Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 153.

49]

Sonntag, den 7. August.

( Nachdruck verboten.)

Um die Freiheit.

1898

Unter dem Haufen Rohrbach's befanden sich viele Unter­thanen des Deutschen Ordens   zu Neckarsulm  . Ihre Erbitte­rung gegen denselben, der sie als Ritter und als Geistliche doppelt hart bedrückte, trieb es durch, daß das Heer zunächst Der Marsch ging

Geschichtlicher Roman aus dem deutschen   Bauerukriege 1525. nach Neckarsulm   sich in Bewegung setzte. Von Robert Schweichel  .

Achtes Kapitel.

an Weinsberg   vorüber, von dem das Ordensstädtchen zwei Stunden Neckar   abwärts entfernt war. Nach Weinsberg  Nachdem die Bauernheere sich solchergestalt verbündet sandte der helle Haufen einstweilen ein Schreiben mit der und verbrüdert hatten, zog Mezier aus Brettheim mit der Aufforderung, dem christlichen Bunde der Bauernschaft sich an­größeren Hälfte der Rothenburger   Landwehren zu dem zuschließen. Lauberhaufen wieder zurück, um Rothenburg   in Schach   zu halten und seine Verbindung mit dem Markgrafen Kasimir zu Weinsberg   zieht sich ziemlich steil den nördlichen Thal­verhindern. In den Lagern zu Schönthal   blieben 8000 rand hinan. Auf der höchsten Stelle erhebt sich die Kirche, Bauern stehen. zu der man von dem abschüssigen Marktplaße mit dem Rath­Aber mit Ausnahme der Schwarzen Schaar und der Hause auf einer breiten Treppe hinansteigt. Zwei Thore durch­Rothenburger unter dem langen Lienhart waren es nur brechen die Stadtmauer nach der Thalsohle zu. Das obere Thor, lockere Haufen, ungeübt in den Waffen, und vor allen Dingen bei dem eine Mühle liegt, und das untere Thor oder Siechen­fehlte es an Geschütz. Florian Geyer   ging daran, aus ihnen thor, von welchem die Hauptstraße an dem Siechenhause eine Armee zu schaffen, wobei er von Simon, dem langen vorüber zum Marktplate hinaufleitet. Auf der Westseite, bei Lienhart, Frit Mölkner und einigen anderen nachdrücklichst der Kirche, führt eine schmale Pforte zu der nur wenige unterstützt wurde. Er schuf eine Heerordnung, trug im Verein Schritte entfernten untersten Umfassungsmauer der hoch­mit Wendel Hipler Sorge, daß der helle Haufen in Albrecht thronenden Burg, welche die Sage mit dem Namen der Eisenhut einen Beutemeister und in Hans Reyter aus Bierlingen Weibertreue geschmückt hat. Die Ueberreste der gewaltigen einen Schultheißen erhielt, und ließ die Bauern in den Waffen Rundthürme und der gegen die Stadt zu doppelten Ring­üben. Das fehlende Geschütz sollten die Herren und Städte mauern zeugen noch heute von der damaligen Festigkeit liefern. Er war unermüdlich thätig. Mit soldatischer Kürze der Burg.

und Bestimmtheit gab er seine Befehle, und man gehorchte Graf Ludwig Helfrich von Helfenstein, der Stuttgart   gegen ihnen, weil man herausfühlte, daß er seine Sache verstand. den Herzog Ulrich gehalten hatte, saß als Desterreichs Ober­Seitdem er die Scheide seines Schwertes weggeworfen, wie er vogt auf dem alten Welfenschlosse. Er war erst 27 Jahre May Eberhard geschrieben, durchglühte ihn eine innere Freudig- alt, ein Günstling des Erzherzogs Ferdinand und seit fünf keit, die sich allen mittheilte, die mit ihm zu thun hatten. Er Jahren mit Margarethe, einer unehelichen Tochter des Kaisers stand in einer Thätigkeit, die seinen kriegerischen Neigungen Maximilian, vermählt. Ihr zweijähriges Söhnlein auf den und Fähigkeiten entsprach, Fähigkeiten, die sich immer weiter Armen, schaute die Gräfin, die schon einmal verheirathet ge­entfalteten, und diese Thätigkeit galt der Verwirklichung jener wesen, vom Schlosse auf die mit großem Getöse und fliegenden deen, welche er im Verkehr mit Ulrich von Hutien genährt und Fahnen im Thale   ziehenden Bauern. Es war am Charfreitage.) entwickelt hatte. Endlich, endlich war der Tag angebrochen, der Ihr Gatte stand neben ihr und die Geringschäßung, mit der er von sie zur That machen, das Joch der Unterdrückten zerbrechen, dem Feinde sprach, erhob ihr beklommenes Herz. Plötzlich ganz Deutschland   frei machen sollte! Sein ganzes Wesen wurde rief sie: Ein Ritter unter ihnen? Ein Ritter unter ihnen? Schau' den in der darüber zu Stahl. An sich selbst verschwendete er feinen Ge- schwarzen Rüstung bei der schwarzen Fahne! Wer kann danken. Er hatte alle Schiffe hinter sich verbrannt und wußte, das sein?" daß er siegen oder untergehen mußte; aber er arbeitete und dachte nur für den Sieg, den Sieg der Freiheit und Ge­rechtigkeit.

"

,, Es heißt, daß Florian Geyer   von Geyersberg seines Adels und seiner Ehre so schmachvoll vergessen hat, sich unter das Gesindel zu mischen," äußerte der Graf mit finsterer Stirn.

Wendel Hipler   hatte inzwischen als Kanzler des hellen Haufens an die Grafen von Hohenlohe ein Ultimatum Er?" rief die Gattin betroffen, denn sie kannte ihn erlassen, die zwölf Artikel anzunehmen, wenn sie Frieden sehr gut, war sie ihm als jungem Hauptmanne doch haben wollten. Sie machten Ausflüchte, und nun zog das Heer mehr als einmal an dem Hoflager ihres verstorbenen Vaters auf Neuenstein  , wo die beiden Grafen residirten. Als sie begegnet. Sie erinnerte sich, daß derselbe von seinen militäri­solchen Ernst sahen, erschienen sie im Lager. Hei," rief sie schen Gaben stets mit großer Anerkennung gesprochen hatte, der kleine Krees aus Niedersall an, der die Schultern und ihre Besorgniß kehrte zurück. Sie verrieth sich in den eines Atlas hatte, ,, Bruder Albrecht und Bruder Worten:: ,, Unter einem solchen Führer, Ludwig" Georg, kommet her und gelobet den Bauern, bei ihnen als Bah, mit den zusammengelaufenen Roßmucken!" er­Brüder zu bleiben und nichts wider sie zu thun. Denn Ihr widerte er. Haben sie sich vollgesoffen am Klosterwein, wir seid nimmer Herren, sondern Bauern, und wir sind die Herren wollen ihnen Blut zu trinken geben, daß sie daran ersticken von Hohenlohe  . Und unseres ganzen Heeres Meinung ist, sollen. Uebrigens steht die Bürgerschaft treu zu mir und daß Ihr auf unsere zwölf Artikel schwören und mit uns auf die Hilfe aus Stuttgart   muß auch jeden Augenblick 101 Jahr zu halten Euch unterschreiben sollet." Wendel eintreffen." Er hatte Tages Tages zuvor nochmals um Hipler  , der von ihnen so schwer gekränkte, genoß die Genug dieselbe geschrieben, nachdem er persönlich dort ge thuung, sie auf die zwölf Artikel schwören zu hören, daß sie bis zur nächsten Reformation Frieden halten, die Gefangenen frei geben und den Bauern in den nächsten Tagen Geschütz und Pulver liefern wollten. Sie mußten zu dem Gelöbniß die Handschuhe ausziehen, wie auch die Häupter von den Helmen entblößen. Kein Wunder, daß ihnen ob dieser Demüthigungen die Augen übergingen. Die Bauern aber feierten das wichtige Ereigniß mit unzähligen Freudenschüssen.

wesen, um Verstärkung zu holen. Denn ihm stand zur Ver­theidigung des Schlosses nur ein knappes Dußend Reisiger  zur Verfügung. Augenblicklich hatte man ihm nur 70 Ritter und Reisige mitgeben können. In heiterer Laune waren die edlen Herren mit ihm den Neckar heruntergeritten und hatten dabei zum Vergnügen auf die Bauern in den Feldern und Weinbergen geschossen wie auf Spaten oder Hasen. Der Graf von Helfenstein hatte lachend seiner Gattin erzählt, wie gar Jäcklein Rohrbach   war unterdessen vor Löwenstein   ge- furzweilig es gewesen, die Kerle springen und purzeln zogen, nachdem er das Frauenkloster Lichtenstern  , dessen zu sehen. Dietrich von Weiler wäre vor Lachen über Konvent geflohen war, geplündert hatte. Die schwarze Hof- die Haken, die sie gleich den Hasen schlugen, fast vom männin schritt seinem Banner voraus gleich cinem Rache Pferd gefallen, darob ihm denn ein Bäuerlein, das er just geist. Die beiden Grafen Ludwig und Friedrich von Löwen aufs Korn genommen, in einen Weinberg entwischt wäre. stein hatten sich in Sicherheit gebracht. Jäcklein Rohrbach   Und auch der stolze Mund der Gräfin hatte gelächelt, anstatt ließ ihnen fund thun, daß sie sich in den nächsten Tagen sich über solchen Frevel an Unschuldigen und Wehrlosen zu in dem Lager einzufinden hätten, um den Eid auf die zwölf entsegen.

Artikel zu leisten, widrigenfalls ihnen mit der Verwüstung Die Aufforderung der Bauern, ihrem Bunde beizutreten, aller ihrer Güter gedroht wurde. hatte der Graf mit der Forderung beantwortet, daß ihm bis