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Die Durch Affens Wüffen S

Staub vertrockneten schon längst heruntergeschüttelt. Mittage brachten noch warmen Sonnenschein, aber die Morgen und Abende waren schon kühl.

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Es wimmelt von eleganten Damen, es duftet nach Parfüm und Puder. Raschelnde Seidenröcke auf den Treppen; vor den Spiegeln geschnürte Gestalten, die sich äugelnd hin und her biegen und mit wohlgepflegten Händen an der Frisur zupfen. Ganz junge Herren, ein wenig nachlässig gekleidet, fozu sagen künstlerisch, spazieren umher mit blasierten Mienen, blassen Gesichtern und provozierenden Blicken. Aeltere, wohl beleibte, stehen in Trüppchen beisammen, mit kritischer Miene den Fall besprechend. Alte schleichen herum, reiben sich die Hände und mustern die Damen.

I.

Im Tempel der Musen war geheizt; Treppen, Gänge, find cs, in die der Drang zur Erforschung des Unbekannten den Nicht nur die eisstarrenden Gegenden des Nord- und Südpols Garderoben, Zuschauerraum, alles durchweht von der gleichen Menschen mit unwiderstehlicher Macht hinzieht; auch in der alten Welt, in laulichen Atmosphäre, die sich dem Eintretenden an Leib und den Erdteilen, in denen schon vor vielen tausend Jahren eine Kultur heimisch Seele schmiegt wie ein weiches Seidenhemd. Man dehnt die war, in Afrifa und Asien , harren noch große Teile der näheren Er­Glieder bequem und wird faul dabei man mag gar nicht forschung. man mag gar nicht forschung. Vor dreißig und zwanzig Jahren bestand auf unseren mehr denken. Landkarten der größte Teil Afritas noch aus einem großen, voll­ständig leeren Fleck, der unsere völlige Unkenntnis über diese weiten Gebiete verriet. Das ist ja in der letzten Zeit anders geworden. Wenn wir heute eine Karte Afrikas zur Hand nehmen, so finden und Gebirgen durchzogen, und nur verhältnismäßig kleine Stellen find wir das Innere schon sehr stark mit Nanten befeht, sowie von Flüssen es, die sich der Erforschung noch unzugänglich zeigten. In dem größten Erdteil dagegen, in Asien , der Wiege des Menschengeschlechts, finden wir noch weit größere unerforschte Stellen. Die Wüste Gobi z. B. zeigt uns einen solchen leeren Fled auf der Karte, der einen Raum einnimmt, größer als Deutschland und Frankreich zusammen genommen. Und dies ist nicht die einzige unbekannte Stelle in Asien . Das Hochland von Tibet , das höchste Land der Erde, ist in gewaltiger Ausdehnung nicht nur von keinem Europäer, sondern überhaupt noch von keinem Menschen betreten worden. Nordwestlich davon, südwestlich von der Wüste Gobi , zieht sich das Hochland von Man fängt nicht pünktlich an, aus Rücksichten auf das Turkestan hin, in welchem ebenfalls ein großes Gebiet noch der Er­Publikum. Im Foyer ist das Gewoge undurchdringlich! forschung harrt. Im Norden wird es von dem hohen Gebirge Thien Schan ein Gesurr, ein Gesumm. Im Parquet flappen unaufhörlich begrenzt, an deffen Südabhang der durch die vom Gebirge kommenden die Size, ganze Reihen erheben sich, um einen Spätkommen Zuflüsse gespeiste Tarim entlang fließt, der sein Ende in dem rätsel­den durchpassieren zu lassen. In den Logen find noch viele haften See Lop- nor findet; südlich vom Flugthal des Tarim dehnt leere Fauteuils, da kommt man zu allerlegt; da nimmt man sich wieder eine weite sandige Wüste aus, ein Sandmeer, in welchem crst Platz im Moment, wo der Vorhang aufgeht, man fit fammenfegt, die wie Wellen in dem weiten Meere stehen. Im der Wind den Sand zu hohen Dinen, bis 60 Meter Höhe, zu dann wie hingeweht, und das Publikum hat den überraschen Süden der Wüste bringen vom Küen- Lün- Gebirge her zahlreiche Flüsse den Anblick. Neueste Erfindungen der Mode, weiß, in das Sandmeer ein; doch vermögen sie teine andauernde Bewäffe­schwarz, alle Farben des Regenbogens, große Hüte, rung und Befruchtung hervorzubringen, sondern sie schneiden nur fleine Hüte, Spißen, Pelz, Federn, Blumen, echte schmale, nach Norden gerichtete grüne Thäler in die Wüste hinein, Steine. Man richtet das Opernglas, sieht hinauf und die sie jedoch nicht zu durchdringen vermögen, vielmehr verrinnen, hinunter, neigt das Haupt, die Damen bewegen die von dem ungeheuren Sandmeer erstickt. Nach dieser Wüste Takla- Makan , die nordöstlich vom Lop- nor

Ein buntes Durcheinander. Und Wagen auf Wagen fährt vor, immer neue Erscheinungen tauchen auf.

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Fächer, die Herren die behandschuhte Rechte. Das ist ein in die Wüste Gobi übergeht und daher häufig als ein Teil der­Sichertennen, ein Sichgrüßen; man hat sich den langen selben mit demselben Namen bezeichnet wird, zog es den Sommer nicht gesehen, und ist vergnügt, sich hier zu treffen schwedischen Forscher Dr. Sven Hedin , als er im Oktober 1893 aus auf dem Schlachtfeld. Und auf der Bühne rollt sich ein seiner Heimat Stockholm aufbrach, um unbekannte Gebiete Ajiens zu Menschengeschick ab, schlecht und recht. erforschen.

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Wlodzimira Starzynska hatte aufregende Wochen hinter fich. Sollte man's glauben- diese Schauspieler?! Steiner wollte spielen! Die Heroine, Fräulein Maschka, hatte dem Direktor eine böse Scene gemacht, und da Schwertfeger, wie man behauptete, petuniär etwas wacklig stand, mußte er seine Leute mit Sammetpfoten anfassen. Diese unverschämite Maschka hatte erklärt, sie würde eine solche Rolle nicht spielen, und sie dem Direktor umgehend zurückgeschickt; Schwertfeger hatte das der wütenden Autorin geklagt und ratlos mit den Achseln gezudt.

Das Interesse war ungemein lebhaft. Alle Zeitungen Zunächst wandte er sich nach dem Dache der Welt", dem Hoch­hatten unermüdlich Notizen gebracht. plateau von Pamir zwischen dem westlichen Teile des Thien- Schan Drei Jahre hatte das Stück auf seine Aufführung warten und den Abhängen des Hindu- Kusch, über den der Weg müssen; zehnmal war es schon angenommen gewesen, wie die zum Industhal und nach Indien führt. Die Grenzen dreier Autorin, Fräulein Wlodzimira Starzynska, erzählte, und Weltreiche treffen auf dem Pamir zusammen; argwöhnisch betrachten die dort das Bordringen Rußlands , immer wieder hatte sich die Aufführung zerschlagen. Es ist und sie haben an den Bässen, die aus dem russischen Gebiet in das zu starrt, viel zu starrt!" sagte sie. Die Dirreftorren haben ihrige führen, verschiedentlich fleine Forts angelegt, in denen je nicht den Mut gehabt!" Nun hatte sich Direktor Schwertfeger einige hundert Mann zur Bewachung der Grenzpässe liegen. Unter endlich entschlossen; für den Beginn der Saison hatte er ein dem Mißtranen der chinesischen Mandarinen, die in ihm einen ganz litterarisches Programm entwickelt. Dies war feine russischen Agenten vermuteten, hatte auch Hedin zu leiden; erste That. doch traf er unter den höheren chinesischen Beamten, mit denen gebildete Leute, welche seinen Forschungen das größte Intereſſe er vielfach in Berührung kam, auch hochsinnige und fein entgegenbrachten und ihn auf mannigfache Weise zu fördern suchten. Auch die Engländer sehen das Vordringen der Russen auf Bamir nicht gern, weil sie von dort das weitere Vordringen nach Indien zu erivarten haben. Sie haben selbst ihre Grenze nördlich vom Hindu­Stusch verlegt, und dort berühren sich jetzt die beiden mächtigen Reiche. Im Sommer 1895 hat dort eine russisch englische Stommiſſion die Grenzlinie festgesetzt, die im September von den verunglückten Wüstenmarsch, von dem gleich die Rede sein wird, beiden Regierungen angenommen wurde. Nach seinem ersten machte Hedin von Kaschgar aus, das bereits auf chinesischem Ge­Wlodzimira lief zu Goedeke wozu hat man denn biete liegt, noch einmal einen Ausflug nach dem Bamir, ivo er Verbindungen? Und siehe da, Fräulein Maschka spielte. mit der Kommission zusammentraf, und den Festlichkeiten, welche Nun aber der erste Liebhaber! Der Mensch entblödete die Vertreter der beiden Nationen nach Beendigung ihrer sich nicht, mit dem Heiligsten Scherz zu treiben. Vor einer Arbeiten einander zu Ehren veranstalteten, beiwohnte. Die -Die der letzten Proben meldete er sich plötzlich krant. Was thun?! mehrfachen Wanderungen Hedins durch Pamir haben die nähere Schwertfeger war in Verzweiflung, nun mußte das Stück Kenntnis des Hochlandes und seiner kirgisischen Bewohner bedeutend noch einmal hinausgeschoben werden, und man saß ihm geben, indem sie ihre Herden auf den Abhängen der Berge weiden. gefördert. Dieses Bergvolt führt im Sommer ein nomadisierendes damit schon so lange auf den Hacken! Auch wurde sein Ihre Nahrung bildet hauptsächlich Schaffleisch und Jockmilch; doch ganzes Programm dadurch umgestoßen. Er schickte direkt von muß ihre Lebensweise troß dieser gar nicht vegetarischen Nahrung der Probe zu Egbert Schoenfließ. Sie bedauere", ließ Frau sehr gesund sein. Hedin traf einen noch räftigen 111jährigen Häupt Schoenfließ sagen, aber ihr Mann könne wirklich nicht wagen, ling, sowie mehrere von 90 und 80 Jahren, die von der Last des das Haus zu verlassen." Alters noch ungebeugt waren.

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" Ausrrede, nichts als Ausrrede!" Wlodzimira war empört. Die Frau läßt ihn nicht spielen, nurr weil es mein Stück ist. Sie ist eifersüchtig! Ich werde ihn holen! Wo wohnt err?" Sie rannte hin.

( Fortsetzung folgt.)

wo

Die größte Erhebung auf Bamir ist die Kette des Mus- tag- ata, die auf chinesischem Gebiete liegt; der Mus- tag- ata, der Vater der Eisberge", erreicht eine Höhe von 7800 Metern, ist also fast doppelt so hoch als der Montblanc, der höchste Gipfel Europas in den Alpent. Mehrmals versuchte Hediu vergeblich, ihn zu ersteigen; die größte

*) Sven Hedin . Durch Afiens Wüsten. Drei Jahre auf neuen Wegen in Pamir , Lop- nor, Tibet und China . Leipzig , F. A. Brock­haus. 1899. 2 Bände.