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Lurlure hinauf in das Zimmer gebracht, in welchem ihr Mann auf dem Sopha lag. Verzeihen Sie, daß ich Sie in eine Krankenstube herauf­Tommen lasse," sagte der Notar, aber seit einigen Tagen sind mir meine Füße immer wie erstarrt und in den Beinen fühle ich Krämpfe, die mich ant Gehen verhindern."

Turlure hatte seine Hand erfaßt, drückte sie aber nicht wie gewöhnlich, sondern hielt sie zwischen der seinigen, und Madame Courteheuse, die keinen Blick von ihm verwandte, sah, wie er die Finger auf eigentümliche Art befaßte.

Obwohl Turlure den Notar so aufmerksam untersuchte, entging ihm doch nicht, daß ihn die Frau beobachtete; alsbald ließ er die Hand los und sagte:

Die Beschaffenheit der Haut ist durchaus nicht ungünstig, durchaus nicht."

Und als ob er besorgte, diese Worte könnten als eine Erklärung des Betastens der Finger ausgelegt werden, fügte er hinzu:

" Das Gesicht bietet ebenfalls kein ungünstiges Symptom, oh, durchaus keines!"

Nicht wahr?" sagte Madame Courteheuse.

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( Fortsetzung folgt.)

Strohinduffvie.

( Nachdrud verboten.)

Die Kunst des Flechtens von Nutz- und Ziergegenständen aus natürlichen Faserstoffen, insbesondere aber aus den mannigfachen von den Pflanzen dargebotenen Ruten, Rohren, Wurzeln und Halmen ist eigentlich keinem Naturvolke fremd; ja einige völlig kultur­lose Völker haben es sogar zu einer bewunderungswürdigen Fertig­feit in dieser Kunst gebracht. So findet man z. B. die Hütten der Kaffernhäuptlinge mit recht kunstreich geflochtenen Matten ausgelegt, und ihre aus Binsen gefertigten Wassereimer sind so dicht geflochten, daß faum ein Tropfen hindurchzudringen vermag.

Das Hauptmaterial unserer heimischen Flechtindustrie bilden die Weidenruten und das spanische Rohr, aber zu den schönsten Flecht­arbeiten, die zum Teil recht hoch im Preise stehen, findet gerade ein Material Verwendung, das sich sonst feiner besonderen Wert­schätzung erfreut: das Stroh ist ein sehr gefügiges, bildsames Material, das in der Technik eine weit umfangreichere Verwendung findet, als man gemeinhin glaubt.

Die Kunst des Strohflechtens ist heut noch umbestritten eine Frauenarbeit; noch hat keine Maschine versucht, mit den flinten Fingern der Flechterinnen zu konkurrieren.

Für Gewebe und Flechtarbeiten findet ausschließlich Weizen und Roggenstroh Verwendung; die Halme werden vor der Reife ab­geschnitten, an der Sonne bezw. durch Schwefel oder Chlor gebleicht und je nach ihrer Stärke für die Verarbeitung sortiert.

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Das beste, vollkommenste Strohgeflecht liefert Italien , dessen Boden besonders geschmeidige Halme erzeugt. Man baut hier für diese Zwecke eine besondere Abart des Sommerweizens, die ein sehr feines, elastisches Stroh, Marzolano" genannt, liefert. Das fleine Toscana, das auch jezt noch auf größeren Ausstellungen mit seinen geflochtenen Hüten, Rörben und Arbeitstaſchen glänzt, bildete den Stammsiz dieser Industrie, welche sich von hier aus über alle industriellen Länder verbreitete.

Man legt in Italien die Weizenfelder, welche der Industrie das Rohmaterial liefern, am liebsten auf Berg- und Hügelland an und meidet den schweren festen Boden. Man verfährt hier sehr sorg­fältig und fäet sehr eng, um viele und recht schlanke Halme zu er halten. Im Juni werden diese mit der Wurzel einzeln aus dem Boden gerissen, drei bis vier Tage sich selbst überlassen, damit sie eine größere gähigkeit erhalten, und nach Entfernung der fleckigen Halme in dünnen Bündeln von etwa 60 Gramm Gewicht zusammengebunden. Um fie bis zu einem Grade zu bleichen, werden diese Bündel etwa drei Wochen lang der Sonne und dem Thau ausgesetzt, aber sorgfältig vor Regen bewahrt. Ist dann die Zeit der Ernte heran­gekommen, so finden sich die Fabrikanten und Händler ein, um das Material zu mustern, zu prüfen und einzukaufen. Der Preis von 100 Büscheln( Menata) schwankt zwischen 5 und 9 Franken.

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oberen Teil getrennt. Der Halm nimmt nach der Mehre hin an Festig­feit und Elasticität zu und das feinste Geflecht liefert die Spize. Man pflegt daher die besseren künstlerischen Arbeiten auch als Bunta geflecht" zu bezeichnen.

arbeitet werden; die Streifen werden also flach gepreßt und ge Zu manchen Flechtwerken können die Halme ungeteilt vers glättet. Andere Geflechte bedingen die Zerlegung der Halme in vier, sechs und mehr Streifen, je nach der Feinheit der Arbeit. Aber weit mehr noch als durch diese Unterschiede in den Feinheits­graden wird durch die Art der Verflechtung eine große Mannig faltigkeit der Erzeugnisse erzielt, und es find vorzüglich die fosca­nischen Mädchen, denen die Industrie die mannigfachsten reizvollen Muster verdankt.

Das Zusammennähen der einzelnen Strohbänder zu Hüten erfolgt derart, daß die Fäden abwechselnd unter den Halmen des einen Bandes, dann wieder unter denen des anstoßenden zweiten Bandes hindurchgezogen werden, so daß der Faden nie sichtbar wird. Die Arbeit erfordert die besondere Aufmerksamkeit und die Sorgfalt der weiblichen Hand. Aber schließlich verlangt doch das Pressen und Bügeln männliche Kraft. Das für diese Es hängt Arbeiten gebräuchliche Bügeleisen ist groß und schwer. vor dem Arbeitstisch an einer beweglichen Stange, die an der Werk­stattdecke befestigt ist. Und während die eine Hand des Arbeiters das Bügeleisen bewegt, muß die andere den über die hölzerne Form gespannten Hut drehen und wenden, wie es die Bewegung des Bügel­eifens verlangt. Wohlfeilen Hüten giebt man durch dieses Verfahren in der Regel schon die endgültige Form, während andere, insbesondere die sehr vielgestaltigen Frauenhüte, noch dressiert" werden müssen. Diesem Zwecke dient die sogen. Dreffiermaschine, deren Aufgabe es ist, den Hut mit einer gewissen Kraft in ein entsprechendes Modell hineinzupressen. Diese Maschinen können natürlich sehr mannigfach konstruiert werden; aber ich will mich darauf beschränken, eine besonders sinnreiche zu beschreiben, welche von den Franzosen Mathias und Legat erfunden wurde. Die in einem vertikalen Cylinder, mit der Kopföffnung nach oben, ruhende Hutform besteht aus einem ftarken Metallblech und kann durch Dampfzuführung start erhigt werden. In diese Hohlform kommt der Hut und auf diesen ein schwerer, in Scharnieren beweglicher Metalldeckel. Die innere Seite des Deckels bildet eine Kautschulform, welche in die Höhlung des Hutes hineinpaßt und durch heißes Wasser unter hohem Drud in diesen hineingepreßt wird. Das Wasser wird durch eine hinter dem Formcylinder befindliche hydraulische Presse in den Formdeckel hineingedrückt. Man wird sich vorstellen können, daß sich der Kaut schuk bei dieser Operation fest an die Innenfläche des Hutes anlegt und diesen an die heißen Wände der Matrize preßt. Aber dieser Vor­gang erfordert weit geringere Zeit als die Schilderung desselben in Anspruch nimmt, denn ein Arbeiter vermag auf dieser Maschine täglich 400 Hüte zu dressieren, während er früher durch Handarbeit bei kompliziertem Modell nur etwa 10 Hüten die gewünschte Form zu geben vermochte.

In Italien beschränkt sich die Strohindustrie fast ausschließlich auf das toscanische Gebiet. Im übrigen ist die Industrie in Europa vorzüglich in Frankreich , der Schweiz , Belgien und Deutsch­ land vertreten. In England wird fast ausschließlich ausländisches, besonders japanisches Stroh verarbeitet. Allerdings hat der Mittel­punkt der englischen Strohindustrie, die Stadt Luton im südlichen Bedfordshire , eine gewisse nationale Bedeutung erreicht.

In Deutschland ist die Strohindustrie besonders in Baden und Sachsen verbreitet. Auch ins schlesische Gebirgsland hat sie in den letzten Jahren Eingang gefunden; hier ist sie vielfach an die Stelle der mählig verschwindenden Hausweberci getreten.­Fred Hood.

Kleines Feuilleton.

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-Bühnenpolizift". Der Franff. 3tg." wird aus Wies­ baden geschrieben: Am hiesigen Hoftheater besteht seit etwa einem Jahre das anderwärts wohl völlig unbekannte Amt eines Bühnen­polizisten". Dieser, der wie alle richtigen Polizisten den Reihen der Militäranwärter entnommen wird, hat für Ruhe und Ordnung unter dem schwer zu disciplinierenden Künstlervöllchen beiderlei Geschlechts aufzukommen, was sonst Sache des Juspicienten 2c. sein soll. Ge­räuschvolles Thürschließen während der Probe wird mit 3 Mark In anderen Strohindustrie treibenden Ländern wählte man sich geahndet; Sprechen im Gliede pardon, in der Coulisse das italienische Verfahren des Strohanbaues und der Verarbeitung foftet natürlich schon etwas mehr. 06 nun unser erster zum Vorbild, ohne jedoch gleiche Erfolge zu erringen. Es fehlte die Herr Bühnenpolizist zu wenig tunstverständig war, oder was italienische Sonne, um ein gleich feines Material zu gewinnen, und sonst die Ursache sein mag, er hat seit einigen Tagen an die Stelle der wirkungsvollen Naturbleiche muß in der Regel die einen Nachfolger erhalten, der mit geradezu idealer Schneidigkeit tünstliche Bleiche treten. und ohne Ansehen der Person seines Amtes waltet. Es geht sogar Das Sortieren der Halme geschieht in neuerer Zeit häufig durch die grusliche Sage, er habe jüngsthin feinen Geringeren als den Maschinen. Die Halme werden in größeren Bündein vertikal in Cy- Herrn Intendanten selber wegen vorschriftswidrigen Thürschließens linder eingestellt, deren bewegliche Bodenplatten, den verschiedenen mit 3 M. seinem Rapportbuche einverleibt. Ferner vermelden Ge­Halmenstärken entsprechend, perforiert sind. Durch einen geeigneten rüchte: Einen Schauspieler, dessen Stichwort gefallen war, habe Mechanismus wird dann das ganze Plattensystem in eine schüttelnde der Gestrenge einmal am Betreten der Scene gehindert. Während Bewegung versetzt, so daß die Halme, deren Stärke der Perforierung unsere Heroine leise plaudernd in der Coulisse bei einer Kollegin entspricht, hindurchfallen. Hierauf erfolgt noch eine weitere Sortierung gestanden, habe fich plöglich eine Hand auf ihre Schulter gelegt und der Halme nach deren Länge, Daß Fußstück der Halme, welches die Stimme des Gerichts habe an ihr Ohr gellungen: Wie heißen auf dem Felde der unmittelbaren Einwirkung der Sonne entzogen Sie?" Die Künstlerin soll darob in Weinkrämpfe verfallen sein ift, findet für Flechtarbeiten teine Verwendung und wird von dem und sei nur schwer zum Weiterspielen zu bewegen gewesen....