Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 64.
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23]
Donnerstag, den 31. März.
( Nachdruck verboten.)
Am häuslichen Herd.
Homan von Jwan Franto.
Hat die andere Partei opponirt?"
Die Sekundanten remonstrirten, aber natürlich nur in eigenem Namen. Wir blieben aber bei unseren Forderungen." " Und Redlich?"
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Sogleich!"
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1898.
Entweder oder!" sauste und summte es ihm im Kopfe. Er trachtete den Haß gegen Redlich in sich zu erneuern, zu steigern, aufzureizen. Der Pulvergeruch entfachte ein Fieber in seinem Blute, wie er es in den bosnischen Schlachten zu fühlen pflegte. zwei.... drei!" ertönten die Worte des
Eins Kommandirenden.
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Nur ein Schuß fiel diesmal, nur eine Pistole hatte Feuer Der war einverstanden, ohne jedes Zögern." und Rauch entsandt und zwar diejenige des Hauptmanns. " Es ist alles gut," sagte dumpf der Hauptmann.„ Wann während der Kommandoworte hatte er von seinem Rechte Gebeginnen wir?" ostal die brauch gemacht, war Redlich einige Schritte näher getreten und im Augenblick, als der Ruf„ drei" ertönte, knallte auch sein Die Sekundanten entfernten sich, um die Vorbereitungen Schuß. In demselben Augenblick machte Redlich, wie von einem zu treffen, der Hauptmann legte Mantel und Säbel ab und gewaltigen Windstoß fortgeriffen, eine plötzliche und heftige betrachtete dann mit gleichgiltigem Gesichtsausdruck eine Bewegung nach links, ließ die Pistole fallen, erhob beide Lithographie, die die Wand des Saals zierte. Es war ihm, Hände, breitete sie dann aus wie ein Ertrinkender oder einer, als träumte er. Ein sonderbares Chaos herrschte in seinem der das Gleichgewicht erhalten will, wankte endlich und stürzte, Innern. Er hatte den Eindruck, als wäre jener Mann in der die rechte Hand an die Brust in der Gegend des Herzens Militärblouse, der, die Hände in die Taschen gesteckt, die Litho- preffend, zu Boden. All' das war das Wert einiger Sekunden. graphie betrachtete, ein ihm fremdes und gleichgiltiges Wesen, Die Aerzte und die Sekundanten eilten auf ihn zu, hoben das sein geheimnisvolles Jch von der Seite mit einem gewissen ihn auf die Arme und legten ihn in der Nähe des Fensters Staunen betrachtete. hin. Nur ein großer, rother Fleck, rund, wie der Boden eines Wasserglases, blieb am Fußboden zurück. Der Hauptmann stand noch einige Zeit auf seinem Platz und blickte starr auf diesen Fleck. Dann näherte er sich der Gruppe, die um Redlich beschäftigt war; dieser gab kein Lebenszeichen von sich.
Inzwischen trafen die Sekundanten, leise Worte wechselnd, die traditionsmäßig im Duell- Koder vorgeschriebenen Vorbereitungen. Zwei von ihnen maßen die Distanz ab, zählten Taut die Schritte und verzeichneten auf dem Fußboden mit Kreide, wo die beiden Gegner stehen und wie weit sie vorschreiten sollten. Die anderen zwei luden die Pistolen, ein jeder für seine Partei, und die Aerzte ordneten auf dem Tisch den Verband und stellten ihre mit chirurgischen Werkzeugen gefüllten Kästen in Bereitschaft.
Dem Beispiel des Hauptmanns folgend nahm Redlich ebenfalls Mantel und Säbel ab. Die anderen, außer den Aerzten, behielten ihre Mäntel an, denn im Saal herrschte empfindliche Rälte. Die geladenen Pistolen versahen die Sekundanten mit Zeichen, machten dann zwei gleiche Zeichen auf zwei Papierzettelchen, die sie zusammenwickelten und in eine Müze hineinwarfen. Die Gegner zogen schweigend die improvisirten Loose, vorerst Redlich, dann der Hauptmann. Dann wurden ihnen die entsprechenden Pistolen eingehändigt. Es waren große Offiziers- Revolver, die bei ähnlichen„ Ehren " Affären oft schon Dienste geleistet.
Ein Schauer erfaßte den Hauptmnnn, als er die Waffe berührte, ein falter Strom drang ihm von der Hand bis zum Herzen.
" Das ist Todesahnung!" flog es ihm durch den Sinn. Doch er empfand weder Furcht, noch Leid, als handelte es sich um jemand anderen. Mit steinerner Ruhe besichtigte er seine Waffe und stellte sich auf den Standpunkt, der ihm von den Sekundanten bezeichnet wurde.
"
Achtung meine Herren!" rief einer der Sekundanten. ,, Sie erlauben, daß ich kommandire?" Wir bitten darum."
"
" Ich mache Euch also aufmerksam, in dem Augenblick, da ich drei" rufe oder höchstens 5 Sekunden darauf, muß gefeuert werden. Während des Kommandos hat jeder das Recht, sich seinem Gegner auf fünf Schritte zu nähern bis zu dem Querstrich, der auf dem Fußboden verzeichnet ist."
Beide Gegner standen ruhig und hoch aufgerichtet da mit zur Erde gesenkten Pistolen. Eins
zwei drei!" kommandirte langsam mit lauter Stimme der Sekundant.
Zwei Schüsse tnallten fast gleichzeitig. Reiner von den Gegnern hatte sich vom Fleck gerührt, weder vor noch nach dem Schuß. Der Hauptmann hörte Redlich's Kugel über seinen Kopf vorüberpfeifen. Hatte Redlich absichtlich fehlgeschossen? Was den Hauptmann betraf, so hatte er diese Absicht nicht gehabt.
Ist einer der Herren verwundet?" fragte der Sekundant. Nein!" antworteten beide zugleich. Bestehen Sie auf dem zweiten Schuß?" JJawohl!" sagte der Hauptmann.
Redlich schwieg.
Die Pistolen wurden gereinigt und von neuem geladen. Der Hauptmann preßte trampfhaft den Griff der Waffe und biß sich auf die Lippen.
Wie steht es um ihn?" fragte er. blue
Was geht Sie das an?" erwiderte scharf einer von Redlich's Sekundanten. Sie können gehen! Sie haben das Ihrige gethan! Vergällen Sie ihm nicht die letzten Augenblicke seines Lebens!"
Die Wunde ist also tödtlich!" stöhnte der Hauptmann, sich beim Kopf fassend und ganz daran vergessend, wie er sich vor kurzem mit aller Gewalt gezwungen, diesen Ausgang herbeizuwünschen!
" Spielen Sie hier keine Komödie!" rief ihm mit unverhohlener Verachtung und Haß der zweite Sekundant zu. Nun haben Sie, was Sie haben wollten! Das ist nun schon Euer zweites Opfer!" fügte er mit besonderem Nachdruck hinzu. Ich denke, nun werdet Ihr genug haben. Oder vers langen Sie noch mehr? Dann stehe ich zu Diensten."
"
Mein Herr!" rief mit schmerzerfüllter Stimme der Hauptmann, der sich in der tiefsten Seele gebrochen und vernichtet fühlte durch die Blicke, die Worte und das ganze Benehmen
der Sekundanten.
" Gehen Sie fort!" wiederholte ungeduldig der Sekundant. Sie sind hier überflüssig, und unsere Pflichten gegen Sie find zu Ende. Sie haben uns den Beweis geliefert, daß Sie gut schießen, doch glauben Sie ja nicht, daß deswegen einer von uns seine Meinung über Sie und ihre werthe Gemahlin ge ändert habe. Adieu!"
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Dem Hauptmann wurde es ganz dunkel vor den Augen. Ein Etwas in seinem Innern stieß und drängte ihn eine wüthende Bestie über jenen Offizier herzufallen, ihn in Stücke zu reißen, sich in seinem Blute zu wärmen. Doch der gewichtigere Theil seines Jchs blieb stumm, kraftlos wie parainfirt. Er trat an den Sessel, auf dem sein Mantel und Säbel lag, zog sich an, salutirte mechanisch, ohne zu wissen vor wem, da ihn niemand von den Anwesenden beachtete, und ohne sich umzusehen, mit zusammengefniffenen Lippen und gebrochenem Herzen verließ er die Schießstätte.
X.
" Ich habe also getödtet!" dachte der Hauptmann.„ Einen Menschen, meinen Freund, habe ich getödtet, ich bin ein Mörder! Ich habe ein menschliches Leben auf meinem Ges wissen und ich selber lebe noch. Was nun? Wohin mich
wenden?"
Er trat auf den Hof. Die wachthabenden Offiziere vers ließen bei dem Knall der Schüsse ihren Standort und liefen in den Saal; als sie dem Hauptmann im Hofe begegneten, befragten sie ihn, doch er verstand ihre Worte nicht und ging stumm an ihnen vorüber. Als er vor das Thor hinauskam, schien es ihm, als sei er aus einer bewohnten Welt in einen unbegrenzten leeren Raum gekommen; alles, was vorher geschehen war, hatte sich in seiner Vorstellung als Vergangen