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ben befanten föniglichen Erlaß, betreffend die Pflichten der Beamten, vom 4. Januar 1882 in Erinnerung, und machte dessen Beachtung wiederholt zur Pflicht. Sonderliche Wirkung hat dieser Erlaß nicht gehabt. Die Landräte sind auch nachher zumeist Hand in Hand mit dem Bunde der Landwirte gegangen, obwohl dieser, wie in der Kanalfrage, in scharfer Opposition gegen die Regierungspolitik stand.

Eine politische Wendung?

-st- Wien , 30. August. Ganz unvermutet wurde die politische Welt gestern durch die Nachricht überrascht, Herr v. Chlumecky, der gewesene Präsident des Abgeordnetenhauses, sei nach Ischl zum Kaiser berufen worden und habe dort eine lange Audienz beim Monarchen gehabt. getroffen war, jo ſcheint der ein Da mit Herrn v. Chlumecky gleichzeitig der Staatsrat Braun ein Besprechung gehandelt zu haben. Der Staatsrat Braun, dessen Name dem großen Publikum ganz unbekannt ist, gilt als der lang­jährige Berater des Kaisers; neben dem Freiherrn v. Beck, dem Chef des Generalstabes, ist er so ziemlich die einflußreichste Person bei Hofe. Er hat etwa die Rolle in den politischen Entschlüssen, die man bei Ihnen Herrn v. Lucanus zuschreibt. Welchen Zweck die Berufung Chlumecys hatte, kann man ziemlich genau erraten, wenn man die Sachlage ruhig ins Auge faßt. Daß etwa Chlumecky der kommende Mann" jein fönnte, ist ganz ausgeschlossen; obwohl ihn der Kaiser gleichsam als Vertreter der Deutschen ge­rufen hat, giebt es in Oestreich faum eine zweite Persönlichkeit, die bei der deutschen Opposition so wenig beliebt wäre wie der Mann, den man oben als ihren geistigen Führer betrachtet. Herr v. Chlumecky, der ursprünglich Staatsanwalt- Substitut war, belleidete in dem Tetzten deutschliberalen Kabinett, der Regierung Auersperg- Lasser das Mit eines Ackerbauministers. Unter Taaffe war er der Führer der Opposition, bis ihn der Kluge Taaffe durch die Wahl zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses gleichsam unschädlich machte. Von da an Hatte Herr b. Chlumeckh kein anderes Ziel, als die Deutschen zu einer Regierungspartei zu machen. Im Bunde mit Plener hat er die selige vereinigte Linke gestiftet, die letzte große deutsche Partei, und sein Wert ist vornehmlich die Bildung der Koalition im Jahre 1894 gewesen, die die Deutschen für eine furze Zeit zur Regierung brachte. Die Beliebtheit bei Hofe verdankt er vorzugsweise seiner Tüchtigkeit" als Präsident des Hauses; er verstand es nämlich, vom Parlament alle Regierungs­vorlagen abzupressen. Nach Auflösung des Abgeordnetenhauses im Jahre 1897 zog er sich vom politischen Leben ziemlich zurück und widmete sich mehr finanziellen Dingen. Badeni verschaffte ihm die sehr einträgliche Stelle eines Präsidenten des Verwaltungsrates der Südbahn , nebstdem ist er Präsident der Versicherungsgesellschaft " Janus", wo er noch jüngst eine sehr anrüchige Sache verübte, und in der Politit besteht seine Thätigkeit im Schachern hinter den Coulissen. Von einem Einfluß auf die Opposition fann bei Herru v. Chlumecky also nicht gesprochen werden; im Gegenteil, er findet eben so viel Abneigung wie er Mißtrauen weckt. Der Kaiser hat ihn einfach berufen, um einen, seiner Ansicht nach, er­fahrenen Politiker über die politische Situation zu befragen. Soweit also solche Coulissenvorgänge einen politischen Schluß gestatten, fann man sagen, daß bei der Krone die Neigung besteht, wieder einmal eine Wendung zu machen, und zwar diesmal zu Gunsten" der Deutschen .

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Ob Graf Thun noch derjenige sein wird, der den Versuch, it einer Lösung der böhmischen Sprachenfrage zu gelangen, wiederholen wird, ist natürlich vorläufig nicht zu ermessen, wenn es auch sicher ist, daß dieser bematelten Regierung jeder Versuch inißlingen muß. In der nächsten Woche soll der czechische Finanzminister nach Prag kommen, um von seiner Partei die Bustimmung zu erlangen, daß die Sprachenverordnungen aufgehoben werden dürfen, und man munkelt schon von allerlei Konzessionen, die den Jungczechen für ihre Zustimmung angeboten werden sollen. Für jeden fühlen Beurteiler der Dinge ist es aber flar, daß die etwaigen Bemühungen, den schweren Sonflikt gleichsam hinter der Scene zu lösen, scheitern müssen und scheitern werden. Ein Streit zwischen zwei Völkern, oder wenigstens zwischen beträchtlichen Schichten dieser Völker, ist durch Besprechungen und Abmachungen von ein paar politischen Drahtziehern nicht zu erledigen; da gehören ganz andere Dinge dazu, um die gesuchte Wirkung, die Beruhigung der Gemüter, zu erreichen.-

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Deutsches Reich .

Keine Majestätsbeleidigung!

Sie mit Rücksicht auf Ihre richterliche Vernehmung vom 26. d. M., daß ich das Verfahren eingestellt habe.

Die in Beschlag genommenen Stücke der bezeichneten Beilage werden sogleich zurückgegeben werden.

Isenbiel,

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Ober Staatsanwalt. Damit ist der unerhörteste Majestätsbeleidigungs- Prozeß, der jemals eingeleitet worden ist, erfreulicherweise zu Nutz und Frommen des Ansehens der Justiz aus der Welt geschafft worden. Hoffen wir, daß ähnliche, faum glaubliche Mißgriffe fünftig vermieden werden.

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Die Braunschweigische Landesrechtspartei nahm auf ihrem Parteitage in Holzminden am Sonntag folgende Resolution an:

Die Landesrechtspartei sieht in der Zuchthausvorlage ein Ausnahmegesez und bekämpft dieselbe in Konsequenz ihres Rechtsstandpunktes. Die Partei ist grundsäßlich gegen jede Verkümmerung des gemeinen Rechts, da sie festhält an dem in den Verfassungen gewährleisteten gleichen Rechte für alle." Es handelt sich hier um eine Rundgebung jener Großdeutsch­Gesinnten, welche die dynastische preußische Revolution von 1866 nicht anerkennen.

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Eine Sühne. Vor der Straflammer in Chemnitz in Sachsen Es bleibt uns noch übrig, als schöne Erinnerung" an diesen stand der Genosse A. Reichelt unter der Anklage der Beleidigung eines Dresdener Gerichts. Er hatte ein Gedicht verlegt, das, von erwähnte Attenstück der Deffentlichkeit im Wortlaut mitzuteilen: es quem arbeiter berfalls gegen the göblauer Bauarbeiter Musbrud zum Glück in der Geburt erstickten monströsen Prozeß das gestern einem Arbeiter verfaßt, der Erbitterung über das Urteil des mag hinfort in den juristischen Seminarien als ein Musterbeispiel gab. In diesem Gedicht soll den Dresdener Richtern Parteilichkeit von Jurispathologie von den Professoren ihren Studenten demonstriert und Rechtsbeugung vorgeworfen sein durch eine Wendung, in der die ologie von den grof werden: Behauptung gefunden wurde, daß die Richter Arbeiter mit schwereren Strafen belegten wie andre.

Q 267/ 99/ V. 2993.

Beschluß!

In der Strafsache gegen den Redacteur Robert Schmidt Das Gericht verurteilte Reichelt zu einem Monat Gefängnis mit zu Berlin wird die vom Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsan- der Begründung, daß er der deutschen Rechtspflege thatsächlich den walt Wolfgang Heine , gegen den Beschluß des fgl. Amtsgerichts I Borwurf der Rechtsbeugung und den Dresdener Richtern den Vor­Abteilung 126 vom 23. August 99 eingelegte Beschwerde zur dwurf der Parteilichkeit gemacht habe.- zurück- In diesem die angebliche Beleidigung der deutschen Rechtspflege gewiesen. sühnenden Urteile kann auch das Dresdener Oberlandesgericht als ein Teil dieser Rechtspflege einigen Trost finden für die Anschauungen Berliner Gerichte.

Gründe.

Durch den angefochtenen Beschluß ist die polizeiliche Beschlag nahme der Beilage zu Nr. 196 des Vorwärts" bestätigt, welche Die Alldeutschen, ursprünglich eine Vereins- Erfindung des eines darin enthaltenen Ar- in

Der

erfolgte, weil in den Anfangswortem ganzen Land" eine Verband soll jezt 20 010 Mitglieder haben; wie hoch darunter der

tifels: Der größte Souft im

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gegen den Kaiser gerichtete Beleidigung zu finden ist.

Die Beschwerde erschien unbegründet. Nach Darstellung des Beschuldigten bilden die oben wiedergegebenen Worte zwar nur einen Teil des Verses von Hoffmann v. Fallersleben :

Der größte Schuft im ganzen Land Das ist und bleibt der Denunziant"

und ist somit die Aeußerung nur gegen denjenigen gerichtet, welcher bei dem in dem Artikel erwähnten Vorfall eine Anzeige wegen Majestätsbeleidigung erstattet hatte.

Dies war aber, wenn überhaupt, nur für denjenigen er: kennbar, der obigen Vers schon früher kanute. Wer ihn nicht kannte, mußte, da die fettgedruckten Eingangsworte des Artikels eine andere Erklärung in dem Artikel selbst nicht fanden, sie auf die in dem Artikel erwähnte Person des Kaisers beziehen.

Danach ist der Inhalt des Artikels mindestens als objektiv strafbar zu erachten.

Aber auch der Beschuldigte ist verdächtig, fich bewußt ge­wesen zu sein, daß die Anfangsworte des Artikels von Personen, welche den Vers nicht kannten, auf den Kaiser bezogen werden konnte und wurde.

Wenn er gleichwohl die Veröffentlichung zu­ließ, so besteht der Verdacht, daß er diese Folge und somit die darin liegende Majestätsbeleidigung in seinem Willen aufgenommen hat.

erst über die slavische Gefahr und trieb dann Flottenvermehrung. Die Regierung wurde angegriffen, daß sie nicht schon jetzt über den Flottenplan hinausginge. In einer Refolution wurde die be schleunigte Durchführung des Flottenplanes von 1898 verlangt. Na­türlich begeisterte man sich auf für Boeren eine für Transvaal recht kompromittierende Sympathiekundgebung.

In Niederlahnstein hat es große Mißstimmung erregt, daß An der Spige der Kultur marschieren die Kriegervereine. der dortige Kriegerverein bei allen Umzügen die erste Stelle bean­spruchte, während die übrigen Vereine je nach dem Charakter des Festes auch anderen Vereinen den Vortritt überlassen wollen. Dieser Rangstreit ist dem Vorstande des preußischen Landes- Kriegerverbandes vorgetragen worden, und dieser hat fürzlich folgende Entscheidung getroffen:

Nach Ansicht des unterzeichneten Vorstandes ist es ganz selbst­verständlich, daß bei derartigen Feiern beziehungsweise Umzügen den Kriegervereinen der Vortritt vor allen übrigen Vereinen gebührt. Abgesehen von dem Zwed unserer Vereine, führen sie mit behördlicher Erlaubnis den preußischen Adler in ihren Fahnen, und es scheint mit der Würde des Symbols und der ihm geschuldeten Achtung nicht vereinbar, ihm die Fahnen von sportlichen und Vergnügungsvereinen, welcher Natur sie auch fein mögen, vorangehen zu lassen."

Wie der Mensch erst beim Baron, so fängt eben der Verein erst beim Kriegerverein an- vorausgefegt, daß er nicht etwa social­demokratisch infiziert ist. Uebrigens: wie steht es nun mit den feudalen Korps, deren Mitglieder höchste Fürstlichkeiten sind, müssen Es liegt also sowohl objettib als fubjektiv der Ver- biese Vergnügungsvereine auch hinter den Kriegern marschieren. dacht eines Vergehens gegen§ 95 Str.-G.-B. vor. Die Beilage des Vorwärts", welche beschlagnahmt ist, kann für die Unter­suchung wegen dieses Vergehens von Bedeutung sein, auch gemäß § 40 bes Str.-G.-B. der Einziehung unterliegen. Mithin war die Beschlagnahme nach§ 94 Strafprozeßordnung gerechtfertigt.

Berlin , den 29. August 1899.

Kgl. Landgericht I, Ferienstraffammer 8 gez. Heydel. Löwy. Nürnberg . Ausgefertigt

Berlin , den 28. August 1899. ( L. S.)

gez. Röpke, Gerichtsschreiber des fgl. Landgerichts I, Straffammer 5. Der Oberstaatsanwalt hat denn doch diese Ferienkonstruktion eines dolus eventualississimus nicht anerkannt, wonach ein Redacteur haftbar gemacht wird für jede mögliche, offenfundig falsche Auf­

Nachdem uns gestern seitens der dritten Ferien straffassung irgend eines Lesers. tammer des Landgerichts I der Bescheid geworden, daß die wegen Zur Zuchthausvorlage foll Stellung genommen werden in des Demunziantenverses erfolgte Beschlagnahme nicht aufgehoben einer Beriammlung aller Industrien", die bem Centralverbande werden könne, erhalten wir heute von dem Ersten Staatsanwalt deutscher Industriellen angehören oder nabestehen. Die Einberufung des Landgerichts I folgende Benachrichtigung zugesandt: geht von dem Direktorium des genannten Verbandes aus, das in einer Sigung am 28. August" dent Reichstage sein allerhöchstes mißfallen ausdrückte für die Behandlung der Zuchthausvorlage.

In Sachen betreffend die Beschlagnahme der Beilage zur Nr. 196 des Vorwärts" vom 23. August 1899 benachrichtige ich

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Das Mißlingen der Innungsorganisation giebt den einstigen Schwärmern für die Zwangsorganisaton Anlaß zu mannigfaltigen Betrachtungen über die Ursache des fläglichen Ausgangs ihrer Heils­mission für das Handwerk. Die Deutsche Tageszeitung" hat eine neue Entdeckung gemacht, fie erblickt die Ursache des Mißerfolges in dem Fehlen des Befähigungsnachweises. Denn, so argumentiert sie, da es an dem Befähigungsnachweis fehlt, tomme eine große Zahl von Handwertern in die Jnnungen, die ihr rechtmäßig gar nicht an gehören könnten.

Diese Annahme ist vollkommen unrichtig. Gerade die feiner Zeit von der Regierung angeordnete Enquete über das Handwerk in Preußen hat das Resultat ergeben, daß 98 Proz. aller Hand­wertsmeister eine regelrechte Lehr- und Gefellenzeit durchgemacht. Man kann wohl mit Recht folgern, daß unter diesen Handwerks­meistern nur wenige den Befähigunasnachweis nicht erbringen fönnten. Dagegen dürfte die gahl ber nur faufmännisch gebildeten Leiter in der Großindustrie erheblich höher einzuschäßen sein.

Wemt aber das Blatt sich darüber aufhält, daß Leute, die heute das Handwerk nicht mehr ausüben, Mitglieder einer Zwangsinung werden können, so möchten wir daran erinnern, daß gerade

Ve

auf Wunsch der konservativen Innungsfreunde im Reichstag die gr ſtimmung im Gesetz blieb, die ausdrücklich eine solche Mitgliedschaft ehemaliger Meister zuließ.

Der Befähigungsnachweis ändert nichts an der Zusammenſegung der Innung. Vielleicht denkt die Deutsche Tagesztg." einmal darüber nach, ob nicht die Handwerksmeister ihre oft ausgesprochene Drohung, sie

von einem Komitee deutscher Republikaner" durch Maueranschläge zur am 31. August in allen Gemeinden des Vereins stattfinden sollte.

Beim Tode Laffalles vor 35 Jahren. Trauerfeier eingeladen. In dem Aufruf heißt es unter anderem:

II.

Lassalle selbst hatte mehrfach geäußert, als er die Erfolge feiner Agitation sah und als er gefeiert und wie ein Prophet verehrt wurde: So mijie es bei der Etiftung neuer Religionen gewesen sein. Und in der That hatte die neue Bewegung mit ihrem begeisterten Lassalle- Stultus schwärmerische, ans religiöje erinnernde Züge genug. Bald nach dem Tode Lassalles sang Ludwig Würfert, ein zum Lassalleanismus bekehrter ehemaliger württem­bergischer Geistlicher, der dann die Herberge der Freiheit", das Hotel de Sare in Leipzig bewirtschaftete, das folgende, von den Arbeitern gern angenommene Lied:

In Breslau ein Kirchhof ein Toter im Grab Dort schlummert der eine, der Schwerter uns gab. Ganz Deutschland ein Bollwerk mit Mauer und Wall, Umleuchtet vom Sterne der Arbeit, Lassalle! Wir kennen die Schwerter, wir ziehn mit dem Stern, Schon winten die Kränze des Sieges von fern! Die Schwerter so schneidig, der Stern so flar: Das sind seine Schriften, sein Bild fürwahr. Mehr foll'n sie uns gelten als Edelgestein, Sie sollen die Arbeiter- Bibel ja sein. Schon liegt diese Bibel auf Schemel und Bant Und glänzt in der Kirche gar frei und frank.

Und ist diese Kirche die Werkstätte nur

Drin schwöret doch jeder den heiligen Schwur: Verlassen nie werde ich ch werter und Stern, Tren bleib ich der Bibel, der Kirche, dem Herrn! Und noch sieben Jahre nach dem Tode Lassalles lesen wir in bem von Hasenclever herausgegebenen Neuen Socialdemokrat" im neutestamentarischen Ton:

Das Häuflein der Getreuen, nur durch seinen Geist geleitet, scheute nicht Folter und Tod, nicht Steinigung und Kreuzesmarter die Jünger und Anhänger des herrlichen Menschen­erlösers verbreiteten seine Lehre, umschwebt vom Geiste des Meisters, troß aller Verfolgungen. Die Welt ist gesitteter ge­worden. Der Menschenerlöser Lassalle wurde nicht aus Kreuz geschlagen, sondern durch die gesellschaftlichen Zustände nach den schmählichsten Verfolgungen zum einfachen Duelltode gebracht."

Bürger von Genf ! Hepublikaner!

Die Lassalle- Feiern, die noch heute die Genossen in den einzelnen deutschen Städten vereinen, blicken also auf eine fünfunddreißigjährige Geschichte herab.

In der Blüte seiner Kraft, inmitten eines großartigen Wirkens für das Wohl der Menschheit, verstarb heute früh Ferdinand Die Agitation der Lassalleaner hatte im Jahre nach Lassalles Lassalle , der Stolz Deutschlands , die Hoffining des Vaterlandes Tode ungemeine Erfolge gehabt, und zur ersten Gedächtnisfeier am und der deutschen Republikaner , eines unnatürlichen Todes, das 81. August 1865 konnte der Socialdemokrat" schreiben: Opfer der schmählichsten Jntrigue, die jemals von verworfenen Personen mit einem edlen großen Mann gespielt wurde."

and Die Leiche Lassalles sollte, wie schon erwähnt, in den Gemeinden des Vereins ausgestellt werden. Doch gelang diese Absicht nur an einigen Orten, wie in Frankfurt auf dem Main- Neckar- Bahnhof und in Mainz . Die andern Gemeinden mußten sich begnügen, ihre Totenfeiern ohne den Leichnam selbst zu veranstalten. In Berlin hielt der Zweigverein, der damals nicht mehr wie 35 Mitglieder besaß, am Montag den 5. September eine Versammlung ab, in der eine Gedächtnisrede auf Lassalle gehalten wurde. In Leipzig fand die erste Trauerfeier am 6. im Kolosseunt statt. Groß­artig und würdevoll soll die unmittelbar nach dem Tode in Ham­ burg veranstaltete Gedächtnisfeier gewesen sein, wie denn Hamburg immer in der vordersten Linie der Vereinsorganisation gestanden hatte, während in Berlin anfangs fast nicht vorwärts zu kommen war.

Doch die von Lajfalle angeregte Arbeiterbewegung nahm gerade nach seinem Tode einen bedeutenden Aufschwung. Schon im Dezember 1864 fonnte in Berlin von J. B. v. Schweizer der jungen Belegung ein Blatt gegründet werden: Der Socialdemo= trat", während man sich bis dahin mit einem kleinen in Hamburg erscheinenden Blättchen Der Nordstern" fümmerlich genug hatte behelfen müssen.

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Wie ja die Bewegung ganz im Lassalleschen Geiste fortgeleitet wurde, so war auch der erste Artikel des Blattes dem toten Meister gewidmet. Ihr Arbeiter so lesen wir da die Ihr unter Kummer und Not, unter Sorge und Krankheit durch das Leben geht, Ihr, ge­fnechtete Männer der Arbeit, für deren unverjährbare Rechte der Dahingegangene den weithin tönenden Ruf erhoben und um deren willen er Lüge und Verleumdung, Haß und Verfolgung tragen mußte, Jur, Männer der Arbeit, werdet nie vergessen, was Ferdinand Lassalle Euch war. Aber nicht die thatenlose Ohnmacht darf es sein, die an seinem Grabe trauert; tief, tief in Euere Seele sente sich jener glühende Ingrimm, der Nache heischt für erlittene Unbill, und das Emblem, das über dieses Grab ge= hört, ist die geballte Faust."

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Wenn Lassalle solche schwärmerische Begeisterung erwecken konnte, Und in der Arbeiterschaft drängte die unerloschene Lassalle­be: regreift man, wie die jäh hereinbrechende Todesnachricht seine verehrung zu einem auch äußerlich erkennbaren Symbol. Noch auf Anhänger treffen mußte. Gleich in der Schweiz begannen die der Generalversammlung des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins , impofanten Totenfeiern, die dem gefallenen Voltsführer fortan in die Ende Dezember 1864 in Düsseldorf tagte, wurde die dauernde ganz Deutschland bereitet wurden. Noch am Todestage urde' n Genf Einrichtung einer assalle- Feier beschlossen, die jedes Jah:)

Wenn einen Augenblick der tote Führer zum Leben erwachen könnte und er fragte uns: Das stolze Wert, das vor Deutschland und Europa mit meinem Namen verknüpft ist, wie habt Ihr es fortgeführt, wie werdet Ihr es vollenden?- welche Antwort hätten wir auf solche Frage?

Seien wir nicht milde gegen uns selbst!

Wer ist unter uns, der von sich sagen könnte, daß er jederzeit recht und richtig gehandelt, daß er niemals diesen oder jenen Fehler begangen? Reiner vielleicht!

Aber dennoch dürfen wir heute stolz unser Haupt erheben; denn hätten wir, alles in allent, nicht redlich gestrebt und wacker gefämpft wie stände dieser große Arbeiterverein in strogender Straft, mit verzehnfachter Größe da?

Rascher und rascher in diefem verflossenen Jahre ist unser Verein gewachsen, unter Sturm und Drang , wie an Zahl, so an Klarheit der Erkenntnis und an Festigkeit des Wellens."

Fast in allen Gemeinden des Vereins waren große Gedächtnis­feiern veranstaltet und vielfach bedeutende Aufwendungen gemacht worden, um die Feier glanzvoll zu gestalten. Von einer Feier in Berlin wird aus diesem ersten Jahre nichts berichtet. In Leipzig fand sie im Hotel de Sage statt, in Dresden im Saale der Central halle, in Frankfurt im großen Harmoniesaal, in Altona im Englischen Garten. Tölde in serlohn machte bekannt, daß die Feier in Hagen stattfinden und daß bei genügender Beteiligung ein Egtrazug mit ermäßigten Preisen dorthin gehen werde.

Wohl am prächtigsten war die erste Lassallefeier in Hamburg ausgerichtet. Sie fand am 9. September im großen Saal des Conventgartens statt. Der Saal war mit schwarzem Flor in ein Trauergewand gehüllt. Auf dieser Feier erschallte zum erstenmal des jungen Andorf Arbeiter- Marseillaise":

Wohlan, wer Recht und Wahrheit achtet, Zu unsrer Fahne steht zu Hauf: Wenn auch die Lüg uns noch unmachtet, Bald steigt der Morgen hell herauf! Ein schwerer Kampf ist's, den wir wagen, Bahllos ist unsrer Feinde Schar; Doch ob wie Flammen die Gefahr Mög über uns zusammenschlagen:

Nicht zählen wir den Feind, nicht die Gefahren all!

Der fühnen Bahn nur folgen wir,

Die uns geführt Lassalle!