Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Str. 115.

i bor

Mittwoch, den 15. Juni.

( Nachdrud verboten.)

1898

,, Es war ein Beweis dafür, daß die Entrechtung sich stets an den Unterdrückern durch deren Verrohung rächt," fam Mar dem Mädchen zur Hilfe.„ Die Herren werden zuletzt die Leibeigenen ihrer wüsten Leidenschaften und stürzen so ins

11] 6102 Mm die Freiheit. Ceschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Verderben." Todd Von Robert Schweichel .

,, Wohl, es dünket mich, daß auch das Regiment der Ge­schlechter nirgends sonderlich zu loben ist," warf Stephan von Menzingen hin.

Stephan von Menzingen wohnte am Hauptmarkte. Nach oußen hinaus, über dem gewölbten weiten Flur lag das Wir stehen an der Wende zu einer neuen Zeit, Herr antivortete Mar. Ich hoffe zu einer besseren, Sveisezimmer, in das May bei seinem Besuche gewiesen wurde. Ritter," antwortete May. Mein wackerer Lootse auf dem flippenreichen Meer des so jeder an seinem Theile dazu thut, wie es seine Pflicht er Rechts!" So stellte der Ritter seiner Gattin und Tochter, heischt." die bei seiner Flucht auf Schloß Reinsburg zurückgeblieben

Auch wir Frauen verspüren ihren Athem," stimmte Frau varen, den Gast etwas rednerisch vor. Ueber die Erscheinung von Menzingen ihm mit einem freundlichen Blicke zu. Auch der schlicht gekleideten Frau Margarethe von Menzingen uns stellt sie eine höhere Aufgabe und jedenfalls ist sie zu war eine milde Würde ausgegossen. Das widrige Schicksal ernst, als daß wir, anstatt uns im Helfen und Entsagen zu ihres Gatten und die langjährige Trennung von ihm hatten üben, unser Leben wie bisher in Nichtigkeiten vertändeln. Es ihr von einer schwarzen Haube bedecktes Haar vor der Zeit würde mich demüthigen, und Else denkt ebenso, wenn wir uns mit jilbernen Fäden durchwoben und ihre Augen den Blid als Drohnen auf der Welt wissen müßten." geheimen Leids gelehrt; denselben Ursachen war es dann Wohl, wohl," fegte ihr Gatte ungewöhnlich scharf ein. auch wohl zuzuschreiben, daß die veilchenblauen Augen ihrer Doch darum braucht Ihr Euch von der Gesellschaft nicht ab­ctwa neunzehnjährigen Tochter ungewöhnlich ernst blidten zuschließen, wie es Eure frühere Einsamkeit mit sich brachte. und der jugendliche Frohsinn auf ihrer weißen, festgebildeten Wir dürfen es nicht, und Du, Elſe, magst es beherzigen, daß Stirn feinen Wohnsiz fand. Der Ernst erhöhte den Adel des überhaupt nicht gelebt hat, wer in der Jugend nicht gelebt feinen, in gesunden Farben blühenden Gesichts, um das sich, hat. Wir nüzen den Armen nichts, indem auch wir ent­goldig überhaucht, eine Fülle tastanienbrauner Rocken ringelte. behren."

" 1

"

Sie war mir von mittlerer Größe, und die schlanke Gestalt Else schüttelte die Locken. Aber ich begehre der Ver­von einemt feegrünen Kleide mit rosa unterlegten Schligen gnügungen nicht," versicherte sie. Gewiß, ich entbehre nichts, umflossen, das über den feinen Hüften durch einen filbernen nun wir wieder mit Euch, mein Herr Vater, vereinigt find." Gürtel zusammengehalten wurde. Dem Gruße des Gastes Und werden es bleiben, so hoffe ich zu Gott," fügte dankte sie weniger mit einer Neigung des kleinen Kopfes, als die Mutter hinzu.„ Es waren schwere Jahre der Heim­indem sie flüchtig die Lider mit den langen Wimpern senkte. Kein Lächeln milderte dabei den Ernst ihrer Mienen.

Und nun nehmet mit dem Wenigen fürlieb, Herr Doftor, was mein Haus zu bieten vermag," lud Stephan von Menzingen zu Tische.

ſuchung!"

" Ja, sie sind für uns zu Ende," sprach der Ritter. Wir haben feurige Kohlen auf die Häupter derjenigen gesammelt, so fie über uns gebracht. Mögen sie ihnen nicht zu heiß werden!" Er lachte kurz und eigenthümlich auf.

Als Mar nach Tische sich verabschiedete, lud er ihn ein,

Das Wenige, was sein Haus zu bieten vermochte, bestand thatsächlich aus einer Reihe leckerer Gerichte und den feinsten sein Haus fortan als das feinige zu betrachten. Weinen, die der Rathsfellermeister auf der Herren- Trinkstube" Ihr werdet uns jederzeit willkommen sein," fügte Fran schänkte. Herr Stephan aß und trant wie ein Feinschmecker von Menzingen freundlich hinzu, indem sie ihm die Hand gab, und nöthigte Mar, fleißig zuzulangen. Dabei vernachlässigte die er ehrfurchtsvoll an seine Lippen zog.

er die Unterhaltung nicht; er war ein Mann von Geist, und Auf den reizend geschwungenen Lippen Elfe's schien ein die gute Mahlzeit schien nicht ohne Einfluß auf seine Laune Lächeln erblühen zu wollen, als sie zu seinem Gruße den zu sein. Max, der für die Freuden der Tafel wenig empfäng- Lockenkopf neigte. Er ging mit einem Wohlgefühl davon, wie lich war, weidete sich unterdessen in der Stille an der ernsten es feine Brust seit seiner Heimkehr aus Welschland nicht er­Schönheit des Mädchens, die wie ihre Mutter schweigend zu- füllt hatte.

hörte. Der Ritter scherzte selbst über seinen Prozeß und

Fünftes Rapitel.

knüpfte daran die Mittheilung, daß er in der Herberge zu Käthe hatte es ihrem Vetter auf die Seele gebunden, Heilbronn dem ehemaligen Kanzler der Grafen von Hohenlohe ehe sie mit ihrem Bruder von Rothenburg fortging, daß er begegnet wäre, der an den Markttagen dorthin zu kommen und sich nach seinem Freunde umthue und es sie wissen laffe, wie auch sonst in den Städten umzureiten pflege, um den armen es mit ihm stehe. Sie hatte noch gesehen, wie Hans Leuten, denen von ihren Herren Unrecht geschehe, unentgelt- auf die Junker sich gestürzt hatte, und sie war voll Besorgniß lich Rath und Beistand zu gewähren. Damals hätte er sich auf um ihn, aber auch voll Freude über seinen Muth. Nun war dem Wege nach Nürnberg befunden, um vor dem Reichs- es Sonntag, aber Kaspar stellte sich nicht ein, weder allein fammergericht die Rechte zweier armen Teufel gegen ihre noch mit Hans, worauf sie heimlich gehofft. Nachmittags gräflichen Tyrannen zu vertheidigen. IS ging fie mit dem vierjährigen Büblein ihres Bruders an

,, Aber das ist ein vortrefflicher Mann," rief die Tochter der Hand bis zu dem Heck, das auf die Rothenburger Straße mit einem Aufleuchten ihrer dunkelblauen Augen. Es ist sich öffnete. Dort blieb sie eine gute Weile stehen und doppelt empörend, wenn der Mächtige dem Schwachen Unrecht schaute die Landstraße entlang. Es zeigte sich aber nichts. thut!" Der kleine Martin, der ihr Liebling war, plauderte lustig, " Ich bin überzeugt, daß er den Prozeß gewinnen wird, sie achtete es nicht. Zögernd ging fie noch einige Schritte wie wir den unserigen, Herr Doktor, und darauf bringe ich Euch diesen Trunt," sprach ihr Vater.

Das walte Gott ," sagte seine Gattin leise, während die Becher der beiden Männer aneinanderstießen.

" Die Herren thäten übrigens flüglicher, nicht mit dem Feuer zu spielen," fuhr der Ritter fort. Wir waren vor gestern von diesen Fenstern aus Zeugen eines Stückleins, daraus ich schließe, daß es, wie allerwärts, so auch unter hiesiger Bürger- und Bauernschaft gährt, ansonst würden sie den Uebermuth der Junker demüthig über sich haben er­gehen lassen." Er warf dabei einen forschenden Blick auf den Gast, indem er die breiten Lider tiefer sinken ließ.

weiter. Zu ihrer Linten erhoben in der feuchten Luft ein paar Strähen ein heftiges Gezänk und jagten einander über ihrem Kopfe den ausgedehnten, nur von wenigen Lichtungen unterbrochenen Waldungen zu, die weithin das rechte Ufer der Tauber bedeckten und bis dicht an Grenbach sich heranzogen. Die zänkischen Krähen erschienen Räthe als ein böses Anzeichen und sie fehrte um. Ihr Herz war voll Unruhe, aber sie kannte es noch so wenig, daß es ihr nicht einfiel, den Grund derselben in etwas anderem, als in dem Mitleid mit Hans wegen des schrecklichen Schicksals feiner Eltern zu suchen. Und nun war er wohl selbst zu Schaden gekommen! Wie mit ihrem Vetter, so hatte sie bisher mit

,, D, es war abscheulich!" rief die Tochter, und die Entallen Buben unbefangen und heiter verkehrt. Die Wünsche rüftung tauchte das feine Gesicht in Purpur.

„ Aber Else!" wurde sie von der Mutter leise gemahnt.

manches von ihnen gingen auch wohl weiter, als blos mit ihr zu scherzen. Denn sie war nicht nur hübsch und schlagfertig,