Hlnttthaltungsblatt des Vorwärts Nr. 110. Mittwoch, den 8. Juni. 1898 (Nachdruck verboten.) ei Mm die Feeiheik. Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Von Robert Schweichel  . ..Da machen's die Deutschherren ja noch gnädig." rief ihr Vetter.Als ich auf meiner Wanderschaft zu Frankfurt am Main   mich verhielt, da beschickte ein Herr von Eppstein  den Rath um den Scharfrichter. Ein Bäuerlein sollt' er ihm köpfen, das in seinem Bach was weniges gekrebst hatte. Der Rath schlugs ab, aber die Ehrbaren einer anderen Stadt waren so freundlich, und das Gelüsten seiner schwangeren Frau kostete dem Bäuerlein den Kopf I" Käthe schne entsetzt auf, und aus den Kehlen der anderen drang ein gurgelnder Laut. Der lange Lienhart aus Schwarzen- bronn aber schlug mit der Faust auf den Tisch, so daß es dröhnte, die Becher tanzten und die Leute an den nächsten Tischen sich nach ihm umwendeten.Gelt," rief er mit einem grimmigen Lachen,es geht doch nirgends so lustig zu, als wie in"dieser Welt. Loset!" Und er wiederholte mit seiner mächtigen Stimme die soeben vernommene Geschichte. Es war allmälig ganz still in der Stube geworden. Jetzt erhob sich ein unbeschreibliches Getöse. Gabriel Langenbcrger schoß aus Lienhart zu und schalt ihn, daß er den Leuten den Wein ver- derbe.Soll's auch," schnob Lienhart ihn an. Ich nmß fort!" sagte Hans mit einer Stimme, welche seine Aufregung nicht frei herausließ, und stand auf.Ich bin zwar kein Bauer, aber mein Blut ist Bauernblut wie das Eure, und Eure Sach' ist auch die meinige; zählet auf michl" Er reichte den Männern die Hand. Der lange Lienhart hielt"ihn zurück.Erst thu Bescheid!" rief er und füllte die Becher. Sie stießen alle miteinander an, auch Käthe, deren Augen den jungen Gesellen zu bleiben baten. Sie schmollte, als er dessen nicht achtete, und ihr Vetter sah sie verstohlen an und preßte die Lippen zusammen. Ein sauber jung Blut I" äußerte Jörg Buchwalder.Aber es steht in seinen Augen, daß was schwer auf ihm liegt." Er blickte fragend auf Kaspar. Dieser nickte.Das kommt davon, wenn der Bauer Hunger hat. Da ging sein Vater nachts von Böckingcn, wo er daheim ist, ins Württcmbergischc und schoß einen Hirschen. Sie griffen ihn, und der Waldvogt ließ ihn in eine Hirschhaut nähen und die Rüden auf ihn hetzen. Der Waldvogt und viele adlige Herren und ihre Weibsbilder schauten zu, wie er im Zwinger zerrissen wurde. War das ein Gaudi I Dem Hans seine Mutter kam darob zwei Monate zu früh mit ihm in die Wochen und es kostete ihr das Leben." Seine Zuhörer blickten starr vor Entsetzen. Käthe schlug grausend die Hände vor das Gesicht. Das Messer sitzt uns allen an der Kehle," sagte Simon Neuffer init wogender Brust.Lassen wir uns abschlachten wie die Hammel?" So frag' auch ich," stimmte Leonhard Mctzlcr bei und machte den anderen ein Zeichen, daß sie näher rückten. Leise fuhr er fort:Es ist nur Botschaft kommen von meinem Vetter Jörg. Ihr wisset, der das Wirthshaus hat zu Ballen- berg ob 5!rautheim. Der Bote liegt noch in meinem Haus und wartet auf Antwort. Auf dem ganzen Odenwald   ist eine große Unruhe unter den armen Leuten, wie uns die Herren nennen. Auch anderwärts regt sich's und summt als wie unter den Bienen, che daß sie schwärmen. Es ist halt, als ob sich der Bundschuh regen wollte." Mord und Tod! Heben wir also den Tanz an," rief der lange Lienhart, indem er seinen Baß so viel wie möglich dämpfte. Wehr und Waffen hätten wir ja," fügte der Dorfmeister hinzu. Die haben wir Deutschhcrrischcn nicht," zischelte Fritz Büttner aus Mergentheim.  Aber Dreschflegel und Sensen thun's auch." Das wär' gefehlt," warnte Buchwalder.Wir allein zwingen's nicht." Aber Ihr höret doch, wic's aller Orten ausschaut?" rief Leonhard Metzler ungeduldig, und Fritz Büttner sagte, indem er die geballte Faust auf den Tisch drückte:Ich getrau mir halt, mit den Freunden daheim ein Spiel anzusahn, daß die Gesichter der Ritter darob weiß werden sollen, wie ihre Mäntel." Und ich steh' für Ohrenbach,  " sagte Simon Neuffer. Ziehe also ein jeder seine Freunde herzu." Sie verabredeten, wann sie sich mit ihren Freunden im Bären zusammenfinden wollten. Und Du?" fragte Käthe ihren Vetter, der schweigend dabei saß. Wann der Tanz anhebt, ich tanz mit Dir," scherzte er. Sie machte mit ihrer rechten Schulter eine Bewegung, als ob sie ihn von sich wegschieben wollte. Schlagt's Patent um," rief der lange Lienhart und stampfte mit seinem leeren Krug auf den Tisch, als ob er die Werbetrommel rührte.Noch eine Maaß, Wirthshaus," dröhnte er mit seiner tiefen Stimnie den herzuschießenden Gabriel Langenberger an. Drittes Kapitel. Erasmus von MnSlor, der erste Bürgermeister, bot den Gästen, die sich in seinem Hause auf der Herrengasse zum Dreikönigsmahl eingestellt hatten, den Willkomm in der duftenden Rose von Rüdesheim  . Der Bankettsaal lag in dem ersten Stockwerke; die Wände waren mit bunten Schildereien aus der heiligen Schrift von Bartholomäus Zeitblom   aus Ulm   etwas steif bemalt. Seine Kunst hatte sich noch nicht frei aufgeschwungen. Die Zimmerdecke mußte dagegen Ve- wunderung erregen, so schön war sie getäfelt und geschnitzt. Der vielarmige Metalllcuchter, der von ihr herabhing, deutete in seinem zierlichen Ranken- und Blattschmuck auf einen Nürnberger Meister, und auf dem Kredenztische blinkte manch kunst- und werthvolles Geschirr von Krystall, Silber und Gold. Die Einladung, an der Tafel Platz zu nehmen, war schon von der Jugend niit einiger Ungeduld erwartet worden; denn die älteren Herrschaften, insonderheit die Herren von den beiden Rüthen  , hatten eines Gespräches kein Ende finden können, welches die Trauung in St. Jakob von polittschen Gesichtspunkten aus erörterte. Die pattizische Jugend machte sich über das Brautpaar, das freilich nicht mehr in der Früh- lingsblüthe stand, fowie über die Hochzeitsgäste lustig. Das reife Alter stritt über die Maßregeln, die der Rath gegen Dr. Deutschlin ergreifen müßte. Denn dieser war seinerzeit vom Rathe auf den Predigtstuhl berufen worden, während derselbe über die Seelsorger vom Deutschen Orden und mithin über Melchior keine Macht besaß. Konrad Eberhard  , der zweite Bürgermeister, sprach sich mit seiner schneidenden Stimme für entschiedene Maßregeln aus; essei Zeit, daß der Rath rückhaltlos gegen den Doktor vorgehe. wenn göttliche und weltliche Ordnung nicht unheilbaren Schaden nehmen sollten. Erasmus von Muslor aber meinte mit einem Lächeln, daß man dem geistlichen Oberhaupte in Würzburg  , dem auch die Deutschordenspricstcr unterstellt seien, nicht vorgreifen dürfte. Herr Erasmus vereinigte in seiner Erscheinung die Würde eines frcireichsstädtischen Oberhauptes mit dem Schliff des Weltmannes, und wenn auf seiner hohen, etwas schmalen Stirn der Stolz wohnte, so auf seinen Lippen die Verbind- lichkeit. Und würdevoll verbindlich war die kurze, wohl- gesetzte Rede, mit der er seine Gäste, nachdem sie an der Tafel Platz genommen hatte, begrüßte, worauf der silberne Pokal mit seinem Wappen von Mund zu Munde ohne Aus- nähme die Runde machte. Auf der Tafel prangten mancherlei in Silber getriebene Aufsätze und Schaugerichte, die von der Phantasie des Koches zeugten. Ein Hauptstück, jedoch nicht zur Schau, bildete ein riesiger Kuchen, der die Glücksbohne in sich barg. Wer sie nach Zcrtheilung des Kuchens in seinem Stücke fand, der wurde König oder Königin. Thomas Zweifel  , der gelehrte Stadt- schreiber und Chronist von Rothenburg  , äußerte zu seinem Nachbar, dem Nathsherrn Georg von Bermeter, einem Manne dessen rechtschaffene Gesinnung von den Bürgern um so höher gefchätzt wurde, als er nicht gerade sonderlich mit Glücksgütern gefegnet war, daß die Bohne in dem Kuchen wohl ein Symbolum der Sonne sei, die nach winterlicher Verborgenheit jetzt zum Frühling wieder hervorkomnie. Anstatt der Blumen fchlangen die Gäste einen färben- reichen Kranz um die Mittagstafel. Die damaligen Menschen