, bartlosen Kopf, dessen Stirn" bis an den Wirbel reichte. Er hatte ein so vergnügt heiteres Aussehen, daß man nicht gut be haupten konnte, die Schreibtischlampe habe ihm sein Kopfbaar wegs gejengt. Sein rothgefprenfeltes Gesicht verrieth, daß es die Fassade eines wandelnden Weinkellers war. Seine starte, stets feuchte Unter lippe deutete an, daß er auch andere Leckerbissen nicht verschmähte. Seine kleinen grauen Augen funketten luftig, als er sah, wie die Herren schmunzelnd sich niederließen und sich die Stühle bequem rückten. Bald hatten alle ihre weißen Servietten zwischen
Kragen und Hals gesteckt, Gabeln und Meffer klapperten auf den
Zellern.
Fiedler hatte für jeden Geschmad gesorgt. Da stand Fischsalat neben Brager Schinken, Raviar zwischen faltem Rebrücken und Fasan. Das beste aber war, daß sich, wie spitze Kirchthürme aus niedrigen Häusern, vor jedem Platz zwischen den vielerlei Speisen blanke Flaschen erhoben. Sie enthielten die schönsten Blumen, die aller dings erst in den Gläsern, die neben den Flaschen standen, und in die der Inhalt der Flaschen geleert werden mußte, aufblühen und dusten konnten. In der Mitte der Tafel standen bei dem fruchte beladenen Auffah jogar noch zwei Eiskühler, aus denen die goldenen Köpfe mehrerer Setiflaschen grufend herausschauten. Dem Hausherrn war es in dem Zimmer zu dunkel. Es hatte nur in der einen Ecke ein Fenster, das auf einen kleinen Garten hinausging. Hinter dem Gärtchen ragte ein Fabrikgebäude auf, dessen rothe Ziegelsteine schwärzlich überhaucht waren, wie wenn fie in einer Rauchtammer gehangen hätten. Die Farbe erschien in dem dunftigen Dezemberlicht noch unbestimmter als sonst. Das Haus warf feine Schatten bis in das Zimmer..
Großfaufmann Fiedler drehte an einem kleinen Hahn des Kron feuchters, der über dem Tisch hing. Aus den elektrischen Birnen ftrahlte goldiges Licht, das die Speisenden zärtlich umschmeichelte. War bis jetzt die Stimmung gedrückt gewesen, so stellte sich bald eine ziemlich laute Fröhlichkeit ein. Selbst die äußerst würdig aus. fehenden Veteranen der Kaufmannschaft, die aus ihren grauen Ge fichtern ernsthaft und erhaben geblickt hatten, sprachen lebhaft durch
einander.
Nachdem der Hauptmann das Kasino verlassen, ging er einige Zeit gerade aus, mechanisch, unbewußt wie ein Automat. Er wich den Passanten aus, bog an der Ecke einer Straße Nur an dem einen Ende des Tisches sprach man leise und immer in eine andere ein, und kam so immer weiter, ohne zu schüchtern. Hier saßen die Ingenieure Fiedler's. Zwischen zwei wissen wohin. Er hatte das Bedürfniß nach Bewegung, nach älteren Männern, die mit ergebenem Gleichmuth, wie er vielen Dunkelheit und nach Vergessen. Die Nacht war still, frostig Meuschen eigen ist, die troß ihrer höheren geistigen Gaben stets und dunkel. Der Schnee fiel, und seine kalten Flocken be- unter Mindergebildeten gefrohnt haben, hatte ich ein junger Der Mann niedergelassen. Er war nur von deckten dem Wanderer Gesicht, Augen und Mund. cinen voll Pockennarben
Mittelgröße und verunstalteten Kopf.
Doch
Hauptmann empfand ihre Berührung wie feine Nadelstiche, batte in feinen Augen Jugend und Kraft. Unter doch diese Stiche waren ihm ein sonderbares Vergnügen. Das glühte Geraffel eilig vorüberfahrender Wagen war ihm ebenfalls feiner eckigen Stirn schien ein Vullan von allen edlen Leidenschaften gefangen. Seine Bewegungen waren ungelent, doch sicher. Er angenehm, denn es schien den Sturm zu übertönen, der in sprach fast gar nicht, blickte aber aufmerffam umber. Als seine seinem Inneren tobte, und alles, alles, was darin Schönes, Nachbarn die Ausstattung des Zimmers lobten, sagte er wegwerfend: Geliebtes war, vernichtete, umstürzte und mit der Wurzel Geschmacklos! Welcher kunstverständige Mensch hängt denn in herausriß. einem Speisezimmer soviel Waffendekorationen auf? Das Buffet sieht ja nicht übel aus, aber die vielen kleinen Eck- und Wandbretter mit den bunten Krügen und Humpen verderben dessen vornehme
"
Arbeit."
Er hatte ziemlich laut gesprochen. Mehrere der Umsigenden verstanden ihn. Die beiden älteren Männer zu seinen Seiten saben verlegen auf ihre Teller. Sie fühlten sich für die Worte ihres jüngeren Kollegen verantwortlich.
Von der Fredro - Gasse tam er auf die Bathorj- Gasse, dann durch die Stein- Gasse auf die Herren- Gaffe, dann kehrte er um und ging in die Grüne Gasse, ohne jedoch die Straße bis zu Ende zu gehen, bog er in die Byblifiewicz- Gasse. Er suchte einsame, dunkle Schlupfwinkel, trat also in das Pfadgäßchen und kam von der anderen Seite wieder auf die Fredro Gasse heraus. Dann passirte er den Akademischen Fiedler, der des jungen Ingenieurs Rede auch gehört hatte, Play und tam in die Töpfer- Gasse, dann in die faßte sie scheinbar harmlos auf. Er meinte: Ach, wiffen Sie Tauben Gaffe, ging dann durch die Kalecza= auf was, lieber Scholz, die Hauptsache ist doch die, daß man was hinWas nüßt der gute Geschmack, die Offolindi Gasse und trat bald darauf in den leeren, zuhängen und hinzustellen hat. einsamen, in Dunkel gehüllten Stadtgarten. Die nackten wenn der Geldbeutel zu furzbeinig ist, um dem schnellfüßigen GeBaumäste verschwammen in der Dunkelheit, und die stärkeren nach möglichst gesicherter Lebensstellung strebt, hat man keine Zeit, schmack folgen zu fönnen? Na, und sehen Sie, wenn man Stämme hoben sich wie schwarze Säulen von dem dunklen viel an Geschmack zu denken."
0
Hintergrunde ab. Der dichte Schnee dämpfte die schwach- Er ließ sich den Rest aus seinem Settglase über die halb vor. flackernden Flammen der an den Ecken der Straßen brennenden gestreckte Bunge in den Mund laufen, leckte feine Lippen ab und Laternen. Das Wagengerassel drang nur wie ein entferntes sprach dann vertraulich weiter, mit einem Anflug der Berlince