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Dreigestirn glühten. Der rothe Zeisolf und der fette Junker darüber todt, wohl Dir, seligeren Tod kannst Du nimmer bon Finsterlohr   waren keine Lehnsleute des Bischofs, aber sie überkommen. Denn Du stirbst im Gehorsam göttlichen Worts waren beide auf den Marienberg   gekommen, um mit den Bauern, und Befehls und im Dienst der Liebe, Deinen Nächsten zu denen sie zu Haltenbergstedten Frieden hatten geloben müssen, retten aus der Hölle und des Teufels Banden."

desto bälder Abrechnung zu halten. Während der eine durch fein Trinken die Bewunderung der Tafelrunde erregte, ver­ursachte Philipp von Finsterlohr deren wieherndes Gelächter durch seine faftigen Zoten.

,, Weinen Hals zum Pfand, daß der stinkende Keker damit sich blos den Rücken hat decken wollen, wenn der Schwäbische Bund   ihn etwan als Hauptursächer des Aufrufes an die Ohren kriegen sollte." So lautete die Weisheit Kaspars von Reinstein.

" Wir sollen für ihn die Reformation durchdrücken und ihm die Ehre lassen," fügte der Domprobst noch hinzu. ,, Kutte bleibt Kutte," rief Zeifolf mit seiner gewöhnlichen Fleisch."

Einer aber berührte den Becher nur selten einmal, auch sprach er kein Wort. Hohlwangig, mit großen, nachdenklichen Augen saß Der Domprobst nahm Luther   gegen diese Unterstellung er in seiner Barfüßerfutte unter den Zechenden. Das war der in Schuß. Nein, furchtsam ist er nicht," äußerte er. Er gefchickte Feuertverfer, der weit und breit als Schwarzkünstler versucht's halt mit allen Parteien, die ihm dienlich sein könnten. berrufen war. Auch des Domherrn Grumbach Vettern von Rim- So zuerst mit dem Franz von Sickingen   und Hutten, dann par, Hans und Wilhelm nahmen nur einen mäßigen Antheil an mit den Bauern und jetzt sind wir an der Reihe, nachdem der den Freuden des Bacchus. Da sie bei dem Bisthum zu Lehen Kurfürst Friedrich von Sachsen   das Zeitliche gesegnet hat." gingen, hatten sie sich auf dem Marienberge einfinden müssen. Der das Haupt aller Kezer war," schaltete des Bischofs Sie hätten wohl gern das Beispiel des Grafen von Henneberg   Bruder, Eustachius von Thüngen, giftig ein. nachgeahmt, allein dazu war ihre Macht zu gering, und Wilhelm von Grumbach   mochte wohl die Hoffnung, die Hand Adelgunde's von Thüngen zu gewinnen, noch nicht ganz auf­gegeben haben. Schön war das Fräulein durchaus nicht, Rücksichtslosigkeit." Gönnen wir ihm den Knochen, uns das dafür die Muhme des Bischofs. Dagegen hatte die Natur Wilhelm von Grumbach   derart ausgestattet, daß er vor weiblichen Augen wohl bestehen konnte. Er war breit in den Schultern und schmal in den Hüften. Von Gesicht ähnelte er seiner Schwester Barbara und sein Haar war röthlich blond wie das ihrige. Seine blauen Augen aber waren von einem stählernen Glanze und wie er sie beobachtend auf Adam von Thüngen richtete, der neben Beifolf faß, blizte es aus ihnen wie die Spize eines Dolches. Sein Gesicht, dessen Oberlippe der erste Bart noch schwach be­schattete, wandte sich dabei verbindlich seinem Nachbar zu, scheinbar dessen Worten lauschend, und es enthüllten sich seine blendend weißen, starken aber spiken Zähne.

,, Auf denn zum fröhlichen Jagen," fiel sein Freund ein. Zum Teufel mit der Hafenjagd, ich pürsch' auf ander Wild," rief Wolf von Kastell verächtlich.

( Fortsetzung folgt.)

Sonntagsplandevei.

Stimmung in der Luft. In den letzten Tagen lag es beinahe wie gereizte Kulturkampf­erneuten fatholischen Aufschwung", bald gar wie Drohung; und die Bald klang es wie Bangigkeit vor dem feltsamsten Retter des freien, individualistischen Geistes, freier Wissenschaft und Kunst vereinigten sich zu herzbeweglichen Wehklagen In dem engen Verkehr, den das Zusammenleben auf über den Katholikentag zu Crefeld  . Bei derartigen Tagungen ist dem Marienberge bedingte, war ihm die Hoffnung, mit Adam das weitausgreifende Kraft- und Schlagwort von jeher zärtlich ge­von Thüngen   in ein verwandtschaftliches Verhältniß zu treten, pflegt worden. Manche Erscheinungen im Auslande, das Glück der mehr und mehr entschwunden. Die rauschenden Vergnügungen und so hatte man längst vertraute reaktionäre Wünsche diesmal mit Zentrumskandidaten bei den letzten Reichstagswahlen kamen dazu, der Fastnacht hatten den Hochmuth, der in Adam's Charakter etwas lauterem Aplomb, mit zuversichtlicherer Bedeutung vor­den schärfsten Zug bildete, etwas gedämpft. Jekt machte er getragen. Darüber nun wurden die Freiheitshelden unserer Bürgers fich um so mehr geltend und er ließ es Wilhelm von Grum- fchaft bis in die Reihen derer um Stumm hinein unruhig. Es ist bach merken, daß er in ihm nur den nichts bedeutenden Thatsache: Leute aus liberalen Lagern, die mit beschränktestem Haß jüngeren Bruder eines Vasallen seines bischöflichen Vetters sonst alles verfolgen, was dem scholastischen   Durchschnittsgeist im fah. Ja er zeigte ihm geflissentlich die kalte Schulter, seitdem iffen und Können zuwiderläuft, Leute, die sonst im höchsten Grade Wilhelm von Grumbach   in den friegerischen Uebungen, mit an" Neophobie", an Angst vor Neuerungen franten, entrüsteten sich denen man sich auf dem Schlosse die Zeit vertrieb, sowohl im gemeinsam mit den angriffsluftigsten Muckerelementen. Ein ganz eigenthümliches Schauspiel! Arme Wissenschaft, arme Lanzenwerfen nach dem Türkenkopfe wie im Armbrustschießen als Kunst! Geriethet ihr unter die Fäuste der Stöcker und Jstraut, die der unstreitig gewandtere und geschicktere von beiden sich erwies. jetzt für Euch den Individualismus wider die kommunistisch- tirchlichen Wilhelm von Grumbach   knirschte innerlich. Sein älterer Bruder Gedanken von Crefeld   anrufen, wie tämt ihr arg geschunden und Hans war von Natur wortfarg und, gewöhnt, zu Hause verbläut davon, und hätten Euch jene Bürgersmannen zu befehlen, bei jedem Wetter dem Waidwerk obzuliegen, langweilte er die auch im Wirthschaftsleben den uneingeschränkten individualistischen sich in der Ruhe auf dem Marienberge sträflich. Plötzlich Segen preisen, wie würde Euch auf Schleichwegen zugesetzt! Die hob er den schweren Kopf von der Betrachtung des goldenen hervorbrechende wissenschaftliche oder künstlerische Individualität durch einen wären gewaltthätige Eiferer, die anderen würden die start Blutes in seinem Becher lauschend auf. Sein feines Jäger andere Strafmittel niederzwingen. In unseren Tagen des herr ohr vernahm durch den Lärm des Bacchanals die Worte: lichen, freien Erwerbs giebt es Entziehungs Kuren für die Un­ettel Teufelswerk treiben sie und insondernheit ist's gefälligen, und freundlich flingende Belohnungen für die Gefälligen. der Erzteufel, der zu Mühlhausen   regieret und nichts denn Wozu also der Lärm, wozu die tulturkämpferische Hizze, wozu Raub, Mord und Blutvergießen anricht, wie denn Christus, die Schreckenshinweise auf geistige Inquisition und auf den Johann. 8, von ihm sagt, daß er sei ein Mörder von An- Jesuitismus? Ließe sich der neuweltliche Geist verschütten, ließen beginn." fich die Ergebnisse modern- erakter Wissenschaften widerrufen, wären

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" Wer denn?" fragte Hans von Grumbach seinen Nach- wir so weit gekommen: dann hätte das Gezeter von Mudern und barn Matern von Westenberg, der sich aus innerer Hitze Wams aufgenestelt hatte.

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Der Thomas Münzer, das Scheusal, ist gemeint," schnaufte jener. Aber loset, Ioset!"

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Der Domdechant von Guttenberg hatte sich erhoben und las etwas vor. Es war Luther's wüthige Schrift gegen die Bauern. Stiller und stiller ward's im Saal und selbst die jenigen lauschten, die sie bereits kannten. Der Domdechant fonnte jedoch die Vorlesung nicht beenden; denn als er zu den Worten kam: Solch' wunderliche Zeiten sind jetzt, daß ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen besser verdienen kann, denn an dere mit Beten..." da unterbrach ihn der Domherr von Wiesen­ thau   mit bereits schwerer Zunge:" Was Beten? Der Kerl ist selbst ein verfluchter Setzer und hat den ganzen Rummel angefangen." Wir werden schon zerschmeißen, würgen und stechen, daß es eine Art hat," rief Graf Wolf von Kastell. Dazu braucht er uns nicht erst zu heben."

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Handelsleuten, denen ja doch alle ideellen Güter Schacherwaare find, verdammt wenig Werth und Gewicht. Sie würden sich am letzten Ende doch verbrüdern, die sich heute so unduldsam zu hassen scheinen.

Der freie individualistische Eriverb! Defter tauchte in der jüngsten Zeit dies Schlagwort auf und es ist bezeichnend, wie gerade in den finanziellen Kreisen, in denen am rücksichtslosesten nach diesem Schlagwort gehandelt wird, eine Farbenblindheit für gewisse grelle Erscheinungen eintritt.

stolperte über die freundlich flingenden" Belohnungen, mit denen Wieder einmal ist nämlich ein Zeitungsschreiber gefallen; er die Herrenwelt der Finanz arme gefügige Teufel loden. Wieder einmal muß der Gefallene alle Schläge über sich ergehen lassen und die moralischen Urheber gehen frei aus. Es handelt sich diesmal um einen Handelsredakteur. Unsere Presse schweigt gern über Dinge, die das Thema Presse und Kapital streifen. Der Handelsredakteur hatte nach den Begriffen veralteter, vielfach proletarischer Zeitungs­menschen wider journalistischen Anstand sich vergangen.

Er sollte sich von dem Verdacht, der auf ihm lastete, reinigen. Am vergangenen Sonnabend hätte ein öffentliches Gerichtsverfahren ,, Vernehmt noch, was für Belohnung uns der meineidige Klarheit zu schaffen gehabt. Der Sensationsprozeß unterblieb. Der Mönch dafür verheißt," überbot der Domdechant die lärmenden Handelsredakteur zog im letzten Augenblick seine Klage zurüc Burufe und verlas den Schluß der Schrift: Bleibst Du und hat damit vor seiner Kollegenschaft ein stummes Geständniß ab­