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Aufruhr ist, mögen die Herren die Ursache wegthun, daraus| zücken, daß Busch und Baum menschliche Zwiesprach mit ihm hielten er kommen muß."

Herr Konrad warf dem Mönch, vergessend, daß er blind war, einen durchbohrenden Blick zu und drohte:" Die Worte sollen Dir unvergessen bleiben. Ich werde sie Dir eines Tages ins Gedächtniß zurückrufen." Damit ging er nach dem Tanzhause.

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Hans Schmid durchpflügte mit den knochigen Fingern feinen Bart, der ihm bis tief auf die Brust reichte und sprach: Wir alle müssen eines Tages Rechenschaft ablegen, Bürger meister; dann wird es sich ausweisen, für wen es geschrieben steht: Mene tekel upharsin, d. h. gewogen und zu leicht be­funden. Arbeitet, auf daß Ihr nicht in Anfechtung fallet! Gott mit Euch!" Er wandte sich seinem Kloster am Burg thore zu, wo er im Sinne Karlstadt's   die Mönche zu be­stimmen suchte, daß sie ihre Kutten auszögen und ein Hand­wert erlernten.

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Kaspar forderte seinen Freund auf, mit ihm in den Bären oder in den Rothen Hahnen zu kommen. Der Wein machet das Herz wieder fröhlich und Dir thut's gar noth," sagte er. Hans aber lehnte es ab; er sehnte sich danach, allein zu sein. Ich wollte, daß all das Reden erst ein End' hätte," seufzte er, als er auf dem Markte von Kaspar sich trennte.

Der zweite Bürgermeister war unterdessen in den Tanzsaal getreten. Sein Erscheinen erregte manche Verwunderung; denn es war bekannt, daß er kein Freund öffentlicher Lustbarkeiten war. Sein Zusammenstoß mit dem Mönche ließ seine starren Züge noch starrer erscheinen. Welch ein Wunder begiebt sich? Ihr hier?" redete die schöne Gabriele ihn an, die eben vom Tanze zurücktrat. Doch, ich kann es mir erklären." id " Ich suche von Muslor," gab er nicht gerade freundlich zur Antwort.

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,, Das ist freilich auch eine Erklärung," lachte sie. findet ihn, wo die Becher flingen. Aber ich glaubte, fämet, um fröhlich mit den Fröhlichen zu sein. Habet Ihr doch Ursache dazu, Herr Mundwalt."

" Ich verstehe Dich nicht, Kind, was soll's?" Man darf Euch doch Glück wünschen?" fragte sie mit einem nedischen Blick.

Wozu denn? Ich wünsche mir eines, wie Du weißt." nur Sie beachtete den Nachsah nicht, obwohl sie ihn verstand, sondern sagte, die Stimme sinken lassend, um nicht von anderen gehört zu werden: Nun, mir scheint, daß wir außer Sabinens Hochzeit zu Ostern noch eine zweite feiern werden. Oder soll es vorläufig noch geheim bleiben?" Ihre Blicke wiesen ihn nach der Stelle, wo Way mit Else, die neben ihrer Mutter saß, sich unterhielt.

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Wer ist das?" fragte er rauh.

Wie, Herr Mundwalt, Ihr kenntet das Fräulein von Men zingen nicht?"

Er sah nochmals hin; dann fagte er falt: Er ist leider der Anivalt ihres Vaters."

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Und sein eigener Anwalt bei dem Herzen seiner Tochter. Was gilt es, diesen Prozeß gewinnt er sicher." Ihre ver­führerischen Lippen frümmten sich höhnisch.

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Unsinn, Sind, Unsinn!" wehrte er ihre Behauptung ab, indem seine starken Brauen sich zusammenzogen.

Gabriele zuckte mit den vollen nackten Schultern. Ein Tänzer näherte sich ihr, und Konrad Eberhard   begab sich in die Zechstube. Auch Stephan von Menzingen saß hier in leb­hafter Unterhaltung mit dem Rathsherrn Georg von Bermeter und Thomas Zweifel, dem Stadtschreiber. Herr Konrad winkte dem Bürgermeister, und beide traten in eine Ede, wo sie leise und angelegentlich mit einander redeten. Hol' der Teufel die ewigen Staatsgeschäfte," schnob der Rathsherr von Seyboth, ,, morgen ist auch ein Tag."

" Für Kopfweh," fügte der kleine Herr von Schrag mit seiner hohen Stimme hinzu, und es entstand ein allgemeines Lachen. ( Fortsetzung folgt.)

Die Ausstellung

der Münchener   Sezelton.

II.

München  , Witte Juni.

und tiefe Geheimnisse offenbaren wollten. Mit anderen Worten: man entdeckte die Stimmung der sogenannten todten Natur oder, was dasselbe heißt, der Maler erkannte, daß er alles, was in seiner in einem Stückchen Himmel, in einigen Bäumen, in einer grünen eigenen Seele an Freud und Leid, als Ahnung oder Traum lebte, Wiese und in einem blinkenden Bach verkörpern könne. Die Landschaft war jetzt nicht mehr blos der Boden, auf dem sich der Mensch bewegte, der todte Hintergrund, von dem sich das Lebensspiel menschlichen Glücks oder Elends umso deutlicher abhob, oder der fünstliche Rahmen, der ein Menschenschicksal umspannte. Die Landschaft hatte aufgehört bloße Dekoration zu ſein; sie war selbstherrlich geworden, jie brauchte sich das Leben nicht anders woher zu borgen, sie war selber ein Stück Leben. 9619 01

der modernen Landschaftsmalerei von der einfachsten und schlichtesten In der heurigen Ausstellung kann man die reiche Entwickelung wiedergabe eines Stüdchens Natur bis zur bewußten künstlerischen Stilifirung und zur willkürlichen Steigerung irgend eines einzelnen, absichtlich in den Vordergrund gerückten Stimmungsmomentes studiren. Da haben wir in Theodor Hagens( Weimar  ) Chauffee" ein schlichtes Freilichtbild, das man mur neben die erste beste, mit brauner Ateliertunte behandelte Landschaft zu halten braucht, um sofort alle Vorzüge dieser echt modernen Malweise zu grünem Gras umjäumte Straße vor uns; die schlanken Stämme der empfinden: von grellem Sonnenschein überfluthet, liegt die von licht­Bäume werfen tiefblaue Schatten auf den gelben Staub des Weges. Eine weiche Abendstimmung dagegen zittert über Walter Leistikow's  " Dämmerung": wellige Hügellinien in violetten, grünen und gelben Tinten, ein kleines Fleckchen Natur, das für sich selber Frieden und Ruhe predigt. Ganz anders muthet uns desselben Berliner   Meisters Teich" an. Hier hat der Künstler die Landschaft bewußt stiliſirt, um einseitig ihre eigenthümliche Farbenharmonie hervorzuheben: daher die Kronen der rothen Bäume so massig zu­Stimmung des Ganzen zu verſenten vermag, sie leicht mit Kohl­fammengeballt, daß der nüchterne Alltagsmensch, der sich nicht in die töpfen vergleichen könnte; daher im Gegensatz zu diesem kompakten Roth die graugelbe Färbung des Himmels, die sich ganz selbst­verständlich auf das Wasser überträgt. Man muß von dem Bilde ziemlich weit zurücktreten, um seine eigenthümliche Schönheit ganz zu empfinden.

Ist hier die Zeichnung absichtlich auf einige wenige große Umriß­linien beschränkt, damit die Farbe ganz allein durch sich selbst wirke, so bewundern wir in Karl Haider's   beiden Landschaften gerade die peinliche Durchführung der kleinsten Einzelheiten: so sehen wir in seinem Frühling", einer lichtgrünen, baumbestandenen wiese, von der sich eine Dame in dunklem Kleid sehr scharf abhebt, beinahe jedes einzelne Blättchen und Gräschen; aber daß auch dieser Künstler trotzdem jeweils den Stimmungsgehalt des Ganzen flar zum Ausdruck bringt, zeigt vor allem seine bereits für die Münchener Pinakothek angetaufte Abendlandschaft" vom Schlier­ ſee  , bei der nur die dichtgeballten rothen Wolfen ctwas gar zu auf­dringlich gemalt sind. Den Abend, wie er sich über die Dächer der Stadt herniedersenkt, stellt Keller- Reutlingen in einem Leipzig   für das dortige Museum erworben hat. Das Zwielicht in warmen braunen Tönen gehaltenen Bilde dar, das die Stadt zwischen Nacht und Tag, das hier traulich über den Wohnungen der Menschen seine Märchen spinnt, hat es auch Paul Schulze­Naumburg angethan, der uns in phantastischem Dunkelblau des von grauem Gewölt übersponnenen Nachthimmels die beiden mittel­alterlichen Ruinen von Saaled und Rubelsburg mit der tiefblauen Saale  ' im Vordergrunde hinzaubert. Aehnliche dunkle Tinten liebt Binien allzusehr an Bödlin erinnert. Eine weiche Farbensymphonie Benno Beder, dessen Florentiner Villa" mit ihren feierlichen in Roth( Feld), Violett( Bäume), Grün( Wiese) hat in seiner Herbst­landschaft der Münchner   Paul Crodel   komponirt, während Karl Vinnen in feinem großen Delgemälde März" in den hellsten und grellsten Farben des Morgens( man dente nur an das grellrothe Schilf neben dem blauen Wasser!) schwelgt. Dagegen erzielt ichard Kaiser, dessen Parklandschaft und Einsam­teit" beide eine gewisse selbstbewußte Feierlichkeit zur Schau tragen, gerade mit stumpferen Tönen die beabsichtigte Wirkung viel un­fünstler ersten Ranges, gefällt sich in dem abendlichen Schattenspiele mittelbarer. Auch der Stuttgarter Reiniger, ein Stimmungs­des ersterbenden Lichtes: das zeigt am besten seine" Neckarlandschaft", deren graublauschwarze Bäume im Verein mit der fahlgelben Färbung des Himmels und des Wassers ein melancholisches Abend lied fingen, während an des gleichen Künstlers sonst stimmungsvollen Gemälde Der Eijack bei Bozen  ". das vom Maler in Stein verwandelte Wasser den günstigen Gesammteindruck wieder ver­nichtet.

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Wo in der modernen Malerei der Mensch in die Landschaft hineingestellt wird, da ist er meist weit mehr als bloße Staffage, wie die mythologischen Figuren auf dem bereits erwähnten Frühling in der Campagna" von Hans Thoma  . Das sieht man am Klarsten an Georg Jauß Heimaththal", wo der schwermüthige Mönch, der, auf einem Felsblock fizzend, auf die im ersterbenden Lichte des Die Landschaft ist das Lieblingstind der modernen Maler. Sie Abends schlummernden Fluren der Heimath niederschaut, die weiche, ist gewissermaßen das Nesthätchen der Kunst. Erst spät wurde ihre von leiser Wehmuth durchzitterte Stimmung der Landschaft verborgene Schönheit entdeckt, langsam und in jahrhundertlangem menschlich verkörpert. Solcher gemalten Balladenstrophen finden Mühen wurden ihr nach und nach all ihre geheimen Reize ab- wir in jeder Ausstellung die Menge. Badende Frauen" gerungen, und erst in unseren Tagen erkannte der Mensch mit Ent- haben Ludwig v. Hofmann und Albert v. Seller