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Gebr. IIstein( wimmernd): Wir sind pleite!. Barbier: Ja, es wird jräßlich tagen. it's nich' n Standal, daß die„ Berliner Zeitung "' ne Notiz über'n Kaiser bringt, jänzlich ohne schneidije Kritik? Ist das demokratisch? Das ist elende Byzantinerei. Schämt sich das Blatt nicht in sein jammervolles Jewissen hinein?" 15
Scherl( stöhnend): Es giebt keine Männer mehr! Gebr. Ulstein: Bleite, pleite, pleite!
Barbier: Das Allerschrecklichste wißt Ihr noch nich' n mal. Diese janze Nummer der Woche" ist ohne die jeringste Hofdame. Dafür erlaubt sich aber dies moderne Orjan in' ner Jeschichte Dinge zu berichten, die jeradezu in sonem ordinären Böbelblatt wie der Morjenpost" stehen könnten! Ist das, frage ich,' ne Art?
Scherl( mit rollenden Augen, ächzend): Das ist zu viel, das ertrage ich nicht.( Eine Weile herrscht furchtbares Schweigen im Konferenzzimmer). Gebr. IIstein)
Scherl
stein( zufammen): Leeebh!!!
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schrift:„ Das Licht aus dem Westen." Außerdem zwanzig Originals photographien vom Kriegsschauplatz. Barbier: Dreißig.
Scherl: Gewiß, lieber eine mehr als weniger.
Gebr. IIstein: Aber, werter Herr Levy, vertauschen Sie nicht wieder die Manuskripte.
Levy: Wird alles richtig gedeichselt werden. Scherl( gähnend): Ist sonst noch etwas los? Barbier: Nein.
Gebr. IIstein: Doch! Wir möchten noch eine wichtige Frage anregen. Wir beherrschen ja mum Gott sei Dank den journaliftischen Markt ziemlich. Aber es sind immer noch bedauerliche Lüden in unserm Geschäft. Wir sind auengherzig-Scherl
Levy Barbier
Wie? Zu engherzig?
Levy( händeringend, auf die Knie stürzend): Gnade! Gnade Ein unglückseliger Zufall ich habe nur in der Eile die Manuskripte verwechselt, sie sind in die falschen Blätter gekommen. Barbier( großmütig): Na, wenn's so ist, dann, Aujust, be- ir dürfen nicht so engherzig sein. Wir müssen den jnadigen wir ihn wohl.
Scherl: Abgemacht!
Gebr. IIst ein: Einverstanden!
Levy( schluchzend): Heißen Dank.
Scherl: Welches Thema steht nun augenblicklich in Border
grund des Interesses?
Barbier: Transvaal ist langweilig geworden. Die Voeren ziehen nicht mehr. Jetzt sind die Boyer dran. Wir müssen China poussieren.
Gebr. Ist ein: Sehr richtig.
Schert: Also, lieber Herr Levy, wie denken Sie sich unsre Stellungnahme zu dieser Frage?
Levy( nachfinnend): Schicken wir also zunächst einen Specialtorrespondenten ab.
Gebr. Ulstein: Wie weit soll er geschickt werden? Wir denken, London genügt. Daher läßt sich schon ausreichend direkt aus Peking und Tientsin special fabeln.
Scherl( gönnerhaft): Sie sind noch nicht recht an unfren durchaus vornehmen und reellen Betrieb gewöhnt, meine Herren. Wir schicken direkt nach China . Geld spielt keine Rolle.
Gebr. III stein( überrascht): Wirklich bis China ? Dann würden wir aber doch die Wahrheit sagen, wenn wir die Telegramme aus Tientsin datieren.
Scherl: Inire Mittel erlauben uns die Wahrheit! Gebr. Ullstein: Wir kennen einen gewandten Handlungsreisenden, der würde die Sache billig übernehmen.
Scherl: Wo denken Sie hin! Es wird ein General 3. D. engagiert.
Barbier: Einer? Mindestens zivei! Ein Generallientenant, der ins Lager der Boyer geht, ein Generalmajor, der aus dem europäischen Konzert der Mächte telegraphiert.
Scherl: Du hast recht, zwei sind das mindeste. Gebr. Ullstein( ängstlich): Das wird aber eine Stange Gold Toften. Scherl( lachend) einbringen, meinen Gie. Wetten, daß? Na, und wie denken Sie sich. Herr Levy, unsre Stellungnahme? Levy: Im„ Lokalanzeiger" werden wir zunächst einen Appell an die gepanzerte Faust richten. Ich denke doch, daß wir in diesem Fall eine Meinung äußern dürfen?
Barbier: Aber gewiß, über China hat der„ Lokal- Anzeiger" allemal' ne Meinung.
Levy: Wir werden dann weiter an die Mächte die Auf forderung richten, sich zusammenzuschließen und energisch dreins zufahren.
Gebr. Ulstein: Famos!
Levy: Die Boyer werden naturgemäß im„ Lokal- nzeiger" als eine Notte von verbrecherischen Fanatikern erscheinen, die mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden müssen..
Scherl: Sind sie auch!
Levy: In der Feldpost" werden wir uns begnügen, unfren braven, blauen Jungen unsre immigsten Wünsche über's Meer zu rufen, eingedent der Ehre, Macht und Größe des Vaterlands. Scherl: Sehr gut!
Levy: Die Morgenpost" wird in den bedauerlichen Borgängen das eine Gute sehen, daß fie endlich die mit einander Hadernden europäischen Völker vereinigen. Ausblick auf den ewigen Frieden.
Barbier: Jelungener Jedanke, wird aber ziehen.
Gebr. Ullstein: In der That, zu engherzig! Wir lassen uns dadurch die wertvollsten Gelegenheiten entgehen, unser Unternehmen auszubreiten. Wir erinnern nur an den Konizer Nitualmord. Wir können versichern, daß nur die Berichte interessieren, die ausführlich und gläubig die Ritualmordverschwörungen poussiert haben. Antisemitismus in unsern Geschäftsbetrieb eins beziehen! Sonst stehen wir in den Zeiten von Ritualmorden nicht auf der journalistischen Höhe, die wir uns schuldig sind. In die Ertvägung aller dieser Umstände beantragen wir also Staatsbürger Beitung anzukaufen und dann sofort zwei antisemitische Rechercheure nach Konig zu entfenden.
Scherl( begeistert die Gebr. Unftein umarmend): Göttlicher Einfall! Ihr habt Euch selbst und mich mit diesem Gedanken über troffen. Barbier( schmunzelnd): Ihr macht Euch, Kinder! Ich werde die Unterhandlungen sofort einleiten,
Scherl: Und Sie, Herr Levy, werden Sie die Redaktion der Staatsbürger- Beitung" auch mit übernehmen können?
Levy: Aber selbstredend! Das hat mir ja längst gefehlt. Alle( jubelnd): Auf, nach Konik! Hepp, hepp, Hurra! Joc.
Kleines Feuilleton.
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d. Die prächtige Suppe. Uff da wäre man endlich!" Sie warf die Handschuhe auf den Küchentisch, knüpfte die Hutbänder auf und ließ sich schwer auf die hölzerne Scheuerbant fallen. Ihr rundes, wohlgenährtes Gesicht glühte vor size. Ist denn die Minua noch nicht hier?"
Die alte Frau, welche am Kichenfenster stand und einen schweren Tupfernen Steffel scheuerte, sah auf: Nee, is se denn nich mit Ihnen jekommen, Frau Oberlehrer?"
" Ich bin ja mit der Elektrischen gefahren. Gehen bei der Hize! Nein, das kann mir wirklich keiner zumuten!" Sie lachte auf: Aber ich hab' mich doch noch unten eine ganze Weile mit der Schlächterfrau unterhalten sie könnte längst hier sein, möchte wissen, wo sie wieder bleibt hat gewiß wieder irgendwo was zu klatschen!"
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" Na, es ist doch ein ziemlicher Weg von die Markthalle bis hier," begütigte die alte Frau.
„ Šie tömte aber trotzdem hier sein." Fran Oberlehrer warf den Kopf zurück und steckte die Hutnadel wieder in den abgenommenen Hut. Wie weit sind Sie denn nun eigentlich, Reglern?"
„ Na, die Stuben hab' id fertig, bloß man noch die Küche, aber da is ja auch nich mehr viel. Die Bretter oben und' s Porzellan is allens reene. Nu noch' 3 Kupfer, da hilft mir denn wohl die Minna wieder?"
„ Na, ich glaube nicht, daß fie hent dazu kommt, sie soll noch plätten und auch nach der Leihbibliothek gehen. Wenn es morgen reguet, wollen wir wenigstens Sonntagslektüre haben. Aber da ist fie ja endlich!"
Draußen ertönte die Klingel, die alte Frau ging hinaus und öffnete. The auf dem Fuße folgte das Dienstmädchen. Sie trug einen schweren Marktforb, reich beladen mit jungem Gemüse und andren Herrlichkeiten. Aufteuchend setzte sie ihn auf den Küchentisch und stützte sich dagegen:„ Nee, so'ne Hitze."
" Na, da sind Sie ja endlich!" Frau Oberlehrer trat zu ihr. Aber mu' mal rasch, rasch, auspaden. Die Stohlrabi tragen Sie nach der Speisekammer, die essen wir doch erst Montag. Der Spargel kann gleich hier bleiben, den müssen Sie nach dem Abendbrot putzen. Sehen Sie mal, Reßlern, schöner Spargel, nicht wahr?" Sie hielt ihr die drei dicken Bündel entgegen." Levy: Ji der Berliner Zeitung " werden wir eine schneidige „ Ja fehre schöne." Die alte Frau nahm ein Back und Attade gegen die ganze abenteuerliche Weltpolitik ausführen. Das wog es prüfend, so weiß und zart, aber der Spargel ist dies Jahr find die Folgen der deutschen Eroberungspolitit, der uferlofen Flotten- tenter!" pläne. Die Boyer- Bewegung ist ein nationaler Freiheitskampf der Chinesen, die sich mit Recht gegen die Fremdenüberflutung wehren. Thun nichts, als was wir Deutsche nach Jena gethan. Prophezeien große Katastrophe.
Scherl: Famos. Uub„ Die Woche"?
Levy: Bringt' n Artikel von irgend einem Profeffor mit weiten Perspektiven, Weltverteilungen und Flottenbegeisterung. Das Recht der Kultur gegenüber der chinesischen Rückständigkeit. Ueber
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ja
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Ach, alles ift tener, gar nicht zu sagen! Zwanzig Mark Habe ich mitgenommen und was bring ich wieder? da, Frau Oberlehrer schüttete ihre Börse ans ausgerechnet fünfundvierzig Pfennige. Wo find denn übrigens die Tauben, Minna? Mein Gott, die liegen ja ganz unten!"
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Na, es sind ja nur die paar Nadieschen draufgefallen!" Das Mädchen nahi das Geflügel heraus die soll ich wohl gleich in den Eisschrank legen, nicht wahr?"