Strauß der tiefroten leuchtenden Blüten an die Brust.So," sagte er, trat zurück und betrachtete sie stolz.Meine schöne Frau und bald" er lächelte zärtlichmeine berühmte Frau I" Er machte sich und ihr Mut. Ebel hatte das Stück noch nicht gesehen, keiner Probe hatte er beigewohnt; nun harrte er in einer fieberhaften Spannung wie würde es wirken?! Da war kein Zweifel in ihm an dem Können seiner Fran, sein Vertrauen zu ihr war unerschütterlich; aber, er wußte es Wohl, da waren noch viele andere Bedingungen, die mitsprachen: Aufführung, Stimniung, Wetter und so weiter. Die Hitze war glühend; die Menschen schlichen wie matte Fliegen. Lechzte er allein nur so nach einem belebenden Windzug, oder empfanden sie alle gleich ihm die Gier nach erlösendem Lufthauch? Man war so gedrückt, wie niederge- schmettert, unfähig eines Aufschwungs. Elisabeth schien die Hitze nicht zu empfinden; in ihrem festgeschlossenen schwarzseidenen Kleide ging sie neben ihrem Mann hochanfgerichtet, mit großen Schritten. Sie hatte seinen Arm nicht genommen, ein Stück Trottoir blieb frei zwischen ihm und ihr; als ob sie nicht zu ihm gehöre, so nahm sie ihren Weg allein. Es schien ihm, als schritte sie dahin, los- gelöst von der Welt, durch Meilen getrennt von allem übrigen er empfand es schmerzhaft auch von seiner Liebe. Elisabeth l" sagte er und berührte ihr Kleid. Sie drehte den Kopf nach ihm.Aengstigst Du Dich?" fragte sie. O nein," erwiderte er rasch,ich freue mich I" Lebhaft fing er an zu sprechen, während des ganzen Weges; er machte sie auf die Theaterzettel an den Litfaßsäulen aufmerksam da stand ihr Name.So einen hebe ich auf für unseren Jungen I Und alle Zeitungsbesprechungen klebe ich in ein Buch, da soll er sich mal dran freuen, wenn er groß ist!" Sie lächelte, sie verstand wohl, er wollte sie zerstreuen. Jetzt bin ich ganz ruhig," sagte sie,siegen oder" Siegen. Du wirst siegen!" Er preßte ihr heftig die Hand. Im Theater waren sie doch nicht die ersten Besucher. Gleich an, Eingang stießen sie auf Kistemachers; Frau Julie hatte alles vergessen, was sie gegen Elisabeth auf dem Herzen gehabt. Die Autorin l" rief sie laut und lief mit ausgebreiteten Armen auf Elisabeth zu. Sind wir nachher zusammen?" fragte Kistemacher den Gatten.Bei solchen Gelegenheiten ist man doch am liebsten unter Freunden. Wir haben alle unsere Bekannten her- beordert. Ich denke, wir trinken nachher Sekt ich spen- diere ihn l" Du bist doch morgen früh zu Hause, Elisabethchen," tuschelte Frau Kistemacher aufgeregt.Die Kinder haben sich's nicht nehmen lassen, sie haben zusammengelegt zu eineni Lorbeerkranz für Dich. Ich sag' es Dir jetzt schon, damit Du die Vorfreude hast. Mein Mann hat ein paar reizende Verse gedichtet. Gretchen wird sie deklamieren, und Julie überreicht den Kranz. Sie haben sich so darum gezankt." Sie drückte krampshaft Elisabeths Hand.Nein, muß Dir jetzt zu Mute sein l Herrlich, was? Und doch graulich? l" Wir müssen gehen, schon kommen mehr Leute." Ebel sah. wie peinlich seiner Fran dies Gespräch war.Komm", sagte er. Viel Glück k Na, Ihr werdet uns klatschen hören! Auf Wiedersehen nachher Ii Wir klatschen Dich heraus!" Frau Julie drehte sich noch einmal um und rief das letzte Elisabeth nach. Komm!" Hastig, wie auf der Flucht, riß Elisabeth ihren Mann mit sich fort. Jetzt saßen sie in der kleinen, dunklen Orchesterloge wie in einem Käfig; ganz hinten. Ab und zu nur trat Ebel an das vergoldete Gitter und spähte in den Theaterraum. Flüsternd wendete er sich zu seiner Frau zurück:Eine Masse Menschen da,- auch bekannte Gesichter I Maier jetzt habe ich Heider entdeckt, er nickt, er weiß, wo wir sind da ist Maria Ritter im ersten Nang sitzt Frau von Lindenhayn, Alinde Rosen nicht weit davon, sie hat ein paar Offiziere hinter sich. Da ist auch Volten da Frau Widmann und noch einige andere!" Elisabeth fragte nicht, und Ebel sagte es ihr auch nicht da saß in der Mittelloge Eisenlohr, das klassische Profil war etwas scharf geworden, das lockige Haar über der Dichterstirn hatte sich bedenklich gelichtet; rechts von ihn: Frau Eleonore Mannhardt der Gatte lehnte hinter ihrem Fautenil und links Wlodzimira Starzynska, wie eine Braut schlohweiß ge­kleidet. Die Gruppe erregte viel Interesse, immer wieder richteten sich die Operngläser dorthin. Merkwürdig, trotz der Hitze hatte sich das Publikum zahlreicher als sonst eingefunden. Man hatte zwar gestöhnt, war übler Laune, schalt über die Idee, sich jetzt ins Theater zu sperren, aber man war doch gekommen es galt ja eine Premiere I Der würde dort sein und die und dann, man mußte doch mitsprechen können! Man hatte sogar die Sommerreise noch um einen Tag verschoben. Die Blicke waren geschärft, die Zungen gewetzt wie blanke Messer. In dem großen Hause ein fortwährendes Gesumm und Gebrumm, durchsetzt von dem ungeduldigen Scharren der Füße und dem Knittern der Theaterzettel. Die Lust stand, dick zum Schneiden. I i$er Anfang verzögerte sich. Hinter den Kulissen hatte eine heillose Verwirrung geherrscht. Die Statisten, die un­erläßlich notwendigen Statisten für den zweiten Akt, die sonst immer schon eine Stunde vor Beginn da zu sein pflegten, waren heute noch nicht erschienen. Man wartete und wartete; endlich zeigte sich einer. Er erklärte, die andern kämen nicht; sie hätten ihr Spielhonorar vom letztenmal noch nicht gekriegt, nun hätte sich ihnen für heute etwas anderes geboten, da zögen sie das sichere vor. Wadler wütete.Das Pack, das gottverfluchte, geldgierige Pack I Was ist denen die Kunst?!" Der Direktor verlor ganz die Haltung, er warf verlangende Blicke nach der Thür. Wadlcr schickte eilig herum, er ließ aufgreifen, was man fand: den Kellner aus dem Restaurant, der würde ganz gut den stummen Gast, den Offizier auf Urlaub, darstellen; und die beiden Dienstmädchen von drüben würden heute schon mal als die aus der Residenz zugereisten Damen passieren müssen. Das übrige Volk, ein paar Bauern und Kinder, waren leicht zu beschaffen; was noch fehlte, ließ man ein­fach weg. (Fortsetzung folgt.) (Nachdruck verboten). Aach   dvviMg Fahvvn. Von I. Ricard. (Schluß.) Der Unbekannte zog leicht die Stinr zusammen, biß mit nervöser Bewegung auf seinen blonden Schnurrbart, als wenn ihn ein hestiger Zorn quälte, dann wurde er wieder ruhiger, holte seine Brieftasche hervor, nahm einen Stoß Bankbillcts heraus und warf sie mit den Worten auf den Tisch: Tausend Louis I" Der Bankier und er kreuzten einen Augenblick die Blicke; ein unerklärliches Unbehagen hatte sich des Herrn Gantrey be­inächtigt. Er gab Karten und schlug von neuem eine Neun. Mit tvahrer Angst erhob er jetzt den Kopf zu den» jungen Manne. Dieser fixierte ihn mit einem Ausdruck bösen Leidens im Gesicht, und seine Auge» hatten einen Strahl des Hasses, der Herrn Gantrey das Herz erbeben niachte. Und doch hatte er seit dreißig Jahren oft Gelegen­heit gehabt, verzweifelte Spieler vor sich zu sehen. Er hätte mit dem Unbekannten gern gesprochen. Doch waS sollte er ihm sagen? Im nächsten Augenblick hatte sich der junge Mann heftig aus der dreifachen Reihe der Spieler gedrängt und war verschwunden. Herr Gantrey verließ bald die Partie und machte sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Fremden. Er fand ihn nirgends; und in dieser Nacht schlief Herr Gantrey sehr schlecht. Am nächsten Tage fragte er ängstlich, ob»lau nicht von einem neuen Selbstmord in der Stadt spräche, und es war ihm eine Er- leichterung, daß nieniand davon etlvas gehört hatte. Er wanderte durch alle Hotels und erkundigte sich bei den Croupiers und den Stammgästen, ob man nicht den jungen Mann kenne, der am vorigen Abend mit zwei Schlägen 30 000 Francs an ihn verloren hatte. Doch er konnte nichts erfahren, und eine gewisse quälende Unruhe blieb in ihm zurück. Als er wieder nach Paris   zurückgekehrt war, ließ er von der Polizei Nachforschungen anstellen und übergab den Beamten, um sie auf die Spur zu leiten, die Photographien seines Sohnes. Diese geheimnisvolle Persönlichkeit hatte sich jetzt in seinem Innern ein­genistet und nahm sein ganzes Leben in Anspruch. Doch man fand nichts. Herr Gantrey machte die lebhaftesten Anstrengungen, sich dieser Qual z» entledigen; es gelang ihm nicht. Vergeblich sagte er sich, daß bei dieser wunderbaren Achnlichkeit nichts weiter als ein Zufall obwalte; er dachte unaufhörlich an den jungen Menschen, und eine dumpfe Furcht, die er sich nicht erkläre» konnte, wollte nicht von ihm weichen.