- 914
Kurz entschlossen trat sie auch jetzt ein. Es würde ihr gewiß gut thun nach dem eben Erlebten.
Mitten im Zimmer stand die altmodische Wiege, die ein dreijähriges Mädchen hin und her wiegte, damit das kleine Brüderchen darin nicht schreie. Am Fenster saß ein älteres, aber auch noch nicht schulpflichtiges Mädchen.
tennen zu lernen. Magda besuchte sie dann öfter, weil ihr| Grund habe, mich seiner Griechenkenntnis zu unterwerfen. Die Zeit die etwas grobe und doch so gesunde Art der Frau Spaß des Aeschylos , meint er, liegt mitten zwischen derjenigen, die an machte und ihr der jüngste Sprößling, den Schäfer hatte Herakles glaubte, den Heros, der durch Thaten bewiesen hat, daß Menschenivärde nicht der Götterhöhe weicht und andrerseits Sokrates , furieren sollen, in seiner urwüchsigen Gesundheit gefiel. der handelnd und leidend beweist, daß der Mensch kann was er will, will was er als Recht begriffen hat: beide erringen das Ziel alles Strebens, daß der Dämon in ihnen glücklich wird. Jenem kredenzt Hebe den Becher der Göttlichkeit; diesem gilt es gleich, ob es der Becher der Luft an Agathons Tisch, oder der Schierlingsbecher iſt. 8 wischen diesen beiden hat lein feiger Silave des Fatums Pla B. Gerade in der Zwischenzeit hat der Mensch sich selbst entdeckt, hat sich befreiend auch ums befreit, indem er den freien Staat und die freie Wissenschaft schuf, die im Orient auch kein Prophet geahnt hat. Auch in dem schrankenlosesten Subjektivismus der Sophistit, auch in der verbrecherischten Selbstsucht eines Allibiades ist dieser Glaube an die eigne freie Macht in einer Stärke lebendig, wie sie kaum die Renaissance wiedergesehen hat. Der legte Gott , an dem jene starten Menschen irre werden, ist der Dämon in der eignen Brust und seine Macht.
Wo ist denn die Mutter?" fragte Magda das ältere Kind, während das dreijährige unermüdlich die Wiege schaukelte und auch nicht aufhörte, als sich jetzt Magda über sie beugte. Wie prächtig der Junge schlief! Wie hübsch er aussah mit den geballten Fäustchen auf der Decke! Magda wieder holte ihre Frage.
" Zunt Schreiner is se," erwiderte das Kind nun. " Zum Schreiner? Was will sie denn da?" " En Sarg bestelle."
"
Was?" Sie hatte wohl nicht recht gehört. Konnte die Mutter denn schon wissen, daß jene junge Frau gestorben? Das war doch nicht gut möglich.
Das Dreijährige hatte einen Augenblick aufgehört zu schaukeln, um zu hören, was die Schwester sprach.
"
Für wen denn einen Sarg?"
,, Ei, für's Fritzche." Das war der Kleine Junge in der Wiege, welche die Dreijährige jetzt wieder in Bewegung fcite.
,, Das ist ja ganz unmöglich!" entfuhr es Magda, die an die Wiege eilte und sich über das Kind beugte. Er schläft ja so schön."
,, Es ist tot, hat die Mutter gesagt."
( Fortieyung folgt.)
Die Orefic.
"
( Akademischer Verein für Kunst und Litteratur.)
-
-
In der That! Man braucht nur den„ Agamemnon " in reiner unbefangenheit auf fich wirken zu lassen und man erkennt sofort, daß hier im legten Grunde das Schicksal aus den Tiefen der Seele steigt. Agamemnon kehrt siegreich von Troja zurück. Feuerzeichen haben seiner harrenden Gattin Klytämnestra Sieg und Zerstörung der Stadt bereits verkündet. Klymtämnestra ist ein gewaltiges und schönes Weib, aber mit dem Trieb zu böser Lust und ruchloser That behaftet. In diesem Weib offenbart sich die Kunst des Aeschylos in unerhörter Größe und Glut. Sie ist eine dämonische Natur, vor der wir schaudern, und die wir doch bewundern müssen Verbrechen und Größe schlummern bier bei einander. Ihre Leidenschaft schlägt empor wie distre Flammen, wie blutige Flammen, und doch nimmt die verderbliche Pracht Geist und Sinne gefangen. In der modernen Litteratur werden zwischen Jahr und Tag mancherlei Weibergeschichten geschrieben ohumächtige Erzeugnisse einer ohnmächtigen Erotit. Hier und da versucht wohl auch einer den halsbrecherischen Abstieg in den Abgrund, die geschlechtliche Lust des Weibes mit der Lust am Verbrechen z11= sammen ruht drachengleich verschlungen. Bei Aeschylos aber erlebt man erst, nachdem man es lange begriffen hat, daß das Laster Kraft braucht, wenn es erschüttern soll. Es ist, als wenn ein Riese eine furchtbare Bechfackel in den Abgrund hineinstreckte, und wir sähen nun in düsterer wechselnder Beleuchtung all das
-
סטן
Schatten
Der Studentenverein darf sich rühmen, zu den erfolgreichsten Granen und all die Pracht. Kelytämmeftra hat ihren Mann während Bühnenvereinen Berlins zu gehören. Die griechischen Tragödien, feiner Abwesenheit betrogen; sie hat sich in Aigisthos einen Buhlen die er im letzten Winter bot, waren genußreiche Aufführungen, angeschafft, einen Tyrannen, der feig, lüstern und grausam ist, wenn hier und da auf der Bühne auch manches geschah, was unfrem einen Mann, wie ihn das Mannweib braucht. Den Agamemnon haßt Empfinden fremd blieb. Mit der„ Orestie " hat der Verein nunmehr fie, eben weil er kein Tyrann, sondern ein Herrscher, kein Lüstling, einen Erfolg errungen, der nicht überboten werden kann. Die beiden sondern ein Mann ist. Sie richtet ihm ein Bad und erschlägt ersten Dramen der Trilogie wirken mit unerhörter Größe. Hier ihn mit der Art. Wer sie nun gesehen hat, wie sie herausstürzt, in kann man Worte wie" genußreich" oder„ interessant" oder„ verdienst- einem irren Rausch von Blut und Wolluft und grandioser Kraft, voll" nicht mehr brauchen. Hier stehen wir einer tragischen Wucht und wer diesen finsteren und doch prächtigen Taumel einer dämonischen der hat das Gewaltigste erlebt, was die zugleich einer tragischen Reinheit gegenüber, die so unendlich tief Natur gesehen hat wie es dramatische Kunst zu vergeben hat, und hat er es nicht empfunden, erschüttert, daß man bewundernd verstumimt. Ich kam einem Kritiker passieren kann müde, abgespannt und übersättigt dann ist er für die Kunst und die Kunst für ihn verloren. Wie muu ins Theater und doch habe ich nie größere Stunden erlebt. Dem der Rat von Argos fich duckt, wie diefes Weib die Zügel ergreift ersten Drama gegenüber verblaßt die ganze moderne Litteratur, sinkt und den erbärmlichen Wicht ihrer Lust in den Palast führt- das herab zu einer gebildeten Verstandeskunst, hinter der die geniale ist ein Triumph der schmutzgeborenen Gewalt, so wild und groß Persönlichkeit fehlt. Ich bitte zu beachten: die ganze moderne und frech, daß er wie ein Moment aus der Geschichte selber Litteratur anch Anzengruber, auch Björnson, auch Ibsen . Man wirkt. Ich kann Wilamowitz nicht zustimmen, wenn er meint, fucht fast erschrocken in seiner Erinnerung nach Stunden von daß hier bereits durch flytämmestras Seele dunkle ähnlicher Kraft und Weihe, aber alles verblaßt, alle Theater- huschen und daß dem so sein muß, weil sonst die Dichtung crinnerungen welfen, alles sinkt, finft, fintt. So lange man in der Macht keine Tragödie, sondern mir ein erster Att wäre. Es giebt eine des Eindrucks ist, so lange man noch Glut und Tiefe des„ Agamemnon " immanente Gewißheit des Zusammenbruchs; es giebt eine Steigevor seinem geistigen Auge sieht, so lange weist man alles andre wie rung, die so übergewaltig ist, daß in jeder Seele die Empfindung einen abgestandenen Trant zurück. Ich will es ruhig sagen, obgleich wachgerufen wird: es muß zusammenbrechen. Diese Steigerung ich weiß, was ich sage auch Shakespeare . Erst wenn man der ist hier erreicht und somit bleibt die Dichtung eine Tragödie, auch Gewalt des geschylos entronnen ist, erst wenn man draußen das wenn wir auf die Gewissensregungen der Klytämmestra verzichten. Aus jungen Huren werden alte Betschwestern, sagt das Volf. fühle Licht des Herbstes gesehen hat, kommt man auf dem Umweg Klyder Reflexion zu einer Anerkennung der modernen Litteratur, die es Das Wort ist nicht nur plastisch, sondern daneben auch wahr. einem ermöglicht, weiterzuleben und weiterzuarbeiten, ohne am Ge- tännestra wird von bösen Träumen und Aengsten heimgesucht: Orestes , fühl der eignen Nichtigkeit umzukommen! Behaupten thut sich der Sohn des Erschlagenen, lebt und wird seinen Bater rächen. Und auch dann von der modernen Litteratur im engeren Sinn nichts, Orestes tommt! In seiner naiven Jünglingsseele wächst langsam absolut nichts. Durch legitime Dichterkraft bleibt nur das Erhabenste der Entschluß, das befleckte Baar zu erschlagen, und kommt schließlich in Shakespeare und Hebbel bestehen, die ja dann allerdings neben elementar zum Durchbruch. Und was bringt ihn am letzten Ende der Kraft uns Spätgeborenen noch manches bieten, was Aeschylos zum Sieg? Ein Traum der Mutter. Klytämnestra hat im Traum uns nicht geben kann. Erst aber müssen die düsteren Flammen des darunter gelitten, daß sie einen Drachen gebar; sie nahm ihn in die Wiege, bot ihm die Brust und unter seinen Natterbiffen quollen " Agamemnon " verlodert sein! Sonst lehnt man Vergleiche ab. Ströme Bluts mit der Milch hervor. Orestes deutet den Traum:
-
Nun denn, bei dieser Erde, bei des Vaters Gruft, Erfüllung finde dieses Traumgesicht durch mich. Ich deut es, und die Deutung paßt aufs Haar genau. Sie hat das Drachenkind gefängt, Und blutig muß sie sterben. Und der Wurm bin ich, Ich bin ihr Mörder. Das verkündet dieser Traum! Und hierfür sollt ihr mein Zeichendeuter sein.
-
Profeffer von Wilamowiz, dem ich für seine lebertragung danke, wie man nur nach einen großen Erlebnis der Kunst zu danken vermag, meint in einer der Abhandlungen, mit denen er die Trilogie begleitet:„ Es bedarf nicht vieler Worte. Wer den Oedipus und den Agamemnon verstanden hat, der ist all das Gerede von dem blinden oder erhabenen Schicksal der Griechen und ihrer Tragödie los." Danach habe ich den Oedipus nicht verstanden, denn ich habe in ihm das waltende Schicksal als fremd und falt und hart empfunden. Ich bin aber sofort bereit, Wilamowig recht zu geben und meinen Irrtum zu gestehen und zivar bin ich Wem es bei diesen Worten nicht durch die Seele graust, daß es, weil er in Bezug auf Agamemnon " so glänzend Orestes die Mutter erschlägt, weil er in ihrem Schoß geschlummert die Wahrheit sagt. Hat er im einen Falle recht gehabt, hat und von ihrer Art ist, nicht aber weil ein Gott es ihm bewird er's wohl auch im andern haben, um so mehr, da ich allen fiehlt mn, der muß an der genossenen Klassischen Bildung weiter
-