Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 179.
Dienstag, den 13. September.
1898
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Um die Freiheit.
Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauerntriege 1525. Waldburg zu vereinigen, verlegte ihnen den Weg. In Würz
( Nachdruck verboten.) war der junge Spelt. Sie mußten aber underrichteter Sache umfehren, denn der Landgraf Ludwig von der Pfalz, der im Begriff stand, seine Streitmacht mit der des Truchseß von burg tobte das Volk mit Furie durch die Gassen, als des Bischofs Einladung ruchbar wurde. Die Krämer schlossen hastig ihre Läden. Einigen Herren von den Geschlechtern, die der erhitzten Menge begegneten, wurde übel mitgespielt. Auf dem Grünen Markt bei der schönen gothischen Marienkirche verbrannte sie unter Gejohl eine aus Stroh und Lumpen zusammengeflickte Puppe, welche den Bischof Konrad darstellte. Dann zog sie vor das Rathhaus und warf die Fenster ein. Bürgermeister und Rath hielten sich versteckt und kamen erst wieder hervor, als das Volk, des Lärmens müde, in die Schänken sich verlaufen hatte.
,, Das wäre aber des Dinges nur ein Theil," warf der Stadtschreiber von Würzburg ein, der mit Ehrenfried Kumpf die Stadt in der Versammlung vertrat, sobald der allgemeine Beifall, mit dem Pezold's Antrag aufgenommen worden, verrauscht war.„ Auf einen Landtag gehören auch der Adel und die Geistlichkeit."
„ Das Tischtuch ist zwischen uns und den Römlingen für alle Zeit zerschnitten," rief der hagere Denner von Leuzenbrunn, der in dem Ausschuß selten anders erschien, als im Harnisch über dem Pfarrrock und das Schwert an der Hüfte. Sollen wir uns etwan den Schlüssen, so sie auf dem Landtage wieder den neuen Glauben durchsetzen, fügen? Nie und nimmer!"
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Der oberste Hauptmann der Schwarzen Schaar sollte mit Jakob Köhl und noch Zweien als Vertreter des Fränkischen Heeres zum Landtag reiten. Er weigerte sich; es sei des Schlagens, nicht des Tagens Zeit. Gegen den Bruder Ambrofius, Und gar der Bischof Konrad! Er soll wohl auf dem der sein ganzes Vertrauen besaß, äußerte er, als dieser ihm Landtag siken?" fragte höhnisch der Pfarrer Bubenleben. zuredete: Fliegen meine Bolzen über das Ziel hinaus, so ist Darauf der Stadtschreiber: Laden wir die adligen das fein großer Schaden, fallen sie aber vor dem Ziel matt Herren Ostfrankens, die Grafen von Hohenlohe, von Henne- zu Boden, so treff' ich es nimmer. Warum schicken sie nicht berg, von Wertheim , den Markgrafen Kasimir, und wir müssen den Bubenleben oder einen anderen, der wie er die Weisheit sie laden, wollen wir ihnen nicht einen Rechtsgrund geben, mit Löffeln gefressen hat?" die Schlüsse des Landtages anzufechten, dann dürfen wir
Weil sie einen Mann wollen, dessen Rede eben so schlagallerdings auch den Bischof von Würzburg nicht übergehen." fertig wie sein Schwert ist, und der selbst dem Feind Achtung Die geistlichen Herren erhoben dagegen heftige Einsprache. abnöthigt," antwortete Bruder Ambrosius. Ehrenfried Kumpf schnellte empor und suchte beredt das Auch dieses Mal ordnete sich Florian Geyer der GesammtWidersinnige einer solchen Einladung darzuthun. Er rief heit unter. Er gestand aber dem Bruder Ambrosius, daß er mit jugendlicher Hize: Nein! Nein! Nein! Der Bischof und es schweren Herzens thue. Ging's in die Schlacht, ich wäre das Kapitel gehören nit in das Spiel!" fröhlichen Sinnes," sagte er, als er am letzten Maitage zum Ritt nach Schweinfurt seinen Rappen bestieg.
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Florian Geyer gewahrte mit Sorgen, welch bedenkliche Wendung die Angelegenheit zu nehmen drohte. Er argwöhnte Die Bürgerschaft der freien Reichsstadt am Main hatte mit Recht, daß aus dem Stadtschreiber die Würzburger Ge- alle Thürme mit Fahnen geschmückt, und auf dem Thurm der schlechter sprächen und er warnte daher, ihm Gehör zu geben. alten Johanniskirche flatterte ihr Wappen: der schwarze Ein Finger ist dem Schelmen leicht gegeben, aber er hält Adler im silbernen Felde. Zinkenisten bliesen über den Thoren Euch bei der Hand fest," äußerte er.„ Die weltlichen und die einreitenden Gesandten an. Es waren ihrer jedoch kaum geistlichen Herren haben ihre Gewalt ufurpirt, indem sie die zwanzig, denen die Stadt am nächsten Morgen in dem Saale Gemeinfreiheit vernichteten, die wir wieder aufrichten wollen, des alten Rathhauses den Ehrenwein fredenzte. Die kleine und wir werden es. Gott sei es geflagt, daß wir ihnen durch Zahl verlor sich gleichsam in dem weiten, dämmerigen Raume. unsere Unthätigkeit Zeit ließen, sich wieder aufzuraffen. Jezt Die Mehrzahl der Abgeordneten hatten die Bauernheere vor stehen sie stark gerüstet rings an den Grenzen. Wie wollet Würzburg , Bamberg , in Oberfranken und aus dem Aischgrunde Ihr sie zwingen, daß sie die Schlüsse des Landtages an- geschickt. Unter den Städten waren außer Würzburg und nehmen, selbst wenn sie sich zu demselben einfänden? Rothenburg nur einige wenige Oberfrankens vertreten, und Vermögen wir nicht, ihnen die Faust in den die hohen adeligen Herren hatten auf die Einladung garNacken zu drücken, so ist der Landtag ein Kinder- nicht einmal geantwortet; nur der Markgraf Kasimir hatte spott. Auch ich hoffe wie Ihr unerschütterlich auf den geschrieben, daß er kommen würde, wenn es seine Zeit geSieg unserer gerechten Sache. Ja, wir werden siegen; in stattete. Rothenburg hatte den Ritter Stephan von Menzingen wenigen Tagen wird das Schwert entschieden haben. Einst gesendet, ihm jedoch den Bauernfeind Hieronymus Hassel als weilen genügt es, um unsere Macht zu stärken, daß wir nur Gegengewicht angehängt. die Städte und Landgemeinden Ostfrankens zu einem Tag berufen. Wahre Gemeinfreiheit kann nit bestehen mit bevor rechteten Ständen in ihr. Sie find in ihrem Leib ein ewig schwärend Gift."
" Die Kalendermacher müssen Regen angesagt haben, daß die Laubfrösche nit die Köpfe aus dem Pfuhl herausstecken." So begrüßte Herr Stephan, auf die Städter anspielend, Florian Geyer . Ihn in eine der tiefen Fensternischen ziehend, fuhr er fort: Wer hat nun Recht behalten? Ihr sehet, daß auf die Städte kein Verlaß ist. Ich habe auf meine eigene Hand an den Markgrafen Kasimir geschrieben; er ist einem Bündniß mit der fränkischen Bauernschaft nicht abgeneigt. Er will ja auch hierher kommen, wie Ihr hörtet."
" Ja, weil ihn der Gregor und der lange Lienhart wie ein Krebs zwischen ihre Scheeren zu nehmen drohen," erwiderte Florian Geyer spöttisch.
Seine Vorstellungen machten einen sichtlichen Eindruck. Der Pfarrer Bubenleben aber zerstörte ihn, indem er, den Geistlichen herauskehrend, sprach:" Es ist keiner unter uns, der nicht gleich dem Bruder Geyer von dem Siege unserer Waffen überzeugt wäre. Noch stehet unsere Macht unerschüttert da und wird es bleiben. Christenpflicht aber ist es, das Blutbergießen zu verhindern, wenn es in unserer Macht steht. Der Landtag gewährt uns das Mittel dazu. Berufen wir ihn nach dem Vorschlage des Stadtschreibers, so werden wir, ohne uns etwas In der That hatte er vor ihnen ohne Säumen den zu vergeben noch zu verlieren, allen Streit zwischen uns und Rückzug angetreten und schon anderen Tages erfuhren die den Herren gütlich und friedlich schlichten. Eile thut noth." Abgeordneten, daß er der Versammlung zu Würzburg die Florian Geyer vermochte nicht durchzudringen und er Versicherung seiner wohlwollenden Gesinnung und seiner entfernte sich mit dem bitteren Gefühl, daß seine tiefere Er- Geneigtheit, mit ihr zu einer Verständigung, ja zu einem Bündniß tenntniß wieder einmal an dem stumpfen Verstande und zu gelangen, übermittelt habe. Zugleich rief diese die Hauptleute hinterhaltigen Gedanken gescheitert sei. Es wurde festgestellt, in das Lager zurück. Daraufhin löste die mißlungene Tagdaß der Landtag in Schiveinfurt stattfinden und bereits am fagung sich auf, nachdem sie Stephan von Menzingen und 1. Juni eröffnet werden sollte. Die Einladungen ergingen Florian Geyer beauftragt hatte, den Frieden mit dem Marknach dem Vorschlage des Stadtschreibers, der es trob dem grafen zu vereinbaren. Um dessen sicheres Geleit abzuwarten, hartnäckigen Widerstand des Altbürgermeisters Stumpf durch- begaben sich beide nach Rothenburg , wo sie dem markgräffette, daß dem Bischof Konrad die Einladung zu besonderer lichen Hauptquartier näher als in Schweinfurt waren. Ehrung durch zwei Gesandte überbracht würde. Der eine davon
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