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ehemaliges Bauernhaus. In der einen Stube wohnte der ehemalige Besizer des Hauses, Miezings Vater, der jetzige Tagelöhner Balte, mit seiner von der Gicht geplagten Frau und seinen vier Kindern, Miezing und ihren drei jüngeren Schwestern. Sämtliche andren Räume des Hauses waren auch je von einer Familie bewohnt. Selbst die Küche war zu einem Wohngelaß hergerichtet.
Der Jnspektor riß die Thür zu Balles Stube auf. Die Mutter war eben dabei, die Kartoffeln zum Abendessen abzuwaschen. Sie lief ihm voller Haft entgegen, über die vom Schwamm zerfressenen Dielen humpelnd. Der Vater aber blieb ruhig am Fenster figen. Hier war seine Stube. Er hatte noch etwas vom Bauernstolz. Hier hatte er zu befehlen.
Und als der Inspektor sein Anliegen hervorgesprudelt hatte und verlangte, er solle seinen Töchtern befehlen, daß sie im Dorf, auf dem Gut blieben, fragte er ganz gemütlich:" Un de ann'ern Mächen? Nig'en fiene, Staufe'n fiene un Held fiene?
Die müssen auch hierbleiben!" behauptete der Juspektor. " Da will'd doch ma de Ollschen hör'n", meinte Vater Balfe gefchäftsmäßig. Er ging nach dem Flur. Dort hatten sich schon die alten Leute zusammengefunden. Des Inspektors Erscheinen im TagLöhnerhaus war ein Ereignis, das gemeinsam besprochen werden mußte.
Vater Balte sette ihnen das Verlangen des Juspettors auseinander und fügte mit gehobener Stimme hinzu: Miene Mächens tönn'n maken, wat se Lust häwiven."
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Jau, jau, unse ook," meinten die andern schüchtern.
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„ Bin ich, Herr." Und er wendet den Kopf herum mit der Ge berde eines Schwerhörigen.
Also, Sie sind Herr Leboeuf , schrie ich laut, der Pflanzens züchter für die Kolonien, der, wie das Adreßbuch fagt, alles pflanzt, Katao, Kaffee, Kautschuk, Pfeffer, Vanille, Sie sind der Mann, der unfern Kolonien, dem Kongo und den meisten Kolonialgesellschaften liefert? Stimmt!"
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" Aber unsre Imgebung hat wahrhaftig nichts Tropisches. Da ist der Dom von Herz- Jefu, unten liegt Paris , Blignancourt, Auber villiers , Saint- Denis . Woher nehmen Sie Ihren Kaffee und die Kautschukbäume?"
Lieber Herr, ich kann Ihnen nur sagen, daß ich im vergangenen Jahre aus diesem kleinen Garten 3 200 000 Tropenpflanzen aller Art verschickt habe. Heute wachsen fie in Australien , Neu- Kaledonien , Merito, am Kongo , in Madagaskar . Diese fleinen, zierlichen Bariserinnen, die bei mir ihre Kindheit verlebten, verreisen mit der Bahn und dem Dampfer, in Segelschiffen, und ich habe auch Tragläften, die für Kameelfracht bestimmt sind."
Wir traten in die Gewächshäuser ein, drei lange Tunnels, die in der Erde liegen und in denen eine feucht- warme Luft herrschte. In gewöhnlichen Blumentöpfen standen da in langen Reihen zarte flänzchen, Schlingpflanzen und andre, die wie Polypen ihre Arme ausstreckten. Das hier sind Orchideen. Es find Neuankömmlinge. Ich kenne ihre Blüten noch nicht und da wird's manche UeberCraschung geben. Sie bilden die Poesie unsres Geschäfts. Achtung, Der Zuspektor wurde ganz nervös. Wollten diese Menschen Achtung, Sie treten ja auf den Kautschut." Nichtig, lagen da am denn nicht begreifen? Nu, denkt doch bloß nach?" fagte er ver- Boden eine Menge Körner des Kautschukbaums, die in der warmen zweifelt und schilderte ihnen die Fallen und Schlingen der Groß- Luft feimten. Auf Gestellen stand vor mir ein ganzes Forstmuseum, stadt. Irwälder in Miniatur. Da gab's Ficus elastica( Gummibanm), Th," beharrte Vater Valle, vahungern dhaun se da oot nich. Manihot utilissima, bie Brotflanze Afritas, die Hevea, der KautschulSchlechter as hie föm'n se't nich hawwen. Neschlechter nich!" baum Brasiliens , mit kastanienähnlichen Blättern, Castilloa elastica, " Dat stimmt, dat stimmt!" sprachen die Zuhörenden überzeugt der Kautschukbaum der vulkanischen Berge von Costarica , verschiedene zueinander. Arten der Landolphia, der wichtigsten Kautschukliane des tropischen Da verließ den Inspektor alle Ruhe. Jetzt wollte er es noch Afrika . Da standen alle Arten von Kaffeebäumen, der kleinmit Gewalt versuchen. blätterige vom Gobun, der großblätterige aus Liberia . Junge „ Dann schert Ihr Euch auch alle zum Teufel!" schrie er und Kokospalmen streckten ihre ersten, noch nicht gefiederten Blätter stampfte mit seinem Stock auf. empor. Die ältesten Pflanzen waren noch nicht eine halbe Elle hoch. Hr. Leboeuf erzählte, während ich die Pflanzen bewundere, eine föftliche Geschichte von einem jungen Kolonial beamten, der in seiner Kolonie eine Kaffeepflanzung anlegte. Aber der Kaffee, den er gekauft hatte, schien nicht mehr feimfähig gewefen au fein. Ane Mühe war vergebens. Entrüstet teilte der junge Beamte dies dem Kaufmann mit, von dem er die Sämereien entnommen hatte; der Kaffee fei nicht aufgegangen. Aber Sie luglücksmensch der war ja gebrannt!"-Unter herzlichent Gelächter trennten wir uns, ich mit ehrlicher Bewunderung dieses einfachen Gärtners, aus dessen Gewächshäusern die halbe Welt sich mit Kulturpflanzen für die Kolonien versorgt.Münch. Allg. 8tg.")
Einen Augenblick war alles still. Er glaubte, das richtige Mittel angewandt zu haben, an seinem Ziel zu sein.
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Da sagte Water Balle mit leisem Lächeln: Is gaud! Js gand! Schlechter as wie hie, is det ook nich in de Stadt. Ne schlechter nich." Ne, ne dat stimmt; wi ziehn ook; wi treffen ook!" schrien die andern Hansbewohner dem Inspektor zu.
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Der wollte noch einmal auffahren. Aber als er in die entschlossenen Gefichter der Männer sah, ging er hinaus, ohne weiter ein Wort zu sagen.
Auch hier war seine Absicht in das Gegenteil umgeschlagen. Num hatte er, austatt die Mädchen zu gewinnen, auch noch die Eltern bertrieben.
Woher sollte er mun Ersatz schaffen für diese vielen Hände? Was denen nur einfiel? Er konnte fich wirklich nicht erklären, was für Gründe sie hatten. Er war doch gewiß nicht schuld
daran
Er drohte heimlich nach dem Dorfplatz hinüber, wo die Dörfler Inftig durcheinander wogten. Ihre Nachfolger wollte er schon ftrenger nehmen. Die drüben hätten es mir zu gut gehabt. Darum waren fie auch so übermütig geworden. Aber das sollte fich jetzt gründlich ändern, gründlich ändern!
Kleines Feuilleton.
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k. Ein Narrendorf. Jn Laos, im franzöfifchen Indo- China , findet man, wie Dr. Lefèvre, der Arzt der Kolonien, in der„ Nature" mitteilt, ein Narrendorf, das in seiner Art einzig ist. In dieser ganzen schwachbevölkerten Gegend findet man mir ein einziges Dorf, das 300 Häuser zählt, und dieses ist Ban- Keune am Namngume, das Dorf der Narren. Gerade der seltsamen Zusammensetzung seiner Bevölkerung verdankt das Dorf seinen verhältnismäßig großen auf Reisen trifft man nicht selten Männer, Frauen oder Jünglinge, Umfang. In Laos find Fälle von Wahnsinn überhaupt häufig, und die von dieser Krankheit befallen find; dieselbe zeigt sich häufig darin, daß die Kranken glauben, einen Büffel im Leibe zu haben. Unter dem Einfluß dieser Wahnidee begeht der Pipop", der Bes feisene, allerhand Extravaganzen und richtet sogar Schaden an. Seinte Nachbarn suchen sich dann seiner zu entledigen und ihn aus dem Dorf zu entfernen. Man verbannt ihn also nach Ban- Kenne, versichert sich aber vorher, daß er auch wirklich Bipop" ist, was man durch ein an Gottesurteil erinnerndes Verfahren ermittelt; man bindet ihm Hände und Füße und wirft ihn ins Wasser. Schwimmt er oben auf, so ist er nicht beseffen, geht er dagegen auf den Grund, so ist er der Verbannung geweiht. Während dieses Untertauchens wird er natürlich bewacht, und im letzteren Fall sofort herausgezogen. In Narrendorf leben mun diefe Unglüdlichen, heiraten untereinander und erzeugen Kinder. So ist es ihnen gelungen, eine Kolonie zu bilden, die nicht nur eine ziemlich beträchtliche Bevölkerung hat, sondern auch relativ blühend und reich ist; denn sie allein bringt dem französischen Protektorat jährlich tausend Piaster Steuerit.
Musik. 18/01
Kaffeebau in Paris . Pierre Mille macht im Temps" eine sehr intereffante Enthüllung: Die Kolonien und zivar nicht nur die franzöfifchen erhalten den Hauptstanım ihrer Kulturpflanzen aus Paris , Kaffee, Kakao, Ficus n. a. ch fragte nach der Impasse ( Sadgaffe) Girardon."" Impaffe Girardon?" fagte der Polizist. " Doch, ich weiß. Ist in Montmartre oben. Sie nehmen die Nue des Martyrs bis zum Divan Japonais, dann die Rue des Abesses, Place des Abesses, Rue Ravignan, immer bergaufwärts. Ei, Sie haben ein Rad? Das ist fatal, um den Berg hinanzukommen. Auf der Rue Ravignan sehen Sie eine Treppe. Dieje Treppe rauf, dann Rue d'Orchamps. Immer weiter. Dann Moulin de la Galette und da haben wir schon die Rue Girardon und das neben Impasse Girardon." Ich machte mich also auf den Weg. Je weiter ich anstieg, verringerte sich die Civilisation, d. h. fie nahm einen etwas einfacheren Anblick an. Die Häuser waren nicht mehr Während unser Musilleben nach dem Schluß der gut bürgerfünf Stock hoch. Bäume gab's auch. Gras wuchs zwischen den lichen„ Saison" noch immer in zahlreichen, doch großenteils weniger Steinen, Gärten dehnten sich aus, und ein scharfer Wind schüttete inhaltreichen Konzerten weiterschreitet, hat vorgestern der eifrige mir einen Schauer von Kirschblüten auf die Schultern. Frauen und Berliner Tonkünstler- Verein( freie musikalische Männer famen vorbei; wie auf dem Dorfe trugen sie dide, große Bereinigung)" mit seinem zwölften und letzten Vortragsabend Gebetbücher in den Händen. Ja, Montmartre wird verlemndet, eine Vorführung producierender Künstler gebracht, die so weit über denn man ist hier fromm geworden, geht abends nach dem unsern musikalischen Alltag hinausreichte, daß wir, was sonst an diesen Moulin de la Galette, morgens aber in die Herz Jesu Kirche. Tagen an Eindrüden zu gewinnen und nicht zu gewinnen war, das Schließlich bin ich in der Impasse; hier ist man ganz auf hinter im Augenblick zurüdstellen müssen. Vou den fünf für diesen dem Lande. In der grünen Hecke eines fleinen Gartens ist eine Abend ausgewählten, teils weniger, teils gar nicht bekannten offene Thür. Ich bemerke einen Mann, der mit großer Bartheit Romponisten traf allerdings einen besonders intereffanten, wenn eine Pflanze aufbindet. gleich durch extreme Weise einfeitigen, Wilhelm Maute, das Unheil, daß sein Sänger im legten Augenblick frank wurde und
Monsieur Godefroy Leboeuf?
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