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Den stärksten Beweis aber geben die- eigentlichen Phantaste" Ver- Schöpfungen selbst.

Aber hier war der Tod und wartete auf sie. Eine neue Note wurde von ihm angeschlagen zweiflung" ist ihr Name und ihr Text lautet: Es giebt keinen Anfang und kein Ende; alle Dinge sind, wie sie sein müssen." Belten drehen sich um die Sonne. Die Sonne und ihre Planeten drehen sich um Schwester- Sonnen. Das unge heure und undergängliche Weltall   dreht sich um sich selbst. Ewiges Leben, ewiger Tod! Alle Dinge gleichen sich, nur ihre Gestalt ist verschieden. Nichts ist unveränderlich, alles wechselt seinen Ort. Diesen tödlichen Lärm aufgeben, heißt dem Bewußtsein entsagen."

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( Schluß folgt.)

Französische   Bilder.

Man thäte der französischen   Malerei gewiß unrecht, wollte man die" Französische Kunstausstellung", die heute in den Räumen der Akademie Unter den Linden eröffnet wird, als ihr vollwertiges und allseitiges Bild auffassen. Die französische Malerei hat der ge­samten Malerei unseres Jahrhunderts die Wege gewiesen. Nachdem englische Maler den ersten Anstoß gegeben, haben die Franzosen die Führerrolle übernommen und in einer ununterbrochenen Reihe von glanzvollen Schulen bis heute behalten. Und auch jezt noch, wo ein gewiffer Stillstand in der Entwickelung der Malerei unverkembar fcheint, find es immer wieder die Franzosen und allerdings auch die ihnen verwandten Belgier, die weiter drängen.

Ein großes Triptychon Das Paradies" von bh- Dhurmer durch die Schlange, im Mittelbilde Adam und Eva, rechts die Reue ist das auffallendste Beispiel. Lints ist die Versuchung der Eva der Eva dargestellt. Jedes der drei Bilder ist in scharf bestimmten Farben gegeben, das linke in violetten, das Mittelbild gelb gegen grün, das rechte Seitenbild in bläulichen Tönen. Das Ganze ist dekorativ gehalten, ohne körperliche Modellierung im einzelnen; die Waldwildnis giebt eine fest verwirrende Fülle von Linien, die sich wie Ornamente über die Bildfläche hinziehen. Menschen und Tiergestalten sind flächen­haft behandelt, aller Ausdruck wird in den fein nuancierten, aber doch oft harten Linien gegeben. Von dem Ganzen will sich jedoch ein voller, starker Eindruck nicht einstellen, es erscheint fünstlich, mehr aus der Reflegion und nicht aus innerer Anschauung geboren; gerade daß der äußere Schein des Lebens so weit abgestreift wurde, scheint darauf hinzudeuten, wie sehr es erst einer Abstraktion be durfte, um zu einer solchen Schöpfung zu gelangen. Das beste Gut der Böcklinschen Phantasiegestalten ist es, daß sie so gar nicht gewollt, so selbstverständlich erscheinen, als könnten die Wesen gar nicht anders sein, als sie dargestellt sind. Man braucht sich nur ein Böcklinsches Bild in die Erinnerung zu rufen, und man wird sich bewußt, wie geistreich und spitzfindig, wie wenig ursprüng­lich und daher auch, von wie geringer unmittelbarer Wirkung das Werk des Franzosen ist. Auch bei anderen Werken französischer Meister, die nicht nur ein Bild der Natur geben wollen, muß es auffallen, daß sie sich gleich so start von ihr entfernen und in einer reinen Formensprache gegeben sind, die gewiß fehr schön sein kann. Von dem Durchschnitt der Werke der französischen   Ausstellung ift wenig zu sagen. Die tüchtige Landschaft mit oder ohne Staffage ist wie immer in modernen Ausstellungen am besten vertreten. Die Farbengebung ist im allgemeinen einschmeichelnd weich, die Behandlung breit, gut malerisch. Durst, de Dramard, Michel Levy, Le Poittevin  , Muenier  , Marché, Noz al feien genannt; obwohl gerade ihre Bilder und die einiger anderer, die in Berlin   noch nicht zu sehen waren, das Beachtenswerte an der Ausstellung sind, so würde es doch nicht lohnen, fie int einzelnen zu behandeln. Einige Werke haben schon mehr ein geschichtliches Interesse, so die ideale Landschaft des farbenen Afte Henners, die südlichen Landschaften 8iems mit ihren leuchtenden, grellen Farben, die Stilleben Vollons. Rohbets unerfreuliche Stoloffalbilder sind in Berlin   schon genügend bekannt.

Von neuen Regungen zeigt die französische   Kunstausstellung freilich nichts. Sind auch einige Maler von gutem Ruf in ihr ver­treten, so gehören doch auch diese zu den älteren und sie haben sich nicht gerade als Neuerer einen Namen gemacht. Aber in der Ausstellung treten indessen einige Züge besonders scharf hervor, die für das frant zösische Kunstleben typisch find; sie ist charakteristisch für das Milieu der französischen   Malerei unserer Tage, während man gemeinhin in Deutschland   nur mit den Spizen, die aus dem Milieu hervorragen, bekannt wird. Das Gros der Werke stammt aus den Champs Elysées  , der Ausstellung der älteren Richtung, in der sich, nicht Klassikers Gérome mit Daphnis und Chloe", die elfenbein anders wie in unseren akademischen Ausstellungen, der Geist des Durchschnitts am besten offenbart.

Ein Vergleich der französischen   Durchschnittstunft mit der deutschen   würde unbedingt zu Gunsten der ersteren ausfallen. Die französische Malerei hat eine Tradition, die deutsche noch nicht. Das zeigt sich schon rein äußerlich: es wird dort ein viel stärkeres Gewicht auf Schulzusammenhänge gelegt, fast von jedem der Aussteller ist in dem Katalog angegeben, wes Schüler er ist. Bei uns tritt dieses individuelle Schüler und Lehrerverhältnis nicht entfernt so far und fo allgemein in die Erscheinung; da verschwindet der einzelne Lehrer viel mehr hinter der Akademie, an der er Professor ist. Bei dieser stärkeren Zersplitterung der Ueberlieferung war es in Frankreich   ganz unmöglich, daß eine auftretende Kunstrichtung so vollständig die malerische Technik beiseite schieben konnte wie bei uns, wo die Bewegung die wenigen Kunstcentren ergriff. Es ist bezeichnend und vielleicht für uns das überraschendste Ergebnis der Ausstellung, wie zäh die einzelnen Richtungen in Frankreich   noch fortleben, die wir längst für ausgestorben wähntent, wie sie fogar mit neuen Kräften auf den Plan treten. Man wundert sich, noch einen Bouguereau  " zu sehen( der übrigens, wenn wir nicht irren, auch noch lebt) und liest dann im Katalog: Léon Perrault  , Schüler bon Bouguereau.

Pflanzte sich aber die malerische Technik in dieser Art vom Lehrer auf den Schüler fort, so ist die größere Sicherheit in der Beherrschung der malerischen Mittel erklärlich. Es giebt eine ganze Anzahl von Werken in der Ausstellung, die in der Seichtheit der Kunstauffaffung, aus der sie entstanden find, wie in einer billigen Effetthascherei sich durchaus nicht über das Niveau der Verkaufsware in unseren heimischen Ausstellungen erheben, aber es ist ihnen fast allen eine gewiffe Soutine, Eleganz der Mache eigen. Man sieht, auch diese Maler haben wenigstens in einer tüchtigen Lehre ihr Hand­werk gelernt.

Die Maler, die auch in dieser Ausstellung am meisten inter­effieren, waren gleichfalls schon des öfteren in unseren Ausstellungen zu sehen. Die in engeren Sinne modernen Landschaften find dabei ziemlich dentlich in die Ecke gedrängt. Raffaelli ist mit giveien feiner Bilder aus der Umgebung von Paris  , Billotte mit einer Landschaft, Guignard mit einer stimmungsvollen Heimkehr der Herde am Abend" bei Mondschein, Maufra   und Martin mit pointillistischen Bildern vertreten. Ein starkes Weit sind Gaston La Touches drei Glöckner", die hoch oben im Turm mit aller Kraft den Strang ziehen. Das Licht dringt durch die bunten Glas­scheiben und füllt mit seinen spielenden Reflexen den Naum. Diese unsichere Beleuchtung ist prächtig herausgebracht, wie auch die Bes wegungen der Strangziehenden gut gezeichnet sind. Obwohl die Farben kräftig sind und vielleicht befremden, sind sie doch gut zit­fammengehalten.

Das stärkste Interesse beanspruchen die Porträtisten. 2 éon Bonnat malt in Frankreich   die Berühmtheiten wie in Deutsch­ land   Lenbach  . Ein stärkerer Gegensatz läßt sich aber kaum denken als zwischen diesen beiden. Bonnat hat ein paar Prachtstücke seiner Er ist die Kunst gesandt, vor allem ein Bild seiner Mutter. personificierte Sachlichkeit, feine Porträts fönnen als authentische Dokumente gelteit. Die fluge alte Frau mit den feinen Zügen fist auf einem Seffel und sieht voll auf den Zuschauer, die Hände sind in den Schoß gelegt. Das ist alles bis in die letzte Einzelheit liebevoll durchgebildet, jede Falte beobachtet und doch zwingend lebendig für den Eindruck. Das Ganze ist geschmackvoll geordnet, die Farben find fein gewählt. Etwas zu scharf scheint unserem Gefühl das Licht, das über das Gesicht und die Hände fällt. Gine gewisse Uniformität ist im tiefsten Grunde in allen Dagnan- Bouveret   ist mit einem reizvollen Bildnis einer französischen   Bildern. Der Gesamteindruck, den man empfängt, wenn Pariserin, das ganz in gelbgrünlichen Tönen gehalten ist, vertreter. man durch die Säle hingeht, ist bei weitem einheitlicher als es in Carolus Duran   hat außer einem Abend im Walde", in dem deutschen   Sälen der Fall wäre. Während es dort fast unmöglich scheint, der goldgelbe Abendhimmel zu dem schon in tiefer Dämmerung einen einheitlichen Charakter aus all den verschiedenartigen Kunst- ruhenden Waldinneren in feinem Kontrast steht, einen wenig an äußerungen herauszufinden, scheint hier ein solcher vorhanden; er sprechenden weiblichen Alt- mehr kannt das Bild Das Er­und einen in Charakteristik und Ton ist deutlich herauszufühlen, wenn auch schwer mit Worten zu um- wachen" kaum bedeuten geschickt. Von Rondel schreiben. Der französische   Geist haftet viel stärker am Gegenstände ausgezeichneten Mandolinenspieler" Dame in lichen, er vermag taum anders als in den gegebenen Naturformen ist ein fleines Porträt einer lesenden älteren Einer der feinsten Porträtiften zu fehen und zu denken. Das inwendig voller Figur" fein, das einen wundervollen Profil da. nach dem töstlichen Worte Dürers den Künstler kennzeichnet, ist dem im modernen Sinne, der auch das Milieu seines Modells stark in Er hat franzöfifchen Künstler nicht in demselben Maße eigen. Das äußert das Bild einbezieht, ist Jacques Emile Blanche. sich nicht nur darin, daß die weit fiberwiegende Zahl der neben dem Studienkopf einer Dame den Maler Jules Cheret  , den französischen   Bilder überhaupt nichts anderes anstrebt als Schöpfer des modernen Platats, in seinem Atelier gemalt, in einer eint treues Bild der Natur zu geben, sondern biel Pose, die fast genau so verzwickt ist, wie die der leichtfüßigen Ballett­deutlicher noch in der Art, wie Phantasiegestalten ge- tänzerinnen, die Cheret in jeinen Blakaten ständig wiederholt. Ju zeichnet werden: die Dianen" und" Nymphen" unterscheiden sich den Farben vor allem ist das Bild von außerordentlichem Reiz.­in nichts von den nackten Modellen, die auch unter anderen Vor­

wänden oft genug auf französischen   Gemälden zu finden find. I

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