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nicht die selbstgerechten Herren sich empören und sagen: der Künstlerie. Ein eigenartiges Naturereignis wird aus dem Lillebal wühlt mit Behagen im Schändlichen und entblödet sich nicht, die im Hinterlande der norwegischen Stadt Christiania   berichtet: Infolge Schande zu verherrlichen? des mit außerordentlich startem Schneefall eingetretenen Thau

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Wer aber, wenn er solche Sprache hört und begreift, wird noch den Muth haben, in seiner Sittlichkeit empört zu sein? Eiferer freilich, die nicht begreifen wollen, bleiben immer bedenklich.

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Kleines Feuilleton.

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Alpha.

Die Gesellschafterin. Nicht wahr, es ist schön warm draußen?" fragte die alte Frau, die auf dem Sopha saß. Sie blickte mit starren Augen, wie viele Nervöse. Mit zitternden Fingern schob sie ihre kleine, schwarze Spigenhaube auf dem dünnen, grau­blonden Haar hin und her. Ehe das junge Mädchen antworten konnte, fuhr die alte Frau mit ihrer rauhen, gebrochenen Stimme fort: Selbstverständlich ist es warm, schön warm! Was?!" Das junge Mädchen, das seinen Kopf leicht gebückt trng, wie wenn eine schwere Hand ihn so niederdrücke, sagte leise, ver­schüchtert: Nein, es ist falt. Der Wind weht gerade auf unseren Balkon zu.

nähren.

Kulturgeschichtliches.

Galliern vergiftete Jagdpfeile etwas ein fleiner Schritt. Die lex

In der That ist dies Mitleidsmotiv schon fünstlerisch verwendet wetters hatte sich im Eis des Lilledalbaches eine große Oeffnung worden, und zwar in einem durchaus ergreifenden Wert, das aus gebildet, unter der sich eine ungeheure Menge von Fischen ange dem Russischen nach dem Tode seines Dichters in die Weltliteratur sammelt hatte. In der Nacht löste sich von dem das Thal ein übergegangen ist. Hier ist abermals von einem Buch Dostojewski's   grenzenden Berge eine mächtige Schneelawine von ca. 1500 Meter die Rede, von dem Zeit- und Kulturgemälde Schuld und Sühne", Breite ab, die größte, die dort seit Menschengedenken gesehen wurde, das für nachdenkliche und gereifte Leser geschrieben ist.( Im stürzte mit foloffaler Wucht den Berghang hernieder, grub sich tief Deutschen   ist das Buch unter dem Namen Raskolnikow  " bekannter in das freiliegende Flußbett hinein, riß sowohl das Wasser wie die geworden.) darin befindlichen Fische mit sich fort und ging durch die Gewalt In diesem Wert giebt es eine Stelle, die durch ihre schlichte des Sturzes an der anderen Thalseite wieder in die Höhe. Am Einfachheit berühmt geworden ist und geradezu erschüttert, weil sie Morgen nach den Naturereignissen dieser Nacht erlebten die Be­nichts beschönigt. Katharina Iwanowna  , die Mutter, ist verzweifelt, wohner des Lilledal die Ueberraschung, oben am Berghang eine mit ihren hungernden Kindern, ihrem verkommenden Mann. Ihr Menge der köstlichsten Fische verlockend auf dem Schnee ausgebreitet Verstand ist nicht mehr klar, und sie züchtigt die Kleinen, wenn sie aus zu finden. Mehrere Tage lang konnte die Bevölkerung des Hunger weinen. Das kann die älteste Tochter Sonja nicht mehr mit ansehen; Thales sich kostenlos von den prächtigsten Lachsen und Forellen und sie wagt das Verzweifelte, indem sie auf die Straße geht. Der Bater sieht's und erzählt, wie sie heimkehrte. Sie tam, trat geraden­wegs auf Katharina Iwanowna   zu und legte wortlos drei Rubel auf den Tisch. Kein Wörtchen sprach sie dabei, blickte auch niemand an, den auf den untersten Stufen stehenden Wölfern in Afrika  , Amerika  gk. Vergiftete Waffen in Europa  . Nicht nur bek verhüllte sich mit einem grünen Umschlag- Tuch Schultern und und Australien   sind vergiftete Waffen im Gebrauch, auch in Europa  Antlig und legte sich auf das Bett, das Gesicht nach der Wand ge- find solche thatsächlich von Alters her verwendet worden. In der tehrt; nur ihre Schultern und ihr Körper zitterten frampfhaft. Da jah Beitschrift für historische Waffenkunde" werden die bemerkens ich denn, da sah ich, wie Katharina Iwanowna  ( die Mutter), eben- verthesten Beispiele dafür zusammengestellt. Zunächst wird an die falls ohne ein Wort zu sprechen, an das Lager meiner Sonja Belege bei Schriftstellern des Alterthums erinnert, au Homer  , Ovid  , trat und die ganze Nacht hindurch ihr zu Füßen lag und ihr die deren Erzählungen von vergifteten Waffen bekannt sind. Nach Füße füßte." Aristoteles  , Strabon, Plinius  , Celfus, Aulus Gellius   waren bei den Gewöhnliches. Von diesen zu vergifteten Kriegspfeilen war Salica fennt beide Gattingen; in dem Kapitel über Körper­berlegungen wird ausdrücklich gejagt: Wer absichtlich auf einen Anderen einen vergifteten Pfeil abschnellt, der soll nach dem Brauche der Dingstätte dieses Unterfangen, auch wenn er 1/2 Schillingen fein Biel   verfehlt, mit 2500 Denaren oder 621/2 büßen." Vergiftete Waffen und deren Gebrauch gegen Menschen tönnen also gar nichts Seltenes gewesen sein, wenn die Gesetz gebung in dieser Weise darauf Bezug nimmt. Durch das ganze Mittelalter hindurch bis in die letzten Jahrhunderte hinein follen in den Thälern der Schweizer Alpen  , von Savoyen  , in Südfrankreich  vergiftete Geschosse im Schwange gewesen sein. Der am Her gebrachten hängende Sinn der Bergbauern vertraute lieber auf den bewährten Bolzen, als auf die theuren und doch recht unsicheren Büchsen, um der Gemse aufzulauern. Daß aber auch im späten Mittelalter noch im Kriege solche Geschosse öfter gebraucht wurden, wird in dem großen, vollständigen Universallegifon" von Joh. Heinr. Bedler angedeutet. Unter dem Worte Waffe" findet sich darin z. B. folgende Bemerkung:" Im Jahre 1675 haben die hohen Aliirten in dem Französischen   Kriege mit den Franzosen durch einen ausdrücklichen Vergleich ausgemacht, daß sich niemand unters stehen sollte, vergiftete Kugeln zu gebrauchen." Und nicht nur diese wurden mit todbringenden Säften" bestrichen, auch die Nahwaffen trug man fein Bedenken, zu Mordzwecken zu ver­giften. So tödteten zwei von der Fredegunde gedungene Mordgesellen Sigibert mit vergifteten Haumessern. Auch aus dem 13. Jahrhundert liegen Nachrichten vor, daß man sich vergifteter Klingen bedient habe. Wenn über solche Waffen nur literarische Notizen vorliegen, diese selbst aber in den Sammlungen nicht vorhanden sind, so er­flärt sich dies zum Theil daraus, daß sie meist unlauteren Zwecken dienten. Die Waffe des Bravo war aber feineswegs von solcher Art, daß sie die Aufmerksamkeit des Kunsthistorifers erregeu fonnte; außerdem wird sie nach dem Gebrauch stets gründlich von jeder Spur des Giftes befreit worden sein. Neuerdings hat man die " Gar nicht!" stieß Helene hervor, den Kopf zurückwerfend. Doch Vermuthung aufgestellt, daß das räthselhafte Genueser sentte fie ihn sofort wieder, als sie den Blicken der Alten begegnete. messer", ein Stoßmesser mit einer feinen schmalen, aber Die Alte wischte sich mit einem kleinen Tuch über das vom doch starken Klinge, die in der Nähe der scharfen Spike Wein und zu reichlichem Essen heiße Geficht: Ach, ist das eine ein bierediges Loch aufweist, im Bedarfsfalle mit einer Wärme!. Nicht zum Aushalten. Lauter segte sie hinzu: teigartigen giftigen Waffe ausgefüllt wurde. Früher hat man es meist als Riemernadel angesehen, doch ist es für diesen Zweck viel zu start. Für die Vermuthung spricht auch der Umstand, daß der Besitzer eines solchen Messers vom hohen Rathe wegens des Führens der Waffe mit einer äußerst harten Strafe, anfänglich lebens­länglicher, später fünfjähriger Galeere, bedroht wurde... Die Pfeilgifte wurden vorwiegend dem Pflanzenreich entnommen, wenn auch mitunter Schlangengift, in Verwesung übergegangenes Blut­Das Mädchen deckte ihr eine Pelzdecke über die Beine und eine ferum der Giftbrühe zugesetzt wurde, in die der Jäger seine Ge­weiche, wollene Decke über die Schultern. Dann sette es sich, nach- schoffe tauchte. Unter den Kräutern wird besonders die zur Gruppe dem es sich ein schmales Tuch umgelegt, neben die Alte. Die saß der Kolchikaceen gehörige Nieswurz erwähnt; ferner bereitete man jetzt still und starrte auf die Straße, wo die Menschen hastig dem Giftertrakte aus Nachtschatten, Tollfirsche, Stechapfel, Biljenkraut, fühlen Märzwind entgegengingen. Die Kinder, die schon einige während der Gebirgsbewohner auf die giftige Eigenschaft des Alpens Tage lang auf der Straße gespielt hatten, waren heute nicht zu sehen. Hahnenfußes vertraute. Die Giftsäfte, die in diesen Gewächsen Die Sonne stieg bereits hinter den gegenüberliegenden Häusern wirksam find, rufen im Allgemeinen Benommensein, Herzschwäche, hinab. Die Schatten wurden immer größer und kletterten immer Delirien und Starrkrampf der Muskeln hervor. höher. Da ging ein Herr mit einer Dame vorbei. Er hatte seinen Kragen emporgeflappt und sie hielt sich ihren Muff vor den Mund. Die Alte fuhr aus ihrem Schweigen auf: He- na ja! Jetzt framen sie sogar die Pelzsachen noch mal vor!"

Die Frau hatte, während das Mädchen sprach, univillig mit dem Kopje gezudt. Ihren breiten, zabulosen Mund aufreißend, sagte sie gehäffig: Das ist nun junges Blut! Friert jetzt schon! Wie soll denn das mit solchen Menschen im Alter werden?"

Sie überflog mit ihren forschenden Blicken die Gestalt des Mädchens, das sah starr vor sich hin.

Die Alte schwieg eine Weile, wie wenn sie auf Antwort wartete. Als das Mädchen aber nicht sprach, brummelte fie: Na ja, das hat ja auch kein Fleisch am Leibe. Da muß es ja frieren."

Mit hin- und herschwankenden Händen goß sie sich aus einer neben dem Sopha stehenden Flasche Wein ein, trank ihn und meinte laut: Nein, das ist hier eine Hige im Zimmer! Sie haben natürlich wieder zu viel heizen lassen?! Was, Helene?"

Das Mädchen antwortete wieder nicht. Nur eine scharfe Falte zeigte sich zwischen seinen Augenblauen, und den Mund tuiff es zu ſammen.

Wie, haben Sie heizen lassen?" wiederholte die Alte mit scharfer Stimme.

Aber gewiß ist es draußen warm! Ich seh's doch an der Sonne! Kommen Sie, helfen Sie mir mal! Ach, dieser verwünschte Fuß! Dies Reißen!"

Humpelud, von dem Mädchen halb getragen, schleppte sie sich unter fortwährendem Brummeln hinaus auf den Balton, wo fie fich in einem alten Korbsessel fallen ließ: Ach... hach! Nein, diese Hiße, diese Site!"

Das Mädchen, das ganz bleich vor Kälte war, zudte auf und verfolgte das lachend vorübergehende Paar mit den Augen, bis es um die Ecke war.

Dann saß es wieder so still wie die Alte.

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Völkerkunde.

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Ueber die Stellung der Frau bei den Burmanen hielt in der Kölner Gesellschaft für Erdkunde Prof. Hahn einen Vor­frag; einem Bericht der Köln  . 3tg." entnehmen wir das Folgende: Der Buddhismus   hat hier alle Schranken niedergerissen; hier finden sich keine rechtlichen Bevorzugungen, teine starken sozialen Scheides wände. Nur Pagodenmacher, Sargmacher, Heuter und Haustnechte