war am Freitag vor dem Pfingstfeste
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Siebentes Rapitel.
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sahen den west
„ Der Dr. Eberhard ist auch wieder in der Stadt," äußerte Sabine von Muslor. Sie stand am Fenster und fah Frau Margarethe von Menzingen mit Else über die Herrengasse gehen; das war die Veranlassung ihres Ausrufes.
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Sorget Euch nicht, liebe Frau," tröstete das Fräulein lichen Horizont vor sich von einer großen Feuersbrunft ge- von Badell, die mit der Freundin im Garten auf einer röthet. Auch die Rothenburger, die, wie Gregor, zurück- steinernen Bank saß, während die Liebenden in einer Entberufen worden, unt nach Königshofen zu ziehen, fernung von ihnen Arm in Arm unter den Bäumen wandelten. gewahrten den unheimlichen Gleisch amt Hinintel. Eine bange Die Zeiten sind verheddert wie der Flachs am Wocken einer Ahnung trieb den langen Lienhart und Leonhard Metler zur unordentlichen Magd. Aber mit Geduld schaffet man wohl Eile und sie zogen stark für und für die Tauber abwärts. wieder Ordnung. Um die Zukunft der Kinder banget mir zunächst nicht. Es steckt halt in der Jugend eine Kraft(- wir alten Weiber haben's nur vergessen, die nicht so leicht firre zu friegen ist. Mich dünket, daß Eure Else einen festen Kopf hat als wie ihr Vater, und wenn zwei solche Köpfe zusammenkommen, dann ziehet der Mannskopf allemale den fürzeren, weil er der gröbere iſt. Und wenn Euer Mann mit dem Bürgermeister hart aneinandergerathen ist von wegen dem Unglückswurm sie deutete mit ihren Blicken nach dem an die Stadtmauer stoßenden Seitenflügel, der Dr. Karlstadt beherbergte das jetzt dort oben auf seiner Kammer Tag und Nacht an einem Folianten schmiedet, den er seinen Gegnern an den Kopf schmeißen will, nun, Ihr kennet ja das Räthsel: Speise ging von dem Fresser und Süßigkeit von dem Starken. Die Herren vom Rath sind keine Löwen , ob sie gleich brüllen, und der Bermeter am wenigsten. Wie ihnen der Fuchs auf die Tazen schlug, haben sie die Krallen flink wieder eingezogen. Lasset's gehen, liebe Seele." ( Fortsetzung folgt.)
Was fümmert's mich? Ich weiß es längst," antwortete Gabriele gleichgiltig, ohne ihre Stellung zu verändern, in der sie, die verflochtenen Hände unter dem Kopfe, auf dem Lotterbettlein lag. Jhr rechtes Bein hing über den Rand des Lagers auf den Fußboden hinab. Sie lag wohl schon seit einer
Stunde so.
Sabine wandte sich nach ihr um und sagte:„ Ich weiß eine Zeit, wo er Dir nicht so gleichgiltig war, wie jetzt. Hättest Du damals nach dem Bohnenfeste meine Vermittelung nicht so hartnäckig zurückgewiesen, so hätte ich Dich und May wohl wieder zusammengebracht. Du hast Dir ein großes Glück verscherzt, das nun einer anderen zufällt."
Gabriele lachte schrill auf.
" Dein Lachen ist gräßlich," murmelte Sabine. So fann nur eine lachen, die kein Herz hat."
Sie erhielt feine Antwort und ließ sich seufzend auf einen Sefsel nieder, dessen Kissen von ihr zierlich bestickt waren. Das Lachen durchfröstelte sie und nahm ihr den Muth fortzufahren.
Seit dem gemeinsamen Gange auf die Vorderburg, wo sie Florian Geyer getroffen hatten, schmollte und grollte sie mit der Freundin. Gabriele schien es nicht zu bemerken, auch nicht, daß auf ihren Wangen die Rosen erblaßten. Verschlossen lebte sie neben Sabine und deren Mutter hin und vieles von dem, was sonst ihre Theilnahme, ja ihre Leidenschaft erregt hatte, ließ sie falt. So auch, daß Max wieder in Rothenburg war.
Er war dahin zurückgekehrt, nachdem der Verfassungsausschuß zu Heilbronn sich aufgelöst hatte. Die Papiere des selben hatte er auf die Bitte des Kanzlers mit sich genommen und hinterlegte sie später in dem Archiv von Rothenburg . Dort wurde unter ihnen der Entwurf der deutschen Reichsverfassung nach Jahrhunderten wieder aufgefunden, ein leuchtend Ehrendenkmal der in ihren sozialen und politischen Ideen und Idealen weit über ihre Zeit hinausgehenden großen Bauernrevolution, auf welche die Sieger Berge der schmutzigsten Lügen und Verdächtigungen gehäuft haben. Aber die Wahrheit läßt sich nicht in Blut und Koth ersticken, und eines Tages besteigt sie den Richterstuhl.
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( Nachdruck verboten.)
Maffenfelbstmorde in Rußland .
Jm vorigen Jahre wurde bekannt, daß in Ternowo im südlichen Rußland die Mitglieder einer Sette, zu Gruppen vereinigt, freiwillig in den Tod gegangen. Der einzig leberlebende hatte selbst seine Glaubensgenossen, darunter seine eigene Frau, seine Kinder und seine Mutter in einer Gruft eingemauert. Diese That sache, so erschreckend sie erschien, steht in Rußland durchaus nicht vereinzelt da. Der russische Gelehrte Sapojnikow hat ein ganzes Buch geschrieben, in dem er die hierher gehörigen Erscheinungen zusammenRebendigbegraben sind seit dem Ende des 17., im Verlauf des 18. stellt. Solche Massenselbstmorde durch Feuer, Wasser und durch und auch noch im 19. Jahrhundert in großer Zahl in Rußland vorgekommen; dabei zeigen sich, soweit Nachrichten vorliegen, große Aehnlichkeiten in ihrem Verlaufe. Der im vorigen Jahre entdeckte Fall ist nunmehr von dem Frrenarzt M. J. Sikorski, Professor an der Universität Kiew , eingehend untersucht, das Ergebnis neuerdings veröffentlicht worden. In der letzten Revue Scientifique " wird danach eine umfassende Darstellung des Vorgangs gegeben. Der Verlauf des Vorgangs, dessen Form geradezu als typisch gelten fann, ist in seinen entscheidenden Zügen der folgende: Die Familie Kowalev, die mehrere Bejigungen in Ternowo hatte, gehörte seit langem zu der Sekte der„ Altgläubigen ". Sie gewährte allen Mitgliedern der Sekte Gastfreundschaft und nahm viele ganz in die Hausgemeinschaft auf. Es entwickelt sich aus dem Hause allmälig eine Art Kloster,„ skit".
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Die Katastrophe wird herbeigeführt durch eine gewisse Bitalie, die seit zwölf Jahren bereits von Zeit zu Zeit vorübergehend im Hause weilte, in den letzten drei Jahren aber Bauernd in die Gemeinschaft eintrat. Sie ist eine äußerst energische Noch bewahrte Mar das werthvolle Dokument in seiner Berson, die bald nach ihrem Einzug die gesammte Leitung des Stit bescheidenen Wohnung auf der Würzburger Gasse. Denn noch in ihre Hand bringt. Sie ordnet das religiöse Leben, liest die lebte er der festen Ueberzeugung, daß der Verfassungsausschuß Messe, predigt, unterrichtet, regelt auch sonst das Leben der Bea feine Arbeiten bald wieder aufnehmen würde. Und in dieser wohner, weist jedem seine Wohnftätte an, vertheilt die Portionen, Ueberzeugung genoß er das durch die unterbrochene Arbeit giebt die Zeiteintheilung. Das ganze Kloster geräth allmälig in ihm gewährte Glück des Wiedersehens der Geliebten in vollen ihren Bam.
Zügen. Fräulein von Badell gewährte auch jetzt wieder Im Herbst 1896 beginnt Vitalie von Verfolgungen zu sprechen,
Alle Mitglieder
ihren Schutz dem jungen Paare, wie durch ihre Verdie gegen die Altgläubigen im Gange seien. der Sette würden ins Gefängniß kommen oder rach
mittelung die beiden Brieflein, die Mar
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regeln berathen wollen, sich aber nur gegenseitig in Schrecken setzen. In einer solchen Sigung fällt auch das entscheidende Wort von einem dreizehnjährigen Mädchen, dem es augenscheinlich fufflirt ht: Dort ( im Gefängniß) wird man uns martern und tödten, es wäre besser, daß wir uns in einer Grube einmauerten! Das Wort zündet, es bemächtigt sich schließlich der Phantasie Aller.
aus Heil Sibirien geschleppt werden. Zuerst wendet fich Vitalie bronn geschrieben, an Else gelangt waren. Zu ihrem an die Frauen und Kinder und findet hier empfänglichen Boden. Hause befanden sich Mutter und Tochter auf dem Wege, als Die Gemeinde geräth durch ihre ewigen Prophezeiungen allmälig in eine sie von Sabine gesehen wurden. Else in ihrer frohen furchtbare Aufregung. Die Monate gehen in ewiger Angst dahin. Ungeduld die schwarzen Wolfen vergessend, die über ihrer Einige verschen sich mit Pelzwert für Sibirien ; andere beginnen Zukunft hingen, Frau Margarethe voll Verlangen, ihr hab und Gut zu verschenken. Die Abende und Nächte verbringen schweres Herz durch Aussprache zu erleichtern. Denn es fie in gemeinsamen Sigungen, in denen sie über die nöthigen Maßwar zwischen ihrem Gatten und dem Bürgermeister zu einem harten Zusammenstoß gekommen, weil Stephan von Menzingen gegen das Verbot Bermeter's den Dr. Karlstadt wieder in die Stadt gelassen hatte. Und bei dieser Gelegenheit hatte der Bürgermeister überdies dem Obmann des Ausschusses den gemessenen Befehl gegeben, innerhalb vierzehn Tagen sein Dienstverhältniß zu dem Markgrafen Kasimir zu lösen, weil solches wider die Stadtgefeße verstoße. Es war nämlich die Antwort des Markgrafen, deren von Menzingen zu Schweinfurt gegen Florian Geyer Erwähnung gethan, durch einen reitenden Boten überbracht worden, und auf dem Briefe, den er der Thorwache hatte vorweisen müssen, um Einlaß zu erhalten, war dem Namen des Ritters hinzugefügt gewesen:„ Unserm Rath und lieben Getreuen."
erklärten die Seftirer,
Es ist bekannt, daß die Ankündigung der allgemeinen Vollszählung im Dezember den unmittelbaren Anlaß zu der Katastrophe, die unvermeidlich schien, gegeben hat. In einem Briefe, der in alterthümelndem Stil geschrieben war, diese Hele Maßregel entfernte boit Christus und bont wahren christlichen Glauben, sie aber wollten ant ber alten apostolischen Lehre festhalten. Es ist bemerkenswerth, daß Settirer, die sich in den Jahren 1723 und 1736 selbst eingemauert haben, Briefe mit ganz ähnlichen Erklärungen hinterlassen haben.