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wandt.

Aber niemand kannte Herrn Nilsson, und Herr Nilsson

fannte auch keinen.

Eine freundliche Andeutung der Frau Möller, daß er der F. H. Nilsson sein sollte, der 1889 die große Mehlgeschichte" in Tombilla hatte, wurde von ihm selbst mit höflichem Lächeln zurückgewiesen. Ein F. Nilsson der in Westergothland Pleite machte," fonnte er auch nicht sein, denn dazu war um 20 Jahre zu jung. Ob er seit jeher Nilsson hieß? Wahrscheinlich; denn Nilsson ist kein Name, den man sich wählt.

Durch Freunde und die Bekannten der Freunde des schritt über die Mala Vita" und insbesondere das Zurüd­Freundes fennt man fast jeden Menschen ein wenig in dem treten der Musik die zweite Stelle; das Fehlen aller Lande, und die meisten find ein bischen mit einander ver- musikalischen Ruhepunkte" wurde noch eigens betont. Doch tadelte die italienische Kritik den Zug ins Wagner'sche". Und schon früher, im Karneval 1896, wurde zu Mailand   der André Chénier  " mit sehr großem Erfolg aufgeführt; wiederholte Aufführungen in Hamburg  , Breslau   und Prag   führten das Werk in Deutschland   ein. Der geschichtliche Hintergrund" ist die französische   Revolution. Die Dichter, welche diesen Stoff benutzen, pflegen das, was sie aus ihm herausgreifen, um eine Persönlichkeit zu gruppiren und sich im übrigen in den breitesten Milieuschilderungen zu ergehen. So hat es in epischer Form die( in Oesterreich   wohl über-, in Deutschland  wohl unterschäßte) Marie delle Grazie mit ihrem Robespierre" ge­than. L. Jllica hat dazu sogar einen für die Revolution nicht wesent­lichen und bisher dichterisch anscheinend noch gar nicht bearbeiteten" Boeten jener Zeit gewählt, den später die Franzosen zu ihren aller­größten rechneten: eben den Titelhelden unseres Musikdramas. Chénier dain Hapsiläßt sich in einem Salon des ancien régime  ", herausgefordert durch Madelaine, die Tochter des Hauses, zu einem patriotisch­fritischen Hymnus fortreißen; auch der Sohn eines alten Dieners, Gérard, ergrimmt gegen diese Welt und führt mitten in eine ele­ganteste Gavotte einen Chor revolutionärer Leute von der Straße herein; das könnte Meyerbeer   und ebenso Ponchielli   gemacht haben man sieht: die alten Fäden sind noch nicht ganz abgerissen. Guérard wirft den Herrschaften seine Livrée vor die Füße; jene er­holen sich aber bald von ihrem Schrecken und wiederholen ihve Gavotte. Die hiesige Aufführung ersetzte unbegreiflicherweise diesen historisch so charakteristischen Schluß durch eine der auch in diesem Werk üblichen Finale. Tiraden.

( Fortsetzung folgt.) od 19

André Chénier  ".

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tim( Aufgeführt im Theater des Westens   am 21. Dezember.) Seit Richard Wagner   seinen innerlichen, wenn auch noch lange nicht äußerlichen Sieg über die ältere Opernform davongetragen, ist es inmitten all' der Bemühungen, ihn fortzusehen, ganz besonders interessant zu sehen, wie die jüngeren Komponisten sich so viel Mühe geben, der gewohnten Kategorie einer" Oper" schlechtweg möglichst auszuweichen. Was Wagner   mit seiner Gegnerschaft gegen diese auszuweichen. Was Wagner   weihevolle Festspiel, das wird troy hauptsächlich gemeint hat: das aller vornehmen Bezeichnungen so lange nicht erreicht, als eben immer wieder der Alltagstrott unserer Operntheater zum Vor­schein tommt. Tschaikowski   suchte sich mit dem seinem Eugen Onegin  " gegebenen Untertitel Syrische Szenen" der dramatischen Verantwortung zu entziehen; andere helfen sich anders, und nun stehen wir wieder, wenn das in solchen Dingen nicht immer verläßliche Textbuch und Theaterprogrammi treu berichtet, vor einem man beachte genau die anscheinend sorgenvolle Textirung des Untertitels

musikalischen Drama mit geschichtlichem Hintergrunde

in vier Bildern".

Der Komponist ist Umberto Giordano  , der Dichter ist 2. Ilica, fein deutscher Uebersetzer ist der bekannte Musif- Schrift­fteller May albed und der Verleger ist Sonzogno in Mai­ land  , der für die modernsten Partien der Musikgeschichte Italiens   in ähnlicher Weise bekannte Wagemann, wie es sonst Ricordi   ist.

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Also hätten wir wieder einmal ein Stück Italien   bei uns wohl um einem dringenden Bedürfniß abzuhelfen?! Ein solches Bedürfniß scheint wenigstens nach etwas Pomphaftem und an äußer lichem Stoff- Reichem zu bestehen; anders ist die Vernachlässigung der gegenwärtigen Anläufe zu einer deutschen   Oper nicht leicht zu erklären. Nach einem mehr innerlich reichen Wert wie Pfigner's Armem Heinrich" scheint unsere Theaterwelt fein Gelüfte zu be­fizen; um diesen armen Heinrich zu erlösen, dazu bedarf es wohl sehr jungfräulicher Zustände, und ob es Herrn Angelo Neumann   in Brag, der diese Oper in Vorbereitung haben soll, gelingen wird, werden wir ja sehen.

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Eine ganze Reihe von Komponisten Generationen in Italien  beherrscht jetzt die Aufmerksamkeit der Musikfreunde. Da ist der 85 jährige Verdi, der sich schon seit langem bemüht hat, der neuen Beit nachzukommen; als jüngerer steht der schon gestorbene Ponchielli durch seine Gioconda  " in unserer Erinnerung. Da ist dann die mittlere Generation: zunächst der Meistgenannte, Mascagni. der zu seinen allbekannten Erfolgen in jüngster Zeit den allerdings um ftrittenen Erfolg feiner Fris" in Rom   zu verzeichnen hat; dann Leoncavallo  , der Komponist der Bajazzi", der jegt an einem Roland" und an einem tragischen Idyll"( nach Bourget) schreibt. Da find endlich die Jungen: augenblids am meisten genannt der erst 26 jährige hochwürdige Herr Perofi, ein Oratorienkomponist, dessen Auferstehung Christi" am 12. Dezember in Rom   eine Haupt­aktion der firchlichen Welt war, und der, bereits im Besiz einer der ehrenvollsten musikalischen Stellen, der musikalischen Direktion in der von den größten Traditionen erfüllten Markuskirche zu Venedig  , nun vom Bapst gar zum Dirigenten der Sixtinischen Kapelle er nannt worden ist.

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Um vier Jahre älter als diefer Geweihte ist der ungeweihte Giordano  . Ein Schüler des Neapeler Konservatoriums, Konkurrent Mascagni's   bei Prämiirung der, Cavalleria rusticana  ". Ein Schüße ling Sonzogno's, der ihn zu der Oper Mala vita" anregte. Nach dem( 1892 in Mailand   erschienenen) Klavierauszug zu urtheilen, scheint etwas wie ein italienischer Kienzl" vorzuliegen; das Melodram" in drei Atten macht nicht gerade einen sehr modernen, dagegen einen ziemlich volksthümlichen Eindruck, besonders durch seine hübschen, mehrstimmigen Vokalsätze. Doch wird auch dieses Werk zu der ( italienischen) Richtung gerechnet, die man" Verismus" nemnt; der Beifall, den es fand, soll getheilt gewesen sein. Eine nächste Oper, Regina diaz", soll noch weniger gefallen haben. Dagegen machten zwei neuere Werke den Komponisten zu einem der meistgerühmten Anwärter auf eine große Zukunft. Die Fedora" erlebte vor wenigen Wochen in Mailand   ihre Erstaufführung und errang einen großen Erfolg, namentlich bei der Kritit. Man rühmte den Fort­

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Die drei übrigen Afte sind rasch erzählt. Chénier   ist politisch verdächtigt. Madelaine sucht ihn auf Liebesduett. Guérard ist fein Nebenbuhler und bringt ihn ins Gefängniß. Madelaine wendet sich, um den Einen zu retten, an den Andern, der mit Gier auf sie lauert, aber durch ihre Hingebung zurückgeschreckt wird eine außerordentlich interessante, höchst dramatische Szene. Indeß auch sein neuer Entschluß, durch Bekenntniß seiner falschen Denunziation Chénier   zu retten, mißlingt, und Madelaine erreicht nur so viel, daß sie an stelle einer der Verurtheilten mit ihm sterben kann. der aufgehenden Sonne beschienen, besteigen sie den zum Richiplag führenden Wagen.

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Von

Wer etwa Wagner's   Kritik der älteren Oper und namentlich des Meyerbeer'schen Propheten"( im 1. Band von Oper und Drama  ") angesichts dieses neuen Tertes nachliest, wird über den jetzigen Vor allem ist der Held keiner Fortschritt nicht im Zweifel sein. Schneidergesellen", von jenen bei denen man nicht weiß, warum ihretwegen etwas Erhabenes geschicht; geschicht; der Tert ist, soweit fich aus der( allerdings manch falschen Akzent bringenden) Ueberfegung ersehen läßt, vernünftig und im ganzen fchwungvoll; der Vers: Wenn, was ich wünsche, sich be­ftätigt, bleib' ich" steht wohl vereinzelt. Opernhafte Abgänge find nicht vermieden, eine an Aehnliches in Gioconda  " erinnernde Rühr zene im 3. Bild fehlt auch nicht, und an Kontrasten, an Aufzügen und unaufzählbarem Szenentvert ist kein Mangel( gut ein Dutzend Zeilen würden wir allein zum Abschreiben der im Personenverzeichniß angegebenen Statisten brauchen). Im die organische Hineinarbeitung der Liebesgeschichte in die Nevolutionsgeschichte hat sich der Dichter redliche Mühe gegeben; allein eine Kluft zwischen der einen und der anderen, sowie zwischen dem Drama und den Bildern" bleibt doch, hineinleben in die Seelen der Liebenden können wir uns mur schwer, und so recht mit Theilnahme an Ganze glauben fönnen wir auch nicht. trotz oder vielmehr wegen der heißen Aufregung, die das gesammte Stüd durchzieht. Zwischen " Drama" und" Hintergrund" und" Bild" fehlt eben die rechte Aus­gleichung.

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Die Musik ist vor allem dramatisch im Sinn jener lebhaften Erregtheit und undramatisch in dem Sinn der Forderung eines ein­heitlichen Entwickelns. Ihr größter Vorzug ist die überreiche Charalteriſtit. Diese liegt hauptsächlich im Orchester. Was da, ohne gerade eine besonders raffinirte Insirumentirung aufzubieten, an rasch wechselnder Kommentirung der szenischen Vorgänge( häufig auch mit langen Orgelpunkten und mit geistreichem Nachahmungs­spiel) geleistet wird, ist vielleicht noch nirgends so vorgekommen. Das Motivische, besonders im Gesang, tritt dagegen weit zurück; Die beachte diesen Unterschied gegen Wagner   wohl! italienische Nationaleigenthümlichkeit, auch das Schlichteste mit Leidenschaft darzustellen, fehrt, wie bei Mascagni  , so auch hier wieder; beispielsweise erfolgt auf den Text sei nicht abgeschmackt"! ein unbändiger Orchesterkrach. Nummern" giebt es nicht; die Musik geht fast immer kontinuirlich weiter, weiß aber doch zur richtigen Zeit einigermaßen Ihrisch zu werden. Hervorgehoben seien: Der anmuthig tanzartig bewegte Frauenchor   im ersten Bild: Ade dann das schon angedeutete er müssen wir Euch fagen... schütternde Duett im dritten Bild und das Durcheinander der Martt weiber kurz darauf. Fachmänner der Kompofition können an der Fülle all dieser Musit ihre helle Freude haben.

Die feit langem angekündigte Aufführung ist schon wegen der zahllosen Schwierigkeiten der Ausstattung und Darstellung im ganzen fehr zu loben. Das war ein gewaltiges und gelungenes Stüd Regie, und auch der Chor kann diesmal auf treffliche Leistungen zurückblicken. Die Solisten thaten viel, um die gegebenen Andeutungen wirklicher Persönlichkeiten herauszuarbeiten und um die undankbar anstrengenden