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Der Hauptmann saß stumpfsinnig da und fah mechanisch dekorativer Wirkung. Der Mangel baran ist ein schwerer den Vorgängen um sich her zu. Nachtheil bei den älteren Buchilluftrationen. Hätte der Werband Was ich Dir also sagen wollte," begann Kurter wieder sich die höbere Aufgabe gestellt, auch seinen Mitgliedern durch die und blickte mit seinen glanzlosen, tief eingesunkenen und von Ausstellung werthvolle Anregungen zu bieten, so hätte diefes Streben der Gegenwart nicht faft ganz übergangen werden dürfen, das buschigen Brauen beinahe ganz verdeckten Augen zu ihm empor. darauf ausgeht, unsere Buchillustration in andere Bahnen zu lenken. Ich danke Dir, daß Du gekommen bist! Gieb mir Deine Der Werth einer Jalustration im herkömmlichen Sinne ift Hand.... Fürchte nicht ich will fie an mein Herz namentlich bei Dichtwerken zweifelhaft. Die bisherige Art, welche die Legen. Ich weiß, Du bist gut, Du bist edel.. Ich habe Ausstellung beherrscht, scheint durchaus auf falschen Wegen zu gehen. es leider nur zu spät erfahren! Zur Zeit, als ich noch Ver- Die historische Abtheilung zeigt, wie sich im Laufe unseres Jahr. mögen besaß, war ich blind, ließ mein Herz einfrieren, hunderts immer stärker die Tendenz durchsetzt, die Jllustration dem umpanzerte es von allen Seiten und wollte nichts von Dir gemalten Bilde ähnlicher zu machen, rein malerische Wirkungen zu hören und wissen. Ich haßte Dich aus Herzensgrund, ich ver- erzielen, welche die Beschränkung auf Schwarz und Weiß vergessen lassen achtete Dich. Ich fluchte Angela, daß sie Dich heirathete. Ach! und ein änbetisch vollwerthiges Abbild der Natur geben. Wo sich Zwei Unglüdsfälle hat der Himmel über mich verhängt, einen Raum einzuordnen und den Anforderungen, die eine Buch- Illustration das Bestreben geltend macht, die Kompofitionen dem gegebenen größer als den anderen. Er nahm mir das Vermögen und als solche stellt, nachzukommen, da geschieht es in äußerlichen Zu­öffnete mir die Augen!" thaten, in Leiften, Bignetten und Blumen- Ornamenten, die mit dem Ein thränenloses Stöhnen erschütterte seinen ganzen Jubalt der Blätter faum sachlich, geschweige denn fünftlerisch im Körper und ließ ihn innehalten. Dann folgte ein heftiger Busammenhang stehen. Ein traffes Beispiel dieses inneren Sustenanfall, daß die Nonne und der Hauptmann den Alten Zwiespaltes bieten z. B. die Jlluftrationen zu einer Studien­stüßen mußten. Einige Minuten herrschte dann vollkommene fahrt" von Otto Progen( Deutsche Verlagsanstalt , Stutt Es find, all fich betrachtet, ganz hervorragende Stille, bis der alte Wann sich soweit erholt hatte, daß er weiter gart). Stimmungslandschaften und Seebilder; die Technik der Feder Sprechen konnte. zeichnung in ihnen ist meisterhaft. Ungeheuer weite Fernfichten ers öffnen sich dem Auge, jede Einzelheit ist fraftvoll und groß gegeben. Diese Zeichnungen dienen als Titelblätter für die einzelnen Kapitel des Buches. Sie werden eingerahmt von naturaliftifchen Pflanzen­Die Ausstellung der Illuftratoren. hang stehen und direkt stören. Der Künstler hat es weiter für eine Studien, die ſtiliſtiſch mit den Landschaftsbildern in keinem Zusammen­Die erste Ausstellung des Verbandes deutscher Illustratoren befriedigende Lösung gehalten, wenn er auf einem Titelblatt z. B. die wurde am Freitag in den Räumen der Akademie, Unter den Linden , Ueberschrift auf die streng naturalistisch gezeichneten Wolken und die eröffnet. Es ist eine stattliche Zahl von Blättern zufammengebracht. Rapitelbezeichnung auf eine im Wasser schwimmende Tonne schreibt. Unter diesen befinden sich eine ganze Anzahl ausgezeichneter Ar- Gegenüber derartigen für das dekorative Empfinden unhalt. beiten. Trotzdem wird man sich einer gewissen Enttäuschung nicht baren Arbeiten tritt in der Gegenwart das Bestreben auf, erwehren können. Einmal sind die meisten Blätter Original- die dekorativen Prinzipien in den Vordergrund zu stellen. zeichnungen zu Juustrationen, die man aus Wigblättern, den Ueberhaupt wendet sich unsere Empfindung gegen die Illustration Fliegenden"," Luftigen Blättern" u. f. w., oder aus weitverbreiteten von poetischen Werken in altem Sinne. Es scheint uns eine dem Werken seit langem tannte. Dann aber find breite Lücken, Leser aufgedrungene Fesselung der Phantasie, die der Natur des die man fchwer empfindet. Das Gebiet der politischen Rarritatur ist, mit einer Ausnahme, nicht berücksichtigt. Die Künstler, die sich um die Münchener Jugend" und den Sim­pliciffimus" gruppiren, auffirebende Kräfte, die etwas Neues bringen, und mit ihnen Thomas Theodor Heine , einer der besten deutschen Zeichner, find gleichfalls fast alle fern geblieben.

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( Fortfeßung folgt.)

Die Aussteller haben geglaubt, dem Publikum die künstlerische Gleichberechtigung der Illustration mit dem Bilde beweisen zu müffen. Die Aut aber, wie sie diesen Beweis führen, scheint ganz zwingend. Sie haben die Sie haben die Illustrationen gerausgeholt, die dem Bilde am meisten ähnlich sind; die eigentlichen" Illuftra­tionen", die Darstellungen von Tagesereignissen für Zeitschriften, sind ausgeschieden. Für die Mehrzahl der deutschen Arbeiten dieser Art war eine solche Nichtachtung allerdings am Playe. Aber die Jlustrationszeichnungen einiger deutscher Künstler und besonders die Leistungen des Auslands, der Amerikaner, Engländer und Fran­zofen, haben durchaus künstlerischen Werth genug, daß sie hier ge­zeigt werden konnten.

Die Reproduktionstechnik hängt eng mit dieser Frage zufammen. Noch immer ist der Holzschnitt das verbreitetste Mittel der Massen: produktion. Die amerikanischen Zeichner besonders haben sich dieser Boraussetzung gefügt. Sie haben ihre Zeichnung dem Holzschnitt angepaßt, haben mit breiten Tonflächen zu arbeiten gelernt, die der Holzschnitt bequem und gut nachbilden kann. Die amerikanischen Holzschneider sind Künstler in ihrem Fach, die mit fräftigen, breiten Strichlagen tonige Wirkungen zu erzielen wissen. Der deutsche Holz­schnitt ist dagegen im allgemeinen fleinlich, ängstlich. Wie die Zeichner ein malerisch wirkendes Bildchen geben wollen, so bemüht man sich bei dem Holzschnitt, durch Feinheit der Strichlagen zarteste Uebergänge zu erhalten und so mit der Photographie zu fonfurriren. Jede Nummer der in ihrer Art ausgezeichneten Fliegenden Blätter " beweist dies. Ein besonderer Illustrationsstil" hat sich daher bei uns nicht ent­wickelt. Jeder Künstler zeichnet in der Technit, die ihm am meisten liegt, mit Blei, Kreide, Feder oder Tusche, neuerdings auch mit Del­farben, und die Reproduktion, Holzschnitt oder Netzung, giebt die tünstlerischen Eigenarten möglichst getreu wieder.

dichterischen Schaffens zuwiderläuft. Man will natürlich nicht auf den bildnerischen Schmuck des Buches verzichten. Aber das Buch foll nur als Ganzes Gegenstand künstlerischer Verzierung sein. Text und Illustration sollen eine Stileinheit bilden. Nicht eine Krücke für die lahme Phantasie, sondern eine tunstvolle Einfassung soll die Fluftration sein, in der die Stimmung des Buches wieder­fehrt. Bücher, die Kunstwerke in diesein Sinne find, giebt es in anderen Ländern genug. Auch bei uns find Anfänge vorhanden; die Jugend" und auch der Simplicissimus " tragen dazu bei, daß das Bedürfniß nach solcher Ausstattung wachgerufen wird. Die Auss stellung zeigt aber von diesen neuen Bahnen nichts. Einige Arbeiten von E. Doepler und G. Barlösins sind zu stlavisch dem Stil des allen deutschen Holzschnitts nachempfunden, als daß sie stark ins Gewicht fallen fönnten.

Immerhin befinden sich unter den ausgestellten Blättern eine ganze Reihe von solchen, die als rein persönliche Leistung, als Zeich nung für sich betrachtet, einen hohen fünstlerischen Werth haben. Die historische Abtheilung bringt manches für die Entwicklung der Illustration bedeutungsvolle Blatt bei; und an Zeichnungen von Chodowiecki , Ludwig Richter , Schwind, Rethel hat hente noch Jeder einen reinen Genuß. Die Arbeiten Menzel's haben jetzt schon ihre historische Bedeutung. Menzel hat durch seine Illustrationswerke eine ganze Echule von tüchtigen Holzstechern herangezogen und für lange Zeit der Entwicklung die Wege ge wiesen.

Den nüchternen und flachen, wenn auch sicher gezeichneten Illustrationen der Auton von Werner, Thumann, 3id, Woldemar Friedrich wird der modern Empfindende keinen Ge schmack abgewinnen tönnen. Von den übrigen Berlinern fallen auf: Dettmann mit einer flotten Zeichnung, die den Maler Starbina im Regenwetter auf der Straße stizzirend darstellt, Küchler mit Szenen aus dem Straßenleben und aus der Gesell­schaft, und Skarbina's altväterisch anmuthende Skizzen aus dem Leben Schillers und seiner Zeit. Röchling und Knötel haben einige Proben ihrer technisch ganz ausgezeichneten Holzschnitte aus dem Leben Friedrichs II., und ebenso wie G. Koch Szenen Die Illuftrationen der Wigblätter nehmen einen breiten Raum aus dem legten Kriege gesandt, die ganz in dem herkömm Von Bohrdt in der Ausstellung ein. Die Zeichner der Fliegenden Blätter " lichen heroifirenden Charakter gehalten sind. die Die Arbeiten eines Oberländer, find üblichen Marinestücke Sund eine find zahlreich vertreten. gute Zeich Schlittgen, René Reinicke , E. Reinite, Harburger, nung, ein Schiff im Schneesturm, ausgestellt. Wentscher hat Mandlick, Flashar und anderer sind indeffen zu bekannt, als fräftige Tuschzeichnungen, eine Landschaft aus dem deutschen Mittel­Daß sie an dieser Stelle noch ausführlicher charakterisirt werden gebirge und ein Seebilo geschickt. Eine brillante Arbeit ist das müßten. Von den Lustigen Blättern" ist F. Jüttner farbige Blatt, ein Eisfest", das E, Heilemann für die der erwähnte Einzige, von dem auch politische Jlluftrationen zu Moderne Kunst" entworfen hat. Gleich seinen eleganten Zeich sehen sind, außerdem find Arbeiten von E. Heilemann und nungen aus dein Gesellschaftsleben gehört es zu den besten der Aus­P. Halte ausgestellt. W. Schulz und Thony haben als ftellung; er feffelt in gleicher Weise durch die Schönheit der blanen. Einzige Jllustrationen aus dem Simpliciffimus" gesandt, und rothen Töne wie durch die Charakteristik und sichere Kraft bei denen die öfter zu fonstatirende Thatsache besonders auffällt, in der Wiedergabe der schwierigen Stellungen der Schlittschuh daß die Originalzeichnungen sehr viel feiner als die Reproduktionen läufer. find. Frizz Ph. Schmidt aus Dresden hat Bilder aus den In den Arbeiteit von W. Schulz fällt sofort ein Bestreben auf, deutschen Märchen gezeichnet. Es sind gute fernige Kreides und bas für die jüngere Generation charakteristisch ist: das Streben nach Federzeichnungen. Einige Blätter, besonders Der Teufel

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