— 21 fitlbrntfl erzeugen. Gegen Ende September schlägt der Wind nach Norden um und verliert, da er ans dem Gebirge kommt, seine Feuchtigkeit fast vollkommen. Er ist nicht nur heftig, sondern auch »nangenehni kalt und behält seine Straft oft bis zum nächsten Früh- jähr unverändert bei. Besonders i» den Städten und auf den ge- düngten Feldern wirbell er große Staubmassen auf, die mit ihrem Gehalt von Millionen von Bakterien die Menschen aufs höchste be- lästigen und ihre Gesundheit gefährden. Daher gehen die Leute viel- fach mit Respiratoren ans den Straßen, und die Japanerinnen hülle» sich den ganzen Kopf bis ans die Augen ein. Die Luft ist zu dieser Zeit so trocken, daß die Fingernägel ganz spröde werden und bei jeder Veranlassung wie Glas abspringen. Wenn man während dieses heftigen Windes im Scheine der Frühlingssonne etwa von Ost nach West geht, so wird die von der Sonne getroffene Körper- Hälfte stark erwärmt, während die andere dem eisigen Winde aus- gesetzt bleibt. Dies ist die Ursache zu häufigen Erkältungen und besonders der Rheumatismus ist dort heimisch wie in keinem anderen Lande, daher die den Japanern ganz eigenartige Geivohnheil täglicher heißer Bäder von 42 Grad. Wenn man in ein solches Bad hineinsteigt, so empfindet man das Zurückdringen des Blutes in die Gefäße der Haut wie lauter Nadel- stiche. Professor Löw wurde beim Verlassen des Bades zweimal be- wnßtlos. Auch die natürlichen heißen Bäder Japans find stets über- füllt und lobenswertherweise einfach und billig eingerichtet, so daß selbst der Aermste dort Heilung suchen kann. Die Massage wird seit uralten Zeiten in Japan gegen rheumatische Leide» angewandt. Des Abends ziehen die Masseure durch die Straßen der Städte und bieten durch ein Pfeifeufignal ihre Dienste an. In der Hauptstadt besteht eine besondere Anstalt zur Ausbildung von Masseuren. Mehrere Thermen in Japan gelten übrigens auch als heilkräftig gegen Hautkrankheiten, besonders die allerheißeste»»lit einer Tempe- ratur von über SO Grad. Da es begreiflicherweise die größte lieber- Windung kostet, in ein solches Bad hineinzusteigen, so hat die Bade- Verwaltung dieser bei dem Orte Kusals befindlichen Quellen eine strenge militärische Zucht eingeführt. Auf ein gegebenes Trompeten- zeichen muß unweigerlich jeder Badegast in die Brühe hinein und darf daS Wasser erst auf ein zweites Signal nach abgezählten qual- vollen Minuten verlassen. Eine besondere Heilkraft schreiben die Japaner auch den Wasserfällen zu, in deren Sturz sie sich zugleich baden und masfiren lassen. Professor Löw führt noch einige weitere Eigenthümlichkeiten der Japaner ans, z. B. die Häufigkeit schlechter Zähne und schlechter Auge», die durch das Tragen von Goldplomben und von Brillen ausgeglichen werden. Es giebt in Japan auch mehr Blinde als in anderen Ländern, die den Verlust des Augenlichtes meist durch die Pocken erlitten haben. Bekannt ist die Empfindlichkeit der Japaner gegen Alkohol, selbst in ganz geringen Mengen. Ganz frei von Aberglaube» ist die japanische Heilkunde freilich noch nicht, z. B. werden noch immer gegen manche Leide» Pillen verfertigt aus dem Gehirn und der Leber Verstorbener. Auch glaubt man, daß viele Personen, besonders Weiber, von einem Geist tn Gestalt eines Fuchses besessen feien, der alle ihre Handlungen be> stimme und mit veränderter Stimme aus dem Körper heraus spräche wie die Stimme eines Bauchredners. Die einzige Heilung davon ist eine Wallfahrt oder ein als.Fuchsauslreiber" berühmter Priester.-- Aus der Pflanzenwelt. Aus Italien ist jetzt eine Blume zu uns gekommen, schreibt Trojan i» der„Nationalztg.", die bei uns erst in sechs Woche» etwa zur Blüthe kommen wird, übrigens aber in unsere» Gärten selten ist. Es ist die Schwertlilie v o u S u s a(Iris Lusiana), die jetzt in den Berliner Blumenläden zn sehen und für SO Pf. das Stück zu kaufen ist. Diese großen abgeschnittenen Blüthen auf kahlem Stiel ohne grüne Blätter gewähren einen ganz absonderlichen Anblick, sie erinner» eigentlich mehr an Fledermäuse als an Blumen. Bei genauerem Zusehen erkennt man leicht die Jrisblüthengestalt. Die Blumenblätter sind schwarzviolell und grauviolett, erscheinen aber, aus einiger Eni- fernung gesehen, schwarz und grau und haben dabei ejne solche Aederung, daß sie lebhaft an Trauerflor erinnern. Diese Blüthen- tracht hat der Blume im Französischen den Namen»Iris cksuil", im Englischen »ssViclow's weeds" gegeben. In deutsche» Garten- büchern sind die Namen„Dame in Trauer" und„Fürstliche Wittwe in Trauerflor" zu finden. Letztere Bezeichnung erscheint als etwas zu weitlänftig. Die Pflanze stammt aus Persien und wird seit 1S73 in europäischen Gärten angepflanzt. Ihr ähnlich ist wohl die „Schwertlilie der Gräber"(Iris sepnlerorum), die auf den türkische» Friedhöfen in Syrien und Eilicien und auch aus Cypern häusig zu sehen ist. Dabei fällt mir ein, daß ich unsere dunkelblaue Schwert- lilie häufig bei u»S auf den Kirchhöfen kleiner Orte, wo noch im Blumenschmuck der Gräber etwas Traditio» herrscht, blühend ge- funden habe. Auch sie scheint zu den Todtenblumen zu gehören, wie die Raute, der Rosmarin, die Ringelblume, das Sinngruu und noch manche andere.— Humoristisches. »»Ein zweijähriger Knabe und seine Thaten. Ein gntmüthiger Junggeselle, der Bruder einer jungverheiratheten Engländerin, wurde von seiner Schwester kürzlich gebeten, ihren zweijährigen Sprößling, einen sehr niedlichen, aber sehr ungebärdigen kleinen Burschen, in feine spezielle Obhut zu nehmen, da Papa und Mama einen wichtigen Besuch z» machen hatten, das Kindermädchen Pergnlivprtlicher Redglteur:. August Jgcohey in B Ö— krank und die Köchin seh? beschäftigt war. Von schlimme» Vor- ahnunge» erfüllt, ergab sich der Onkel resiguirt in sein Schicksal und nahm den zappelnden, blondlockigen Liebling aus den Händen der stolzen Mutter in Empfang. In dem gemüthlichen Wohnzimmer ließen sich Onkel und Neffe dann ans dem großen Teppich vor dem Kamin häuslich nieder, und der Kuriosität halber wurde«in Ver- j? ich» iß von den Thaten, die der kleine Schelm im Verlauf einer Stunde zu vollbringen vermochte, ausgenommen. Dieses lautete: 1. Eddy stimmte ein gellendes Geheul an, das er zehn Minuten lang fortsetzte, ohne einmal Athem zu holen; 2. zog er genügend Haare aus seines Onkels Barl, um ein Sophakissen damit zn stopfen; 3. kroch er in den Kohlenbehälter und verdarb sich sei» weißes Kleidchen; 4. leerte er den Arbeitskorb seiner Mutter in de» Kaminvorsetzer; 5. verschluckte er ein halbes Dutzend Handschuhknöpfe und ein langes Ende Zwirn, das sei» Onkel wieder berausziehen mußte; 6. versuchte er den Kopf der Katze in eine Tasse zn quetschen, aus der er eben seine Milch ge- trunken hatte, und führte ein Mordsgeheul ans. als er seine Be- strebunge» init einer Schramme über den Arm belohnt sah; 7. köpfte er eine kostbare Wachspuppe, indem er sie einen Augenblick als Hammer benutzen wollte; 3. fiel er von der Sophalehne, aus die er mühsam hinanfgellettert war. und brachte zur Gesellschaft zwei Vasen mit herunter, die den Fall nicht so glücklich überstanden, wie er selbst; 3. zerbrach er zwei Fensterscheiben mit dem Osendaken, den Onkel ihn« zum Spielen gab; 10. kroch er unter das Sopha und kam nicht eher hervor, bis Oiikel ihm eine Musschnitte gab, mit der er sich das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit beinalte; II. klemmte er sich derart zwischen die verschnörkelten Beine eines Stuhles fest, daß man das Möbel zerbrechen mußte, um ihn zu befreien. 12. und letztens lies er feinen Eltern entgegen, als er sie komme» hörte, fiel dabei auf die Thürschwelle und ruinirte mit seiner blutenden Nase das neue Seidenkleid seiner Mutter und die helle Hose seines Vaters.— — Banernschlauheit.„Also, Biermann, wie ist's mit unserer Wette? Ihr habt gewettet, vierzig Tage nicht zn essen»nd vierzig Nächte nicht zn schlafe»— bleibt's dabei?"—„Nattierlich! I Hab' schon vorgestern die Weit' ang'fangen!"—„Na, und wie geht's? Verspürt Ihr noch nichts von Hunger und Schlaf?"— „Nich im geringsten. I esst halt bei Nacht»nd schlaf' bei Tag'!"— Vermischtes vom Tafle. y. Der 22jährige. aus Berlin stammende Schiffsjunge Fritz Lud ecke stürzte auf dem holländischen Dreimastschooner„Voor- waarts", der gegenwärtig im Hamburger Hafen liegt, von der Spitze des Großmastes auf das Deck herunter. Er st a r b alsbald au den erlittene» Verletzungen.— — Bei der letzte» Musterung in Stendal stellte der niiter- suchende Arzt bei 104 junge» Männern die ansteckende e g y p t i s ch e Augenkrankheit fest.— — Ans offener Straße überfielen in G e l s e» k i r ch e n mehrere junge Burschen einen«-chaffner der Straßenbahn und brachten ihm drei tödtliche Messerstiche in der Brust bei.— — Die junge Frau eines Forstwartes i» N e ck e n d o r f in Untersrauken starb an W u r st g i s t. Vier andere Personen sind schwer erkrankt.— — In Salzburg verletzte ein Schlosser seine Gelieble mit dem Messer schwer und durchschnitt sich dann selbst den Hals.— — Ans die Lage der Privatan gestellten werfen zwei Annoncen in einem Wiener Blatt ei» Streiflicht:„Dienst- a n t r a g. Für 20 fl. monatlich einen hiesigen jungen Mann mit höherer S ch n l b i l d n g. Offerte erbeten unter„Buch- Handlung' ec. ec."—„Angebot. Ei» akademisch gebildeter Mann, Hausbesitzer, sucht Stelle als Stassier oder in einem größeren Komptoir' Gehalt Nebensache. Gefällige Zu- schrifte» k. jc."— — Der Graf Waldeck in Tisza -Roff(Ungarn ) erhielt kürzlich ein Telegramm, er solle sich in acht nehme»; zwei Einbrecher würde» sich ihm vorstellen, die unter dem Borwande, ihn zur Aufnahme in ein« Lebensversicherung zu bewegen, das Terrain für eine» später zu verübende» Einbruch rekognosziren wollten. Tags daraus kamen auch zwei Herren mit dieser Aufforderung zu den, Grafen . Sie wurden sofort durch zwei von der Polizei bereitwilligst gestellte Detektivs verhaftet. Es waren aber thalsächlich Agenten, und die Telegramme hatten die Agenten einer anderen Bersicherungs- gesellschast abgeschickt, um ihnen das Geschäft zu verderben. — Die H n n g e r s n o l h hat sich über ganz Elavonien verbreitet. Im Virovitzier Komitat läßt der Vizegefpan Lebensmittel verlheilen.— — In Villeneuve wetteten drei betrunkene Männer, daß sie über die Rhone bei Vanvry hin- und herschwimmen würden. Bei der Rückkehr ertrank der eine, ein italienischer Arbeiter.— — Das Schiff„G es in a" ist beim letzten Slurm ia der Nordsee untergegangen.— — Auf B o r n h o I m werden noch immer 21Fisch«rboot» vermißt. Der Dampfer Skandia ist ausgefahren, sie zu suchen.— t. Die Einführung d, S M e t e r s y st e m S für Maaß» »nd Gewichte soll in Rußland bevorstehen.— rlin. Dxnck und Verlag voii Nlax Bading in Berlin ,
Ausgabe
15 (31.3.1898) 64
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