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Und dann fangen fie erst um sechs Uhr an und hören schon

jährigen Geschichte mehr als einmal erprobt. Es war zu ihrem Schaden und sie sind allemal davon zurückgekommen. Jenem um fieben Uhr wieder auf!" andern Fortschritte aber, der in immer feinerer Ausgestaltung, in immer höherer Entfaltung des Vorhandenen sein Genüge findet, dem huldigen auch fie. Auch hat es ihnen nicht an weltstürmerischen Dentern gefehlt, die alles in Frage stellten."

Und wenn es noch das Geld allein wäre", warf die Registrator­frau ein, aber die Verpflegung, die solch ein Weib beansprucht, man möchte ihr aufwarten, wie einer Kommerzienrätin!"

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Na natürlich", die Postsekretärin nickte zustimmend: Belegte Stullen zum Frühstück und Bier zum Mittag, anders geht es ja nicht." Und füßer Kaffee!"

Nun gewiß füßer Staffee!"

Chinas Politik war von jeher und bis in die neueste Zeit vor wiegend eine innere. Das alte Kulturvolt, an Zahl und Gesittung seinen Nachbarn weit überlegen, durfte fich mit friedlichen Annexionen begnügen. Mehr als einmal ist es geschehen, daß die Fremdlinge, die erobernd einbrachen, gute Chinesen wurden. Man redet viel Man kann es sich aber doch etwas billiger einrichten-" die von der Schwäche der chinesischen Militär- und Polizeimacht, rühmt Kanzleirätin nahm eine etwas, triumphierende Miene an, wenn ich den friedlichen Sinn, die Intelligenz, den Fleiß, die Mäßigkeit des die Waschfrau habe, foche ich immer Erbsen mit Speck, oder Brüh Volkes, wohl auch der Festigkeit feiner Familienbande und den kartoffeln, das kann man recht schön lang ziehn. Wenn die Leute Unterthanengehorsam. Was sonst noch etwa fehlt, um die Langlebigkeit und nur recht viel auf dem Teller haben, wie es gekocht ist, verstehen sie das Gedeihen des riesigen Reichs zu erklären, das schreibt man ja nicht." leichten Herzens auf Rechnung des vielbeschrienen geistigen Still Na und zum Belag kann man ja billige Wurst nehmen, Zwiebel­stands; man höhnt: das hält zusammen, weil es nicht die Kraft wurst oder Mettwurst, die läßt sich ausschmieren." Die junge Lehrer­hat auseinanderzufallen. Was man aber vergißt, ist die frau wollte auch gern als gute Hausmutter gelten. hervorragend staatsbürgerliche Begabung des Chinesen, sein Aber denken Sie nur nicht, daß es sich alle so gefallen lassen," Sinn für Ein- und Unterordnung und jenes unvergleichliche die Registratorin beugte sich vor ich sage Ihnen, sie möchten organisatorische Talent, das überall, daheim wie in der reinweg Braten und Lampreten haben. Ich mache es auch wie Fremde, blühende Gemeinwesen zu schaffen versteht. Man Frau Rätin, Bohnen, Erbseir, Linsen, Brühlartoffeln, als ob das für sollte sich zweimal bedenken, ehe man von orientalischem solche gewöhnliche Frau nicht ein prachtvolles Essen wäre, aber was Knechtfimm redet, bei einem Wolfe, dessen Bürger während ganzer meinen Sie? Neulich fragt mich meine, ob ich eigentlich nichts Menschenalter dem Unheil der greulichsten Mißverwaltung zu andres kochen könnte wie Suppe?"

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wehren wußten. Dieses Bolk liest in seinen Annalen Thermopylen- Die Damen schlugen die Hände zusammen: Eine solche Frech­geschichten von Feldherren und Armeen, die dem erhaltenen heit!"" Die hätte ich sofort rausgeworfen." Ist das start!" Die Befehle gehorsam ihren Posten bis auf den letzten Mann ver- Stanzleirätin lachte auf: Ja, ich sage ja, meine Damen, es giebt teidigt haben. Es liest auch sehr oft von treuen. Beamten, die unverschämte Weiber, wirklich unverschämte Weiber!" ihren pflichtvergessenen Herren freimütig mit ihrer Ueberzeugungssid entgegentraten, unt dann getrost dem Schwert des Henkers den Nacken zu bieten; und dann liest es, wie solche Helden von der dankbaren Nachwelt gefeiert werden..."

So schildert von der Gabeleng die Traditioneu, in denen das Chinesische Bolt aufwächst.

*** Kleines Feuilleton.

Joc.

bl. Unverschämte Weiber. Nach dem Kaffee gingen die Herren auf die Kegelbahn, auch die Kinder zerstreuten sich durch den Garten. Die Damen blieben figen. Einige hatten sich Handarbeiten mitgebracht, die meisten faßen müßig.

Musik.

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Zuerst blieb die Unterhaltung etwas einfilbig, dann kam die Kanzleirätin auf die Dienstmädchen zu sprechen, und nun wurden alle Stimmen lanter. Jede Dame hatte ein besonderes Erlebnis zu berichten. Die Frau des Geheimen Registrators war sehr entrüftet. Und nicht einmal die Wäsche macht mir die Person, wo ich doch fünfundvierzig Thaler Lohn gebe und bloß drei Stuben habe Schönsten aus dem, was von J. S. Bach noch weniger bekannt ist. nicht einmal die Wäsche."

Gott , das wollen sie ja alle nicht mehr." Die junge Kauf­mansfrau zudte die Achseln. Meine wäscht mir nicht mal die Achseln. Meine wäf Taschentücher."

" Früher war es doch ganz anders," warf die Postsekretärin ein. Wenn ich so zurüddente, vor zehn Jahren noch, da gab man dem Mädchen vierzig Thaler und dann machte sie die ganze

Wäsche mit."

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Der 28. Juli dieses Jahres ist der 150. Erinnerungstag des Todes von Johann Sebastian Bach , dem berühmtesten und be­deutendsten oder wenigstens zur bedeutendsten Entividlung gelangten Gliede der zahlreichen Musikerfamilie der Bache ". Die sommerliche Lage dieses Tages ist wohl die Ursache, daß wir in Berlin durch keine größeren Veranstaltungen an ein" Jubiläum" gemahnt werden; die Berücksichtigung Bachs im Programm von Orgelfonzerten liegt zwar nahe. giebt jedoch nicht eben zu eignen Berichten Anlaß. Und den Urheber des neulich auf gebrachten Plans, einen Korso in der Siegesallee durch Promenaden- Konzerte in dieser einzig dastehenden" Allee zu erzwingen, auf dem man neben dem Hören auch brandenburgisch­preußisch- deutsche Geschichte sehen und studieren" könnte diesen Mann brauchen wir wahrlich nicht in den Verdacht sehen, er habe feinen Einfall zum Angedenken Bachs vorgebracht. Wirklich ernste Gedenkfeiern sind, wie schon seit längerem zu vernehmen war, für den Winter geplant. Insbesondere foll vom 21. bis 24. März 1901 in Berlin ein großes, erstes deutsches Bachfest" gefeiert werden, mit Auswahl des Der nächste Anlaß dieser Feier trifft aber mit jenem Jubiläum mehr mur äußerlich zusammen. Es hatte nämlich während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Bach- Gesellschaft" hauptsächlich für ihre große kritische Gesamt Ausgabe der Werte des Meisters gewirkt. Nun ist diese ruhmvolle Ausgabe- in Berlag Breitkopf u. Härtel fertig geworden. An die Stelle jener Gesellschaft tritt jetzt eine neue, die sich eine, das wirken der alten Gesellschaft ergänzende, Aufgabe gestellt hat: für die Verbreitung von Bachs Werken im weitesten Sie zu sorgen. Die Zusammen­setzung der Gesellschaft scheint für kräftige Erfolge ihrer Bemühungen zu bürgen. Und daran knüpfen sich nun zwei Mahnungen, die von dem jezigen Jubiläum an uns ergehen können. Die eine ist die, daß vir über unsern Klassischen und modernen Lieblingskomponisten nicht vergessen dürfen, wie gering dieser Ausschnitt aus der gesamten Geschichte der Musit gegenüber dem ist, was außer ihm aus dieser noch übrig bleibt. Die stete Herumbewegung int diesem Ausschnitt ist der richtige Weg zur Ablehnung eines Neuen, das sich ihm nicht einfügt, und sie hatte denn auch ihre gewaltige Mitschuld an der Ablehnung der Kunst Richard Wagners. andere Mahnung jenes Jubiläums an uns ist ein Moment, das schon im Schaffen, Bolemisieren und Leiden des Genannten hervor getreten war: die eigentümliche Erscheinung der Verwandtschaft übernächster und und der Gegensätzlichkeit unmittelbar folgender Generationen, wie sie ja auch aus dem häufigen Zu fammenstimmen von Großeltern und Enkeln bekannt ist. Richard Wagners Kampf gegen seine Vorgänger galt vornehmlich den letzten von ihnen: der damaligen Oper, der nachbeethovenschen Instrumentalmusik, und ein wenig auch den Grenzen, die den großen Selassikern gezogen waren. Abgesehen davon aber galt sein Ehrt eure deutschen Meister" vor allem den um zwvei, zum Teil um mehr Generationen zuvidliegenden Schöpfern einer Kunst, die dann von Epigonen nicht immer ganz in der natürlichsten Weise benügt Was meinen Sie aber? Die Person wurde noch frech. Ob wurde. Mehr noch als Beethoven , den Wagner mit einer nicht ganz ich nicht lieber erst den Hauswirt und den Kohlenhändler auffordern folgerichtigen Einsicht fortzusetzen meinte, ist J. S. Bach der Vor­wollte, billiger zu sein; ist das nicht start?" Carangänger Wagners. Sein musikalisches Schaffen engeren Sinnes steht mit dem Wagners, zumal durch die Unabhängigkeit vom tanzartigen Rythmus und durch die reiche Selbständigkeit der Stimmführung zit­fammen gegen die etwas typisch schrittmäßige und melodiöse Musik der givischenliegenden. Und fein Gesamtschaffen in den Passionen u. dergl. steht ebenso mit dem Wagners in seinen Dramen zumal durch die Hin­

" Und dabei ist die Wäsche hent so teuer!" Die Registrators­Frau seufzte auf. Die andern Damen stimmten bei, die Kanzleirätin sagte:" Ja, es ist ein Skandal, wie die Preise hinaufgeschraubt sind, für zwei Kragen waschen und plätten soll man fchon fünfzehn Pfennige geben und für ein Oberhemd sogar fünfundvierzig.

Aber doch nicht bei allen?" Die junge Lehrerfrau warf einen erschredt fragenden Blick über die Tafelrunde.

Die Damen lachten:" Na natürlich bei allen denn nicht gelesen?"

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haben Sie es " Sie haben ja in den Geschäften große Plakate hängen, darauf find die Preise angegeben" erzählte die Registratorsfrau für ganz Berlin ist alles ein Preis." Ja, es ist unerhört

wehren.

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man kann sich auch nicht einmal dagegen Die reine Ausbeuterei!" Die Kanzleirätin nidte zustimmend:" Ich habe auch schon ge­fagt, die Gerichte müßten dagegen einschreiten. Geschieht da aber was? Man ist heutzutage gauz der Willtür seiner Arbeitsleute preis­gegeben."

Den Leuten so das Geld aus der Tasche zu ziehen!" Die Kaufmannsfrau schlug die Augen gen Himmel.

Ich habe meiner Blätterin neulich auch schon Bescheid gesagt." Die Bostfetretärin warf den Stopf zurück:

Man muß im Hause waschen lassen," sagte die junge Lehrerfran. Als ob man da besser wegkäme, die Kanzleirätin zuette mit leidig die Achseln. Die Waschfrauen mun erfi l- Eine ganz un verschämte Gesellschaft! Unter zwei Mart bekommt man gar keine mehr 1

Die