Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 217. ritard
美味
26]
Hanna.
Sonntag, den 5. November.
( Nachdrud verboten.)
Autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Adele Neustädter. ( Schluß.) VI.
Es war neun Uhr vorüber, als Softhe an die Schlafzimmerthür ging und anklopfte. Er wollte gerade fragen: ,, Kleidest Du Dich an?", als er sich erinnerte, daß sie sicher nicht aus den Kleidern gekommen war, feit er mit ihr gesprochen.
" Darf ich hinein kommen?" " Ja!"
Sie faß auf einem Stuhle am Bett, und der Knabe, dem sie beim Ankleiden half, stand neben ihr. Sie war bleich und sah ruhig aus. Aber bald bemerfte er, daß sie dem Knaben zu helfen vergaß.
Soll ich nicht?"
Er setzte sich.
..Komm, Erif, dann kleide ich Dich an."
Sie ging ans Fenster und sah hinaus. Er nahm den Jungen auf den Schoß. Sie schwiegen lange. Als der Knabe fertig war, stellte ihn Holthe auf den Boden und sagte:
,, Gehe hinein und is. Mutter und ich kommen bald." Warum weinst Du, Vater?"
"
"
Das kann ich Dir nicht sagen, mein Junge. Geh jetzt." Er öffnete ihm die Thüre, und der Knabe ging rücklings hinaus und sah den Vater traurig und verwundert an. Holthe und Hanna blieben stehen, sie fehrte ihm den Rücken und sah zum Fenster hinaus.
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1.
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Johannes" fie dte sich um glaubst Du, daß Du unter dem, was Du erfahren, sehr leiden wirst?" ,, Das kann ich jetzt nicht sagen.... Deuke nicht daran." ,, Wenn Du allein gehst und darüber grübelst..." Sie brach ab und Holthe fagte:
Ich habe mich heute selbst einige Male gefragt, ob ich mich falsch benehme; ich weiß ja nicht, was das Richtige ist. Daß ich nicht die Kraft haben soll, zu denken und zu glauben, was ich am liebsten möchte... daß ich von so vielem ab hängig sein soll, das ich nicht begreife und nicht verschuldet...
"
Aber wenn Du nun trotzdem umhergehen und etwas mit Dir schleppen solltest... Zweifel und Angst, weil Du nicht thatest, was Dein Gewissen Dir zu thun gebot; willst Du versprechen, es mir zu schreiben und zu sagen?"
„ Hanna, das kann ich nicht... Ich kann so etwas nicht versprechen. Aber ich verspreche, Dich nie anzugeben. Dieses Versprechen werde ich halten!"
,, Wieviel es Dich auch kosten wird?" " Ja."
„ Aber das nehme ich nicht an. Ich will nicht, daß Du um meinettvillen so leiden sollst!"
Meine Liebe, es ist ja noch nicht bestimmt, daß mich Zweifel und Angst befallen."
" Ja, Johannes, jetzt fange ich an, es zu glauben." Sie nickte langjam.
,, Das wird das schlimmste von allem werden," flüsterte Laß uns nicht mehr über das reden, was nicht ist." Sie schwiegen beide eine Weile.
"
Sollen wir nicht hineingehen?" frug sie. " Ja!"
Und sie gingen.
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sie.
1899
leicht Dienstag und für ein halbes Jahr würde sie auf das Kind Verzicht leisten... Wie schrecklich! Aber konnte sie denn anders wählen, wo es klar vor ihr stand, daß sie gegen sich, gegen ihn und gegen das Kind Unrecht Es that, wenn sie in die Strafanstalt ging?.. war ja richtig, was sie sagte, daß die Strafe sie nur abstumpfen, vernichten, nicht bessern könne. Weshalb konnte er ihr da nicht recht geben?... Weshalb das Unglück erschweren?... Weshalb mußte er es?...
Er hielt sich abseits. Am Nachmittage blieb er vom Hause fort und kehrte erst gegen fünf Uhr zurück, als alle Kirchenglocken das Osterfest einläuteten. Sie faß mit dem Knaben im Schlafzimmer. Holthe wollte sie nicht stören. Sie wollte vielleicht mit dem Kinde allein sein.
Er saß im Arbeitszimmer bis zum Abendessen. Bei Tisch sprach nur der Knabe.
Holthe machte einen Spaziergang über die Felder um den Hof herum, er ging ohne Plan und Ziel.
Bald würden sie ein langes Gespräch über die Zukunft haben. Er und sie würden sich morgen oder übermorgen wirflich hinsetzen und über die Zeit sprechen, wo sie nicht länger zusammen leben sollten, und diese Zeit würde an einem der nächsten Tage beginnen!... Wenn ihre Liebe geschwunden wäre, wie weit leichter hätten sie scheiden können!... Jetzt bereitete sie sich vielleicht zur Reise vor...
es
Er blieb stehen und dann schleppte er sich weiter fort. In den Verlobungstagen hatte er gesagt: Wenn wir einmal beide für besser finden, unser Zusammenleben zu beenden, glaubst Du, daß wir dann unglücklicher sein werden, als wir es bisher gewesen sind?"... Hatte er nicht etwas Aehnliches gemeint?
Er lächelte bitter. Das Lächeln schien erstarrt, wurde zur Fraße.
Ich will alles thun, damit Du Dich so glücklich wie möglich fühlst, auch wenn Du allein geblieben. hatte er wohl auch gesagt. O ja, wenn er nur konnte, und wenn sie nur wollte
Er ging ins Wohnzimmer. Hier war es finster.
Sollte er jetzt mit ihr sprechen? Oder konnten sie einander auch nicht mehr nahe sein, wenn das Reden zu peinlich würde? Es war bitter, ein solches Unglück zu durchleben; aber die Bitternis durfte nicht zivischen sie treten: Sie müßten nicht erbittert über einander denken. O, es war ja nicht möglich, daß sie es konnten. Wie sehr sich ihre Wege in Zukunft auch trennen mochten, sie hatten dennoch das Kind. Erik sollte ihnen helfen.
Er wurde so bewegt, daß er sich sehen mußte.
Erit sollte ihnen helfen, alles zu ertragen. Er, der starke, fluge Sohn würde sie einst zusammenführen, die Wunden heilen... seinem Vater helfen, daß er sich wieder ohne Angst und Zweifel ihr nähern konnte... Vielleicht geschah es noch, wenn sie beide alt und grau geworden waren Er stand auf.
„ Hanna, liebste Freundin.
Er ging im Finstern weiter. Sie war nicht da. Auch nicht im Speisezimmer. Er kam ins Schlafzimmer und zündete ein Streichholz an. Der Knabe lag und schlief ruhig. Das runde, dralle Gesicht mußte gerade gelächelt haben. Ihr Bett war leer. Er sah auf die Uhr: halb elf. Gleichzeitig erlosch das Streichholz, und es wurde dunkel, dunkler, als da er hereinkam.
Arme Hanna, wo saß sie jest in Gedanken verloren. Er machte Kehrt und ging durch die Zimmer zurück. Vielleicht erwartete sie ihn im Arbeitszimmer... sie würde mit ihm über die Zukunft sprechen... alles, was er an Hoffnung und Trost empfand, erbebte in ihm.
,, Bist Du hier, Hanna?"
"
Keine Antwort. Ueberall finster. Sie tam wohl bald. Er zündete die Lampe an und ging auf und ab. Aber plötzlich blieb er stehen:
Den ganzen Tag waren sie stumm. Er dachte an den Abschied und an das, was vorangehen müsse: Vorbereitungen, Abreden und dann das Kind! Beging er nicht eine Grausamkeit, wenn er sie gehen ließ? Aber konnte er anders handeln? Hätte er nicht auch über das Verbrechen denken können wie sie? Oder könnte er nur ein Gewissen erhalten, das stark genug wäre, ihn frei und fröhlich mit ihr Da erblickte er einen Brief, der auf dem Pulte lag. zusammen leben zu lassen?.. Also jeder sollte für sich Sein eigner Name stand auf dem Couvert. Er trug feinen Leben... jeder für sich... Erik sollte bei beiden wohnen... Poststempel. Er mußte mit einem Boten gekommen sein... vielleicht gleich lange Zeit bei jedem. Sie würde eines Tages Aber wo blieb Hanna?
Hanna, wo war sie denn?