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Und den Bein des armen Manns verwandeln sie in heißen. Ich war fast ein Anab noch, da hat so einer auch in unserem Zauberthal aufgethan. Wasser," sagte der Prädikant. Sie schäßen und reißen ihm sich Zu das Mark aus den Beinen, und das muß er verzinsen. Sie Nitlashausen ist's gewesen, und Gemeindehirt war er. Und aber sind voller als die überfressenen Hunde. Dazu müßt weil er zur Kirmeß aufspielte, so hießen sie ihn das Pfeifer­Ihr ihnen Steuern, Zinsen und Gült geben und solltet Ihr hänselein, auch wohl den Baufer. Ist noch ein jung Blut sammt Euern Weibern und kleinen unerzogenen Kindern weder gewesen, aber zu predigen hat er gewußt gar gewaltig, und Brot noch Salz noch Schmalz daheim haben. von weit und breit sind die Leut' zugelaufen bei vielen Tausenden. In ihrer Noth und Drangjal lag den Menschen wie ein falter Stein in der Brust.

,, Wie der Konz   Hart," schaltete eine Stimme ein.

,, Dazu Handlehen und Fauftrecht," fuhr der Redner eifrig das Herz fort. Ja, verflucht sei ihr Schandlehen und Raubrecht. Und Wer ihn aber reden hörte, dem wurd' es lebendig, dem fie selbst eignen sich Steuer, Zoll und Umgeld zu und ver- wurd's warm, und es war uns, als ob der liebe Gott im thuns schändlich und lästerlich, da doch alles in gemeinen Himmel auch für uns arme Leute lebte und nicht blos für Sädel tommen und zu Nuß dem Land dienen soll Aber die Herren und Reichen. Ich schau ihn noch, den Hans daß sich ja keiner darwider rümpfe! Oder gar flugs geht es Böheim, mit seinem weizengelben Haar, wie er auf der mit ihm als mit einem verrätherischen Buben ans Pflöcken, Wiesen zu Niklashausen   predigte, und Tausende um ihn her." Köpfen, Viertheilen. Da ist minder Erbarmen als mit einem Er verstummte und drohte, sich in ein Nachträumen zu wüthenden Hund. Hat ihnen Gott solche Gewalt gegeben, in verlieren. Der Sohn ermahnte ihn um der anderen willen, welchem Kappenzipfel stehet doch das geschrieben? Ich sage Euch, weiter zu erzählen. Denn.er selbst kannte die Geschichte schon. Gott   mag in seiner Gerechtigkeit solchen Jammer nicht länger An den Winterabenden, wann der Alte auf der Ofenbank saß, gedulden. Das behaltet in einem feinen Herzen, lieben und die Spinnräder furrten, hatte er wohl dann und wann Freunde!" von dem Hans Böheim dieses und jenes berichtet.

Er nahm seinen Schlapphut ab, wischte sich mit dem Aermel den Schweiß von der Stirn und stieg von der Bant. Seine Zuhörer aber wichen nicht von der Stelle. Einen Augenblick blieb es noch still unter ihnen; dann erhob sich ein Murmeln, ein Aufrauschen, und unzählige Hände streckten sich aus, um die des Prädikanten zu fassen, zu drücken. Andere drangen mit weiteren Fragen in ihn und er stand allen Rede und Antwort. Meister Wieland fragte, was sie thun sollten, die Weiber und Kinder sollten daheim bleiben. Dann würd' er um sich der Söldner des Teufels zu erwehren? Der Prädifant betrachtete die nackten muskulösen Arme des Schmiedes und feinen wuchtigen Hammer und er sagte mit einem leisen Lächeln: hr seid theuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knecht. Ihr seid niemand nichts schuldig, denn daß Ihr Euch unter einander liebet. Richtet das Evangelium auf, dann wird feiner mehr sein als der andere, sondern wir werden mit ein­ander leben als Brüder und Schwestern."

Der Schmied stieß einen leisen gedehnten Pfiff aus. Er mochte einen verständlicheren Bescheid erwartet haben, und biele mit ihm. Denn er hatte gefragt, was ihnen auf der Bunge schwebte. Der Prädikant zog aus seinem Wamse ein Stüd Brot hervor und begann zu essen. Simon lud ihn zur Raft auf sein Gehöft; aber er lehnte mit den Worten der Schrift ab, daß der Mensch wirken solle, so lange es Tag sei, aber die Tage seien gar furz. Und wohin die Reis'?" fragte Vater Martin, und jener wies mit seinem Stecken gen Often.

"

" Ja, was ich erzählen wollte!" murmelte er und richtete seine gekrümmte Gestalt ein wenig auf. Auch aus unserem Dorf ist mancher, dem heut kein Zahn mehr weh thut, zu den Sonntagen nach Niklashausen   gelaufen. Ich auch, so jung ich noch war. Also! Am Sonntag vor St. Marg'rethen ist's gewesen. Da hat er uns geheißen, daß wir das nächste Mal wiederkommen sollten, ein jeder mit seiner Wehr; aber uns bekannt geben, was wir thun müßten, um die evangelische Freiheit aufzurichten. So nahm ich meines Vaters Spieß heim­lich von der Wand- konnt ihn faum erschleppen den weiten Weg- und lief auch hin in der Samstagsnacht. Jht, wie wir am Sonntag Marg'rethen in der Früh zu Hauf kamen, da hatten die Reiter des Bischofs von Würzburg   nachts zuvor den heiligen Jüngling in seiner Hütten vor dem Dorf über­fallen und hatten ihn auf das feste Schloß, den Marienberg  geschleppt. Dort ist er hernach hingericht't worden, verbrannt bei lebendigem Leib, elendiglich."

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( Fortsetzung folgt.)

Eine

Beffcigung des Popocatepetl.*)

14./15. November 1896.

Um acht Uhr früh nach Amecameca abgefahren, von wo aus der So Ihr in den Aischgrund kommt, der Jörg Buchwalder Bulkan am leichtesten zu besteigen ist. Der Sekundärbahnzug hält in Ottenhofen   ist ein sicherer Mann," sagte Simon mit ge- an jeder Station zwischen 5 und 25 Minuten; während dieser Zeit dämpfter Stimme und fügte laut hinzu: Aber hütet Euch gehen die Reisenden im Schatten Korjo; an den Koupeefenstern wird vor dem Ansbachischen! Der Markgraf Kasimir von Branden- geflirtet; ganze Familien kommen vom Lande herein, um durch­burg ist einer von denen, wo flugs mit der Schärfe zur Hand reisende Bekannte zu besuchen, und im Innern der Wagen, die nach sind, wie Ihr sagtet. Der schont selbst sein eigen Fleisch Art der D- 3üge ineinandergehen, bieten Hökerinnen Milch und und Blut nicht. Hat er doch mit seinen jüngeren spiel und denselben Geruch. Unter diesen Umständen haben wir uns Knoblauchkuchen feil. An jeder Stelle genießt man dasselbe Schau­Brüdern eines Nachts den eigenen Vater überfallen in der Fastnacht war's- und ihn gefangen auf die Plassen- auf der zweistündigen Fahrt von Mexiko   nach Amecameca um eine Plassen- Stunde verspätet. burg geführt. Dort fizet er noch, zehn Jahre schon. Sie In Amecameca dagegen ging alles unverhofft schnell, dank den geben vor, daß er nicht richtig im Kopf ist. Wer's glaubt."

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Der Wanderprediger verzog seinen großen Mund zu einem mitleidigen Lächeln. Was will der Markgraf   wider mich, wenn Gott für mich ist?" Er reichte Simon die Hand und ging. Viele Männer und Frauen gaben ihm das Geleit bis weit vor das Dorf.

Briefen, die mir der General D., dem der Popocatepetl gehört, an seine Beamten mitgegeben hatte. Nach zwei Stunden, gegen ein Uhr, ritten wir durch das andere Ende des fleinen von flaren Ge birgsbächen durchströmten Ortes gletscherbereit hinaus, im ganzen fünf Mann; ich, zwei Führer, ein Pferdehalter, und ein Mestize, der sich aus nicht zu erforschenden Gründen, vielleicht als Koch, an­geschlossen hat. Die beiden Führer und der Pferdehalter sind Voll­blut- Indianer.

,, Den Herrenleuten sollte er ins Gewissen reden; wir wissen schon selbst, wo uns der Schuh drückt," äußerte Der Weg steigt zuerst zwischen Kulturen leise an; rechts und Wendel Haim, der zweite Dorfmeister, zu Simon, der noch links sind Korn- und Weizenfelder, die sich in großen Teppichstücken mit seinem Vater und Jckelsamer zusammenstand. Wendel zwischen den bewaldeten Gebirgshängen ausstrecken; oben lagern Haim war um mehrere Jahre älter als sein Amtsgenosse und heute auf den Bergen Nebelmassen, die die Schneespizen verhüllen; hatte ein bis zur Einfalt treuherziges Gesicht. die Gegend gleicht bis auf die braunen Feldarbeiter und die Kaktus­jedoch scharf in die Augen sah, der mußte darin wohl den heden dem Thal von Innsbrud. Schalk entdecken.

Wer ihm

,, Den Herrenleuten?" zuckte Simon die Schultern. 3u Rothenburg   redet der blinde Mönch auf den Gassen von ihrer fündhaften Ueppigkeit. Der Doktor Deutschlin predigt in St. Jakob die neue Lehr': verspürest Du's, daß unsere Lasten auch nur um ein Loth leichter geworden sind?"

Wenn's das Predigen that', es wär' uns schon längstens geholfen," nahm Vater Martin das Wort. Ne, das Predigen

Nach anderthalb Stunden hört die Straße auf. Steil geht es durch trockene Flußläufe und Felsenschluchten aufwärts. Unter uns fentt sich allmälig das Thal. Von Zeit zu Zeit begegnen uns noch Züge von Packthieren, dahinter die Treiber barfuß in Poncho und Spizhut. Der Wald fängt an, nordisch zu werden; die Kiefer verdrängt die anderen Bäume, und am Boden wachsen deutsche

Waldblumen.

Als wir etwa elftausend Fuß hoch find, bricht die Dunkelheit herein. Hier beginnen die Grasmatten; Kühe, großgehörnte Pracht­

thut's nit. Von der evangelischen Freiheit ist schon lang*) Aus dem soeben bei F. Fontane u. Co., Berlin  , erschienenen bordem gepredigt worden, eh' noch einer von dem Luther Buche: Notizen über Meriko.

was gewußt hat. Dazumalen wurden sie Huffiten ge- Regler.

Von Harry Graf