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Reiz. Beeinträchtigt wurde diese Stimmung nur dadurch, daß der erste Bestandtheil mit den Mäusen gar keinen Zusammenhang. er von seinem Vater und dieser von ihm nichts wußte. Er Der Thurm hieß vielmehr ursprünglich Mauththurm" und war sprach Käthe davon, nach Rothenburg zu gehen. Der alte eine der Stellen, an denen während des Mittelalters der Rhein­Mann muß doch erfahren, daß sein lieber Sohn dem Tod zoll, bekanntlich eine der Haupteinnahmequellen des damaligen eine Nase gedreht hat, just wie es mir Herr Florian in Reiches, von den durch das Binger Loch fahrenden Schiffen erhoben Ingolstadt geweissagt hat", sagte er. Käthe widersetzte sich feiner Absicht. Er sei nicht nur noch zu wenig bei Kräften für den weiten Weg, sondern wage als Schwarzer auch sein Leben dabei; eine Botschaft thäte es auch. Er gab es zu, meinte jedoch, daß auf solchem Gange jeder Ohrenbacher leichtlich seinen Kopf in Rothenburg vergessen könnte. Käthe sann eine Kleine Weile nach, dann erbot sie sich zu gehen. Ein froher Schreck ergriff Kaspar. Das wolltest Du thun, und für mich?" rief er mit feuerrothem Gesicht. Nu," entgegnete sie, ,, er ist doch mein Ohm, und an einem Weib wird sich der Rath doch nit vergreifen."

,, Aber Du vergißt, daß auch Du Herren noch in der Kreide stehst. fönnt's von Dir nimmer annehmen. tausend Mal für Deine Gutheit.".

bei den günstigen lieben Und wenn auch nit, ich Aber ich dank Dir viel

Gar zu dumm wär's freilich, wenn sie mich in Thurm schmissen; es war halt nit schön dort. Und diesmal könntest Du mich nit rausholen." Sie lachte und es flang hell, wie einjt in besseren Tagen.

Die Frau des Schmiedes, die ebent borüber ging, blieb berwundert vor dem Paare stehen, das auf der Deichsel des Wagens saß, unter dessen Plan Frau Ursel und ihre Stinder herbergten. Bift luftig?" fragte sie das Mädchen. Es thut einem gut, in all der grauen Trübsal so lachen zu hören. Was hast denn?" Käthe theilte es ihr mit. Gut wär's schon, wenn wir wüßten, wie's in Rothenburg ausschaut, ob wir wieder heim können," antwortete jie. Aber der Etschlich hat Recht, Du darfst nit hin." Nachdenklich fuhr sie mit der Hand über den Mund und fügte entschlossen hinzu:" Ich will gehen. Abgemacht."

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Sie entzog sich dem Dank der beiden, indem sie sich mit langen Schritten entfernte. O, Käthelein," murmelte Kaspar. Das Herz wollte ihm über die Lippe; aber er zwang es zurück, stand auf und ging. Das Mädchen blieb noch eine Weile sinnend sitzen.

( Schluß folgt.)

( Nachdruck verboten.)

der

Das Wappenthier Frankreichs ist bekanntlich ein Hahn. Daß sich die stolze, französische Nation mit einem so bescheidenen Symbol ihrer Kraft begnügt, während anderen Völkern zu dieser Rolle kaum ein Thier außer dem Löwen, Adler oder weißen Elephanten würdig erscheint, darf uns nicht verwundern: Galli" nannten die Römer die gälischen Bewohner dieses Landes, und da Gallus" lateinisch nicht nur Gallier, sondern auch Hahn bedeutet, so lag offenbar nichts näher, als zum Symbol des später völlig romanisirten Volkes dasjenige Thier zu wählen, das schon sein Name zu verlangen schien. Aber dieser Hinweis des Namens ist ein trügerischer: Gallus Hahn und Gallus Gallier oder Gäle haben natürlich trotz der gleichen Form keinerlei Beziehung zu einander. So ist der Hahn nur durch ein Mißverständniß ins französische Wappen gekommen, ähnlich wie es auch auf einem Mißverständniß beruht, wenn die Fürsten Hohenlohe eine wabernde Lohe" in dem ihrigen führen; denn nicht von der brennenden Lohe des Feuers, sondern von einem jetzt = Wald als selbständiges Wort untergegangenen Stamme loh man denke au Venloo, Waterloo u. s. f. hat das Geschlecht der Hohenlohe" seinen Namen genommen.

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Ueber den Namen der ehemaligen hessischen Grafschaft Kayenellenbogen, hat sich gewiß schon mancher unserer Lejer den Kopf zerbrochen. Unser Stichwort enthält auch für die Ers flärung dieses merkwürdigen Landschaftsnamens den Schlüffel. Daß die erste Silbe lediglich eine falsche Entwicklung des alten Stammnamens Chatten Hessen ist, leuchtet zwar sofort ein; schwieriger und darum lange Zeit unaufgeklärt war dagegen der zweite Bestandtheil des Wortes, bis man es, vermuthlich mit recht, auf den Melibocus, höchste Erhebung des Odenwaldes, bezog; Kayenellenbogen wäre demutach als heffenmelibocus" zu verstehen. Unser sprachwissen­schaftliches Gewissen nöthigt uns freilich hinzuzufügen, daß diese Er­flärung immerhin noch nicht als völlig gesichert angesehen werden tann, und daß eine zweite Deutung dieses Namens nicht ganz ohne Berechtigung scheint, die ihn auf grund eines ganzen Rattenkönigs von Mißverständnissen auf einem Umweg über das Lateinische als Hessen burg " verstanden wissen will. Jedenfalls aber hat das Ländchen seinen Namen so wenig vom Kazenellenbogen" wie das weingefegnete badische Affenthal, eigentlich Offenthal , von den Affen!

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Westfalen ist bekanntlich das Land der rothen Erde". Es wäre freilich irrig anzunehmen, daß die Erde dort mehr roth jei, als anderswo; die Bezeichnung lautete vielmehr ursprünglich plattdeutsch rue ere", d. h. rauhe Erde, und bezieht sich auf die dem Westfalenlande eigenthümlichen mittelalterlichen Fehmigerichte, die auf rauher", d. i. ungedielter Erde, also im Gegensatz zu den übrigen Gerichten unter freiem Himmel stattfanden. So kommt auch das Wort Sintfluth" nicht von den Sünden der Menschen, die die Fluth zu vernichten be­Kleine Mikverständnille. stimmt war; es hieße vielmehr richtig Sin- oder Sintfluth, und Das Mißverständniß ist einer der wichtigsten Faktoren bei der der erste Bestandtheil dieses Wortes, den wir auch im Sint- oder Bildung und der Weiterentwickelung der Sprache, der Sitten und Sinngrün wiederfinden, drückt lediglich die Größe oder lange Dauer Sagen. Jedermann kennt die Gestalt des Rübezahl, des aus. Wer möchte endlich daran zweifeln, daß der Name Alt. gutmüthig ungeschlachten Poltergeistes aus dem schlesischen Riesen- weibersommer", mit dem wir die legten sonnig- warmen, von gebirge. Jedermann weiß auch oder glaubt wenigstens zu wissen, den sogenannten Herbstfäden charakteristisch durchzogenen Tage des woher feinen er eigenthümlichen Namen trägt; all- Herbstes bezeichnen, etwas anderes sei als die scherzhafte Nachrede, bekannten Sage nach daher, daß er einst als verliebter daß zu dieser Zeit die alten Weiber und nebenbei bemerkt, die sich besonders an diesem Ab­Freier den Auftrag empfing, ein großes Feld Rüben zu übrige Menschheit nicht minder zählen; nach Lösung dieser Aufgabe sollte ihm dann die schiedsgruß des scheidenden Sommers freuen? Und doch verhält es Hand der bon Leider ihm Begehrten zufallen. haben sich damit ganz anders: statt" Sommer" müßte es hier eigentlich die unbarmherzigen Sprachforscher unwiderleglich nachgewiesen, daß Somar" heißen ein nun fast erloschenes niederdeutsches Wort und der Bedeutung Kleid dieser hübschen Sage eine arge, wahrhaft belustigende Verwechselung von dieses Wort Altweiber­Alteweiberkleider bezeichnet an sich nicht sowohl zu grunde liegt. Der Name Rübezahl ", beziv. dessen zweite Silbe hat mit Bahl" und zählen" gar nichts zu thun. Das Wort ist diese schönen, warmen Herbsttage, als vielmehr die zu dieser vielmehr in dieser Gestalt nur die verstümmelte Gestalt eines ehe- Zeit in der Luft herumfliegenden Herbstfäden, denen es einen maligen Wortes Rübezagel", das eigentlich Rübenschwanz" bedeutet harmlos- scherzhaften Namen giebt. und ursprünglich nichts anderes war als ein Spottname, den die deutschen Das Mißverständniß ist, wie bereits die aufgezählten Beispiele und christlichen Besiedler des ehemals von Slaven bewohnten Riesen- erkennen lassen, ein außerordentlich wichtiger Faktor in der Ent­gebirges, dem Hauptgotte dieser heidnischen Slaven, den Svantewit, wickelung der Sprachen; dem Philologen ist es genauer als das gaben. Das Wort Bagel Schwanz ging dann in den meisten deutschen Prinzip der falschen Analogiebildung" bekannt. Der Sinn dieses Mundarten, namentlich den oberdeutschen, allmälig verloren im Prinzips ist eben die außerordentlich häufige Thatsache, daß un namentlich fremdsprachliche Worte, die Niederdeutschen ist es noch erhalten und so wurde die eigentliche verstandene ein bestimmtes Sprachgebiet eindringen, miß­Bedeutung des Namens nicht mehr verstanden, oder richtiger, der zu vereinzelt in " Bahel" oder" Bahl" abgeschwächte Bestandtheil des Namens wurde verständlich auf ähnlich lautende Worte dieses Sprachgebiets und Schrift umgebildet mißverstanden, indem man es auf das hochdeutsche Wort Zahl" bezogen und nach ihnen in Laut Ein solches Beispiel giebt sehr deutlich das Wort bezog und den nun unverständlich gewordenen Namen Rübezahl " werden. Vielfraß", der Name des auch bei uns in fossilem Zustande vor­volksthümlich im Sinne dieses Mißverständnisses deutete. kommenden, bekannten Thieres.

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"

fomar"

"

Vielfraß nennt man dieses Thier Wegen seiner Freßbegier",

Nicht anders verhält es sich mit dem berühmten Mäuse= thurm" im Binger Loch. Nach der Sage hatte sich hier bekannt­lich zur Zeit einer Hungersnoth der hartherzige Bischof Hatto von Mainz eingeschlossen, um von den reichen Getreideschäzen im Innern desselben behaglich leben zu können, während draußen das Voll ihn sagt von ihm der bekannte Vers. Aber der Vers hat unrecht: Viel­vergebens um eine fleine Gabe von seinem Ueberflusse bat; fraß ist ein von dem norwegischen Worte, fjallfräss" durch falsche zur Strafe für diese Hartherzigkeit wurde er dann von einer Analogiebildung, also mißverständlich, gebildetes Wort, das weder zahllosen Mäuseschaar, die das aufgespeicherte Getreide nach mit viel noch mit fressen etwas zu thun hat, sondern von Haus dem Thurme gelockt hatte, bei lebendigem Leibe auf aus im Norwegischen Bergbär" bedeutet. So ist auch mißverständ­gefressen. Auch diese vielzitirte Sage verdankt ihr Entstehen lich aus dem noch mittelalterlichen Meylan" das dem lateinischen einem Mißverständniß. Jm Worte Mäusethurm" hat wiederum Mediolanum genau entsprach, die Form Mailand gebildet worden.

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