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hr sollt eweil kommen, bei dän Hähr Pastohr," harrte der Junge.

" Jao, gich doch, Bittchen," mischte sich die Zeih ein. Ech haon kein Zeid!"

be­

Aewer bei dän Hähr Pastohr," sagte Lucia vorwurfs boll, bei dän gaaftlichen Hähr! Daor moß mer doch giehn!"

,, Gaaftlich oder net gaaftlich, ales ein Backasch! Laoß mech zofrieden." Er hob die Hand gegen den Knaben:" Maac, dattste eraus kömmst!"

Gieh doar, Bittchen," redete Lucia zu; sie hatte das Kind hingelegt und faßte ihren Mann nun kräftig unter die Achseln, eteil frichste vielleicht ebbes zu verdienen!"

Wat stiebste noch hei?" fuhr er den Knaben an. Hei wieder. Da man weder ihren natürlichen Ursprung, noch ihren gänn fein Maulaffen feil gehaalen!" infettiösen Charakter zu erklären vermochte, so konnte der Krankheits­erreger nur ein" Basilisk  " oder" Lindwurm" sein. Trotzdem dies Untier mur aber auch nach dem Volksglauben in einem Altstadt­brunnen getötet worden sein sollte, wütete die Epidemie doch weiter fort und forderte bis Michaelis 1463, wo sie erlosch, an zwei Drittteile der Bevölkerung zum Opfer. 1515 trat fie vorübergehend 11111 dann zwei Jahre später mit einer Heftigkeit ohne gleichen auszubrechen. Da der Stand der ärztlichen Wissenschaft gleich niedrig war, wie vordem, so wiederholte man einfach die bereits bei der Epidemie von 1463 angewendeten Schutzvorkehrungen. Diese bestanden darin, daß man feinen Menschen umuntersucht in die Stadt ließ, ja selbst Waren und Briefe räucherte, bevor sie herein durften; daß man einige Straßen sperrte, zuerst mit Ketten, dann aber, als' doch hier und da einer durchschlüpfte, mit Brettern verbarriladierte. Dazu verbrannte ein eigens angestellter Pefträucherer täglich ganze Haufen Wachholder­sträucher in den Straßen. Das alles mitte aber nichts, sondern die Menschen fielen wie die Fliegen. Aller Verkehr hörte auf, man vers schloß die Thüren; kein Mensch wagte sich auf die Straßen, feiner wagte von draußen hereinzukommen, er hätte sich denn zuvor vor dem Stadtthor auf einer Bärenhaut liegend in die Luft schleudern mal war es noch ein gewaltigeres Sterben; über 5000 Menschen lassen, um so den Dunstkreis um sich her zu reinigen". Diess erlagen der Brechie", und der Schrecken lähmte alle Geschäftlichkeit und Dafeinsbethätigung. Da waren es die Schäffler und die Meßger, die daran gingen, die Münchener   Gemüter zu neuer Daseinsluft zu bewegen. Jene zeigten durch. ihre Straßentänze, daß die Luft wieder gefund, diese sprangen ins Wasser, um zu beweisen, daß es keine giftigen Stoffe mehr enthalte, wie man bisher geglaubt hatte. Ob­wohl aus der Bestzeit aus leicht erklärlichen Gründen keine Urkunde oder sonstige Aufzeichnung über die Entstehungszeit des Schäffler­tanzes vorhanden ist, so darf hierfür doch der Januar 1517, wo die Epidemie ihr Ende fand, als sicher angenommen werden. Willkürlich war jedenfalls die Jahreszahl 1669 neben einem zwei Schäffler in roter Jacke zeigenden Freskobilde, das ehemals am Himmelsschäffler" baka@ Haus im Färbergraben prangte.

,, Ae, verdienen?! Ech pfeifen druf!" " Jeß, dän Honger!" Zeih hielt sich den Leib und frümmte sich: ,, De Gedärm sein mer eweil schuns binnewennig ( inwendig) zosammengeschnorrt- Pittchen, gieh doch!"

" In drei Deiwels Naomen!" Fluchend streckte er ein Bein aus dem Bett, wie ein Pfeil schoß der Knabe zur Thür hinaus, er fürchtete Prügel.

Lucia lachte hinter ihm drein, und dann hielt sie ihrem Mann die Hose hin:" Dein Buren, Pittchen! Hei es dat rechte Bein, hei dat linke!" Sie half ihm in die Kleider. Wie im Traum ließ sich Peter anziehen, seine Gedanken waren weit weg. Zwischen den zusammengezogenen Brauen faß eine grüblerische Falte, er brütete in sich hinein und schrat zusammen, als ihm Zeih mit einem lachenden Färdig!" die Müge aufs Haar ftülpte.

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( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Von diesem 1731 am 29. Juni nachts eingestürzten Hause, als der Schäffler- Herberge oder wenigstens doch der Wohnung des Zunfts meisters, ist der Tanz jedenfalls ausgegangen. Die Boltsüberliefe Der Münchener   Schäfflerkanz. rung stellt das so dar, daß zuerst ein Schäffler nebst seiner Frau Der Münchener Karneval steht diesmal im Zeichen des Schäffler- den Straßen- Reigen begann; er spielte auf der Geige, fie tanzte tanzes. In das Erotisch- Farbige des Münchener   Straßenlebens dazu. Dann kommt ein Lehrbub' mit einer Schvegelpfeife und ein mischt diese originelle Beranstaltung eine echt mittelalterliche Nuance, andrer mit einer Trommel; und als ein Schäffler ein Faß mit­für die die Namen eines Hans Sachs   und Dürer   als künstlerisches schleppt, das mit Schlägeln bearbeitet wird und schließlich gar ein und volkstümliches Kennwort gelten fönnten. Wer jemals die Schäffler luftiger Kunde in schedigem Gewande allerlei Bossen reißt, tanzen gesehen, wer Münchener   Brauch und Weise ganz in sich auf- da erhält die tanzende Schäfflergruppe charakteristisches Ge­Und der Tanz dazu; denn er wurde immer besser. Eines genommen, der vergißt diese Gassenscenen nie wieder. Wo präge.

da

immer während des Karnevals die Schäffler, angethan mit leid- Tages zogen fie wieder am Bestraucher Thor vorbei, samer roter Jacke, manchesternen Hosen, weißen Estarpins fommt ein altes Bauernweibert mit einer Butte voll Eiern auf und Schnallenschuhen, schönem weißem Schurzfell und grüner dem gekrümmten Rücken. Es ist die erste Bäuerin, die sich wieder Schlegeltappe erscheinen, da folgt ihnen ein Troß von neugierigen zur Stadt hineinivagt. Triumphierend nehmen sie die Schäffler in Gaffern. Und wo sie vor einem ertürten Hause acht bis zwölf- die Mitte, bekränzen die Butter, faufen ihr die Eier ab und als die paarig zum Rhythmus einer eigenartigen Quadrille den kunstvollen Butte leer, springt der Hanswurst hinein und läßt sich von dem großen Achter" tanzen, da hält selbst der eiligste wagen- und Weibe Buckelfragen" tragen. Weil ihr aber die Last zu ungewohnt, Baffantenverkehr respektvoll so lange, bis der Reigen beendet ist. so duckt sie sich rasch, und der Hans Uebermut purzelt aus der Butte. In diesem Respekt bekundet der Münchener  , wie mir scheinen möchte, Solcherweise entstand später die Grethel in der Butten". Das war feine Reverenz vor dem alten Wolfsbrauche, dem eine tiefe Symbolit ein luftiger Schäfflergeselle in einem Bänerinnenrod nebst Schürze, eigen ist. Denn er ist einer jener Bräuche, der von der Selbst- und ein ausgestopftes Bauerniveib an die Butte gebunden. Der thätigkeit und Selbständigkeit einer Beit redet, wo jedes Schelm selber aber, in bunter Fleckeljade, einen aufgefrempten Hut städtische Gemeinwesen noch ein individuelles Gepräge trug. mit 4 Startenassen auf dem Kopf, schaute fröhlich aus der Butte und Und dann ist der Schäfflertanz ein Freudenbringer, wie nedte mit einer langen Wurst in der Hand die Passanten. 1802 er einst dem verzweifelten Voltsgemit als Bejahung des verschwand die Grethel" nebst dem alten Liedlein, das von Trommel Willens zum Leben entsprang. Das Zeitalter der Zünfte und Pfeife begleitet worden war. An ihre Stelle traten fortan zivci war auch das Zeitalter der Volksbräuche. Vor oder um die Hanswurſte. Zeit, da der Schäfflertanz in München   auffam, blühten dort allerlei Tanzbeluftigungen. So zogen die Schwertfeger der bayrischen Stadt Braunau   am Inn   alle acht Jahre nach München  , um zunächst in der Residenz, sodann in den Straßen mit Schwertern in den Händen vor allem Bolt ihre beluftigenden Tänze zu produzieren. Ferner zogen hier alljährlich die Schlosserlehrlinge mit einer ausgestopften Figur, dem" Jackel", herum; und der Mezgersprung, der in Nürn­ berg   1346 entstanden war, wurde schon lange vor dem Schäffler tanz, nämlich im Jahre 1426 in München   abgehalten, wo er auch noch jetzt alle drei Jahre stattzufinden pflegt.

Hatten nun also die Schäffler das Privilegium des Straßen tanzes   seither im Dienst der Fröhlichkeit ausgeübt, so ist doch kein urkundlicher Ausweis vorhanden, warum sie nur alle fieben Jahre tanzten. Jedenfalls sind für diesen Turnus andere Bunftfestlichkeiten und Bräuche vorbildlich gewesen. Der bayrische Historifer Westenrieder spricht allerdings einmal davon, daß die Schäffler uns Ende des 18. Jahrhunderts alle drei Jahre getanzt hätten. Im verflossenen ist mit Einschluß der gegenwärtigen Veranstaltung 15 mal getanzt worden. Es entspricht den fortgeschrittenen Zeitverhältnissen, noch mehr aber den technischen und physischen Anforderungen, wenn seither jedem Was nun den Ursprung des Schäfflertanzes betrifft, so hat Tanzjahr eine gewissenhafte Einstudierung monatelang vorausgeht. einmal spitfindige Gelehrsamkeit versucht, ihn mit dem von Numa Ist doch z. B. die Aufgabe des Reifschwingers ziemlich kompliziert. Pompilius zu Ehren des Kriegsgottes Mars gestifteten Orden der Sie gipfelt nämlich darin, daß er einen Reifen mit drei im Jumen Salier und falischen Jungfrauen in Rapport zu sehen, ohne freilich rande aufgestellten vollen Weingläsern so gefchickt über den Kopf und dafür Beweise erbringen zu können; der Umstand, daß der Schäffler zwischen den Beinen hindurchzufchwingen verstehen muß, daß kein tanz nur in München   Brauch war, beweist schon allein, daß er mit Tropfen verloren geht. Aber auch die tägliche Trainierung ist ans Sem Saliertanz feinerlei Verwandtschaft haben konnte. Ebenso gesichts der starken physischen Anstrengung, die die Tänzer zu bes wenig ist erim Gegensatz zu den wahrscheinlich später aufgewältigen haben, durchaus notwendig. Rechnet man auch nur zehn tauchten Tänzen der Frankfurter   und Salzburger   Weintüfer aus Aufführungen im Tage, was sehr wenig ist, so sind das in diesem Bunftfesten hervorgegangen. Sondern er ist, was er ist: ein spontaner Karneval doch rund fünfhundert Tänze. Man bente: in Schnee und Ausbruch der Lebensgeister im Bolle, und er verdankt schlechtweg Eis, draußen im Straßenlärm- feine leichte Aufgabe! Aber die der Bestepidemie seinen Ursprung. Fast unmittelbar auf den Frohnatur des Müncheners und sein Humor" überwältigen doch Tod des Kaifers Ludwig, der 1347 auf der Jagd, wahrscheinlich alles.- Ernst Kreowsti. vom Schlage, plöglich weggerafft worden war, trat neben allerlei sonstigen Naturereignissen, in München   eine Krankheit auf, die der Schwarze Tod" genannt wurde. Weihnachten 1462 erschien sie

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