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Würdest Du ärgerlich sein, wenn wir heute um halb fieben Uhr speisten?" frug fie mit etwas leidender Miene, die bon ihrer gewöhnlichen Lebhaftigkeit abstach.

Warum?"

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pulter bei 290 Grad Entzündungstemperatur 236 Rubilcentimeter Gas, Schießbaumwolle bei 200 Grad schon 590 Kubifcentimeter, Nitro glycerin aber bei 180 Grad Entzündungstemperatur nicht weniger als 710 Kubifcentimeter Gas liefert. Es ergiebt sich schon hieraus allein die kolossale Ueberlegenheit des Nitroglycerins  . Wenn man mun noch bedenkt, daß die von der Entzündungstemperatur wohl zu unter steht, bei Schießbaumwolle und Nitroglycerin bedeutend höher iſt und daß die Explosion sich weit schneller vollzieht als bei dem ge­wöhnlichen Schießpulver, so wird es begreiflich, daß die Nuteffekte von Pulver, Schießbaumivolle und Nitroglycerin fich verhalten wie 1: 4:10.

" Ich wollte zeitiger zu Abend essen, weil ich mich nicht wohl fühle; vorige Nacht habe ich sehr beschwerliche Bescheidende Verbrennungswärme, welche bei der Explosion ent­Klemmungen gehabt, und diese schreibe ich dem frühen Schlafen­gehen nach dem Essen zu."

Er hörte ihr zerstreut zu und ordnete seine Attenhefte auf dem Tische; dabei sagte er achselzuckend:

Wie die kränklichen Frauen doch unerträglich sind!" " Du hast recht; wenn man aber das Unglück hat, eine dieser Frauen zu haben, so ist es das beste, vorausgesetzt, daß man sich nicht von ihr trennen will..."

Wie fagst Du?"

" Ich sage, wenn man sich aus irgend einem Grunde nicht von ihr lossagen will, so ist noch das beste, sich in ein­ander zu finden, um mit ihr ohne allzu heftige Zusammen­stöße zu leben."

Was schwäßest Du mir da vor?" " Nichts. Ich frage einfach, ob Du zeitiger essen willst." Du kannst ja essen."

Das geht nicht leicht. Wenn man mir den Enten­braten aufträgt, so müßtest Du Deinen Teil aufgewärmt ge­nießen."

Also wenn ich nicht um halb fieben Uhr essen will, so bin ich verurteilt, aufgewärmten Braten zu essen; das ist ja abscheulich!"

Davon ist nicht die Rede; ich hätte niemals die dee gehabt, für mich eine Ente braten zu lassen; da es nun für heute nichts anderes giebt, so fäme ich dabei mit meinem Diner allzu kurz weg; übrigens ist das vielleicht das beste; ich werde sofort mit leerem Magen zu Bett gehen und ohne Zweifel nur um so besser schlafen."

Also würde ich ganz allein essen; das wäre heiter!" Es war ihm noch weniger lustig, die Abende ohne die Gesellschaft seiner Frau zu verbringen, nicht etwa aus Zärtlich­feitsbedürfnis, sondern aus Gewohnheit, denn sie bereitete ihm den Grog, stopfte seine Pfeifen, was ihr mit bemerkens wertem Talent gelang, und hörte auch seine Bemerkungen, Scherze oder seinen Unwillen an, die ihm die Lektüre der Tagesblätter eingaben.

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Explosionen und Sprengstoffe. Die Sprengstoffe find ein unentbehrliches Werkzeug der modernen Ingenieurtunft geworden. Aber die Elemente, welche vom Menschen gebändigt und in Form von Explosivstoffen zusammengezwängt sind, gleichen nur zu oft Dämonen und verschwören sich gegen ihren Er­zeuger. Furchtbare Katastrophen beweisen dann, wie wenig wir noch diefer gefährlichen Stoffe Herr sind und in welch' großer Ge­fahr unsere Wohnstätten schieben, wenn, wie es leider nur zu oft geschieht, derartige Stoffe in der Nähe derselben geduldet werden. Schon das frühe Mittelalter fannte intensiv wirkende Spreng­ftoffe, wie das Beispiel des griechischen Feuers beweist, dessen Be­reitung zwar nicht auf uns überkommen ist, von dessen Anwendung aber die damaligen Chroniken und sonstigen Geschichtsquellen so biel zu erzählen wissen, daß es teinem Zweifel unterliegt, daß es ein verheerender Explosivkörper war. Ungleich älter aber ist das belannte gewöhnliche Pulver, dessen Erfindung mit Unrecht dem mythischen Mönche Berthold Schwarz   zugeschrieben wird, während es thatsächlich schon weit früher von den Chinesen verwandt wurde. Durch Jahrhunderte fast nur als Zerstörungsmittel im Kriege und zu Jagdzweden gebraucht, mußte es für givede der Technit seine Stelle an andere Sprengstoffe abtreten, welche nicht die störende Rauchentwickelung des gewöhnlichen Schwarzpulvers haben und heftiger wirken als dieses.

Bum Unterschied von anderen schnellverbrennenden und ver­gafenden Körpern, welche, wie z. B. Leuchtgas, ja auch heftige Berstörungen anrichten können, den zur Verbrennung nötigen Sauerstoff aber der Luft entnehmen, liegt die Eigentümlichkeit aller Sprengstoffe darin, daß in ihnen selber sämtliche Substanzen, also auch der Sauerstoff, in den für eine vollkommene Verbrennung paffenden Mengen vorhanden find, und in der weiteren Eigenschaft, daß fich dieselben durch Schlag, Stoß oder Entzündung fastmomentan in Gas­form umsetzen, in welcher fie ein Volumen einnehmen, welches jenes der feften oder flüssigen Sprengmasse um das vielhundert- oder tausendfache übertrifft. Außer von der Schnelligkeit der Explosion und der Menge des entstehenden Gases hängt ihre Wirksamkeit auch von der er zeugten Verbrennungswärme ab, weil das entstehende Gas einen m so größeren Raum einnimmt, je höher seine Temperatur ist. Bergleicht man in diesen Beziehungen z. B. Schießpulver, Schieß­Baumwolle und Nitroglycerin, so findet man, daß ein Gramm Schieß­

technik zur Berechnung der Wandstärke der Kanonenrohre sehr genau Der Hierbei entstehende Gasdrud, welchen man in der Geschüt berechnen mußte, geht in die Tausende von Atmosphären und beläuft fich bei gewöhnlichem Pulver auf etwa 2000, während er bei Nitro­glycerin auf 5600, bei nall- Quecksilber aber sogar auf über 40 000 Atmosphären steigt. Im uns von diesen ungeheuerlichen Druck­verhältnissen eine etwas deutlichere Vorstellung zu machen, sei es gestattet, zum Vergleich den Drud heranzuziehen, wie er in verschiedenen Wasser­tiefen herrscht. Der Quecksilber- Barometer giebt mit einer Höhe der Quedfilbersäule von 760 Millimeter das Gewicht des auf jedem Körper der Erdoberfläche lastenden Luftsäule bis zu den obersten Grenzen der Atmosphäre an. Eine einfache Rechnung zeigt, daß diefer einfache Atmosphärendruck jeden Quadratzentimeter Fläche mit einem Gewicht von rund einem Kilogramm belastet. Steigen wir in eine Wassertiefe von 10 Meter herab, so wiegt die auf einem Quadratcentimeter lastende Wassersäule ebenfalls ein Kilogramm und jeder dort befindliche Störper steht unter doppeltem Atmosphärendrude, welcher mit jeden weiteren 10 Metern Tiefe um eine Atmosphäre wächst, so daß in den größten in Taucherkostüm oder submarinem Boote für Menschen erreichbaren Tiefen von 50 bis 60 Meter immer erst ein Drud von 6 bis 7 Atmosphären herrscht. An der tiefsten Stelle der Ostsee  ( 395 Meter) zwischen der Insel Got­ land   und Windau würden wir einem Drucke von 40 Atmosphären ausgesetzt sein, und wenn wir bis zu den tiefsten, bisher geloteten Stellen des Weltmeeres( 9100 Meter), welche sich zwischen Japan  und Nordamerita im Stillen Ocean befinden, vordringen könnten, so würde das Manometer immerhin erst einen Druck von wenig über 900 Atmosphären nachweisen. Die Drudverhältnisse, welche in einem mit Nitroglycerin gesprengten Bohrloch im Augenblide nach der. Entzündung herrschen, würden wir erst am Boden eines 56 Kilo­meter tiefen Meeres erreichen und erst in einer Tiefe unter dem Wasserspiegel von 450 Kilometer, einer Strecke, welche der Ent­fernung in Luftlinie von Berlin   nach Frankfurt   a. M. gleichkommt, befänden wir uns unter dem Drude des explodierenden Knall­Quecksilbers.

Der Weg, welcher von dem vergleichsweise harmlosen gewöhn lichen Bulver zu den rauchlosen Bulversorten und den gewaltsamsten Sprengstoffen wie Melinit, Efrafit, Banklastit und den explodierenden Metallverbindungen führte, war fein sprunghafter, sondern erfolgte schrittweise durch allmählichen Erfaz der drei althergebrachten Bes standteile des Schwarzpulvers: Salpeter, Stohle und Schwefel durch geeignetere Substanzen. Statt des Salpeters, dessen großer Stic stoffgehalt für die Pulverfabrikation wichtig ist, nahm man andere stic stoffhaltige Metallsalze wie Natrium-, Barhum- und Ammoniumnitrat oder führte in die Fabrikation Kaliumchlorat ein, dessen explosive Eigen­fchaften wohl die wenigsten ahnen werden, welche sich irgend einmal bei einer Halsentzündung oder Mandelanschwellung mit der so harmlos erscheinenden wässerigen Lösung dieses Salzes die wunde Kehle gegurgelt haben. Die Holzkohle, deren Kohlenstoff für das Bedürfnis noch lange nicht fein genug verteilt ist, ersetzte man durch Blutlaugenfalz, Seignettesalz, weinsaures Kalium, Zucker und ähnliche Stoffe, und der mineralische Schwefel schied dabei gänzlich als Pulverbestandteil aus.

Vielleicht wird schon manchem, der einem der beliebten Celluloid­fragen und Manschetten mit einem Streichhölzchen zu nahe gekommen ist und das heftige Aufflammen und reißend schnelle Verbrennen des betreffenden Gegenstandes beachtet hat, die dunkle Vorstellung ge­fommen sein, daß er einen nicht so ungefährlichen Explosivstoff, als Kleidungsstück verarbeitet, mit sich herumträgt. In der That ist nun das Celluloid ein naher Verwandter der gefürchteten Schießbaumwolle und Kollodiumwolle und wird aus letzterer und Kampherzusatz durch starkes Pressen bei mittleren Wärmegraden zwischen 70 und 130 Grad hergestellt. Erwärmt man aber die bei 125 Grad leicht netbare Maffe mur um weitere 15 Grad, so zersetzt sich dieselbe unter explosions­ähnlichen Erscheinungen, und es kann daher dem Publikum mur ans geraten werden, mit dieser sogenannten Gummiwäsche recht vor­fichtig umzugehen.

Weitaus gefährlicher ist natürlich die Schießbaumwolle selbst, ein Stoff, welcher außer zu ernsten Zwecken auch für Kindergewehre 2c. Berwendung findet, und sich bildet durch Behandlung von gereinigter und entfetteter Baumwolle mit einem Gemisch von Salpetersäure und Schwefelsäure, dabei aber recht gefährlich ist, weil die Säuren aus den Baumwollfasern schwer zu entfernen sind und schließlich zur Selbstentzündung der Masse führen. Von ihm unterscheidet sich die weniger gefährliche Kollodiumwolle nur durch eine guthat von Salpeter und durch ihre Löslichkeit in einem Alkohol- Aethergemisch, aus welchem sie sich als durchscheinender hornartiger Körper nach Abdunftung des Lösungsmittels ausscheidet.

Kollodium ist in dem bekannten, von dem Schweden Nobel in