Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 140.
Mittwoch, den 20. Juli.
( Nachdruck verboten.)
36] Um die Freiheit. Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Von Robert Schweichel .
1898
Weibes und des Pfaffen über die Knauferei und Keherei der Bauern getaucht und malte insonderheit mit giftiger Schwärze die beiden Dorfmeister und den Gemeindeschreiber.
Völker wie Kinder durch Schläge zu stillen, statt ihren Bedürfnissen abzuhelfen, ist den väterlichen Regierungen von jeher als der höchste Gipfel der Weisheit erschienen. Demgemäß Zu Brettheim fanden die Ankömmlinge bereits die Ge- erließ der Innere Rath an die aufgestandenen Gemeinden meinde versammelt und wurden von ihr mit großem Freuden- strenge Gebotsbriefe, welche die Bauern bei ihrem Unterthanengefchrei begrüßt. Gemeinsam lagerte man auf der Wiese bei eid, bei dem kaiserlichen Landfrieden und dem Evangelium dem ansehnlichen Dorfe. Brot und Wein wurden herbei- ermahnten, von jeglichem Aufruhr abzustehen. Ehrenfried geschafft und man aß und trant einander in fampffroher Stumpf redete ihnen nicht zum Nutzen, sich selbst aber zum Stimmung zu. Der lange Lienhart war auch dort und er Schaden, indem er begehrte, daß den strengen Briefen die und Lorenz Mekler wurden von dem Brettheimer Haufen zu Aufforderung angehängt werden sollte, so die Bauern Grund Hauptleuten erwählt. Nachdem alle satt waren, hieß Simon zur Klage zu haben vermeinten, sollten sie dieselbe an den Neuffer sie einen Ring bilden, trat in die Mitte und sagte Rath bringen. Die Herren ließen ihn nicht einmal ausihnen, daß Jckelsamer aus Ohrenbach nunmehr die zwölf fprechen. Artikel verlesen würde. welche seien die gründlichen und Allzu lange schon hat ein Rath Milde geübt," rief Konrad rechten Hauptartikel aller Bauerschaften und Hinterfassen Eberhard, und noch selbigen Tages erhielt seine Ansicht der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten, von welchen sie eine wuchtige Unterſtügung. Denn als die Herren nach der ganz hart und hoch beschwert würden. Unruhe und Arbeit sich abends auf der Trinkstube beim Wein Nicht lauter Zuruf, sondern erwartungsvolle Stille be- erholten, ward ein Bote zu ihnen hereingeführt, der den ersten grüßte den jungen Gemeindeschreiber, als er nun das Bürgermeister vergebens in feinem Hause aufgesucht hatte. Büchlein hervorzog und zu lesen begann. Viele hatten wohl Der nicht mehr junge Mann, der sich den Herren mit feiner schon von den zwölf Artikeln gehört, etliche sie auch gelesen. Artigkeit vorstellte, war der Geheimschreiber des Markgrafen Alle lauschten mit angehaltenem Athem. Das Manifest flagte Kasimir, von dem er ein eigenhändiges Schreiben überbrachte. zunächst über uralte Beschwerden und forderte die Freiheit Der Markgraf bot darin dem Rathe seine Hilfe an und rieth der Jagd, des Fischens, der Holzung und Beseitigung des ihm, den Aufruhr sofort mit Gewalt zu unterdrücken, ehe er Wildschadens. Es verlangte ferner die Abstellung der Frohnden, mächtig würde. Wie er schrieb, hätten sich die Bauern von der drückenden Steuern, unparteiische Handhabung des Rechts. Hasselbach unter dem Vorwande, einen Wursthof zu halten, Ein dritter Theil endlich betraf die Lehre von der evangeli- in der Fastnacht zusammengerottet, wie vor etlichen Jahren schen Freiheit, die Aufhebung der Leibeigenschaft, des Tod- die Bauern des Remsthales zu dem armen Stonrad. Da habe falles und des fleinen Zehnten. Zum Schlusse erbot sich die er an 60 Reiter hingeschickt, die sie durch die Köpfe gehauen Bauernschaft, auf jede Forderung zu verzichten, welche nicht hätten, daß sie Mordio schrien und gelobten, sich niemals mit der heiligen Schrift übereinstimmen sollte. wieder zu einem Wursthof zuſammenthun zu wollen. Der Rath von Rothenburg sollte bei Zeiten ebenso verfahren.
Nach beendigter Vorlesung nahm Simon Neuffer wieder das Wort und sprach:„ Es kann niemand wider uns Erasmus von Muslor ersuchte den Geheimschreiber, in aufstehen, ihr lieben Brüder, und sagen, daß wir ausver- einem Nebengemach zu verziehen, derweil der Rath über die schämt sind in dem, was wir fordern. Nichts wollen wir als Antwort sich schlüssig machte. Damit ihm die Zeit nicht Gerechtigkeit nach all dem Harten, was wir bislang haben lang werde, ließ der Nath ihm vom besten Weine dulden müssen und haben es niemand klagen können, als der der Trinkstube schänken. Anton Graber, so hieß der Sonne, die dort oben auch heut' uns gehört hat. Auch hat Geheimschreiber, brauchte nicht lange zu warten. Der Rath der Dr. Martin Luther , dem die Oberschwaben die Artikel lehnte die angebotene Hilfe dankend ab; er wolle erst in Güte zugeschickt haben, die Herren ermahnt, daß sie Gerechtigkeit zu handeln versuchen, und der Geheimschreiber schied mit der üben sollten gegen uns und hat's angenommen, im Schieds- Versicherung, daß der Nath stets auf die Waffenhilfe des gericht über unsere Klagen zu sitzen! Was hat es geholfen? Markgrafen von Ansbach zählen dürfe; Eile thäte um so Nix als daß, wo etwan die Herren sich auf Verhandlungen dringender noth, als die Bauern in der Gegend von Ulm , in mit ihren armen Leuten eingelassen haben, es blos zum Schein Oberschwaben und im Schwarzwalde sich bereits offen empört geschehen ist, um sie hinzuhalten und über sie zu fallen, alsbald sie hätten. Er verließ jedoch nicht unmittelbar die Stadt, sondern sich stark genug fühlten. So einer noch ein anderes Mittel weiß, fchickte den Reitknecht, der mit seinem Pferde vor der Trinkuns aus der jammervollen Knechtschaft zu erretten, ohne daß ftube wartete, an das innere Röderthor voraus und trat selbst wir uns mit Gewalt wider die Gewalt erheben, der jag's!" in das Haus Stephans von Menzingen. Ein vielhundertstimmiges Nein!" erbrauste. Dieser sah den Geheimschreiber mit höchstem Erstaunen „ Also, lieben Brüder," fuhr Simon fort, wir haben der in seine Stube treten. Anton Graber erklärte ihm kurz, Welt hingegeben unsere harte Beschwerniß und unsere For- mit welchem Auftrage der Markgraf ihn an den Rath geschickt derungen. Darin find wir armen Leute einig vom Rhein hätte und ging auf den Zweck seines Besuches über:" Ich bis an den Böhmerwald und durch das ganze Land Tirol. habe Euch, Herr Ritter," so äußerte er, vor allen Dingen Das ist die Kette, die uns alle zusammenschließt. Die der fortdauernden Huld Seiner fürstlichen Gnaden, des Herrn zwölf Artikel, das ist der Bundschuh von uns allen. Marfgrafen zu versichern. Das taiferliche Kammergericht ist So lasset uns denn schwören, daß wir ihm folgen und auf seinen Befehl durch mich mit allen Dokumenten, Schriften unsere Wehren nit eher aus der Hand legen wollen, als bis unsere Beschwerden abgethan sind, und aufgerichtet ist die evangelische Freiheit." Er schloß, indem er die Schwurfinger der Rechten gen Himmel streckte:" Ich schwör' es bei Gott, dem Allmächtigen!"
Da hoben alle die Hände auf und schworen wie er, schlugen flirrend ihre Wehren gegen einander und zum Himme! donnerte der Ruf:" Bundschuh! Bundschuh!"
und Aussagen versehen, die in dem häßlichen Creglinger Handel Euch günstig sein können." Stephan von Menzingen dankte ihm mit einem Händedrude, und er fuhr fort: Nicht mir, sondern Sr. Gnaden müsset Ihr danken, die einen treuen Diener nie vergessen. In diesen schweren Zeitläuften wiegt ein guter Rath schwerer als Gold."
Ritter Stephan legte die Hand auf die Brust und versicherte, daß sein gnädigster Herr zu Onolzbach über ihn geUnterdessen saß zu Rothenburg der Innere Rath in bieten könne. Obwohl mein Rath kaum von Gewicht sein Sorgen beisammen. Der gestrige Tumult war wenig geeignet, fann, wo Se. fürstliche Hoheit über so fürtreffliche Köpfe wie den der Mittheilung, mit der Albrecht von Adelsheim von den Euren gebietet, Herr Graber," fügte er hinzu, und der GeheimBanern zurückkam, große Glaubwürdigkeit zu verleihen, und schreiber verseite, indem er seinen talten Mienen ein Lächeln zudem traf gegen Mittag ein Bote ein, der sie das schlimmste aufzwang: hr müsset es meiner Armuth anrechnen, Herr befürchten ließ. Dieser Bote überbrachte ein Schreiben des Ritter, daß ich auf die feine Münze Eurer Schmeichelei nicht Pfarrers Bockel, der, durch Jungfer Apollonia aus seiner Guren großen Verdiensten gemäß herauszugeben vermag. geistigen Trägheit aufgerüttelt, über die Rottirung zu Ohren- Doch gestattet, daß ich fortfahre! Für mich unterliegt es kaum bach umständlich berichtete. Die Feder war in die Galle des leinem Zweifel, daß der Rath aus eigener Kraft den Aufruhr