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unser litterarisches Leben eine beschämende Blamage. In seinem| Das Unterhaltungsbedürfnis in einer Weise zu befriedigen, daß auch Schlaraffenland" führt uns Herr Fulda diesmal in das Nürn  - der Geist dadurch Rahrung und Anregung bekommt, so also Beleh­berg, in dem Meister Sachs seine Verse baute. Natürlich nur insofern, rung in der Erholung zu bieten, scheint doch wohl die ideale Aufgabe als er die entsprechenden Coulissen und Kostüme wählte. Im übrigen solcher festlichen Veranstaltungen, Voltsunterhaltungsabende 2c. zu sind seine Menschen ebensowenig Menschen des 16. Jahrhunderts, sein. Diese beiden leicht weit auseinander fallenden Aufgaben wie sie etwa Menschen des neunzehnten sind. Um Menschen auf die des Arrangements gleichmäßig zu lösen, war, wie die Auf­Beine zu stellen, wirkliche, lebendige Menschen, muß man ein Dichter nahme erkennen ließ, hier in seltenem Grade gelungen. sein und das ist das einzige, was der soust so vielseitige Herr Fulda   Dürften wir etwas erinnern, so hätte sich das auf die Arie nicht ist und auch nie sein wird. In Nürnberg   also giebt es einen aus Händels Oper" Ezio" zu beziehen. Der italienische Text der­Bäckerlehrling, der von seinem Meister viel Prügel und wenig felben brauchte gar nicht mit einer Entschuldigung zum geduldigen Essen bekommt. Ueberdics tranft er an einer fatalen Neigung Hinnehmen" empfohlen zu werden: unsre ältere Musik hat aus leicht zum Dichten, die seinem Handwerk überaus hinderlich ist verständlich zu machenden geschichtlichen Gründen vielfach fremd­Er verfällt in müßige Träumereien, anstatt sich lustig zu sprachige Terte behandelt; und so reich auch unsere neuere deutsche tummeln. Als er zum erstemmal vom Schlaraffenland hört, ver- Gesangsmusit auf dem Boden unserer heimischen blühenden Lyrik folgen ihn die Vorstellungen vom sorgenlosen Wohlleben sogar in erwachsen ist, würde es doch kaum zu billigen sein, wollte man bei den Schlaf hinein, und dieser Schlaraffentraum ist es, den wir über ähnlichen Konzerten die fremdländische Musik mit ihren fremdsprachigen uns ergehen lassen müssen. Er ist so banal wie ein Traum, eben Texten grundsäßlich ausschließen. Auch solchen Gesängen deutsche weil er ein Traum ist und die phantastischen Farben des Traums Ueberjezungen als Text unterzulegen, läst sich faum empfehlen, da hat, nie sein kann. Daß der Bäckerlehrling seinen Glückstraum wir durch den modernen Sprechgesang sehr empfindlich gegen proso­gerade mit den Gestalten seiner schlimmsten Peiniger be dische Verstöße, d. H. gegen die Nicht- Uebereinstimmung der Wort­bölfert, ist ein psychologischer Unsinn, den wir mur betonung mit dem musikalischen Rhythmus geworden sind, und diese ganz nebenher erwähnen. Auf einen psychologischen Schnißer Verfeinerung des Gefühls nicht verloren gehen darf. Wohl aber mehr oder weniger kommt es bei der absoluten Wertlosigkeit der sollten den originalen Texten im Programm Uebersetzungen, wenn ganzen Sache nicht an. Das Schlaraffenland also malt Fuldas auch nicht immer metrische, gegenüber gestellt werden. Unzweifel­Dichterphantasie uns also: Die Bewohner schlafen und essen und haft würde z. B. in der Gegensatz zwischen dem in Eeine schlafen. Den Faulſten haben sie zu ihrem König gemacht und gewürdigt worden sein, da die Feinheit allgemeiner bemerkt

Seine Majestät trägt einen Zuckerhut als Krone auf dem Haupt. Ist den beiden Versen geschilderten aufsteigenden und absteigenden er besonders gut gelaunt, dürfen seine Unterthanen daran lecken. In Lebensgange in der Bewegung eines Hauptteiles der Melodie durch der Luft fliegen gebratene Tauben und ähnliche Raritäten herum. eine vollständige Tonleiter, dort auf, hier abwärts, seinen sehr Ich bitte, das buchstäblich zu verstehen. Vom Schnürboden hängen treffenden musikalischen Ausdruck gefunden hat. Es war gelungen, in dünne Fäden herab und an diesen Fäden baumelt ein der Sopranistin Frl. H. Kaufmann und dem Bassisten Herrn Etivas, das eine getratene Taube vorzustellen hat. An den Sträuchern E. Servator zwei fünstlerische Kräfte mit prachtvollem Stimms des Landes wachsen seidene Kleider und andere Herrlichkeiten. Ich material und glänzender Schulung sowie feinfühligem tünstlerischen bitte, das wiederum buchstäblich zu verstehen. Der Bäckerlehrling Verständnis zu gewinnen, so daß bei der vortrefflichen Auswahl der pflückt von irgend einer Coulisse einen Riesentürbis, aus dem er als- Stüde  , zumal wohl der sieben Lieder der Sängerin, ein höchst Tochter des Königs verheiratet. Wozu man freilich im Schlaraffen  - gewisser Weise den Höhepunkt der Aufführungen bildete das von land heiratet, ist mir nicht ganz klar geworden; denn auch die Kinder den vier Brüdern Borisch mit Begeisterung und einem wahrhaft wachsen an den Sträuchern. Judes: man soll den holden Traum eingelebten Zusammenspiel vorgetragene( nachgelaffene) Streichs des Dichters nicht stören, indem man ihn mit der rohen Quartett in D- moll von Franz Schubert  , das mit seinem unfagbar Prosa des Lebens zusammenbringt. Kinderkriegen ist schließlich etwas schön variierten Andante unmittelbar an das vorher gehörte Lied Menschliches und Fulda   hat alles Menschliche zu Gunsten schwach-" Der Tod und das Mädchen" anklang. töpfiger Späße vermieden.

Natürlich wird dem Bäckerlehrling das Leben im Schlaraffen land bald zur Last. Er sehnt sich nach Arbeit und Anspannung der Kräfte, und kommt so mit der im Schlaraffenlande staatserhaltenden Faulheit in Konflikt. Er wird schließlich zum Rebellen und es scheint ihm schlecht gehen zu sollen. Es scheint natürlich nur so. In Wirk­lichkeit wacht er auf und darf als Lehrling die schnöde Plage dieser Erde weitertragen. Grundgedanke: Arbeit macht das Leben süß. Philosophischer Tiefsinn von Fulda  .

Es lohnt sich nicht, mit dem Dichter des Schlaraffenlandes" über die Lebensbedingungen des Bühnenmärchens zu reden. Natür lich müßte vor allen Dingen vermieden werden, die phantastischen Märchenvorstellungen zu entzaubern, indem man sie in banaler finn­fälliger Wirklichkeit durch Coulissen wiedergiebt. Herr Fulda aber hat das nicht vermieden, sondern hat mit einer Geschmadlosigkeit, die ihres Gleichen sucht, jede Spur von Märchenstimmung durch lächerliche Aeußerlichkeiten vertrieben. Das Märchen ist ein dunkler Diamant, Herr Fulda  . Was Sie uns geben, ist ein schlecht zu fammengeleimtes Machwerk, das in seiner Trivialität einen normal begabten Menschen zum Erröten bringt.-

Erich Schlailjer.

Kleines Feuilleton.

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Theater.

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Ein

Deutsches Theater  . Der Probelanbibat Schauspiel von Mag Dreher. Warum Dreyer seine Arbeit ein Schauspiel nennt, ist schwer verständlich. In sirklichkeit ist es ein Schwant. Glücklicherweise feiner von den Schwänken, die nichts als eine Sammlung von mehr oder minder fragwürdigen Börsen­wißen sind. Es ist ein heiterer, harmloser, sonniger, deutscher Schwant. Einen solchen Schwank зи schreiben, ist in unseren Tagen schließlich ein Verdienst, und unter diesem Gesichtspunkt fann man mithin an Dreyers Arbeit seine Freude haben. Freilich an seine viel feineren, früheren Leistungen darf man nicht denken. Dam tönnte man doch bes dauern, daß der Dichter des Winterschlafs" nun durch den harm­losen Humor Mofers gewaltige Erfolge erzielt. Das Stüd spielt im Lande des Ochsenkopfs, in Mecklenburg  . Der Held des Stückes ein Probekandidat hat in der Obers prima darwinistische Ansichten verlauten laffen. Dafür wird er vor die Wahl gestellt, entweder vor derselben Oberprima au widerrufen oder aber auf seine Anstellung zu verzichten. Er entschließt sich zum Widerruf, bringt aber schließlich die beschämenden Worte doch nicht heraus, sondern hält den Primanern eine flammende Protestrede, die in dem bekannten Vers eines bekannten Studenten­liedes gipfelt.( Wer die Wahrheit kennt und sagt sie nicht usw.) Natürlich wird er nun sofort entlassen. Das Ganze ist ohne psycho­Bm. Das Winterfest der Freien Volksbühne", das am logische Tiefe behandelt. Einige Rebenfiguren ein Oberlehrer Sonnabend stattfand, nahm bei zahlreicher Beteiligung einen erfreu- und ein verbummelter Hilfslehrer sind mit hübschem Humor lichen Verlauf. Jn die künstlerischen Darbietungen teilte sich die gezeichnet. Einige andere sind in der Stizze steden geblieben. Musik und die Dichtkunst, sowohl jede für sich wie in ihrer Ver- Gespielt wurde ausgezeichnet. Besonders Reinhard und Rittner bindung beim Gesange. Als Dolmetsch der Dichtung wirkte der thaten sich hervor. Das Deutsche Theater" darf einen Bombens Schauspieler und Necitator May Laurence. Er brachte in erfolg verzeichnen.- zwei Gruppen von Gedichten eine charakteristische und größtenteils packende Auswahl aus den Schöpfungen der neuesten Lyrit, Erziehung und Unterricht. soweit sie ihre Gegenstände den socialen Nöten und Kämpfen Die schönste Bibliothek der Welt wird von unserer Zeit entlehnt, und fand damit einen begeisterten Philipp W. Wilson im Temple Magazine" beschrieben. Es handelt Widerhall in den Herzen der Hörer, den er sich schmeicheln sich um die städtische Bibliothek zu Boston  . Das Gebäude hat durfte, nicht zum wenigsten durch seine eindrucksvolle Vortragsweise allein eine halbe Million Dollar getoftet; es besteht aus rötlich= ausgelöst zu haben. Geradezu stürmisch gestaltete sich die Auf- grauem Granit und ist mit buntschimmernden Dachziegeln gedeckt. nahme des Pidder Lüng" von Detlef von Liliencron. Den Da in Boston   alle Fabriken mit Rauchverzehrer arbeiten, so erhält breitesten Raum in dem Konzertprogramm nahm die Musit ein; es fich dauernd in seiner ursprünglichen Reinheit. Das Treppenhaus und hier war, so gut es die Verhältnisse gestatteten, die Idee ver- ist aus gelbem, schwarz gesprenfeltem Marmor hergestellt, und da wirklicht, im engsten Rahmen ein Bild von der Entwicklung der diese specielle Sorte fich nur in gewissen, einem Mönchsorden " Iyrischen" Musik seit G. F. Händel   bis auf R. Schumann, also in Siena   gehörigen Steinbrüchen fand, so wurde ein Special­einen Auszug aus ungefähr anderthalb Jahrhunderten zu geben. bevollmächtigter als Unterhändler dorthin entsandt, während eine Das geschmackvoll und vornehm, auch mit bildnerischem andere Kommission damit betraut war, einen Sand zu entdecken, Schmud ausgestattete Programin bot als Einleitung eine der dem Mörtel genau die erwünschte Nuance verlieh. Um die lichtvoll und warmherzig geschriebene geschichtlich ästhetische Bücher vor Staub und Sonne zu schüßen, wird die Lüftung der Einführung in das Verständnis der überaus glücklich aus- Räume nicht durch Fenster, sondern durch eine äußerst tunstvolle gewählten Musikstücke und die vollständigen Tegte sämtlicher Gefänge. Bentilation bewerkstelligt, und sowohl die frische Luft als die er

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E. S.