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und all dem Krempel, und dann sind und dann sind sie jedenfalls| Sein Gehorsam hatte sogar etwas Lächerliches, Affenartiges: jeder Socialdeniofraten, und die" er spuckte aus. Sehen Rud, jede Bewegung des Körpers kopierte es, ins Groteske verzerrt. Sie, die Kerle sind die Attentäter, die Weiber in Eifelschmitt Seine plögliche, schnellende Beweglichkeit war unheimlich und machen die Hehler. Aber warte man! Weitgehende Recherchen Strecken, verschwand in einem Augenblick, tauchte jäh und unerwartet unnatürlich. Lautlos und gespenstig huschte es über ungeheure sind sofort in den Fabrikdistrikten anjestellt. Ja!" wieder auf, ging bald vorne, bald rückwärts an den Fuß seines Herrn geheftet und war ein nie müder, nie zu faffender Begleiter, den keine Macht der Erde verdrängen konnte, dem fein Fels zu steil, fein Abgrund zu tief war und der kein Hindernis kannte. Von diesem Tag an liebte der alte Mann, der keinen Freund besaß, feinen Schatten: er wurde ihm Freund und Spielzeug und der Vertraute all seiner stillen Gedanken. Er richtete es sich so ein, daß er seinen Schatten möglichst lange im Tage genießen fonnte. Er ließ die Rouleaus seines Fensters nicht mehr herab, damit die Sonne zu jeder Zeit hereinſcheinen konnte. Auf seinen Spaziergängen aber achtete er darauf, daß sein Schatten stets vor ihm herging.
Wat Sie schlau sind," sagte pfiffig schmunzelnd der Alte. " Ja, die Preußen! Die Berlinersch besonders, die hören et Fras wachsen! Ich würd' nu viel eher auf den Schlosser, den Miffert, en Verdacht habent. Dat is en schlau Luder un en geschickten Kerl. Da war neulich sein Frau bei mer und hat sich wat geld jeborgt. Von dem Momang, wo hier der Runior wejen dem falschen Thaler losjejangen is, rückt der Kerl niy mehr eraus. Is Ihnen dat nit sehr verdächtig?" „ Nanu? Hahaha!" Der Gendarm amüsierte sich föst lich; da sah man doch wieder, wie die Dummheit sämtlichen Eifelern angeboren war! Mein werter Herr Schmitz, haha, da sind Sie nett reinjefallen mit Ihrer Schlauheit! Der Miffert haha! Den kenne ich wie meine Tasche, der is das dümmste Luder, was existiert. Ne ne, haha! Na, morjen!"
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Kopfschüttelnd fah der Alte ihm nach,„ Grünschnabel," brummte er ziemlich respektlos und schlug das Fenster zu. ( Fortsetzung folgt.)
( Nachdrud verboten.)
Bein Schaffen. Skizze von G. Macasy.
An einem heißen Sommernachmittag faß er auf einer Bank im Stadtpark, von der er zugleich die Ringstraße und das Publikum des Parts überblicken konnte.
Als er sich erheben wollte, fiel ihm sein Schatten auf, der sich von der Bank ausdehnte und über den Kiesweg hinüberglitt. Bei den letzten Tischen, die vor dem Café im Freien standen, verlor er fich.
Im Caféhause fette er sich der Hige zum Trok in die Sonne und liebäugelte mit seinem Schatten und experimentierte mit ihm. Er ließ die Nase oder den Zeigefinger des Schattens in die Kaffeeschale des Nachbars tauchen und freute sich darüber, wenn jener ahmungslos feinen Kaffee trant. Oder die Hand des Schattens tanzte in die Tasche eines Ueberziehers hinein. Dann sagte er vor sich hin: Willst Du das wohl lassen? Num stiehlt der Kerl. Schämst Du Dich denn nicht? Wenn es ein Wachmanu sieht, arretiert er Dich und dann muß ich auch mit."
"
Wenn der Sonnenstand günstig war, berührte der Mund des Schattens auch oft die Wange der Kaffiererin, die hinter dem Büffett faß. Dann schaute er lächelnd hinüber und sagte bei sich:
" Diese Unverschämtheit! Auf seine alten Tage wird er wieder verliebt. Laß doch das Fräulein in Ruhe. Du Schuft! Siehst Du nicht, daß sie die Buderwürfeln zählen muß?"
Dann froch der Schatten gehorsam durch die Reihen der Gäste und legte sich am Fenster in die Sonne. Die Leute wunderten sich oft, wenn der alte Mann ohne alle Ursache vergnügt umherblickte oder lächelte. Bald aber wurde der Schatten für den alten Mann eine Quelle steter Sorge und Aufregung. Sobald er das Bett verließ, war sein erstes Geschäft, den Stand des Wetters zu untersuchen. An trüben, bewölkten Morgen bemächtigte sich seiner eine seltsame Unruhe und Bangigkeit, die sich steigerte, je geringer die Aussicht auf Bei lange anhaltendem Regen aber Sonnenschein wurde. wurde er fast frant. er Fortwährend trat zum Fenster und stellte Versuche au, ob die Helligkeit nicht wenigsten so groß sei, daß man eine schwache Spur des Schattens sehen konnte. War er im Freien und hielt gerade eine vertrauliche Unterredung seinem Schatten, während die Sonne hinter die Wolken trat, geriet er in namenlose Wut. Einmal schrie er laut in die Höhe: Was ist das für eine Gemeinheit! Wollt Ihr sie wieder durchlassen Ihr schwarzen Hunde?"
Wie seltsam. Bisher hatte er noch niemals seinen Schatten bemerkt, hatte überhaupt nicht daran gedacht, daß er einen Schatten besize. Um so wunderlicher wurde ihm jetzt zu Mute. Er setzte sich wieder nieder, und gehorsam schrumpfte der Schatten zusammen und blieb als unbeweglicher Knäuel vor der Bank zu seinen Füßen liegen. Sobald er aber den Oberkörper ein wenig aufrichtete, verlängerte sich der Schatten um das doppelte und nahm die ganze Breite des Weges ein. Das fam ihm so seltsam vor, daß er laut auflachen mußte. Nun lebte er sechzig Jahre und bemerkte im mit Alter zum erstenmal seinen Schatten. Sechzig Jahre lief er neben fo ihm her, ohne daß er sich befinnen konnte, ihn je gesehen zu haben. Gegen seine Gewohnheit blieb er länger fißen. Die Entdeckung feines Schattens vergnügte ihn. Bald bemerkte er, wie sich der Schatten langsam in die Länge zog, als die Sonne tiefer zwischen den Bäumen niedersant.
Damt fing er an zu erperimentieren.
Er beugte sich abwechselnd vor und zurück und suchte seine Bewegungen so genau zu berechnen, daß der Kopf des Schattens zu den Füßen einer jungen Frau zu liegen kam, die gegenüber saß und Kaffee trant. Sie bemerkte es nicht und er ließ den Kopf langsam hinauf gleiten, bis er ganz in den Falten ihres Kleides verschwand. Gleich darauf entdeckte er etwas Neues.. Als er sich aufrichtete und den Schatten über den Weg huschen ließ, kam ein kleiner Junge mit seinem Reifen einhergeramt. Die plögliche Bewegung des Schattens machte ihn stuzzig: vielleicht glaubte er, es habe sich ein Balken über den Weg geschoben. Einen Augenblick hielt er so inne, dann aber lachte er und rannte weiter. Das amüsierte den alten Mann. Er nahm sich vor, von nun an hier und da eines der Kinder mit seinent Schatten zu erschrecken. Das war ja nichts Schlimmes.
Sein, ganzes Leben hatte er sich nach seinem Schatten eingerichtet, den er zu allen Tageszeiten, sobald es schön war, spazieren führte. Jeder seiner Gedanken ging in der Sorge um den Schatten auf. Er ver schaffte ihm jedes Vergnügen, das er ersinnen konnte, und führte ihn überall dorthin, wo er vermutete, daß der Schatten sich amuſieren werde. In der ganzen Umgebung Wiens machte er Ausflüge mit ihm und vermied nur die Schluchten des Wiener Waldes und die Ausläufer der Alpen, weil da zu wenig Sonne war.
Dann kaufte er seinem Schatten neue moderne Hüte, die ihn besonders gut fleideten, und einen schönen Ueberzieher, der bis zu den Knöcheln hinabreichte und in dem der Schatten sehr vollkommen und behäbig aussah.
Eines Tages wurde er frank und mußte sich zu Bett tegen. Von diesem Augenblick an konnte er sich nicht mehr mit seinem Schatten beschäftigen. Nach acht Tagen hatte sich die Aufregung in ihm bis zur wahnsinnigen Angst gesteigert er bildete sich ein, daß sein Schatten an der Abzehrung leide und am Verlöschen sei. Der Schatten aber war länger und länger geworden. Eben Sein einziger Gedanke war, möglichst bald in die Sonne zu gehen, wollte er den Versuch machen, den Kopf des Schattens durch eine um seinem Schatten neue Nahrung zuzuführen. Aber dazu müßte tunstvolle Biegung des Oberkörpers bis zum Ausgangsthor zu er auf die Straße: in dieser Jahreszeit tam teine Sonne zu seinen schieben da setzte sich ein Arbeiter auf das andre Ende der Bank.
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Wütend erhob sich der alte Mann, machte einige halblante Bemerkungen über Frechheit und verlies den Park. Es war ihm, als hätte ihn jemand bei einer wichtigen Erfindung gestört.
Auf dem Heimweg sah er anfangs stets seinen Schatten vor fich und freute sich darüber wie ein Kind. Dann mußte er in Seitengassen einbiegen, welche die Sonne nicht mehr erreichte. Das empörte ihn.
Der Gedanke an seinen Schatten ließ ihn nicht mehr los. Sein Schatten erschien ihm als ein lebendiges Wesen, das getreu neben ihm herlief, aber beinahe unabhängig von ihm war. Die Sonne fonnte es erschaffen und vernichten. Bald war das geheimnisvolle Wesen groß und breit, bald war es lang und schmal. Bald bewegte es sich mit Blitzesschnelle ein Stück fort, bald blieb es träge und unbeweglich liegen. Und doch war es ihm stets gehorsam und war gleichsam sein Diener. Die geringste Bewegung genügte, ihn Leben zu geben. I
Fenstern.
Endlich hielt er es nicht mehr aus. Trotzdem ihm der Arzt auf das strengste verboten hatte, das Bett zu verlassen, schickte er am nächsten sonnenhellen Sonntagsmorgen seine Haushälterin in die Kirche und kleidete sich an, um wenigstens eine Viertelstunde ins Freie zu kommen. Mühsam troch er die Treppe hinab und zitterte vor Freude, nach so langer Zeit wieder seinen Schatten zu sehen.
Im Hausthor befiel ihn eine heftige Schwäche. Er lehnte sich eine Weile gegen die Mauer und verfluchte sein unseliges Geschick, das ihn seinen Schatten erst am Ende des Lebens kennen lernen ließ. Dann raffte er sich auf und machte noch einige Schritte auf das Hausthor zu.
Prüfend überblickte er die Straße
Wenn es ihm gelang, das jenseitige Trottoir zu erreichen, so bekam sein Schatten Sonne. Er hatte noch etwa fünfzehn Schritte. Und dann wollte er gleich umkehren.
Aber unter dem Hausthor befiel ihn eine neue Ohnmacht. Diesmal brach er zusammen.
Die Leute liefen herbei, um ihn aufzurichten- er war tot.
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