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Emile Zola , der in diesen Tagen die Grenzscheide des Mannesalters überschreitet er ist am 2. April 1840 geboren hat im Gegensatz zu den weichlichen Seidenrampen einer sich selbst genügenden Kunstbetriebsamkeit feinen Beruf stets so aufgefaßt, daß er in der Feder nur die Waffe sah, die wirksamste und edelste Waffe im Dienste der Kultur. Er fühlte sich als Anfläger, Richter, Prophet, der sich schriftstellerischer Mittel bediente, und der, wenn die Not ihn rief, den Schreibtisch verließ, mm im wildesten Gewühl der Oeffentlichkeit das Wort zu erheben. Der grandiose Darsteller des Gesamtbereichs der modernen Sittengeschichte in künstlerischen Einzelbildern ist zugleich ein thätiger Fortbildner der geschichtlichen Entwidlung ein Agitator großen Stils.
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und dem Schweiß proletarischer Arbeit. Er bohrt zu grimmig in stehen alles in hren Bereich gefräßige ungeheuer. Das wahn verzärtelte Nerven, und feine göttliche Schonungslosigkeit, die doch finnige Verbrechen, das in der bête humaine" genial mit der Humaner ist als alle gefalbte Caritas, erschreckt die milden Sitten, Glementargewalt der jagenden Eisenbahn verwoben wird, rafft un: die in Sanftmut Greuel jeglicher Art duldet. Und doch wäre der heimlich die Alleinherrschaft an fich. Giebt es noch etwas andres unter Rame dieses mächtigsten Tendenzdichters nach Jean Jacques Rouffeau, den Menschen wie die schmußige Gier des Banern in la terre"? würde Zola , der noch immer auf dem Index der Heinzepfaffen steht, Börse und Spekulation gründen in dieser raftlofen Seelenvanderung der würdigste Führer sein, wenn es der goethefierenden Abwehrtruppe der Welt eine weitere Form des Daseins die Aktie wird zum allder deutschen Intellektuellen um eine aufrichtige Teilnahme an dem herrschenden Gott. Der Krieg spinnt in Débacle fein Neg über die großen Befreiungskampf der Menschheit zu thun wäre. Erde. Und wein der Lärm vertobt ist, fehen wir die zarte Jungfran, die in religiöser Schwärmerei träumt, eine liebliche Vorbotin der Herrschaft des Kleritatismus, die dann sich drohend erhebt: In den Wunderwässern von Lourdes schwimmen die Hautfeßen der abergläubischen Krüppel, denen die fromme Wallfahrt wenigftens einmal zu einem Bade verhilft, und abermals erscheint es, als ob dies Bild den Inbegriff des Daseins erschöpfe. So giebt es im letzten Roman nur ein Thema, das jede Person der Dichtung Tag und Nacht ausschließlich beschäftigt: die zeugende Fruchtbarkeit. Aber all diese einzelnen Ausschließlichkeiten, deren jede eine u11= natürliche Nebertreibung ift, ergeben in der Gesamtheit eine Universaldarftellung unfrer Stultur, die an Kraft, Fülle, Tapferkeit und Wahrheit nicht ihresgleichen hat. Die zwanzig Bände der Rougon- Macquart, Zola hat seit Aubeginn im Kampf gewirkt. Zuerst mußte er die Trilogie über den Klerikalismus und die vier krönenden Evangegen Vorurteile und Verleumdungen, ein armer Teufel, seine gelien, deren erftes die Fruchtbarkeit ist und deren noch nicht erStunft durchsetzen. Der geschmähte und gehetzte Berfafferungich Schienene Folge die ideale Weltanschauung Zolas zur dichterischen tiger Schriften ist heute der am meisten gelesene Autor der Erde, Bollendung bringen wird, find eine moderne Danteske Wanderung deffen Schriften in Millionen von Exemplaren verbreitet sind; fie durch Hölle, Fegefeuer und Himmel, die enden wird in einem find sogar verstümmelt in unfaubren Nebersetzungen und schludriger Triumphgesang auf den erlösenden Socialismus. Ausstattung zum billigen litterarischen Lockartikel der Bazare geworden. Nachdem er aber derart siegreich seine fünstlerische Persönlichkeit durchgesetzt, ftellte er feine gewaltige Runft und feinen autoritären Namen ganz in den Dienst seiner Jdenle- ein mitten im gährenden Leben wirkender, von Staub und Schmutz der Straße bedeckter Kämpfer. Er ist der einzige große Dichter des Cocialismus, obawar nicht in dem strengen Sinn der wissenschaftlichen Theorie.
Kleines Feuilleton.
wunderbare
Joe.
g. Der Katalog. Gestern legte mir der Briefträger einen Katalog auf den Schreibtisch, den neuen Frühjahrstatalog eines vornehmen Kaufhauses. Ich habe ihn durchgelesen. Es war eine sehr Je mehr Zola feine Miffion erfannte, um so mehr befreite er intereffante Leftüre. Man fann fich so gut danach orientieren, was sich von dem lastenden Bessimismus des Gesellschaftskritikers. Der so ungefähr für einen modernen Menschen zum Leben nötig ist. Antläger ward zum Prophet, der Maler der grauenhaften Fäulnis Mein Katalog denkt an alle Bedürfnisse, er will die Kinder wie der Gegenwart zum gläubigen Ständer einer helleren Zukunft. Bon die Greise versorgen, die Frau wie den Mann. Für alle Schäße bereit, Rana" und La Terre", wo er die Gemeinheit der geschlechtlichen find feine oh Schätze! Begierde und die Berkommenheit des dich den Bodenbefit ver- Es ist unglaublich, wie man sich mit ihnen das Leben reizend und tierten Bauerntums schildert, ohne über die Anklage des Bestehenden angenehm machen kann. hinauszubliden, führt der Weg sonnenwärts zu feinem legten Roman Schon für das eben geborne Widelfind sind die herrlichsten Fruchtbarkeit": aus den entseglichen Bildern der Lebensverwüstung, Dinge vorhanden. Da giebt es Erftlingsausstattungen, in denen alle der Entweihung der Liebe und des Mutterschoßes der Frau und Hemdchen und Jädchen aus feinftem Batist gearbeitet sind, und lostder Erde wächst in der Feierlichkeit altbitlischen Pfalmenstile bare echte Spigen und seidne Schleifen die Tragebettchen, die Kleidchen das üppige Märchen von der ewigen Fruchtbarkeit hervor, die die und Häubchen umriefeln. Zierliche Korbwiegen mit seidnen Vorhängen befreite Liebe und der erlöste Boden erzeugt. Die durch die moderne und weichen spizzenbedekten Daunentiffen stehen bereit, des Babys Schlaf Barbarci zertretenen Stenne quellen auf, der vergendete Samen reift zu hüten. Und wenn es größer wird, wie reizend ist nicht sein Spielau( Kraft, Schönheit und Ghild, und ein Strom von mütterlich zimmer eingerichtet. Es braucht nicht auf den falten Dielen zu fizen, nährender Milch ergießt sich über die Techzende Gesellschaft. Man es hat seinen Spielteppich. Das ist eine prächtige weiche Dede, die Hat Bola miturecht vorgeworfen, daß er in diesem hohen Liede ganz und gar mit bunten Bildern bestickt ist. Es hat auch seinen fruchtbarer Liebe die wirtschaftlichen Ursachen der Lebenszerstörung eignen fleinen Waschtisch mit zierlich bemaltem Geschirr, fein geüberfehe. Er hat nur in fünstlerischer Abficht, um lein blaffes ftidies Handtud), jei bequemes Stühlchen, sein Tischchen, selbst sein Zukunftsbild entwerfen zu müssen, den Widerspruch nicht gescheut, Tafelgeded ans feinem Linnen. das Ideal unmittelbar in die Schrecken der Gegenwart hineinzustellen, obwohl die von ihm wohlerlennie Borbedingung der Berwirklichung- die socialistische Ordnung noch nicht ge Und Frende hat auch der erwachsene Mensch. Wundervolle Sachen geben ift. sind für ihn da. Schon allein die Ausstattungen für die junge Braut! Zu jedem Roman hat Jola, das ganze moderne Dasein er- Diese Toiletten, cine immer loftbarer als die andre, und selbst die, schöpfend, ein besondres Eckchen der Welt so dargestellt, daß der Winkel Wäsche und die Strümpfe aus allerfeinster Seide 1. zur ganzen Welt, der kleine Ausschnitt zum gewaltigen All wird. Und wie behaglich fann man sich sein Heim nicht machen, wenn Die Dinge, Einrichtungen, Begierden dieser heutigen Menschheit man den Empfehlungen meines Katalogs folgt! Was giebt es da werden in symbolischer Verförperung zu Helden seiner Dichtungen, nicht für prächtige Teppiche, ganz echte Perfer" schon für ein paar das menschliche Personal aur bloßen Staffage. Er nimunt eine hundert Wharf. Und die Vorhänge für die Fenster, wie spinnewebfein einzelne Zelle unter das Weitroffop und schildert fie nun als ein breiten sie sich nicht aus, wie gediegen und schier heben sich die Universum. Dadurch erhält seine Darstellung etwas Ueber- dunklen Sammetportieren ab von dem zarten Fond der goldfarbenen triebenes, Neberlebensgroßes und Ueberhittes. Statt des Spachtelgardienen. Ein wahres Wunderwerk von Seide und Spitzen, zerftrenten Lichts, das über den Dingen der Wirklichkeit schtvebt, laden die herrlichen Bruntbetten zu erquidender Raft. steftt er feine Welt in den sengenden Strahl des Brennpunkis. Er Träume nicht doppelt angenehm sein, wenn man sie auf Kiffen fennt feine diskrete Tömung, sondern malt mur mit brennenden, oft träumt, von denen jedes seine zwanzig bis dreißig Thaler foftet? brandigen Farben. Aber durch diese Konzentrierung. Wereinfachung Und daneben all die andern Nichtigkeiten, die doch so reizvoll und künstliche Berdentlichung erhält seine Kunst das Gigantische, das sind, wenn man sie hat. Die Toftbaren buntgewirkten Deden für aus der Reihe seiner Nomane eine große divina comedia" des Tische und Tischchen, die leuchtenden Damastgewebe für die festliche allein modernen Lebens geftattet. Der einzelne Roman vertieft und ver- Tafel. Die zierlichen Körbe, Ständer und Etageren, die größert den besonderen Stoff dermaßen, daß nichts in der Welt mehr zu existieren scheint als diese eine Zeilerscheinung.
Das Tostet alles zusammen zwar viele tausend Mart, aber das Kind hat doc) Freude daran!
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er zählt sie alle, die Neuheiten", mit denen man sich das Leben berschönen kann? Nicht einmal das warme Deckchen für das Vogelbauer ist vergeffcu. Gute Nacht, liebes Mätzchen!" steht in zierlichen Buchstaben darauf, und dabei ift folch Ding schon für fünf Mark zu haben
Aber:„ Das wäre alles nur für reiche Leute! An die Armen hätte mein Katalog nicht gedacht?" Gemach, er denkt auch an die Armen Er weiß ganz genau,
Im Totschläger" ist der Alkohol Held des Nomaus. Giebt es noch etwas andres als Schnapsgerich und Zufetelend? Der ganze Inhalt des Lebens erschöpft sich, so scheint es, in den Delirien dieses Giftes der Not. Das Silavenreich der Dirne thut sich in„ Nana" auf, die gleich der antiken Zauberin alles in Schweine verwandelt, was ihr naht. Der ganze Erdball wird zu einem Lotterbett, in dem fich, unerfättlich unividerstehlich, die weißen Glieder eines Riesen- daß es eine lange Reihe von Menschen giebt, die weder Spizenhemden weibes breiten. Eine Wolfe schwarzen. Sohlenstaubs ist die tragen, noch in seidenen Betten schlafen, Menschen, die in harter Welt von Germinal ", und in dem Kohlenstaub Iriechen Arbeit kaum einmal das Salz zum Brot verdienen. Er weiß aber ameijengleich sicche Arbeiter. Das bürgerliche Wohnhaus, das auch, daß die Großen, die Neichen Mitleid haben mit den armen im Pot Bouille" gezeigt wird, hinter dessen chrbaren Wänden Brüdern, daß es ihr innigstes Sehnen ist, ihnen wohlguthun und vom Parterre bis zum Dach das Lafter auf Raub anszieht, wächst mitzuteilen". Darium hat er denn auch unter allem andern eine und wächst, bis es das Haus der bürgerlichen Gesellschaft wird. Rubrik für Wohlthätigkeitsgeschenke. In dem dicen, hunderts Die Früchte und Fleischwaren der Markthalle, die blendenden Stoffe fünfzig Seiten starken Band sind ihr sogar dreißig Zeilen einges des großen Warenhanjes türmen sich bis zum Himmel auf und sämmt. Ganz am Ende ift fie zu finden. Dicht unter der Empfehlung
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