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beizukommen; als Bode sie jedoch nach wenigen Minuten| dann später alljährlich derartige Brötchen gebacken. Solche kleine wieder bei einer fleinen Thräne überrascht hatte, drang er Stücke nannte man Sparbrötchen, mit welchem Namen in der oft­herzlich in sie, ihm von ihrem Kummer mitzuteilen, wenn sie preußischen Landschaft Nathangen ein Brot bezeichnet wird, dem schon das Unglück habe, keinen würdigeren Freund als ihn zu früher die Bäcker am Tage des hl. Markus kleine Brötchen zu backen, man ein Hufeisen( eine Spare) aufgedrückt hat. In Erfurt pflegten besitzen. die gleichfalls das Andenken an eine Teuerung, nämlich an die 1439 in Thüringen wütende, wach erhalten sollten; die Brötchen wurden St. Marcibrote genannt.

Da vertraute sie ihm denn einiges, aber das wenige fo zögernd und so rücksichtsvoll, daß Bode auf die gute Er­ziehung der höheren Streife innerlich fluchte; wo war da noch eine Freundschaft möglich, wenn man im Schmerze höflich blieb? Es war ihm klar, daß Johanna die Hauptsache ver­favieg und nur die Umstände berichtete, welche einen alten Kummer plöglich besonders heftig wachgerüttelt hatten.

Ihr Bruder Achim, der Lieutenant, war heute früh mit dem Eilzuge angekommen, ohne vorher Mutter und Schwester verständigt zu haben. Die Ueberraschung war eine so pein­liche, daß man sich über sein gutes männliches Aussehen gar nicht freuen konnte.

Im ostpreußischen Oberland versteht man unter Sparbrot" das fleine Gebäck, welches die junge Frau beim ersten Brot­baden im eignen Hause aufertigt; dasselbe wird sorgfältig im Raften aufbewahrt, damit nie das Brot im Hause ausgehe. Denjelben sinnigen Charakter trägt das Gebäck oder das Stückchen Brot, das man beim Einzug in eine neue Wohnung erhält; meistens wird solche Aufmerksamkeit einem jungen Ehepaare zu teil.

Gebackene Weiber" werden aus einem dicken Fladenteig her­gestellt und sind nach Belieben an jedem gewöhnlichen Tage zu be schaffen; Citronensäure und Zuder gehören zum Aufbau diejer Kuchen, und zum Schluß fagt das Rezept: Die fertig gebackenen Weiber stellt man aufrecht auf eine Platte und backt sie nochmals mit Zucker, Zimmet und Rotwein auf; man kann sie auch mit Eingemachtem faunter sein, nämlich das alte Liedchen füllen und mit Zuder bestreuen." Ein andres Rezept dürfte be=

Wer will Kuchen backen,

Der muß haben sieben Sachen: Eier und Schmalz,

Butter und Salz,

Milch und Mehl,

Saffran macht die Kuchen geel.

Mit Doktor Bode konnte sie ja davon reden, weil er ihr zuerst einen Gelderwerb zugeführt hatte. Achim hatte keine Ahnung gehabt von der wirtschaftlichen Lage der Damen; vor einem halben Jahre noch sei er blind bei allen Zeichen der Armut vorübergegangen, heute früh habe er plöglich alles verstanden. Er müsse mißtrauisch gemacht worden sein. Er fand, als Johanna die Thür öffnete, die Mutter beim armfeligsten Kaffee, und neben der Tasse lag mit noch nasser Tinte die Kopistenarbeit der Schwester. Achim hatte entsetzlich gewütet, dann freilich seiner Schwester beide Augen nnd jeden Finger gefüßt. Die Mutter aber habe, da ihre Lebens­weise nun einmal verraten war, alle Klage auf einmal vorgebracht. Johanna werde jetzt vor die Entscheidung gestellt werden; ein abscheulicher, reicher Mann habe sich in das Vertrauen der Mutter geschlichen, und mun sei der Bruder gewiß nur herübergekommen, um sie zu ihrem Unglück und zu ihrer Schmach zu überreden; sic mache ja gar keinen An- Waldschnecken, im Umkreise mit einer dünnen Flechte, dem so spruch auf Glück, aber zu etwas Unwürdigem werde sie sich bon niemand zwingen lassen.

Bode wiegte sehr ernsthaft seinen Kopf. Das war schlimmer, als er dachte! Aber die Wirklichkeit mußte doch noch schlimmer fein, als Johanna verraten wollte; es war cin Ton in ihrer Stimme, mit dem sie auf jedes Glück ver­zichtete, ein Ton, wie ihn nur gekränkte Liebe finden kann, und Bode nahm sich vor, da nicht weiter anzurühren, weil doch alles umsonst war, wenn ein Mädchen wie Fräulein Johanna von Havenow verzweifelte.

( Fortsetzung folgt.)

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Neben blau war rot eine deutsche Leibfarbe". Rochholz sagt: Die grobe, rote Oelfarbe, deren rohe Masse dem von Tacitus be schriebenen Thone ziemlich gleich kommt, heißt noch jetzt im Württembergischen Hausfarbe, weil damit die Thüren und Fenster­bekleidungen gewöhnlich angestrichen werden. Das Filebrot, d. i. das appenzellische Neujahrsbrot, wird mit Saffran bestrichen. Es ist ein großes scheibenrundes Milchbrot, in der Mitte mit drei modellierten genannten Brotzapfen verziert. Das Scheibenrund wird als die Sonne des nenen Jahres gedentet.( Mit Schlagen der Feuerscheiben begrüßt die oberdeutsche Jugend das Steigen der Somme.). Die drei Brotschnecken verkünden das Wiederaustriechen der ersten Frühlings­in Schlesien hat man mit Saffrait verzierte Gelbrotel". tiere". Ein altdeutsches, rotgefärbtes Gebäck ist der Fürwizel; und Rot augemalt sind auch die fingerlangen, aus Weizenteig her­gestellten Figuren, die man im Ermlande zum Glüdgreifen" am Sylverabend braucht. Um dies in vielen Provinzen allgemein be liebte, aber anderswo wenig oder gar nicht gefannte Kultgebäd näher zu erklären, wollen wir jene Art betrachten, die in den meisten Gegenden Ost- und Westpreußens am häufigsten vorkommt. Das beliebteste Spiel in der Neujahrsnacht ist Glückgreifen". Man formt und backt aus Teig von Roggenmehl neun oder zehn Figuren: 1. Ring, 2. Mann und Frau, 3, Kind, 4. Geld, 5. Brot, 6. Kreuz, 7. Tod, 8. Himmelsleiter, 9. Himmelsschlüssel. Diese Figuren werden toimit größter Heimlichkeit unter neun umgekehrte Teller gelegt. Nach der Reihe darf jeder dreimal drei Teller, deren Inhalt beim zweiten 199 und drittenmal von andern heimlich verändert werden muß, aufheben. Zur Weihnachtszeit erhalten die Knechte in Pommern lange, Das, was dreimal gegriffen worden ist, soll in Erfüllung gchen; ans feinstem Roggenmeht mit Gewürzen durchfnetete Brete, die aber auch das, was mur einmal gegriffen wird, erregt Bedenken, Rollatschen genannt werden. Die Knechte pflegen sich die Länge des mindestens Kopfschütteln und lante Heiterfeit. Wer sich etwas davon Brots am Tisch zu merken und zwar durch Einkerben, um im nächsten verspricht, verwahrt sein Geld und Brot, Himmelsleiter und Himmels­Jahr zu sehen, ob das Brot ebensolang ist und ihnen kein Nachschlüssel im verschlossenen Kosten bis zum nächsten Sylvesterabende; teil entstand. Viel und gut! das bleibt die Hauptsache. Daher dann werden diese Dinge zerbröckelt und den Hühnern gegeben. In ftammt auch, was in Kleinrußland gilt dort wird noch jetzt den Städten fertigen die Bäcker dieſe Figuren au; und dann hört am Abend vor Neujahr derselbe Brauch vollzogen, den Sago man fagen: nin föme man sich für 10 Bf. Glüd kaufen. Grammaticus bei den baltischen Slaven beobachtet und beschrieben Wenn dies schließlich in das Gebiet geselliger Freuden und hat. Der Wirt setzt sich an den Tisch, der mit allerlei( natürlich landesüblichen und darum oft absonderlichen) Kuchen bestellt ist; und nach der gewöhnlichen Bemerkung der Anwesenden: daß man den Wirt hinter den Kuchen nicht sicht, antwortet er: Helfe Gott , daß man mich fünftiges Jahr nicht sche!" d. h., daß auch im fünftigen Jahre ein solcher Ueberfluß sei.

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19.

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Allerlei Gebäck.

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Scherze hinüberspielt, so verhält es sich unbestritten ernst mit jenem Gepäck, das vor fünfzig Jahren im Kreise Memel zur Kenntnis des Gerichts gelangte. In einem abgelegenen Gebäude hatten sich Litauer in der Nacht, unter Mitnahme eines Bocks und einer Anantität Mehl, versammelt. Man machte ein Feuer an und setzte sich um das Feuer herum. Die Gegenübersißenden warfen dann Mitunter backt man in Ostpreußen ein einziges riefiges Brot, Stücke Teig durch das Feuer einander zu, bis dieselben ziemlich gar das den ganzen Ofen ausfüllt; man muß auf einen Stuhl steigen, waren. In ähnlicher Weise verfuhr man mit dem Fleische des ge­wenn man es anschneiden will. Das erinnert an den Karvolus, fchlachteten Bocks. Darauf folgte das Essen. Ein alter Mann war den Polterabend- oder Hochzeitstuchen der Littauer jenseits der der Priester". Demselben mußten die Anwesenden ihr Vergehen Grenze, denn zum Backen desselben muß oft ein besonderer Ofen bekennen, für welche er sie durch Büsse, Backenstreiche nsiv. abstrafte. gebaut werden. Diesen großen, mit Bögeln u. a. m. verzierten Hierauf mußte der Priester" gleichfalls ein Bekenntnis ablegen, Kuchen bringt der Hochzeitsmarschall der jungen Frau; er hat ihn wofür er in ähnlicher Weise von der Gesellschaft bestraft wurde. mit Raute, litterwerk und brennenden Kerzen besteckt und Man verfuhr mit dem alten Mann so unbarmherzig, daß er seinen trägt ihn auf dem Kopf. Ein ähnlicher Gebrauch ist auch Tod dabei fand. bei den preußischen Littauern anzutreffen. Im 18. Jahrhundert Hierher gehört, was F. Kunze( Aus der Heimat) über Verzehren meldete 2. Berdemeyer, daß in Coimbra ( Portugal ) ein besonderen Gebäcks äußerte. Er meint, daß das seltsam klingende eigentümlicher, sehr großer Backofen vorhanden sei, in dem jähr- Aufeffen des Gottes" seitens der Araber eine Parallele in den lich ein einziges großes Brot gebacken wird, von welchem jeder Zeigtlämpchen; Brötchen, Bildchen und Figuren habe, wie sie in mann ein weniges mit nach Hause nehme und als Heiligtum ver- germanischer Borzeit beliebt waren. Er geht noch weiter, nämlich wahre. bis zu den Griechen und Römern, und sagt: Ursprünglich stellte man geschnigte Hausgeister behufs Verehrung auf dem Herde auf; denn das Feuer desselben war das lautere Element der givergen haften Schußwesen, die den Manen, Laren, Penaten usw. des griechischen und römischen Altertums glichen. Diese Sitte, tief ei

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Aber auch ein fleines, ja sogar ein äußerst winziges Brötchen lann als Heiligtum betrachtet werden. 1368 war in Torgau solche Teuerung, daß man ein Brötchen, wie ein Taubenei groß, mit drei Pfennig bezahlte; zum Gedächtnis an die überstandene Not hat man