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lich zu weinen anfing, weil es ihm nach einem„ Tuß" von den Lippen gut Ivie gar feinen feinen Einzug gehalten hat, geschweige feiner Elise gelüftete. Damals lernte ich die Gefühle einer Schwieger- denn, daß hier bereits von einer socialistischen Befruchtung der Kunst mutter tennen und verstehen. zu sprechen wäre. So galt es denn auch diesmal, sich wieder einmal Uebrigens empfand Bubi gar bald das Läftige einer solchen in den typischen Weisen zu ergehen, in denen noch ein gutes Stüd Weiberherrschaft und es kam die Zeit, wo ich die arme Elise zu berückender Romantik steckt. Die Komponisten, um die es sich handelte: trösten hatte, weil Bubi kategorisch erklärte: Du bist zu dick, ich Weinzierl, Kremser, Silcher , Abt u. a., dazu der alte Reichardt und gehe lieber mit Mama spazieren." Wahrscheinlich war es der Sinn auch ein Neuerer Namens Machanek( in dem ich meinen alten Gefür Aesthetik , der in dieser Periode bei meinem Sohn erwachte. fangslehrer von der Schule zu erkennen glaube), haben eine fleine Sein liebes Geficht war umrahmt von langen, blonden Locken, Welt geschaffen, die zum Teil bereits mehreren Generationen undie meinen geheimen Stolz bildeten. Mein Entsetzen war daher vergeßliche Stunden der Freude, Rührung und Verdrießlichkeit benamenlos, als Bubi eines Tags ernst und entschieden den Wunsch reitet hat, und die leider nicht eben dazu angethan ist, den künstle äußerte, seine Locken vom Friseur abschneiden zu lassen. Auf alle rischen Geschmack zu schärfen; das„ Ständchen" von Beschnitt, mit meine Vorstellungen hatte er nur die Antwort: Ich bin ein Bub Barytonsolo, wäre wohl besser nicht da capo gemacht und will einen Bubenkopf haben!" O, wiederum war es ein neuer worden. Der Chor eines solchen Vereins hat natürlich mit Sinn, der in ihm erwacht war und ihm das Gefühl seiner Männlich unzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihm ein Konfeit gab!: kurrieren mit dem Wohlklang und der musikalischen Gewandtheit Bubi erreichte natürlich auch diesmal seinen Willen. Wie ich eines Vereins von Berufsjängern nicht erlauben. Anerkennenswert fein glattgeschorenes Köpfchen doppelt zärtlich streichelte, war ist jedenfalls die dem Dirigenten P. Friedrichs gelungene es mir, als sei er plötzlich unter meinen Händen gewachsen und Schulung der Tenore ; die Bässe sollten freilich nicht dahinter zurückälter geworden. Wie lange werde ich ihn noch auf dem Schoß bleiben. Dringend warnen möchten wir die Konzertgeber, größere halten und streicheln dürfen? Instrumentalwerke in einer solchen Miniatur zu bringen, wie diesDaß es nicht allzu lange geschieht, dafür sorgt der Staat mit mal z. B. die Oberon- Ouverture( gerade diese!) von einem verfeinem Schulzwang. Mein Mann und ich Bubi in der Mitte mit fleinerten Orchester mit Klavier- Ergänzung gespielt worden ist; für dem neuen Schulranzen und dem halb ängstlichen, halb erwartungs- derartige Kleine Orchester giebt es so herrliche und zugängliche vollen Gefichtchen so treten wir drei zusammen den schweren klassische Stücke, daß man zu keinen Aushilfen greifen muß. Als ersten Schulweg an. Armer, Kleiner Ker!! Das Päckchen Sorgen Solistin trat die Opernsängerin Frau Riez Schulze mit dem auf dem Rücken wird er nun nimmermehr los, während der Schul- Vortrag eines gewichtigen Liedes von Franz, eines leichter zeit nicht und später im Leben erst recht nicht. Bubi hielt wiegenden von Hildach und einer Zugabe von Rubinstein sich tapfer, sowohl während der Feier in der Aula, als auf. Bei einem solchen Auftreten möchte ich sogleich an eine auch nachher, wie ich ihn allein in der Schulstube zurücklassen fünftige Entfaltung der Tendenzen nach einem Hineintragen der der Bevorzugung von mußte. Mir war freilich das Weinen näher als das Lachen. Nach Musik ins Bolt denken, die bei und Solowerken weltzwei Stunden ungeduldigen Wartens durfte ich meinen Sohn aus Chormit Orchester( sogenannten Erlichen Oratorien) angelangt: sein wird tvorüber in unsrem den Klauen des Schultyrannen wieder in Empfang nehmen. trat zu mir, mit geröteten Wangen und glänzenden Augen. Ich nächsten Wochenbericht noch einiges folgen soll. Für diese zukünftigen hätte mich selbst geschämt, ihn jetzt mit dem lieben, vertrauten Aufführungen gilt es vor allem auch, einen Stamm von nicht zu Bubi" anzureden, ihn, einen Schuljungen, im Beisein der wenigen tüchtigen Solisten schaffen. Die genannte Sängerin dürfte Kameraden. dafür gut verwendbar werden. Sie befigt einen umfangreichen, namentlich in der Tiefe anziehenden Mezzosopran mit dunkler Farbe und einer guten Rundung des Tons. Für eine Weiterbildung ihres Könnens wird es sich wohl besonders empfehlen, specielle Atemstudien zu machen, die ihren nicht immer ganz fest sizenden Tönen eine noch größere Bestimmtheit geben sollen.-
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Nun Kurt?"
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Er reichte mir sein dickes Patschhändchen nach alter Gewohnheit und es sprudelte förmlich aus ihm hervor:
Wunderschön war's. Wir müssen zwei lange Griffel haben und einen Griffelspitzer, aber die Elise darf mich nicht abholen mit der weißen Schürze, sonst lachen mich die andern Buben aus." Ich starrte Bubi an. Schon am ersten Tage! Und mit sanfter Stimme sagte ich:
„ Aber wenn die Mama Dich holt, dann freust Du Dich?" Bubi nickte mir gnädig zu: Natürlich, Du trägst doch keine weißen Schürzen!" Und 4 bis 5 Jahre später? Wenn ich unserm Erstgeborenen mit seinem Intimus Streger zufällig auf dem Wege aus der Schule begegnete ich glaube fast, daß er sich meiner schämte und mich am liebsten verleugnet hätte. Die eigne Mutter verleugnet 1 Andre erfahrene Mütter trösteten mich, ihnen sei es nicht besser
ergangen.
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Nun ist dies längst überwundener Standpunkt. Mein Sohn fitzt als Primus in Unterprima, trägt hohe Stehkragen und weiß, daß es keine Schande ist, eine Mutter zu haben. Im Gegenteil, ich finde sogar, daß er mich protegiert. Er hält mir Vorlesungen über das, was sich schickt und was sich nicht schickt; er über wacht meine Lektüre und versteht natürlich alles besser als ich, weil ich doch weder Latein noch Griechisch gelernt habe. Sogar seine Kleinen Sünden beichtet er mir, der gute Junge! Wie er mit elf Jahren die erste Cigarette geraucht und mit 14 Jahren Zola gelesen. Ich glaube, in dem Herzen meines Sohns ist keine Falte, die ich nicht kenne. Aber habe ich das auch nicht damals geglaubt, wie er die Cigarette geraucht, und wie er-? Aber nein! nein! und nochmals nein!
Kunft.
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SZ,
k. Ein Besuch bei Menzel. In der Gegenwart" plaudert J. Norden von einem Besuch, den er Menzel in seinem so schwer zugänglichen Atelier gemacht hat. Er schildert, wie Menzel spricht, vie seine Hände seine Reden unaufhörlich begleiten; der Zeigefinger, bald der rechte, bald der linke, folgt beredt seinen Worten, erläuternd, nachdrücklich unterstreichend, dann wieder einen Lorbeerkranz in die Luft malend; bald stößt er geradeaus zu wie ein Dolch oder er faust von oben nieder, dann zieht er seltsame Kreise und Schnörkel durch die Luft. Die Worte fallen dazu hellllingend, wohl abgewogen und klar; wenn der Wortfarge spricht, so sagt er auch immer etwas. Jn knappster Weise spricht er sich über heutige und frühere Kunstverhältnisse aus. Er erkennt die Bedeutung der französischen Malerei für das letzte Jahrhundert an, aber er betont auch, daß jetzt viel Verworrenes" von Frankreich herüber komme. Dann kommt das Gespräch auf Böcklin :„ Oh, der Böcklin , das ist ein kluger Mann; er weiß, was er thut, dieser Schweizer ... All das Mythologische, das er da zusammemmalt so ungleich ist er: einmal kann man ihm einen Lorberkranz reichen und dann wieder verdient er... Sublimes und wieder ganz Schlechtes. " Das Schweigen im Walde" das Einhorn, das bewundere ich, was steckt da nicht alles drin, etwas von der Ziege und vom Rinde und von der Antilope, das ist gut. Und dann setzt er so ein ganz gewöhnliches Menschenkind drauf!"... Auch das Spiel der Wellen" hat seinen Beifall und manches andre Wasser- Idyll. Menzel ist kein Freund Thoma's und Marées gefällt ihm gar nicht", er hat für all das Primitive und die Jdeemalerei nicht viel übrig. Außerordentlich charakteristisch ist die Art, wie er dem Besucher auseinandersetzt, in welcher Weise sich die Idee zu einem Bilde, das auf einem Stehpult lag, entwickelt hat. Das Blatt stellt einen älteren Herrn dar, der in einem braunen Ueberrod in einem Sessel mit dem Rücken zum öffnen Fenster sigt und in einem Buche liest." Sehen Sie, das Blatt ist 50 Jahre alt. Es ist das Porträt eines Freunds von mir. Der ist schon lange tot. Neulich kommt es mir in die Hände ift übrigens so, wie es war, schon im Menzelwerk reproduziert- und - Typographia. Für gewöhnlich kann ein engbegrenztes da fam mir eine Idee. Da ließe sich was machen. Der Mann saß Mufitreferat die zahlreichen Vereinsabende und dergleichen, in denen früher im Stuhl, und der linke Ellenbogen lag auf dem Tische hier, ebenfalls Musik gemacht wird, nicht berücksichtigen; find es ja aller- rechts in der Ede. Der ganze Hintergrund war weiß geblieben. meistens Veranstaltungen nicht zu fünstlerischen, sondern zu ander- Run tomponierte ich also ein Fenster hinein und sparte die Luft veitigen Zweden. Um so aufmerksamer dürfen wir sein auf die dahinter aus... so... die Fensterflügel stehen offen, ragen ins wenigen dabei vorkommenden Fälle, in denen, sei es auch nur 8immer hinein; von dem einen fällt ein Lichtreflex auf die linke einigermaßen, ein Beitrag zu der großen Aufgabe geleistet wird, Hälfte des Gesichts, das ist farbig intereffant; aber die häßliche Linie weitere Streise zu einem echteren Kunstgenuß heranzuziehen. Der des Fensterflügels, die muß unterbrochen werden. Also malte ich eingangs genannte Gesangverein Berliner Buch auf die Klinke einen Damenhut, einen Strohhut mit Schleier; es drucker und Schriftgießer" hat dies in seinem vor- ist Sommer, das Fenster steht ja offen. Die Dame ist nicht zu gestrigen Konzert mit Ehren versucht. Natürlich war sehen; sie ist hinausgegangen, um sich anzukleiden. Der Herr Dieses zunächst dem vierstimmigen Männergesang gewidmet, ist ihr früherer Lehrer, und er Holt sie zu einem Vortrage einem Kunstgebiet, auf dem die Moderne" noch so lab; inzwischen liest er. Und was ist die Dame? Schriftstellerin; auf
Hier und da in ganz intimen Momenten bekomme ich einen Kuß ab, der mich an die Beiten gemahnt, wo mein kleiner Lockenkopf mir sagte: Jetzt füsse ich Dich aus lauter Liebe, bis Du tot bist." Dann vergesse ich es fast, daß aus dem Baby von damals ein junger Mann geworden ist, der es sogar fertig bringt, sich jeden Sonnabend rafieren zu lassen. In meinem Herzen ist er Bubi" geblieben, mein Bubi! Nur diese Bekenntnisse darf er nicht lesen, sonst würde er sicher sagen: Veraltete Anschauungen"!" ( G. B. in der Frankf. 8tg.") Musik.
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