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Fürs erste, weil er versprochen hatte, sie nicht über die Vergangenheit auszufragen. Er hatte nach Kräften daran gearbeitet, sie in ihr zu tilgen, und es war ihm über Erwarten geglückt. Außerdem verspürte er keine Neigung, sie aufzuwühlen.
glaubte, es entspringe der Vergangenheit, den neuen Ber - ist hier gewonnen, das, was das unterscheidende Merkmal der hältnissen, der Einsamkeit. Aber die Schwermut ließ mehr und modernen Malerei jeder früheren gegenüber ausmacht, in einem hierEs tann kaum ein mehr nach, bis sie ganz schwand. Sie beschäftigte sich mehrere Jahre für klassischen Werke zum Ausdrud gebracht. geben als dieses: den nur mit Lernen, und da sie begabt war, ein klarer Kopf, schlichteres Motiv ganzen Hinters verdeckend grind die Front des entwickelte sie sich in vielfacher Hinsicht schnell und sicher. gelbem Ton, von dem sich die hellroten Streifen unter den Landhauses in lichts Sie wurde ruhig, zärtlich und flug. Den Tag, nachdem sie Fenstern und die grauen Fensterläden zart abheben, davor ihr Kind geboren es war drei Jahre nach der Hochzeit der kleine Garten mit ein paar hohen Bäumen, deren Kronen vom erfuhr er durch einen reinen Zufall, daß sie ein Kind gehabt, Rahmen überschnitten sind, und üppigen Blumen. Freundlich ehe sie geheiratet hatte. Das schmerzte ihn; aber er über- und warm dringt das Sonnenlicht in dieses Idyll, spielt in den wand den Schmerz. Er verwandelte sich bald in reines Blättern der Bäume und in leichten Flecken über den Nasen, weiche Mitleid. Er erzählte ihr nicht, was er erfahren hatte. Er blaue Schatten laufen über den Kiesweg, und in der vollen that es aus verschiedenen Gründen nicht. Sonne, in von der Fülle des Lichts fast zerfließenden Formen, steht hinten am Hause eine hellgraue Gartenbank. Licht und Luft haben nach Manet manche malen gelernt, aber ich wüßte kein Werk zu nennen, in dem dieselbe Sicherheit im neuen Stil, derselbe Eindruck des Mühelosen und Selbstverständlichen wieder zu finden wäre. Da ist nichts Gesuchtes, kein übertriebener Ton, und es rundet sich alles zur geschlossenen Bildwirtung; es ist, auf einer höheren Stufe der Entwicklung, dasselbe erreicht wie in dem Frühstück im Grafe". Die anderen Bilder Manets, die alle zwischen diefen beiden liegen, fönnen hier nicht im einzelnen behandelt werden. Es sind kostbare Beugnisse seiner Kunst: Die„ Dame mit Fächer", bei der der schillerude grüne Gesamtton von einer föstlichen Feinheit und die Gardine ein wunderbares Stück Malerei ist; das kräftige Männerporträt in Braum mit dem Bücherstilleben auf dem Tische; die Stierfampfschilderungen, besonders die kleinere, in denen in breiter Dar stellung Maffenscenen von schlagend lebendigem Eindruck gegeben find; ein paar graziöse Frauenporträts in zarter Bastelltechnik, und vor allem die Stillleben, unter denen ein Fliederstrauß, der in ein Wasserglas gestellt ist, in dem zarten Grün und Weiß von unsagbarem Neiz ist. Eine Beobachtung, die man bei allen, auch bei den frühsteir Werfen Manets machen kann, drängt sich bei diesem Stillleben ganz besonders auf, die außerordentliche Leuchtkraft, die Manets Farben auch in den tiefsten Schattierungen befizen. Der Hintergrund ist hier in einem dunklen Braungrün gehalten, und wie leuchtet er aus der Tiefe hervor! In Manets Bildern giebt es keinen„ toten Fleck".
Zweitens, weil das Kind tot war.
Drittens- und das war die wesentlichste Ursache-, er glaubte nicht, daß fie länger aus Unwissenheit, Feigheit, Mangel des Verständnisses seinerseits schwieg. Das hatte sie nämlich in der ersten Zeit gethan. Jetzt war sie die gebildete, glückliche Frau, die alles Häßliche und Schlechte aus der Vergangenheit fernhalten wollte.
( Fortsetzung folgt.)
Der Kunstsalon von Bruno und Paul Cassirer hat in seinen durch einen ansprechenden Oberlichtfaal erweiterten Räumen eine umfangreiche Sammlung von Werken Manets, Degas und Buvis de Chavannes vereinigt. Eine schönere Ausstellung war in Berlin taum je zu sehen. Es ist eine Fülle von Bildern, von denen jedes auf die Höhen führt, die moderne Malerei überhaupt erreicht hat.
Von Edouard Manet war schon im vorigen Winter an dem selben Ort eine kleinere Anzahl Werte zu sehen, die hier eingehend besprochen wurden. Die sechzehn Bilder und Studien, die jekt zu sammengebracht sind, verstärken den Eindruck. Immer schärfer hebt fich Manet aus der Reihe der Maler, die in unserem Jahrhundert als die Großen gegolten haben, heraus, und er erscheint als der Künstler, von dem die Malerei unserer Zeit das Gepräge erhält. Damit soll aber feineswegs gesagt sein, daß er uns schon als geschichtliche" Größe vorkomme; im Gegenteil, er steht unserem Empfinden unmittelbar nahe, seine Werke haben in vollstem Maße die Schönheit, die die moderne Malerei entwickelt hat: Licht und Luft und die neue Koloristit. Manet war nicht nur der Pfadfinder, er hat das von ihm selbst gestellte Problem auch gelöst.
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Manet ist schon vor sechzehn Jahren gestorben, als Fünfzigjähriger, ohne daß er den vollen Sieg seiner Anschauungen noch erlebt hätte. Unter den heute lebenden französischen Maleru nimmt Degas eine dominierende Stellung in der fünstlerischen Wertschäßung ein. Nicht als ob er in derselben Weise wie Manet der Entwicklung die Wege gewiesen hätte, im Gegenteil, er steht abseits von der Heerstraße und seine Kunst ist so u bedingt persönlich, persönlich, daß ein Schaffen in seinem Sinne sofort als Nachahmung erscheinen würde. Seine Bedeutung liegt in der Darstellung der momentanen Bewegung und in der fascinierenden Schönheit der Farbe, die zu einer Verfeinerung und einer Wärme des Tones getrieben ist, über die hinaus eine Steigerung nicht mög lich scheint. Degas sucht die kompliciertesten Bewegungsmotive, und er findet sie in der Regel in der Welt des Balletts. Mit ein paar Die jetzige Ausstellung enthält zwei Hauptwerte Manets, zwischen charakteristischen Strichen hält er die gewagtesten Stellungen fest, in denen eine weite Spanne der Entwicklung liegt.„ Das Frühstück im denen er seine Modelle findet, wie sie auf der Bühne tanzen oder in Grase", das vor dreißig Jahren gemalt wurde, hat seiner Zeit eine den Stunden üben, und wie sie müde und abgehegt in ihren Zimmern tiefgehende Erregung hervorgerufen. Das Sujet erschien anstößig umihersizzen und sich räkeln. Es ist eine trostlose Welt, die vom zwei modisch gekleidete Männer liegen im Grase und unterhalten sich, Künstler mit unerbittlicher Schärfe geschildert wird; aber ihr Flittervor ihnen sitt ein nacktes Weib und im Hindergrunde badet ein glanz giebt ihm die Motive zu seinen Farbenharmonien, in anderes im flachen Waldteiche- und die Malerei blieb unverständlich. Benen vor allem Rot und Grün in außerordentlich feiner Den an dunkles braunes Kolorit gewöhnten Augen waren Differenzierung gegeneinander gearbeitet sind. Die Pastellfarben sind diese fühlen blaugrünen Töne fremd. Wir können es kaum das eigenste Ausdrucksmittel dieses Künstlers, sie sind aber nicht in noch begreifen. Manets eigene Werke haben uns so viel der gewöhnlichen Weise in der Fläche vertrieben, sondern in breiten weiter geführt. Wir sehen in dem Werke noch etwas Strichen, mit einer Fülle von Nuancen hingescht. Die Kunst der von der Tradition, von der Manet ausgegangen ist, die Schule des Komposition bei Degas , der immer nur einen Ausschnitt giebt, ist Belasquez. von Liebermann in seiner auch von uns erwähnten Schrift über diesen Künstler besonders start betont worden. Eins der jetzt ausgestellten Bilder, das auch in der Farbe zu seinen schönsten gehört, stellt zwei Plätterinnen" dar; die eine drückt mit aller Kraft ihr Blätt eisen auf die Wäsche, die in ganzen Bergen herumliegt, die andere hat einen Augenblid Bause gemacht und refelt sich gähnend— wieder der Ausdruck schwerster Müdigkeit und niederdrückender Dede des Daseins.
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Und doch braucht dieses Werk nicht erst an unser geschichtliches" Verständnis zu appellieren. Es geht uns bei Manet wie bei allen großen Künstlern, wir verfolgen ihre Entwicklung, wir stellen die Fortschritte fest, aber die früheren Werke find deshalb nicht von geringerer Wirkung. Der weibliche Alt würde in späterer Zeit von Manet selbst und von einem Modernen anders gemalt worden sein, man würde die Luft, die ihn umgiebt, stärker fühlen, grüne Reflege würden von allen Seiten über den Körper spielen, und doch würde er so faum Einen eigenartigen Gegensatz zu diesen von nervösem Leben einen stärkeren Eindruck machen. Fast in einem Ton hingestrichen, erfüllten Bildern Degas bilden die Gemälde von Puvis de hebt sich dieser Frauentörper so leuchtend heraus, ist er in seinen Chavannes , dem vor etwa Jahresfrist verstorbenen Künstler. Formen so weich und schön, mit so start plastischer Wirkung Auch dieser nahm eine Ausnahmestellung in der zeitgenössischen modelliert, daß er auch mit allen modernsten Raffinements nicht Kunst ein: er hat in unserm Jahrhundert der realistischen Malerei lebendiger wirken könnte. Und ebenso steht es mit den landschaft- einen monumentalen Stil entwickelt. Selbst in den wenigen Tafel lichen Hintergrund, mit den Männern, die da lagern: alles ist von bildern, die in der Ausstellung zu sehen sind, treten die Eigenarten wirklichem Leben erfüllt, unter den schattigen Bäumen webt fühle dieses Stils hervor. Bei ihm liegt der Ton auf den Linien, das Dämmerung, die Männer figen in ungezwungener Haltung vor uns zeigt sich schon darin, daß er seinen Figuren feste Konturen da, als lebten sie, und ein Stillleben von erlesener Schönheit bilden giebt. Immer bieten diese Gestalten eine groß wirkende die Gewänder der Frauen, die bei dem Frühstücsforb im Grafe abgerundete Silhouette, auch dann, wenn sie lebhafter be liegen. Es ist etwas in dem Wert, eine Ruhe und Größe in dem wegt sind; gewöhnlich sind sie freilich in ruhiger Haltung, Ganzen und eine Schönheit in den Einzelzügen, die es den alten und ihre Bewegungen sind langsam und feierlich. Von un Meistern nahebringt. endlicher Bartheit ist die Farbe, die immer in wenigen Tönen gehalten ist. Alles eint sich im Bilde zu dem Eindruck stiller, feierlicher Größe. Jm„ Ludus pro patria" übt sich eine Schar von Jüngs lingen und Männern im Speerwerfen, matte gelbe und stumpfe grüne Töne herrschen vor, und nur ein dunkelblauer Strich, der sich in der Mitte über das Bild zicht, der ferne Wald am Horizont
Welcher Abstand trennt aber das andere Hauptwerk Manets Landhaus in Rueil", von diesem ersten! Eine ganze Periode nimmer rastenden Fortschreitens liegt dazwischen, Manet hat den ficheren Stil, in dem er das" Frühstück" schuf, aufgegeben, um sich von jeder Tradition freizumachen. Die neue Anschauung der Dinge