Anterhaltungsblatt des Vorwärts
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Freitag, den 8. Februar.
( Nachdruck verboten.)
Der Kaffl vom Hollerbräu.
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1901
Ringelmann zu sorgen. Er hat bereits einen geeigneten Bräumeister gefunden, und die nötigen Räume und Vorrichtungen sind gemietet.-Wenn die Herren alle damit einverstanden sind, beraten wir dann die einzelnen Punkte durch. Sie sind doch einverstanden?"
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Die letzten Worte galten nicht etwa dem hochverwunderten Kastl , sondern den fremden Herren, die bereitwillig, wie verabredet, mit ja antworteten. Kastl saß wieder stumm und erstaunt da, eine harte Falte zwischen den Augenbrauen. Sollte er gar nicht gefragt werden? So über seinen Kopf weg
Roman von R. von Seydlik. Ringelmann erschöpfte sich in Vorschlägen. Malz konnte man ja faufen; allernötigsten Falls wäre die Ismaninger Brauerei zu haben; das Gebräu dort wenn man's mit dem eignen vermischte beim Lagern ein kleiner Zusatz von dem oder jenem unschuldigen Mittel, nicht zu schmecken und nicht nachzuweisen... Nur für's erste Sudjahr, bis die Berliner Sache fest stände und gute Einnahme brachte... Denn dann Und rasch fiel ihm etwas ein: man konnte ja den Herren war's ja leicht, mehr Kapital zu finden, und die Gebäude nicht verivehren; aber er, und seine Ehre durften gewahrt konnten vergrößert, die Produktion in Wahrheit verdoppelt werden. werden.... Er verschwieg dabei, daß Mindelheimer keines
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möcht nur bitten," sagte er, daß dees bekannt wegs selbst neues Kapital zu schaffen gedachte, sondern dann, wird... daß i also für nir einzustehn hab, als fürs nach dem ersten Exportjahr, schnell verkaufen wollte; mochte Exportbier. Dees andre" Gefüff hätte er beinahe gesagt der Käufer dann sehen, wie er weiter fam! .geht mi nig an, und' s war mir recht, wenn dees d' Leut
Aber Kastl wurde, je mehr die Art des Vorschlags ihm klar wurde, desto widerspenstiger; er schloß mit unweigerlichem Nein!
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und panschen?!"
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Und dann ging's ihm zu Herzen. Daß der Ohm, sein eigner Ohm, so etwas von ihm verlangen konnte das schnitt ihm ins Herz. s
„ Nie und nimmer! Und dabei bleibt's. Ohm, mir thut's weh; aber wenn D' das willst, mußt Dir' n andern such'n!"
Und dann folgten noch einige härtere Worte und Kastl ging stampfend hinaus, der Oheim fluchte hinter ihm her, und sie schieden in Unfrieden; ein paar Tage sprachen sie nicht mit einander; zum erstenmal, seit sie einander kannten.
Raftl hatte recht, nichts hätte ihn tiefer verwunden können, als dieser Vorschlag. Gab's etwas, das ihm heilig war, da war's die Brauerehre. Und da sollte ihm keiner dran rühren, nicht der Ohm und nicht der Teufel.
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wisseten."
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,, Natürlich, lieber Hegebart, natürlich," beruhigte ihn Mindelheimer. Alles was recht ist," sette der Oheim mit gewinnendem Gerechtigkeitssinn hinzu.
" Da ich nun annehme, daß das übrige, was wir beraten wollen, für Sie kein Interesse hat, lieber Hegebart, so wollen wir Sie nicht länger bemühen."
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So! Also nausg'schafft. Auch gut. Und er ging, mit ruhigem Anstand.
Hinter ihm aber, als er hinaus war, wurde zunächst ,, bergessen", seinen leztgenannten Wunsch zu befolgen, und dann beriet man weiter.
Und die Sache trat ins Leben.
Kastl beschränkte sich mehr als je aufs Brauen; von dem für die Stadt irgendwie konstruierten Bier wollte er nichts wissen, nichts hören. Er trant auch nichts davon. Der neue Bräumeister, den sie neben ihn gesezt, wurde von ihm mit eisiger Kälte behandelt; er ignorierte absolut alles, was in diese Abteilung gehörte, und hielt streng darauf, daß die Teilung fühlbar für alle, auch die Kunden, wurde. Mit Ringelmann gab's deswegen fleine Gefechte von der einstigen Zweieinigkeit war feine Rede mehr.
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Die freie Zeit brachte Kastl außerhalb zu; denn mit wem sollte er daheim verkehren? Er machte allerlei Bekannt fchaften, lauter anständige Leute; auch Familien; aber meist faß er doch in der Kneipe, wo einzig das Gefühl der Ver einsamung nicht so arg wurde.
Nun war guter Rat teuer. Kastl mußte dabeibleiben, denn woher schnell eine solche Straft nehmen?- Es wurde alles mögliche versucht, Mindelheimer lud ihn ein, ohne den Oheim, versteht sich, und goß seinen besten Sekt in die Kehle des Verstockten; Frau Ringelmann, die in diesen Jahren eine Art mütterlicher Oberaufsicht über Raftls häus liches Leben führte, wagte einige Worte. Ein paar Stamm gäste wurden ins Treffen geschickt, ins Treffen geschickt, mit denen Kastl oft tegelte. Alles umsonst. Dabei trug Ringelmann Sorge, daß dem störrischen, g'scherten, einfältigen Gegen einen oder den andern flagte er einmal etwas Buben überall zu Ohren kam, wie gut die Vergrößerung des Betriebs aufgenommen war; Zeitungen berichteten von dem neuen Ausschant in Berlin , ein Großbrauer, der mit Kastl einmal zusammentraf, gratulierte ihm- ihm! zu dem Erfolg!.
Alles, alles umsonst!
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Da endlich glaubte man weiterer Höflichkeiten überhoben zu sein, und Mindelheimer beschied Oheim und Neffen zu einer Beratung, wozu die andern Kapitalisten ebenfalls gezogen wurden. In Gegenwart dieser Herren hoffte man Kastl leichter zur Einwilligung zu bewegen; denn man hatte einen neuen Vorschlag.
davon; warum heirat'n S' denn net, Herr Hegebart?" war die Antwort.- Nun, was er so von Ehen sah, das ermutigte ihn nicht gerade; überdies schien es ihm unmöglich, eine Frau so recht von Herzen zu lieben; er hatte ein dunkles Gefühl von Scham bei dem Gedanken, als werde er damit jemandem untreu. Und Agathe war doch so lange verheiratet und hatte ihn wohl vergessen!- Dagegen passierte es ihm wohl hie und da, daß er ein Mädchen, das er zufällig fah, von weitem recht hübsch fand; aber das war eben alles er fand ja auch Bilder, Pferde oder Häuser im Vorbeigehen hübsch; aber man kauft deswegen doch nicht gleich. Zunächst wurde er nochmals gefragt, ob die Ludwigs. Und immer wieder, wenn ihm einmal univirsch zu Mute brauerei die doppelte Produktion leisten könnte. Kastl verwar, wenn's gowedelte im Gemüte", wie der fränkische neinte abermals, und fing an, ehrlich und unbeholfen aus- Dichter sagt, fand er Trost in der Arbeit. Er wurde einander zu setzen, warunt. Aber Mindelheimer unterbrach ihn fanatisch sorgfam, er wurde allen seinen Leuten zuviel, mit freundlich mit dem Bemerken, daß ihm und den andren Herren ihm hielten es nur die Besten aus. sein Wort genüge; sie verständen ja von der Bureaupraris nichts. Dann fuhr er fort:
Da sich zu unserm Bedauern unser verdienter Bräu meister außer stande erklärt, das nötige Brauquantum zu Leiften, müssen wir, um unsern eingegangenen Verpflichtungen zu genügen, einen andern Weg einschlagen."
Kastl horchte auf- konnten sie ihn so entlassen, wie einen einfachen Burschen? Freilich stand er ja im Dienst und Lohn wenn man's genau nahm.
Aber es kam ganz anders.
,, Wir haben daher beschlossen, daß Sie, mein lieber Hegebart, die erforderliche Quantität für den Export allein brauen, und für den Stadtbedarf unsrer hiesigen Kunden hat Herr
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Dann tam etwas ganz neues; ein anonymer Freund( der übrigens eine weibliche Handschrift hatte und schauderhafte Orthographie leistete) fühlte sich gedrungen, ihm eine Reihe von Briefen zu schreiben, die nichts andres als Ringelmanns geheines Geschäftsgebahren betrafen. Warum die Briefe gerade an Kastl gerichtet waren, statt an den Staatsanwalt ( wenn die Angebereien Wahrheit enthielten), das begriff er nicht. Die ersten Briefe warf er fort, spätere behielt er. Denn einiges offenbar Wahre berührte ihn ernstlich. Endlich kam ein Brief, in dem die Schreiberin natürlich war's eine„ fie". Kastl um eine Unterredung bat, und ein Rendezvous vorschlug. Das war ihm nun ganz erstaunlich, aber er antwortete, daß es
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