-
Kastl sich schon entlassen glaubte und zu seinen Fässern wollte, drehte sich der Bräumeister zu einem jungen Burschen um und sprach ruhig:
" Luk, Du wascht jetzt die Fässer; und beim Pichen und was sonst der Kastl ' than hat, bleibst Du von jetzt. Den Rastl brauch jetzt i'!"
34
do
Stannst glei mitgeh'n!" bemerkte der Bräumeister, trocken und still wie immer, zum freudestrahlenden Kastl und wandte sich zum Sudhaus; Staftl aber betrat hinter ihm die geheiligten Räume, die er bisher kaum einmal aushilfsweise betreten, als bollberechtigter, gewappelter Adept der mystischen Geheimnisse!-
-
-
den unwiderleglichen Beweis der Notwendigkeit einer- Erhöhung der Getreidezölle. Ich weiß nicht gleich, wie der Zusammenhang im einzelnen war, es ist mir nicht mehr gegenwärtig, wenn es mir überhaupt flar ge worden ist, warum dunkle Kiefern und Eisseen auch den wüsteſten Socialdemokraten überzeugen müssen, daß er in jedem Stück Brot an die Junter einen Tribut zu entrichten habe, aber die Darlegung hat, als ich fie las, einen zwar mystischen, aber um so tieferen Eindruck auf Sakredi! Das gab einen Aufruhr. Solche Beförderung mich gemacht. Und ich kann jest teine Kiefer und kein Eisstüd mehr war ungewöhnlich; aber was wollten die Bursche thun, sehen, ohne tief ergriffen mich für einen Getreidezoll zu begeistern, da der Gestrenge ihnen ihr bequemes williges Fattotum der mit den Graden des Kältemessers wächst. nahm; und der Ludwig oder Lut, wie sie ihn nannten, mußte Eisstarrende Flußläufe, dunkle Kiefern, harter Frost, 10 MarkGetreidezoll erst recht gehorchen, denn er hatte viele dumme Streiche auf denken, die zwingender wäre? wird es in Euren umnachteten Köpfen ich bitte fann man sich eine Gedankentette dem Kerbholz. nicht auf einmal- Tag", wenn Ihr dieses herrliche Beispiel zauberhafter Logit Euch recht gründlich überlegt? Jm„ Tag" nämlich habe ich die, um in der Tagessprache zu reden, temperamentvolle Winter hymne auf die landschaftlichen Reize des Getreidezolls gefunden, wo der ahmungslose Leser durch Aufftachelung seines lyrischen Empfindens von dunklen Kiefern nnd gefrorenen Seen sanft und schmerzlos zu der Ueberzeugung der Grafen Kauiß und Mirbach Das äußere Geschehnis des Bierwerdens", vom Reifen geführt wurde. Das ist der neue Stil der Zeitungsschreiberei und der Politik. Wenn fünftig Graf Bosadowsky wieder eine Zuchthausder Gerste und dem Blühen des Hopfens an bis zur vorlage bringen wird, so fann er sich die 12 000 Mart- Bettelei Lagerung, also das Brauen im weiteren Sinne, läßt sich gar ersparen. Er mahnt einfach die Voltsvertretung an Shakespeares wohl mit dem Leben eines Menschenleibes vergleichen. Da Romeo und Julia ", fingt ein Lied von Robert Schumann und ist denn der Sudraum der eigentliche Magen des verwidelten erinnert an das Halenseer Waldweben am Sonntagnachmittag- Organismus, das, worin sich die Rohstoffe in das Kunst- und fein poetisch empfindender Mensch wird sich mehr produkt verwandeln, aus dem sich dann der Leib, die Brauerei der Notwendigkeit des Entwurfs verschließen. Ein frischer selbst, ergänzt, ernährt. Strom von Kunst wird fortan das dürre Brachfeld der Politit beriefeln, und wenn der Reichstag demnächst über den Zollsatz von Schafsdärmen beraten wird, so wird man die interessanteften Enthüllungen über das Lamm in der Weltlitteratur und in der bildenden Kunst aller Völker vernehmen. Bereits hat auch Minifter Rheinbaben seinen Entwurf über den Spreepräfekten Herrn Lauf in Arbeit gegeben; er soll in Versen dem Landtag übermittelt werden.
Tief im Innern der Gebäude gelegen, verrät sich meist das Sudhaus nur durch dumpfes Geräusch, Wärme und Dampf, die aus den Fenstern dringen.
Wölbig und ernst wie eine alte schwerfällige Kirche war das Sudhaus, mit riesig dicken Mauern und sonderbar fleinen Zugängen, durch die eine schwere, breite Brauergestalt nur gerade durchschlüpfen konnte.
Das ist der„ Tag" des Herrn August Scherl , dem diese Erhöhung des Zeitungs- und Politikstils zu verdanken ist. In diesem wahrhaft Unheimlich aussehende runde Behälter mit allerlei modernen Blatt dient ein Leistikowsches Wintergemälde als Beweiss Apparaten erfüllten den Raum; sie standen teils oben auf material für einen erhöhten Getreidezoll, und wenn temperamentlose einer gemauerten Estrade, teils unten im engen Raume selbst. Gesellen den beweisenden Zusammenhang noch vermissen sollten, so In zweien, einem oben und einem unten, dampfte und kochte haben fie eben den Tag noch nicht lange genug gelesen. es, daß die weißen Dunstballen gedrängt um die Röhren und Bresse längst verdrossen, daß man den Erzeugnissen feiner Fabrik, Pfosten sich wälzten, die überall den Raum durchzogen. dem Lokal- Anzeiger", der Woche", der Feldpost" den litterarischen Braune Tropfen fielen von der Wölbung herab und hinten und künstlerischen Wert absprach, ja daß man sein„ Adreßbuch" von der Rückwand her strahlte fühlbare Glut; denn da unten für das verhältnismäßig geistreichste Erzengnis feiner Betrieb war die Feuerung und über ihr die Vorratsbehälter fürs jamkeit erklärte. Die Meinungslosigkeit des„ Lokal- Anzeigers", Brauwasser, Vorwärmer genannt. die Plattheit feines alle sieben Tage einmal erscheinenden padi Sing bisPhotographie- Albums, und der Hurra- Stil der Feldpost" für Krieger
( Fortsetzung folgt.)
Sonntagsplauderei.
Stellt Euch einmal eine richtige Winterlandschaft vor. Aber bitte, recht poetisch, so poetisch wie möglich: Gefrorene Flußläufe, eisglitzernde Seen und bewaldete Ufer mit dunkelnden Kiefern. Sett auch meinetwegen ein interessantes Winterlicht hinein, einen blaustählernen Himmel, eine rote Riesensonne oder einen gewaltigen Mond, der wie ein ungeheures gelbes Tigerauge gleißt. Selbst dagegen habe ich nichts, wenn Ihr über der stummen Eisfläche mur den Sirius im roten und grünen Licht strahlen läßt als eine magische Laterne der Ewigkeit und Unendlichkeit.
"
vereinler, diese gewinnreichen Lafter begannen den ins Hohe und Edle strebenden Geiste August Scherls nicht mehr zu genügen. Und der Mann beschloß, eine Maffenproduktion von Genialität auf den Markt zu werfen. Hatte er bisher sein Geschäft mit der Mittelmäßigfeit, mit dem Verzicht auf jedwede Ueberzeugung und selbständigen Charakter gemacht, so will er die zwanzigste bis vierzigfte Million nicht mit Neuigkeiten, sondern mit Esprit, statt mit Gen fationen mit Tiefe verdienen. Er, dessen leidenschaftlich Bemühen vordem dahin ging, nirgends anzustoßen, wird künftig den größten Wert darauf legen, alle Welt durch die ungeheure Kühnheit originaler Ueberzeugungen zu verleben, und er rechnet mit Bestimmtheit darauf, daß alle die Hunderttausende schiver Getränkter treneſte Abonnenten und Inserenten bleiben. Hat August Scherl früher seine Kunden damit gewonnen, daß er ihnen Lutschbeutel in die hungrigen Mäuler steckte, so wird er sie jetzt durch raffinierte Geißelung anregen und födern. Zugleich aber wird der mißachtete rheber der Geichmade und Charakterverderbuis als Erzieher zum Höchsten und Feinsten auf Gummis rädern vierspännig in die Litteratur, Kunst- und Weltgeschichte eins fahren.
Habt Ihr alles gethan, so erweckt nun in Euch die dazu gehörigen Wintervorstellungen. Ihr denkt an die rüstige Jugend, die, irdische Schwere überwindend, auf Schlittschuhen in beschwingten Bogen dahingleitet, das Blut glühend vor Lust, mit herrlich federnden Muskeln und konzentriertem Alpenglühen auf Nase und Ohren. Habt Ihr fleißig Romane gelesen, so malt Ihr Euch wohl einen fliegenden Schlitten, über den Rücken der Pferde flattern wie Segel geblähte schimmernde Schneededen, lieblich flingeln die silbernen Schellen, innen aber fizet ein starker Mann dacteure und gegen Jahresgehalt angestellten festen Mitarbeiter und ein bildschönes bleiches Weib, eingehüllt in weißes Bärenfell, fest umschlungen und sie fahren in's Reich der Freiheit und Liebe, über ihnen nur die Sterne. Oder Ihr denkt an frierendes und Hungerndes Wild, oder an all das Menschenelend, das in stinkenden Wohnlöchern fich zusammendrängt, an den eignen Ausdünstungen fich wärmend, ihr denkt an die Strüppel, die unbeweglich auf den Straßen die lange eisige Nacht kauern, um das Mitleid der Satten und Warmgekleideten zu erregen, an die Kinder, die auf Eriverb ausgeschickt wurden und in dem dunklen Winkel eines Hausthors einschlafen, Ihr denkt an Wärmehallen und Asyle, oder schließlich mit grimmem Zorn an die Kohlenbarone, die aus Frost und er starrendem Blut funkelndes Gold münzen.
Solche Gedanken liegen in der Nähe und sie drängen sich uns gerufen in die Winterlandschaft, in der dunkelnde Kiefern gefrorene Seen rahmen. Aber, Ihr Geistesarmen und Stumpfen, das Wichtigste und Wesentlichste, die allerzwingendste Folgerung gerät Euch nicht in den Sinn, Ihr seht nicht in dem erwähnten Winterbilde
Zu diesem Behufe ist August Scherl als Seelenkäufer durch die Markthalle der Berliner Schriftstellerei gegangen und hat sich die erstklassigen" Bertreter charaktervoller Ueberzeugung, ftilistischer Meisterschaft und raffigen Temperaments gedungen. Geld spielt bei ihm teine Rolle. Er bet sich für seinen„ Tag" die Regleich duzendweise engagiert, darunter die prächtigsten Sterle. Es sind etwvelche dabei, um die man ein paar Thränen weinen möchte, daß fie fich in die neue Gemeinschaft August Scherls begeben haben. Aber wer könnte der Lockung widerstehen, daß er für schweres Gold nichts weiter nötig haben sollte, als möglichst übers zeugt, charakterstark, originell und radikal sich zu journalistisch zu be thätigen. Ueberdies schont und hätschelt August Scherl seine raren Genies. Sie dürfen sich nicht überanstrengen. Wenn sie alle vier: zehn Tage ein Notizchen oder Artifelchen geschrieben, dann müssen fie fich die übrige Zeit ausruhen; sie sollen sich nicht geistig ab mußen, auf daß sie immer frisch, neu, tapfer, modern bleiben.
So schreibt denn die geistige Elitetruppe des lleberscherls fröh lich, amüsant, tiefgründig und eigenartig gegeneinander und durch einander. Jm„ Tag" zwitschert jeder, wie ihm der Schnabel verwachsen ist. Jeder hat eine andre Meinung, und die lleberzeugungen treten sich mit Leidenschaft und Hingebung gegenseitig auf die Hühneraugen. So darf man auch mit dunkelnden Fichten und ge