Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 19.
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Sonntag, den 28 Januar
( Nachdruck verboten).
Das Weiberdorf.
Roman aus der Eifel von Clara Viebig . Sie waren unweit Schwarzenborn , ein starker Wind blies über die kahle Höhe; der Alte torkelte, daß er kaum sich aufrecht halten konnte.
Peter packte in fest unter den Arnt. Met Zönsen widder," rannte er ihm ins Ohranstatts zehn, fünnefzehn Dahler! Dat es en Geschäft, gäl? Hört Ihr dän Wind? Wie dän heult! Wann ech Eich loslaoßen, eweil fullert Ihr hei dän Berg erunner, bonz onnen bonz owen! Se können Eier Knöchelcher anzeln ufsuchen."
" Jesses!" Der Alte klammerte sich fest an den stüßenden Arm. Kriehn ech se dann aach widder, mein Dahler?" stammelte er ängstlich.
Uf Ehr on Gewissen," sagte Bittchen feierlich. Hopp! Gift Obacht, eweil kunnt Ihr dat Genick brächen, wann ech net derbei woar!"
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Es wurde ihr heiß, wenn sie an die Lustbarkeit dachte. Bittchen mußte mit ihr hingehen, er mußte hei, das würde fidel werden! Sie hielt den hübschen Kopf schief über ihre Arbeit geneigt und summte sich halblaut eins. Da knarrte die Thür; Peter trat ein.
Mit einem unterdrückten freudigen Jesses!" sprang sie ihm an den Hals.
Er war durchfroren, das Haar hing ihm, vom Nebel genäßt, in die Stirn.
Sie ließ ihn gar nicht zu Atem kommen.„ Bittchen, mir maachen morjen nao Oberfail, gäl? Dau giehst met mer danzen, gäl?" Sie flüsterte und drückte ihn heftig an sich. Wat dann?" Er sah sie verwundert an. Wie kömmste su im Momang dao druf? Wän hoat Dir dat in den Koap gesetzt?"
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Dat Tina waor hei," sagte sie hastig. Et saot, dau hättst em versproch, dau wollst et metholen nao Oberfail. Stuckite hei?" Sie hielt ihm die Wange hin, über deren weiches Fleisch sich ein scharfer Kratz zog mir haon en ordentlichen Diskurs gehaott. Aewer ech gien met, Jesses" sie machte einen kleinen Hoppser ech hören se schuns fideln! Gäl, Pittchen" sie blinzelte ihn mit schwimmenden Augen an mir gien daor?" Auf einem Stein am Weg framten sie den Beutel aus; Dat Tina, dat frech Mensch," murrte Peter und kratzte die Papierscheine schob Pittchen mit Verachtung zurück, aber sich mißmutig hinter den Ohren. Ech gien net nao Oberkeit, die harten Thaler, die drin waren gerade acht pacte ech haon fein Zeid!"
" Jeßmarijusep!" Der Alte knöpfte schon seinen Mantel auf; Bittchen half ihm dabei, allein konnte der Krummscheidt nicht mehr damit zu stande kommen.
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er mit Gier. Er betrachtete sie scharf. Lauter Thaler ver-„ Olau!" Lucia lachte ihm ins Gesicht, und dann sagte schiedener Prägung, schon durch viele Hände gegangen; die sie ernsthafter: Dän Küster waor hei, hän wollt siehn, wie Bildnisse verwischt, die Schrift nicht mehr leicht leserlich, das weit dattste als met dem Kronleuchter wärst." fein Gckerbte des Randes etwas abgegriffen. Er klopfte sie Peter zuckte zusammen. prüfend an den Stein. Waren sie auch echt? Sie gaben : keinen sonderlich hellen Silberklang mehr.
Mit einem tiefen Aufatmen, sehr befriedigt, steckte er sie in die Tasche. Dann führte er, sorgsam wie eine liebevolle Mutter, den jetzt völlig Sinnlosen den abschüssigen Weg ins Thal, leitete ihn gutmütig bis in die Schänkstube und half ihm sogar selber noch ins Bett.
Es war ganz dunkel, als er nach Hause ging. Zeih hatte ein Talglicht brennen; eine leere Flasche diente a's Leuchter. Sie hatte es auf den einzigen Schemel der Stube gestellt und kauerte davor am Boden, wie ein Türke, mit untergeschlagenen Beinen.
Josefchen schlief fest in feinem Weidenkorb; fein Gefichtchen mit dem unkindlich spißen Näschen und den wachs gelben Wänglein sah aus wie das eines toten Kindes.
Das armfelige Licht flackerte mit langer Schnuppe und staut abscheulich nach ranzigem Fett; auf dem Herd schwehlte Reisig, warf ab und zu einen aufzuckenden Schein über die Wände und saut dann jäh wieder zusammen. Das gab dent öden Raum etwas Leeres, Ausgestorbenes; die nackten Mauern glichen Grabmauern in der gespenstischen Beleuchtung.
Nur Zeih atmete volles Leben. Ueber ihrer Brust straffte sich die bunt baumwollene Nachtjacke, der oberste Knopf war nicht geschlossen, man fah die weiße Kehle schimmern. Aus den Flechten hatte sie die Haarnadeln gezogen, nun hingen sie ihr halbgelöst herunter und das flackernde Licht warf einen goldenrötlichen Glanz auf ihr Braun. So sah sie fast mädchenhaft aus trotz ihrer Fülle.
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Mit flinken Fingern framte sie in dem bunten Gelappe auf ihrem Schoß hier ein Bandflickchen, da ein Spitzenendchen es war rätselhaft, wo sie das alles aufgetrieben hatte. Nun langte sie neben sich und hielt die Taille des roten Sonntagskleides gegen's Licht an der Brust ganz - speckig gerieben, alle Nähte blank, der Stoff so fadenscheinig abgetragen, daß das Licht durchschimmerte wie durch ein Spinngewebe.
Gie feufzte- schade, daß das neue Nid nicht schon fertig war! Der Stoff war noch nicht einmal angekommen; was hätte sie sonst für einen Staat machen können, morgen zu Oberfail! Jammerschade!
Ein paar Augenblicke ließ sie die Lippen hängen, aber gleich darauf hoben sich die Mundwinkel wieder in einem vergnügten Lächeln. Ei was, amüsieren würde sie sich auch in dem alten Kleid, war nicht der schöne Gendarm da? Und wenn der nicht, dann waren doch noch andre da!
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Hän wollt et absolut wissen; hän saot, dän Hähr Pastohr däht em schicken. Wir wollten in de Kammer fucken, mir haon versucht-"
" Onnerstieh dech noch ehs!" Peter fuhr sie so heftig an, daß sie betroffen zurückwich. Mit großen Schritten eilte er zur Kammerthür, zog den Schlüssel aus seiner Tasche und stieß ihn ins Schloß, dann krachte er hinter sich zu; Zeih hörte, daß er zweimal herum zuschloß.
Er blieb sehr lange in der Stammer; als sie ihn zur Abendsuppe rief, war ein dumpfes Grunzen seine einzige Antwort.
Sie klopfte und schlug gegen die Thür: Bittchen, Hörste dann net? Bittchen! Eweil sollste kommen, Bittchen!"
Urplöglich, mit einer solchen Vehemenz trat er heraus, daß er ihr die Thür gegen den lauschend vorgeneigten Kopf stieß. Er beachtete nicht, daß ihr die Thränen in die Augen schossen; stumm und hastig schlingend verzehrte er am Herdrand das Mus und die paar vom Mittag übrig gebliebenen falten Schalenfartoffeln.
Als er satt war, kam eine ruhigere Stimmung über ihn; er ließ seinen heißen Kopf wie erschöpft an Lucias Schulter sinken und umfaßte sie. Dat waor en Strawag," stieß er unwillkürlich heraus, hährjeh!"
Tanz.
Wat dann?" fragte sie zerstreut; sie dachte nur an den
Ohne zu antworten, wühlte er den Kopf immer tiefer in sie hinein.
Sie strich mechanisch über sein Haar, vor ihren Augen drehten sich die Tänzer.
Er murmelte in sich hinein: Mer kann jao eweil dat Läwen net mieh mantenören." Und dann fuhr er plötzlich auf: Zeih, freu Dech!"
Dau giehst met mer nao Oberfail? O dau Bittchen!" Froh überrascht drückte sie ihm einen schallenden Kuß auf die Backe.„ Nao Oberkail!"
,, Gieh met wäm dattste willst! Laoß mer mein Ruh!" Er sprang heftig auf und eilte in die Stammer; wieder schloß er hinter sich zu.-
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Zum zweitennial schon wachte Lucia in dieser Nacht auf und noch immer lag ihr Mann nicht im Bett. Schlaftrunken rieb sie sich die Augen. Unter der Schwelle der Kammerthür stahl sich ein Lichtstreif in die Stube mur hörte sie auch drinnen noch hantieren, hastig hin und hergehen und unterdrücktes Fluchen.
Sie bedauerte ihren Mann
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was der sich plagen