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Vorwärtsdrängen charakteristisch. Der Schulgang" und ebenso das den geheimen, noch nicht ertappten politischen Verbrecher. Sowohl andere Bild aus der letzten Zeit, auf dem Bauern unter einer innerhalb der Hochschule selbst, als auch im Privatleben wird Baumallee zur Kirche gehen, ist von einer Frische, wie man sie jeder seiner Schritte heimlich beobachtet. Die Studenten­bordem doch nicht bei ihm gekannt hat. Es sind wieder dieselben wohnungen", in welchen viele Jünglinge zusammenleben, stehen Vorzüge, durch die sich dieses Bild auszeichnet: die Luft- beständig unter einer beinahe offiziellen Aufsicht der malerei" und die frische Farbengebung. Reizvoll ist der Blick, der Polizei. Haussuchungen, Verhaftungen, spurloses Verschwinden über die roten Dächer des Dorfes zur linken Seite hinstreift, aus sind dort beinahe die Regel. Es ist also begreiflich, wenn beim deffen Schornsteinen zitternd weißer Rauch gegen den lichtglänzenden geringsten Anstoß die Wogen überschäumen und eine Bewegung, Himmel aufsteigt. Einige Bastelle geben Proben von Liebermanns welche aus rein lokalem Grunde an irgend einer Hochschule be Kunst, einförmige, große Dünenlandschaften, auf denen schwer ein- gonnen hat, in wenigen Tagen im ganzen Reiche wiederhallt und, tönig grauer Himmel lastet, in großen Zügen zu malen. Auch in wie im jüngsten Falle, beinahe 35 000 Studenten ergreift. einer Federzeichnung ersteht in wenigen kräftigen Strichen ein ähn- Während der letzten Unruhen haben z. B. in der Universität liches Bild. Moskau die Universitätsdiener oder die Pedelle" eine recht maß­Die moderne Landschaftsmalerei ist bei dieser konsequenten Fort - gebende, leider sehr traurige Rolle gespielt. In früheren Zeiten bildung nicht stehen geblieben. Es sind andere Tendenzen auf eine ganz untergeordnete Stellung einnehmend, darauf angewiesen, getreten, die von dem geraden Wege ablenkten. Der Münchener in den Räumlichkeiten zu kehren und zu fegen, diese in Ordnung zu Ludwig Dill mag als Typus für die anderen Ziele gelten. halten, Röcke und Paletots den Professoren und Studenten zu Gegenüber dem Waisenhausbilde Liebermanns hängt eine feiner reichen, sind sie an Ansehen und Bedeutung infolge des jetzt herrschen­Landschaften: zwischen erhöhten Ufern zieht sich ein schlammiger, den Spionagesystems recht bedeutend gewachsen. Sie werden grüngelber Fluß hin, ein paar Laubbäume stehen mit ihren stumpf- jetzt nicht nur in den unteren Räumen der Hochschulen, sondern in grünen Kronen gegen den breiten, lichtgelben Streifen des den Hörsälen selbst aufgestellt und zu Vormündern und Censoren Abendhimmels. Die Luft ist ist dicker, schwerer als auf der Studenten gemacht. Sie sind verpflichtet, zu spionieren, zu Liebermanns Bildern, sie schwebt fast sichtbar wie ein lauschen und über alles zu berichten. Die meisten Bedelle stehen unendlich zarter Schleier die Dinge. Das ganze außerdem im Dieste der geheimen Polizei. Sie führen Notiz bücher bei sich mit dem Namensverzeichnis der Studierenden. Fast jeder der Studenten, vor dessen Namen sie während der letzten Bewegung ein Kreuz machten, iar verloren, wurde am frühen Morgen aus dem Bette geholt, aus der Stadt verwiesen, oder was noch schlimmer war, er verschwand ganz plötzlich, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Wer vorsichtig und wohlhabend genug war, um stets gute Trinkgelder unter den Bedellen zu verteilen, wurde fast immer in Ruhe gelassen. Dies erklärt auch zur Genüge den Umstand, warum manche Studenten, die ziemlich regen Anteil an den Unruhen der Hochschulen genommen hatten, von jeglicher Strafe verschont geblieben sind, wogegen wieder andere, fleißige junge Leute, die politisch vollkommen rein waren, aber das Ver­teilen von Trinkgeldern principiell nicht mit ihrem Gewissen ver­einbaren konnten, sich also nicht lostauften, gemaßregelt worden find.- Litterarisches.

Bild ist in einem grünlich gelben Ton gehalten, aus dem sich die Fülle der einzelnen Farben nur wenig heraushebt. Die Wirkung ist fast allein auf diese Farbennuancen, auf die Schönheit des Grund­tones und seiner Abwandlungen gestellt. Nicht mehr als das traft­volle Abbild des Lebens steht das Bild vor uns, sondern es wirkt wie ein verwehtes Echo, das von fernen Tönen herüberflingt.

Auch Ludwig Dill , von dessen schwermütigen Landschaftsbildern wir schon früher zu sprechen Gelegenheit hatten, hat nicht so be gonnen; auch er hat zuerst scharf geprägte Ausschnitte aus Der Natur gemalt, wenn auch diese schon seine Hinneigung zu schönen weichen Farben erkennen ließen. Aber die koloristische Durch­bildung, die der moderne Maler bei seiner Art die Natur auzu­schauen erfährt, hat bei ihm die Farbe zum selbständigen Princip werden lassen. Das landschaftliche Motiv ist ihm nur Träger der Farbenstimmung, deren volle Entfaltung sein Ziel ist. Ein neues Harmoniegefühl hat sich entwickelt, das über eine Fülle von Nuancen gebietet, wie keine Malerei vor der modernen. Und eine Feinheit der Empfindung knüpft sich an die leisesten Unter- c. Victor Hugos Manuskripte sind bekanntlich durch schiede, daß die Nuance genügt, reiche und tiefe Gefühls- sein Testament vom 31. August 1881 der französischen National­werte auszulösen. Kein Zweifel, daß die moderne Malerei bibliothek überwiesen. Bis jetzt sind bereits 34 Bände dort nieder­hierin ihr wesentlichstes Unterscheidungsmerkmal gegenüber früheren gelegt, und das ist nur ein Teil des Schayes, der später noch vers Epochen sieht. Kein Zweifel aber auch, daß für eine Kunst, die vollständigt wird. Gerade diese Manuskripte liefern, wie Paul und sich vor allem auf solche, durch eine lange und ernste Stultur Victor Glachant in einer Studie in der Nevue de Paris" ausführen, entwickelte Werte stützt, die Gefahr droht, nicht verstanden zu werden, einen außerordentlich wertvollen Beitrag zu der Charakteristik des und für die Künstler, einsam zu bleiben, eine Gefahr, die von Dichters. Ihr Aussehen kennzeichnet den ungeheuren Fleiß, den Victor allen Stünstlern trog vielen Geredes! doch am schwersten Hugo auf seine Dichtungen verwendet hat, wie er sich nie gemugthun konnte, ertragen wird. -hl. bis er die rechte Form gefunden zu haben glaubte. Zahlreiche Rand­bemerkungen imd Notizen auf der Rückseite der Blätter, sowie auf angefügten Blättern lassen die Entstehung und den allmählichen Fortschritt der Arbeit in Komposition und Stil erkennen. Man famt verfolgen, wie ein Bild im Kopfe des Dichters entsteht, wie es sich befestigt und weiter entwickelt, wie die Idee sich erweitert oder kondensiert wird, wie sie schärfer bestimmt wird und sich abklärt, bis sie zu ihrem adäquaten Ausdruck gelangt. Es ist zu sehen, wie aus dem ersten Entwurf, den dem Dichter seine lebendige Phantasie inspiriert hatte, unter einer sorgsamen Feile langsam das Werk er­steht. Völkerkunde.

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Kleines Feuilleton.

- Aus dem russischen Studentenleben. Der Frankf. 3tg." schreibt man in einem Feuilleton- Artikel, der sich mit den Ursachen der oft wiederkehrenden Studentenunruhen in Rußland beschäftigt, 11. a. das Folgende: Bei der geringen Anzahl von Hochschulen und den großen Entfernungen des ausgedehnten Reiches fehlt bei den meisten russischen Studenten der Rückhalt an der Familie vollständig. Die Mittelschulen, die Klassischen Gymnasien oder Realschulen find gewöhnlich noch unweit der Wohnfige der Familien gelegen, sodaß u. Selbstmord aus Nache. In der Selbstmord die Kinder die Fühlung mit dem Elternhause nicht verlieren. statistik findet man als Ursachen des Selbstmords angegeben: Wenn aber ein Jüngling studieren will, so muß er in die Residenz Liebe, Kummer, verletzten Ehrgeiz, geistige Niedergeschlagenheit oder in eine der größeren Städte, wo sich Universitäten befinden, u. dgl. m., aber es dürfte wohl bei den als Kulturvölfer bezeichneten ziehen, und hier befigt er gewöhnlich weder Verwandte noch Freunde. Völkern kaum vorkommen, daß sich jemand selbst das Leben nimmt, Was Wunder also, wenn er seine Landsleute, Schüler derselben um an einem anderen für erlittene Unbill Rache zu nehmen; Provinzial- Gymnasien zc. aufsucht, sich ihnen enger anschließt und gerade dieses Motiv ist jedoch bei vielen Völkern verbreitet. bald ein beständiger Teilnehmer ihrer Versammlungen und Zu die man eigentlich nicht als Naturvölker bezeichnen darf, fammenfünfte wird! Ans diesen Versammlungen von Landsleuten da fie eine recht hoch entwickelte, went auch von der haben fich allmählich Landsmannschaften( russisch: Semljatschchestwo) unferit start abweichende Kultur befizen. Dies gilt namentlich Herausgebildet, deren Mitglieder fest zu einander halten, Vertrauens von den Hindu. Dort kommt es oft vor, daß Hindufrauen sich aus männer wählen und denselben eine kleine Unterstützungskasse anver- Rache den Tod geben, da sie die Ueberzeugung haben, daß sie nach trauen. Statt nun solchen Organisationen geordnete Statuten zu ihrem Tode diejenigen, welche zu dem Selbstmord Anlaß gaben, geben, fie offiziell zu gestatten, die Versammlungen öffentlich abhalten evig heimsuchen und plagen werden. Sogar von einer in jehr aus zu lassen, hat man sie polizeilich verboten. Beim Eintritt in die Hoch- gedehnten Gebieten verehrten Dorfgottheit, mit Namen Dubeb schule hat jeder Student einen Revers zu unterschreiben, daß er zu hayharan, wird ähnliches erzählt. Dieser Dubebhahharan war bei teiner solchen Verbindung gehört. Sobald Unruhen aus irgend einem Lebzeiten ein Bramine von Kanodsch; auf seinen Grundstücken baute Grunde ausbrechen, werden die Wahlmänner der Studenten am sich Abhi- Bam ein Khatria Radscha, das heißt eine Ortsobrigkeit. härtesten gestraft. Troz aller polizeilichen Verbote haben sich diese ein Haus; um sich dafür zu rächen, schlitzte sich der Brahmine den Verbindungen aber dennoch erhalten und sogar weiter entwickelt. Bauch auf, wurde dadurch ein Dämon und blieb seitdem der Sie existieren auf fast allen Hochschulen des Reiches und haben Schrecken des ganzen Distrikts. Namentlich soll er alle schatrias beständige Fühlung mit einander. Sie verfolgen aber keine politischen vertilgt haben. Die Furcht, jemand zum Selbstmord zu treiben und Ziele und werden in normalen Zeiten sowohl vom Rektorat, als dann ewig von ihm gequält zu werden, ist so groß, daß schon die auch von den Professoren stillschweigend anerkannt, da ihre guten bloße Androhung oft hinreicht, gewisse Ziele zu erreichen. Als der Seiten sich doch nicht verleugnen lassen. Radscha von Rewa die Vollziehung des Ehebündnisses, das zwischen Das Leben eines russischen Studenten ist gewöhnlich ein seinem Sohne und der Tochter Hammam Singhs, Radichas von trauriges. In den meisten Fällen arm auf harte Arbeit, Privat- Dharupur, verabredet worden war, zu hintertreiben versuchte, stunden und magere Stipendien angewiesen, findet er in der fremden sammelte der legtere 100 entschlossene Brahminen und begab sich Stadt weder Hilfe noch Stüge. Die Polizei wittert in ihm stets mit ihnen nach der Stadt Newa , wo die Brahminen vor des Radscha

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