Hwlerhallungsblatt des vorwärts Nr. 154. Dienstag, den 9. August. 1893 (Nachdruck verboten-) Mm die Fveilzeik. Geschichtlicher Roman aus dem deutschen   Bauernkriege 1325. Von Robert Sch weiche!. Widerstrebend fügten sich die anderen. Hans Lautner's Ahne aber seufzte, indem sie sich hinwegwendete:Immer und immer haben wir den Versprechungen der Herren vertraut und immer haben wir es mit blutigen Thränen büßen müssen. Wann wird Eure Faust endlich eisern werden?" In kaum noch zu zügelnder Ungeduld erwarteten die Haufen die Antwort des Grafen. Mit hochmüthiger Ver- achtung wies er jede Gemeinschaft mit den Bauern von der Hand. Den Hintersassen seines Amtes aber drohte er, wenn sie sich nicht unverzüglich von der aufrührerischen Rotte los- sagten und heimkämen, dann wollte er ihnen ihre Weiber und Kinder nachschicken und ihre Dörfer mit Feuer ver- brennen. Ob dieser Drohung erschraken die Bauern des Weins- berger Haufens und schrien, daß man sie heimziehen lassen oder ihnen Frieden machen sollte.Ja, ziehet nur heim," zürnte ihr Hauptmann Wagenhans aus Lehren.  Ihr kennt ja die Gnade, die Ihr von dem Grafen zu erwarten habt, und sanft war das Joch, das ihr tmget. Gehet und leckt dem Grafen   den Staub von den Stiefeln, die Gnade von Leipheim  und Wurzach   ist Euch gewiß!" Da erhob sich die schwarze Hofmännin unter ihnen und weithin war ihre schrille Stimme zu vernehmen:Wollet Ihr Frieden mit dem Grafen. so machet ihn selbst. Loset I Ich saß die Nacht unter den Weiden   und gedachte an all' die Roth und den Jammer, so wir armen Leute gelitten haben von Kindesbeinen an, und gedachte an all' die salzigen Thränen, die wir geweint haben in unserer Ver- zweiflung. Und es war Charfreitag, wo Christus ge- storbcn ist für die Erlösung der Armen und Ent- erbten. Und wie mir der Schlaf das herzbrechende Weh von der Seele nahm, da sah ich im Traum, wie aus dem Blut unserer Brüder, das zu Wurzach   der Staub trank, Rosen aufwuchsen, und sie wuchsen höher und höher, bis sie den Berg und die Burg des Grafen ganz überzogen hatten. Roth war alles von Rosen, und Ihr wisset, was das bedeutet. Hei, sind Eure Spieße nicht scharf? Tressen Eure Büchsensteine nicht? Die blühenden Rosen, die werdet Ihr schneiden, Gott  will es." Die Wcinsberger dachten nicht mehr daran, heimzuziehen. Gott   will es," riefen auch sie und begannen eifrig ihre Waffen in Stand zu setzen. Etwa um dieselbe Zeit hatte Ludwig von Helfenstein   die Bürgerschaft von Weinsberg   auf dem Markte versammelt. Er war bei seiner Rückkehr von dem Ausfall auf der Bauern Nachtrab nichts weniger als jubelnd enrpfangen worden. Die Bürger zitterten vor den Folgen seiner treulosen That und es erhob sich ein Geschrei, er verderbe die Stadt; er solle sich mit seinen Rittern und Reisigen Hinausthun auf das Schloß, damit sie Frieden mit den Bauern gewännen. Er hatte aber bei der Kirche, ain obern Ende des Marktplatzes, die Ritter und ihre 5lncchte aufgestellt, und dieser Anblick düinpfte das Feuer des Aufruhrs, das aus der Furcht auf- schlug. Nachdrücklich redete er die Versammelten an, weissagte er ihnen, anstatt der Befreiung durch die Bauern, Plünderung und Todtschlag, wenn sie von ihrer Treue gegen Oesterreich  abfielen, und wies er abermals auf die Hilfe von Stuttgart  hin. Man würde daher, wenn nur jeder seine Pflicht er- füllte, den Bauern einen Widerstand thun können. Er selbst rechnete noch immer ans diese Hilfe und hatte am Morgen einen eilenden Boten nach Stuttgart   gesendet. Deshalb ließ er auch das dreifache Unterthor bei dem Siechenhansc, das dorthin führte, nicht wie die übrigen durch Dung und Steine verrammeln. Woher sollte jedoch die Regierung in Stuttgart   den so dringend verlangten Zusatz nehmen? Sie hatte nur so viel Truppen in der Hauptstadt zurückbehalten, um diese gegen einen Ueberfall der Schwarzwälder schützen zu können und sonst jeden Mann an den Truchseß von Waldburg  abgeben müssen. Der Graf blieb in der Stadt und traf alle Vorkehrungen zu ihrer Vertheidigung. Auf das Schloß schickte er noch fünf Reisige. Das schien ihm genügend, ob- wohl Weib und Kind und alle seine Kostbarkeiten droben sich befanden. Er hielt es für unmöglich, daß die Bauern ein so festes Schloß stürmen könnten, zumal es ihnen an Geschütz gebrach. Die Ritter dachten wie er. Sorglos des kommenden, trieben sie allerlei Kurzweil, liebelten mit den hübschen Weins- bergerinnen und sprachen dem Nachtmahl wacker zu, das ihnen der Rath richtete. Des Grafen Spielmann und Hofnarr wurden vom Schlosse geholt und belustigten sie mit Musik, Späßen und Zoten. Der Ostermorgen fand Thore, Mauern, Wehren im Ver- theidigungszustande und besetzt, Ritter und Knechte ge- wappnet, ihre Pferde gesattelt in den Ställen. Kein Feind zeigte sich. Die Glocken riefen zur Messe. Während derselben wurde dem Grafen gemeldet, daß die Bauern kämen. Er begab sich auf die Mauer beim Unterthor, wo er die Be- satzung noch einmal mit kurzen Worten ermuthigte, während sein Freund, Dietrich von Weiler, das Straßenpflaster auf- brechen und die Steine von den Frauen, Töchtern und Mägden der Bürger auf die Mauem tragen ließ. Ja, sie waren da, die Bauern. Auf dem breiten Rücken des Schemelberges, der, den Namen von seiner Gestalt tragend, nordwestlich vom Schlosse sich hinstreckt, glitzerten ihre Waffen in der Morgensonne. Die Schwarze Schaar Florian Geyer's stand voran und hinter ihr Jäcklein Rohr- bach mit den Heilbronnern, Löwensteinern und Weinsbergern, während der helle Haufen unter Jörg Metzler noch über Erlen- bach heranzog. Dort stand die schwarze Hofmännin. Sie machte das Zeichen des Kreuzes über dem Heere, schüttelte drohend die Faust gegen Weinsberg   und rief:Ziehet muthig, die Philister sind in Eure Hand gegeben. Ihre Kugeln fange ich auf!" Ihre Augen flammten unheimlich, ihr graues Haar flatterte im Winde. Bevor die Bauern zum Angriff schritten, schickten sie nach Kriegsgebrauch zwei Herolde mit einem Hut auf einer Stange zum Ünterthor, um Weinsberg   zur Uebergabe aufzufordern. Eröffnet Schloß und Stadt dem hellen christlichen Haufen", schrie der eine hinauf.Ansonst, so bitten wir um Gottes- willen, thut Weib und Kind hinaus; denn beide, Schloß und Stadt, werden wir den freien Knechten zum Stürmen geben und es wird niemand geschont werden." Dietrich von Weiler sprang auf die Mauer und rief: Was, ein Rittersmann soll mit Roßmucken verhandeln? Pfui der Schande! Solchem Gesindel antwortet man nur mit Kugeln!" Er befahl einem Reisigen Feuer zu geben. Der eine Gesandte stürzte schwer getroffen zu Boden, raffte sich aber wieder auf und folgte seinem fliehenden Gefährten. Herr Dietrich lachte.Lieben Freunde", rief er,sie kommen nicht. Sie wollen uns nur also erschrecken und vermeinen, wir hätten von Hasen das Herz." Er hatte die Bauern auf dem Schemel  - berge schreien hören und glaubte, ihnen Furcht eingeflößt zu haben. Es war aber die Wuth darüber, daß auf ihre Herolde geschossen worden. Florian Geyer   schwenkte sofort links ab. um das Schloß von der nördlichen Seite, wo der Berg noch am zugänglichsten war, zu stürmen. Semmelhans zeigte seiner Schaar den Weg. Jäcklein Rohrbach   stürzte mit seinem Haufen und den Weinsbergern wie ein wildes Gebirgs- wasser von dem Schemelberg gegen das Unterthor. Vor das Oberthor zogen nachrückend Georg Metzler   und der lange Lien- hart. Da mochten Graf Ludwig ubd Dietrich von Weiler wohl inne werden, daß die Roßmucken das Osterspiel ernst nahmen. In der Stadt schlug es 9 Uhr. Jäcklein Rohrbach's   Haufen achtete nicht der Schüsse, mit denen er von der Mauer empfangen wnrde, noch der nieder- praffelnden Steine. Die Büchsen thaten ihm auch nur wenig Schaden, aber von den Steinen wurden viele wund. Immer neue Streiter drängten an die Stelle der Kampfunfähigen und fort und fort fchmetterten die Aexte und Hämmer, krachten die Sturmbalken gegen das Unterthor. Die Ritter und Reisigen und die Ehrbaren wehrten sich mit aller Gewalt; die Handwerker und Weingärtner thaten nur lässig ihre Pflicht» Die Erhaltung des österreichischen Regiments war kein Preis, der zur Tapferkeit reizte. An der schmalen Pforte bei der Kirche wurde nicht nur kein Widerstand geleistet, sondern die