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Risse bekommen hatte, Tag zu Tode verurteilt auf dem staubigen und nicht weniger hat er zu Satiren Anlaß gegeben. Zu erwähnen ist das Boden der Redaktionsstube.
Da ging plötzlich die Thür auf, und auf der Schwelle erschien ein Dienstmann, schwer unter der Last einer hölzernen Kiste teuchend, auf der mit schwarzer Farbe eine Flasche gemalt war. Aha! Kimmels Schnapsproben!" rief der Chef animiert aus, indem er dem Boten einen Brief abnahm und ihn mit einem guten Trinkgeld, sowie mit einer herzlichen Empfehlung" an den Herrn abfertigte. Mit rührender Sorgfalt, ja mit einer gewissen Bietät ward die Sendung allseits betrachtet und befühlt, während der Chef, nachdem er den Brief gelesen, leise vor sich hinbruminte:
Ein Biedermann, dieser Kimmel, der soll mir noch vor den Feiertagen seine Reklame bekommen!" Kimmel pflegte nämlich der Redaktion des„ Volksfreund" mehrmals im Jahre je 25 Flaschen seines Schnapses zu schicken, welches Erzeugnis von den begeisterten" Mitarbeitern des Blattes in den Himmel erhoben wurde. In diesem Augenblick hockte ein jeder an seinem Tische und berechnete auf dem Zeitungsrande, wieviel Flaschen beim gegenwärtigen Personal auf jeden kommen müßten.
Als nach Verlauf einiger Minuten der Chef mit einem Blatte Papier in der Hand an dem Fensterchen der Druckerei im Hauptsaale erschien, ward er von allen zugleich umringt. Hier, eine kleine Reklame für Kimmel fagte der eine, So? Ich habe auch eine geschrieben," ließ sich ein zweiter bernehmen.
fein Papier hinreichend.
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Auch ich!" rief voll Erstaunen ein dritter, und auch ich!" hallte es im Chore wieder.
Alle hatten sie geschrieben! Alle ohne Ausnahme harrten mit ihrem Wisch der Approbation des Chefs-- ganz wie bei einem Breisausschreiben.
Der Chefredacteur brach in ein schallendes Gelächter aus. " Wie?" rief er, meine Herren Sie haben wirklich alle geschrieben?! Wie machen wir das nun?".. denn sehen Sie... ich, ich habe nämlich auch geschrieben!"
Und er hielt sein Blatt Papier in die Höhe, während er so eben auf dem purpurroten Plakate stand, über das kein Einziger hatte schreiben wollen, wie ein stolzer Ueberwinder auf dem Leichnam des erschlagenen Gegners.
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Kleines Feuilleton.
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Opus eines Nürnberger Meistersingers Wilhelm Weber( 1637), der sich in Altorf deponieren ließ und seine Erlebnisse dann in einem Gedicht schilderte. Er war auf diesen Akt sehr stolz; in der That galt damals die Deposition gewissermaßen als gesellschaftliche Legitimation; von Adel und Bürgerstand wurden sie geradezu für die einfachste und wohlfeilste Art, ihre Heranwachsenden Söhne in die Gesellschaft einzuführen, gehalten. Bis nach Upsala hinauf war der Brauch verbreitet. Erst im Laufe des vorigen Jahrhunderts vers schwand er in demselben Maße wie sich das Mittelschulwesen hob und die Eintrittsbedingungen für die Universität gefeßlich geregelt wurden, aber noch lange hielt man an einigen Orten einen Schein davon auf recht, um die daran geknüpften Gebühren weiterhin erheben zu können. Sprachliche Erinnerungen leben noch fort in den Ausdrücken„ sich die Hörner ablaufen oder abstoßen" oder wenn man von einem un gehobelten" oder„ ungeschliffenen" Menschen spricht. Eine Zunft hat übrigens ihre Gesellenweihe direkt der akademischen nachgebildet: die Buchdruckerzunft, die von Anfang an in so engem Verhältnis zu der Universität stand, daß es bis Ende des vorigen Jahrhunderts die Regel war, ihre Angehörigen in den Universitätsstädten in die Matritel einzutragen und sie damit in die akademische Gerichtsbar feit aufzunehmen. Die Buchdruder haben ihre humorvolle Deposition noch lange erhalten.
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Litterarisches.
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il. Roman Schaich: Armut. Schauspiel in drei Aufaus kann dieses Stück überhaupt nicht beurteilt werden; mit der zügen.( Leipzig , Otto Weber.) Vom litterarischen Standpunkte Litteratur hat es nichts zu thun. Zu Ifflands Zeiten hätte man dieses Schauspiel begriffen, wenn man sich auch schon damals über die unglaublich schlechte Mache beklagt hätte. Der bankrotte Familienvater, der nur durch eine reiche Heirat seiner edelmütigen Tochter gerettet werden kann, das an sich gäbe schon ein langweiliges, schlechtes Stück; in der Hand des Verfassers ist es eine unfreiwillige Posse geworden, der man den Titel geben könnte:" Wo ist schauspielen den Rat zu erteilen, nach dem ersten Aft eine Kollekte der Bräutigam?" Der alte Nestroy pflegte bei den Ffflandschen Banknoten im Parkett für den Bankrotteur zu veranstalten, damit die Ges schichte ein Ende habe. Bei Herrn Schaich würde das gar nichts nügen; denn der hört darin noch lange nicht auf. Freilich wußte Nestroy noch nichts von demokratischen" Tendenzen, von edlen Jünglingen, die nach ihren eigenen wiederholten Versicherungen „ voll Mut, Talent, Energie" sind, von Geldgebern, die sich als gefallene Staatsmänner entpuppen, heimlich durch ihre Wuchergeschäfte die Gesellschaftsordnung untergraben, es lohnt sich wahrhaftig nicht, den Unsinn noch zu analysieren. Nicht einmal als komische Lektüre können wir dieses ernstgemeinte Schauspiel unferen
Erziehung und Unterricht.
a. Ein eigenartiger studentischer Branch im Mittelalter war die Deposition", die die Stelle der heutigen Inmatrikulation vertrat. Die ältesten gedruckten Quellen zur Geschichte des deutschen Studententums, mit denen sich Fabricius im neuesten Heft der Lesern empfehlen. Zeitschrift für Bücherfreunde" eingehend befaßt, beschäftigen fich fast ausschließlich mit ihr. Die mittelalterlichen Universitäten waren nach ihrer äußeren Stellung im socialen Leben Schutzgilden; der dg. Ihr hundertjähriges Bestehen können in diesem Name bedeutete nicht etwa, wie wir ihn heute wohl deuten, Jahre die Berliner Fortbildungsschulen feiern. Es war universitas scientiarum( Gesamtheit der Wissenschaften), sondern im Jahre 1798, als im Kopfe gutgefimter Bürger" zuerst die Idee eine Genossenschaft" von Lenten, die durch eine abschließende Or- entstand, durch Errichtung einer Sonntagsschule" für die geistige ganisation, durch Erwerbung von Privilegien sich eine gesonderte Stellung Fortbildung der„ Lehrburschen" zu sorgen. Im Januar 1799 fonnte erworben haben. Als Gilde bezweckte die Universität im Mittelalter in die erste Berliner Sonntagsschule" bereits eröffnet werden, und erster Linie den Schuß ihrer Angehörigen innerhalb der Stadt, in der zwar im Hause des Schullehrers Herrn Köbike in der Markgrafenfie eine isolierte Gruppe bildeten. Wie alle Gilden hatten auch sie straße, der Junkerstraße gegenüber." Der Unterrichtsplan umfaßte ihre Neulingsaufnahmen, und aus diesen hat sich mit der Zeit die zunächst die einfachsten Gegenstände der Elementarschule, Lesen, Deposition entwickelt. Der Neuling, der Bean",- der Fuchs, wie Rechnen und Schreiben. Das Lehrgeld sollte jährlich zwei Thaler wir heute sagen würden wird in ihr als unmenschliche Bestie betragen und mußte vierteljährlich mit 12 Groschen im Voraus dargestellt, die durch symbolische Handlungen in einen gefitteten entrichtet werden. Die Unterrichtszeit war auf den Sonntag Menschen umgewandelt wird. Vor der Reformationszeit geschah verlegt, weil das für die Umstände der an diesem Tage ganz dies durch allerlei Neckereien und Quälereien, und zum Schluß er- müßigen Lehrlinge der Professionisten" als passendste Zeit erschien. folgte die feierliche Absolution vom Beanismus, die mit der auf den Ursprünglich hatte man bei Errichtung der Schule bloß an LehrTaufalt anjpielenden Darreichung von Salz und Wein verbunden linge gedacht; taum aber nahte der Plan der Verwirklichung, so Ivar. Im Beginn des 16. Jahrhunderts fanden ähnliche Ge- äußerten nach einer Mitteilung des Herrn Köbike in den„ Denkbräuche, wie sie von den Handwerkern schon lange geübt würdigkeiten der Mark Brandenburg" vom Jahre 1799- auch viele wurden, Eingang bei der Deposition: mit allerlei unförmlichem Handwerkergesellen den Wunsch, an diesem Unterrichte teilzunehmen. Handwerkzeug aus Holz, mit Beil, Säge, Hobel und dergleichen Sie bedauerten aber, daß dieses für sie unter einer Anzahl von wurde der Bean bearbeitet, um ihn in eine menschenwürdige Form Lehrburschen nicht wohl angehe."" Um nun," fährt S. fort,„ den zu bringen. Die Abnahme oder Ablegung( daher der Name depositio) unsch dieser guten Leute, dieser Gesellen, von welcher Profession der Bachantenhörner und die feierliche Absolution bildeten stets den sie auch find, zu befriedigen, bin ich entschlossen, ihnen in meiner Kernpunkt der Handlung. Die Absolution entsprach genau dem Wohnung des Abends von 7-9 Uhr 1. im Lesen, 2. im Schön- und heutigen Reife- Examen; es ist daher verständlich, daß sich die Richtigschreiben, 3. im Rechnen und 4. im Aufsetzen der RechUniversität durch einen von ihr angestellten Depofitor und durch nungen, Quittungen, Briefe usw. Unterricht zu erteilen. den Dekan der philosophischen Fakultät offiziell beteiligte. Aus der sich soviel Gesellen als Teilnehmer finden, wie bei reichhaltigen Litteratur über diesen Brauch, die mit einem in Heidel- gedachter Sonntagsschule, ist die Bedingung für den Unterricht jener berg 1487 entstandenen, in fünf Drucken erhaltenen Manuale gleich." Es fanden sich in der That so viel", und wie man in scholarium beginnt, hat besonders eine Schrift von Professor einer späteren Notiz liest, fonnte die Sonntagsschule mit 26 LehrJohannes Dindel( 1569) Interesse, die zwar ein Plagiat nach einer lingen, der Montagsunterricht mit 28 Gefellen eröffnet werden. Als älteren Quelle ist, aber doch in vier Holzschnitten die ältesten bildlichen Lehrer wirkten neben Köbite die Herren Engel und Heinzelmann Darstellungen enthält. Diese sind sehr charakteristisch: Man sieht den vom Schindlerschen Waisenhause, die sich erboten hatten, unentgeltEinzug des vermummten Depositors mit seinen vermummten Ge- lich Unterricht zu erteilen". Buchhändler schenkten der Anstalt die hilfen( Studenten), die das Werkzeug tragen und den gefesselten nötigen Unterrichtsbücher, einige Buchbinder erboten sich, die geBean mit sich führen. Dem Bean hängt ein unförmlicher Rosenkranz schenkten Bücher unentgeltlich zu binden. Von anderer Seite flossen am Arme. Das zweite Bild zeigt, wie dem Bean die Bachanten ihr reiche Geldmittel zu; vor allen zählte der Freund Lessings, hörner mit einem mächtigen Schleifstein abgeschliffen werden, dann der Buchhändler Nicolai in der Brüderstraße, zu ihren eifrigsten wird er mit der Art behauen, mit der Zahnzange wird ihm das Förderern. Ausziehen des Bachantenzahnes angedroht; schließlich wird er geAnthropologisches. hobelt. Säge, Zirkel, Benual und Tintenfaß, die ebenfalls zur Veration ss. Rassenfrankheiten. Nicht alle Menschen sind fülr -dienen, liegen dabei. Auch„ poetisch" ist der Brauch verherrlicht worden, die verschiedenen Krankheiten gleich empfänglich. Diese Thatsache
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