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Er zog ein Papier aus der Tasche und reichte es hin. Unter| Erfolge, daß er am nächsten Tage plöglich entlassen wurde. Das dem Zeugnis, das im Kanzleiftil abgefaßt war, stand die Unter- war im Jahre 1851. Für Vincent, einen geborenen Würzburger, der schrift des Gouverneurs. Es war augenscheinlich, daß der Gouverneur sich an deutschen   und östreichischen Bühnen einen namhaften Ruf als unterschrieben hatte, ohne zu lesen, vielleicht um nur von einer auf- Tenorist erworben hatte, bedeutete die Entlassung aus dem Verband dringlichen Dame loszukommen. des Wiesbadener   Hoftheaters einen schweren Schlag, denn er konnte Dagegen ist nichts zu machen. Ich füge mich, ich gehorche..." lange fein ihm zusagendes Engagement mehr finden. Da widmete sagte Fedor Petrowitsch, nachdem er das Zeugnis durchgelesen hatte, er sich mehr der Komposition, für die er ein ausges und seufzte: Reichen Sie morgen Ihr Gesuch ein... Nichts zu sprochenes Talent befaß; er schrieb einige Opern mud Operetten, machen von denen die Oper" Die Bettlerin" mehrfach mit Erfolg auf­Nachdem Polsuchin gegangen war, gab er sich ganz dem Gefühl geführt wurde. Besonders fruchtbar war er als Liederkomponist; des Widerwillens hin.is manche feiner Kompositionen waren jahrelang in fangesfrohen " Lump!" brummte er, aus einem Winkel in den andern gehend. Streisen beliebt. Auch als Musikschriftsteller machte er sich bekannt; " Hat sein Stück doch durchgesetzt! Solch ein nichtsnuziger Geck! durch seine 1860 erschienene Schrift ein Generalbaß mehr" regte Solch ein Frauenjäger! Scheusal! Vieh!" er zum erstenmale die gründliche Reform der Klaviatur und Noten­Er spuckte nach der Thüre aus, hinter welcher Bolfuchin verschrift an und diesen Reformbestrebungen blieb er auch später treu, schwunden war und wurde plötzlich verwirrt, weil im selben Moment obschon sie von den zünftigen Musikern nicht günstig aufgenommen eine Dame, die Frau des Gerichtspräsidenten, in sein Kabinett trat. wurden. Vincent lebt noch, nach langen Frrfahrten fand er eine " Ich komme nur auf eine Minute... nur auf eine Minute..." bleibende Stätte in Wien  . Schnauffer ist nach dem Scheitern der begann die Dame. Segen Sie sich, Liebster, und hören Sie auf demokratischen Bewegung wie so viele andre nach Amerika   geflüchtet, merksam zu. Also, ich erfahre, daß bei Ihnen eine Stelle frei ist. wo er schon 1853 in Baltimore   am gelben Fieber starb. Morgen oder heute wird ein junger Mann zu Ihnen kommen, gewiffer Bolfuchin..." late

Höflichkeit.

Als er am

ein

Die Dame plapperte weiter, und der Kreisschulinspektor blickte fie mit trüben Augen an, wie ein Mensch, der im nächsten Augen blick in Ohnmacht fallen wird. Blidte sie an und lächelte aus andren Tage in seiner Kanzlei Wremeneti empfing, fonnte er sich nicht entschließen, ihm die Wahrheit zu fagent. Er wich aus, war verwirit und wußte nicht, womit anfangen, was er fagen sollte. Er wollte sich bei dem Lehrer entschuldigen, ihm reinen Wein einschenken, aber feine Zunge war schtver, wie bei einem Betrunkenen, die Ohren brannten ihm, und er fühlte fich plöglich gekränkt, beleidigt, daß er fold eine un gefchidte Stolle zu spielen gezwungen war in seiner Stanzlei, vor feinen Untergebenen. Er schlug plöglich auf den Tisch, sprang auf und 19 schrie böse: " Ich habe keinen Platz für Sie! Nein, nein und abermals nein! Laffen Sie mich in Ruh'! Quälen Sie mich nicht! Thin Sie mir den einzigen Gefallen und lassen Sie mich endlich in Ruh'!" Und er lief aus der Kanzlei.

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Medizinisches.

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Die Launen des Magens. Die schlechten Launen des Kopfs Tennt jeder bei andren und zuweilen auch bei sich selbst. Daß aber auch der Magen Lammen hat, wird manchem eine neue Botschaft sein. Es wäre zu weit gegangen, wollte man die aunen als abnorme Seelenstimmungen bezeichnen, denn ohne weifel liegen sie noch innerhalb der weiten Grenzen der physio­logischen Schwankungen, die, wie bei allen Funktionen des Körpers, auch in der Abwicklung der Gedanken vorkommen. Doch wollen wir hier der Psychologie der Launen im Denken nicht weiter nachgehen. Den Gegenstand unfrer Betrachtungen follen vielmehr die Launen des Magens bilden, die mit jenem die Vermittlung durch die Rerven gemeinsam haben. Der Magen hat seine Nerven wie jedes andre Organ des Körpers. Ja, er hat sogar drei verschiedene Gruppen von Nerven, deren Unverlegtheit die Vor­bedingung für den normalen Ablauf aller Funktionen des Magens To   find die Bewegungsnerven, die Absonderungsnerven und die Empfindungsnerven. Aus ihrer Beschädigung gehen eine ganze pine isiqli Seihe verschiedenartiger Magenerfrankungen hervor. Sie alle be ruhen also im legten Grunde auf einer Störung der Magen­true innovation. Aber man pflegt als nervöse Magenkrankheiten haupt fächlich doch nur diejenigen zu bezeichnen, welche von einer Störung des Empfindungsvermögens der Magenschleimhaut ausgehen. Es handelt sich da gleichsam um Verstimmung der Magenseele, wenn wir so das Empfindungsleben des Magens bezeichnen dürfen. Da werden dann Die Geschichte eines Liedes. O. H. schreibt in der Filf die Empfindungen des Magens genau so bizarr, wie die Launen im 8tg." Wenn man der Bewegung der Jahre 1848 und 1849 gedacht Denken, d. b. er ist mirrisch, zurückhaltend, störrisch, sehr schroff in hat, so wird man auch der darauf folgenden Reaktion gedenken feinen Empfindungen, die zwischen den Extremen oft schnell hin und fönnen, die alles politische Leben in Deutschland   erdrüdte und auch her pendeln oder zeitweise vollständig verschwunden zu sein scheinen. das geistige Leben zu erdrücken fudite. Das erstere gelang ihr so Die Launen des Magens äußern sich in verschiedenartigsten Krankheits­ziemlich, das andre nicht. Die Freiheit, die in der Deffentlichkeit erscheinungen, die teils für sich allein bestehen, teils nur Glieder eines feine Stätte mehr fand, flüchtete sich in die Poesie und in die Musik. ganzen Strankheitsbilds darstellen. Dahin gehören vor allem die Ab­Heltere Leute in der Rhein  - und Maingegend werden fich vielleicht sonderlichkeiten der Geschmacksempfindung und des Appetits, für welche noch des Liedes erinnern:" Die deutsche Mutter". Der Dichter der untersuchende Arzt in solchen Fällen keinerlei objektiven Grund Schnauffer hatte sich der demokratischen Bewegung an- au finden vermag. Die Kranken  - denn folche nervöse Personen gefchloffen und in Baden und in der Pfalz   tapfer mitgelämpft. fönnen eben nicht als gesund betrachtet werden haben stunden Das Echidfal einer Mannheimerin, einer Fran Vickel, die in tages und wochenlang zuweilen nicht das geringste Bedürfnis nach der Bewegung drei Söhne verlor, gab ihm den Stoff zu dem er- Nahrung, fie effen nur zum Schein in fleinsten Wengen  , nippen nur greifenden Liede, das folgenden Wortlaut hat: von allen Tellern und Taffen, vermeiden namentlich gern jede festere Kost oder sie bekommen im Gegenteil zu ganz ungelegenen Zeiten usplöglich Appetit oder sogar Heißhunger, um nach wenigen Biffen schon wieder vollständig gesättigt zu fein. Solchen

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Kleines Feuilleton.

Die deutsche Mutter.

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B.

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Als auf die Völker standen und Iuftig klang das Erz, Da sprach zu den drei Söhnen ein deutsches Mutterberg: out the nervösen Magenleiden, welche die Angehörigen der Kranken oft sehr Empfanget, wadere Knaben, den Segen meiner Hand, Und folgt der Freiheit Fahne und fämpft für's Vaterland!" Und die drei Knaben zogen von ihres Vaters Hans; Der Sturm wischt' bald die Thränen in ihren Augen aus. Im Jubel junger Seelen begrüßen sie die Schlacht Und brechen mit den Brüdern in die Tyrannenmacht. Doch wie erging's den Knaben? Der eine blieb in Feld, Der andre starb in Ketten, der dritt' in fremder Welt. Und ihre deutsche Mutter? Sie trägt ein schwarz Gewand; Sie weint nicht um die Söhue, sie weint um's Vaterland! Der am Wiesbadener   Hoftheater engagierte Tenorist H. J. Bin­cent, ein Freund Schnauffers, sezte das Lied in Mufit und der damals gerade in Wiesbaden   weilende jugendliche Maler Ludwig Knaus   zeichnete ein Titelbild dazu; das ganze wurde dem Frank furter Stomitee für die deutschen   Flüchtlinge eingesendet, das es bruden ließ; seltsamer Weise ließ das Komitee auf demselben Bogen auch eine Komposition des Liedes von Neeb erscheinen. Das Titelbild zeigt die Mutter mit ihren Söhnen; namentlich der eine, der mit der Sense ihr zu Füßen liegt, läßt schon den großen Künstler erkennen. Das Lied machte rasch seinen Weg, es wurde überall in Privatzirkeln gesungen, wohin die Schnüffler der Reaktion nicht dringen konnten. Dem Komponisten brachte jedoch das Lied kein Glück. Auf stürmisches Verlangen sang er es einmal in einem Kreise von Freunden in Wiesbaden   mit dem

beunruhigen, begegnet man 3. 8. öfters bei bleichfichtigen jungen Mädchen, die infolge der dadurch bedingten geringen Rahrungszufuhr oft sogar in ihrem Ernährungszustand sehr herunterkommen. Wer hätte nicht schon von dem bizarren Geschmack solcher Mädchen in den Jahren der Entwicklung gehört? Sie lieben den fauren Sering, effen Staffeebohnen, Streide. Eisstückchen mit Begierde. Diese Launen des Geschmacks und Appetits sind der Ausdruck mangelhafter Jnnovation des Magens. Die Nerven find ers fchlafft, weil sie nicht gehörig mit Blut versorgt sind. Auch audre Ursachen können eine derartige Krankheit der Magennerven zur Folge haben. So z. B. ist es bekannt, daß in der Schwangerschaft folche abnorme Empfindungen und Gelüste oft vielfach auftreten. Die Widerspenftigkeit des Magens tommt aber oft noch in viel un angenehmerer Form zum Ausdrud, so z. B. iu llebelleiten, Aufstoßen von schlecht riechenden Gafen, faurem Geschmack im Munde und felbft Erbrechen. Oft hat der Arzt große Schwierigkeiten, die nere vöse Natur derartiger Beschwerden zu erkennen. Er darf sich mit der Annahme einer nervösen Magenerkrankung niemals be­ruhigen, wenn er nicht zuvor jede ernstere Affektion, allem ein in anatomischen Veränderungen begründetes Leiden ausschließen fann. Die moderne medizinische Wissenschaft hat ja in der Ausheberung des Mageus mittels des Magenschlauchs ein sehr wertvolles Hilfsmittel gewonnen, um in zweifelhaften Fällen mittels desselben durch Untersuchung des Mageninhalts die Diagnose sichern zu können. Die verschiedenen nervösen Launen des Magens werden meist sehr viel ernster angesehen, als sie ihrer Bedeutung nach verdienen. Bei zweckmäßiger Leitung des Kranken pflegen

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