Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 168.

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Dienstag, den 29. August.

( Nachbruck verboten.)

1899

und erflehten die Segnungen des Himmels für die königliche Familie. Das große London Hospital prahlte mit der großen Joseph Conen. Bahl seiner Patienten, und die großen Brauereien waren mit Roman von John Law . Aus dem Englischen von J. Cassierer rotem Tuch und Goldpapier überreich geschmückt. Jos be­gleitete Polly bis zu ihrem Hause und dort wartete er. Wir wollen von diesen schrecklichen Leuten weg gehen", Wohl möglich, daß er glaubte, man würde ihn zum fagte Polly. Sie sprechen gottloses Zeug. Komm' weiter Abendbrot einladen, denn er blickte durch das Fenster Jos." auf Mrs. Elwin, die Polly erwartete. Das Fleine Wohn­zimmer erschien recht einladend. Der Tisch war mit einem weißen Tuche bedeckt, und auf ihm standen Brot und Butter, Salat und Brunnentreffe, Garneelen und die Thee­maschine. Oft hatt Jos mitgegessen, und noch vor ein paar Wochen würde ihn Mrs. Elwin aufgefordert haben, dazu­bleiben, heute aber streichelte sie ihre Staße und schien gar nicht bemerken zu wollen, daß er draußen stand.

,, Schön, ich hätte Ihnen zwar noch ganz gern zugehört". antwortete os." Ich mache mir nichts aus dem Burschen mit seinem Latein und Griechisch, aber ich halte von dem Kerl mit der Fahne mehr. Erinnerst Du Dich noch auf ihn, Polly, derjenige in der Menge gestern, der da sagte, die Königin sollte lieber uns was zu Essen oder sonst was geben, als daß sie erlaubte, daß die Leute ihretwegen so viel Geld ausgäben."

" Ich habe immer sagen hören, daß wir Methodisten strenger sind als die Leute, die sich zur Hochkirche bekennen", bemerkte Bolly. Wenn Du willst, kannst Du ja dableiben; ich darf nicht."

Ich hab seine Adresse". fuhr Jos fort, ohne auf Pollys Bemerkung einzugehen.

,, Du willst ihn doch nicht etwa besuchen?" is Kann sein, kann auch nicht sein."

,, Da kann nicht viel Gutes herauskommen, wenn Du Dich mit solchen Leuten einläßt", bemerkte Polly. Horch, drüben singen sie Chorale, wir wollen zuhören."

Adieu," sagte Polly, indem sie ihm die Hand reichte und die Augen niederschlug.

,, Adieu!" antwortete Jos.

Sie trat in das Haus, während er die Straßen entlang Schlenderte. Den Hut zur Seite gefeßt und die Hände in den Taschen pfiff er ein Liedchen vor sich hin. Endlich kam er zu einem kleinen Hause in einer engen Straße, das eine schmußige Hausthür und zerbrochene Fensterscheiben hatte. Er trat ein, und eine enge, dunkle Treppe führte ihn in seine Kammer. Hier öffnete er einen Schrank, und als er nichts darinnen fand, schlug er seine Thüren heftig zu. Ein halbes Brot lag auf dem Tisch, und er schnitt sich davon ein Stück Jos sah aufmerksam auf sein schönes Liebchen. Dieses mit seinem Taschenmesser ab. Auf seinem Bette sigend ver­aber hatte die Augen niedergeschlagen, so daß sie seinen Blick zehrte er die Kruste, die er vom Brot getrennt hatte, aber so nicht bemerkte. Er wandte sich lächelnd ab und folgte ihr langsam ging es, als ob das Kauen für seine Zähne zu schwer zu einer Gruppe von Frauen und Kindern, die ein Harmonium wäre, und er es gar nicht hinunter bringen könnte. Während umstanden. Im Weitergehen sah er auf die im Grafe liegen- er, sah er sich im Zimmer um, das so klein war, daß er den Männer, einige schliefen, andere waren wach; alle aber beide Wände berühren konnte, wenn er in der Mitte stand, und waren mehr oder weniger zerlumpt. Diese schienen bereits so finster, daß er vom Fenster aus nicht bis zur gegenüberliegenden mit der Welt vollständig abgeschlossen zu haben, sie fümmerten Wand sehen konnte. Das Zimmer wimmelte von Fliegen, sich nicht um das, was um sie vor ging und sie schienen froh und auch beim Essen flogen sie ihm ins Gesicht. Kein Buch, zu sein, daß sie wie ein Stück Holz auf dem Boden liegen fein Bild war im Zimmer, nur kahle Wände, und ein kleiner konnten. Sie bildeten einen Gegensatz zu den Leuten, die Tisch, von dem ein Fuß fürzer war als der andere. In der geistliche Lieder fangen, zu den Männern und Frauen, die, niedrigen Bettstelle lag eine Strohmatraße und eine schmutzige unter den Bäumen liegend, den Reden zuhörten und zu der Decke. Voller Ekel sah Jos nach der gegenüberliegenden Menge, die bei der Musik stand. Jos sah die Leute nicht gern an. Wand. Dann steckte er sich eine Pfeife an und trat ans Es war ihm so, als seien sie aus Reih und Glied gefallen und wäre das gesamte Heer über sie hinweg marschiert, ohne weitere Notiz von ihnen zu nehmen, ohne zu forschen, wes. wegen sie entgleist seien, und ohne sich zu bekümmern, was denn aus ihnen werden sollte.

., Wie spät ist es?" fragte ihn Polly. " Ich habe keine Uhr bei mir", antwortete Jos und in feiner Stimme lag ein Ton von Bitterkeit.

"

Ach entschuldige, ich vergaß ganz. Ich denke, es ist jetzt Seit für mich, nach Haus zu gehen; ich darf nicht zu spät zum Gottesdienst kommen."

" Sei doch nicht albern", sagte sie furze Zeit darauf zu ihrem Liebhaber, als er sie zu küssen versuchte. Schließlich ließ sie es aber doch geschehen. Langsami gingen sie dem Ausgange des Parks zu. Er würde gern den Abend mit ihr im Park verbracht haben, Polly bestand indessen auf ihrem Willen. Sie meinte, die rote" Pferdebahn würde schon au der Ecke warten und sie müßten sich daher beeilen. Sie war ein wenig böse auf Jos. Er hatte ihr heute gar nichts an­geboten, nicht einmal eine Tasse Thee oder eine Flasche Ingwerbier. Früher war es anders, da war er freigebig ge­wesen und hatte sie mit allem Möglichen bewirtet. Das machte sie sich aber nicht klar, daß jetzt sein Geld zu Ende fein mußte, ja daß er so gut wie gar feins besaß, wollte ihr nicht einleuchten. In ihrem Geiste schätte sie Jos in dem Maße, in dem er ihr Liebes und Gutes erwies. Sie betete: Ach, lieber Gott, laß Jos Arbeit finden, damit er mich heiraten kann."

Fenster, von dem sich ihm ein Blick auf Dächer und Schorn­steine bot. Auch eine abgemagerte schwarze Staße, die zwischen Biegeln und Schieferplatten fümmerlich ihr Leben fristete, be­fam er zu sehen. Jos schob seinen Hut zurück, stemmte die Ellbogen auf das Fensterbrett und schaute schwermütig auf die umliegenden Dächer. Kirchen- und Kapellenglocken flangen, und unter den Stimmen dieser Glocken glaubte er auch den Wiederhall von Gloden zu hören, die er nicht gekannt hatte zu einer Beit, die in Wirklichkeit noch gar nicht so lange zurüdlag, eine Zeit, die seinem Gedächtnis aber fast schon entschwunden war, eine Zeit, in der seine Lage sich von seiner gegenwärtigen unterschied wie das Licht von der Finsternis. Er sah, wie der Nauch aus seiner Pfeife aufstieg und sich in der Luft zu Ringen fräuselte, und dabei mußte er an die Jahre denken, an die ihn die Glockentöne erinnert hatten, an die Jahre, die er auf dem Lande verlebt hatte.

IV.

Es ist nicht gut für mich, wenn ich den ganzen Abend hier size," sagte nach einer Weile Jos zu sich. Ich fann aber doch bei hellem, lichtem Tage noch nicht in die schmutzigen Decken triechen. Das Beste ist wohl, ich besuche' mal den Mann von gestern."

Er zog aus seiner Tasche ein Blatt Papier und warf einen Blick darauf. Dann klopfte er die Asche aus seiner Pfeife, fette seinen Hut grade und ging hinunter. Unten auf der Straße zeigte er einem Schußmann, der zufällig in der Nähe des Hauses stand, das Stückchen Papier . Der Schußmann las die darauf stehende Adresse und wies ihm die Richtung nach Ratcliffe Highway.

Auf dem Verdeck der roten Pferdebahn fuhren sie nach der Cannonftraße zurück. Sie fuhren zwischen Guirlanden bon Papierblumen, Fahnen und Bannern, die Whitechapel ein Ich bin neugierig, ob es noch lange so warm bleiben so heiteres und glänzendes Aussehen gaben, als wäre es eine wird", sagte Jos während des Gehens zu fich. Ich erinnere Stadt des Kontinents gewesen. Ueber Berkaufsläben an- mich nicht, daß wir jemals wie in diesem Jahr einen Sommer gebrachte Inschriften begrüßten die Kaiserin- Königin, über- ohne Frühling gehabt hätten."

schütteten den Prinzen von Wales mit frommen Wünschen I Dann richteten fich seine Gedanken auf den Mann, dessen