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freie Zeld schweifen zu können, indem er vorgab, sich für eine die furchtbaren Dinge zu wehren, die Mascha ihm in ihrer Prüfung vorzubereiten. Es beteiligten sich also an dem Aufregung ins Gesicht geschleudert hatte. Warum auch? Spaziergang nur Boisgelin, der Unterpräfekt, das Ehepaar Wenn auch nur einer dieser Vorwürfe berechtigt war, wenn Delaveau, das Ehepaar Gourier und Lucas, und sie wandelten nur ein Schatten vorhanden war, so war es vorbei mit seiner langsamen Schritts durch die hohen Bäume des Parks dem Ehre, mit seiner Standesehre. Bächterhof zu.

Sie saßen bei Tische, wo es Bouletten gab, das einzige Gericht, das Bohrmann nur mit Widerstreben. Mit bos­haftem Lächeln hatte sie die Schüssel hingesetzt. Wenn er weiter so gut leben wolle, wie im letzten Vierteljahre, solle er sich nicht mit aller Welt verfeinden. Er sei zu dunim. In Gegenwart von Siegfried sagte sie das. Da antwortete er, und es flang wieder wie eine fremde Stimme:

Konrad hat Dich gestern in einer Droschke nach Hause begleitet?"

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Bohrmann fühlte, wie die quälenden Gedanken jedes Pflicht­Ini Hinweg teilte sich die Gesellschaft sehr korrekt; die fünf gefühl in ihm ersticken wollten. In der Schule ertappte er Herren gingen in ciner Gruppe, und Fernande und Leonore sicher, der als Lehrer sich noch nie etwas vorzuwerfen folgten hinterbrein, anscheinend in ein vertrauliches Gespräch hatte- auf Unaufmerksamkeit, ja auf Ungerechtigkeiten. Und bertieft. Boisgelin erging sich in Klagen über das Unglück, zu Hause erst! Täglich gab es Zant, auch vor den Kindern. welches die Landwirtschaft verfolge: die Erde mache Bankerott, Und es war ihm, als ob Hilde jeht nicht so eigentlich gut­alle Landwirte gingen einem nahen Ruin entgegen. Châtelard mütig stritt, wie sie sonst gethan hatte, als ob sie ihn und Gourier waren darüber einig, daß ein drohendes Problem, vielmehr reizte und ihre Freude hätte an seiner Heftigkeit. für welches noch keine Lösung gefunden worden, sich hier auf­richte; denn damit der industrielle Arbeiter produzieren könne, müsse das Brot billig sein, und wenn das Korn billig sei, kaufe der verarmte Bauer die Industrieprodukte nicht. Delaveau glaubte, die Lösung sei in einem wohlangewendeten Schutzzoll­system zu suchen. Und Lucas, den diese Frage tief be­rührte, drängte alle zum Reden, erfuhr besonders manches bon Boisgelin, der schließlich das Geständnis machte, daß feine Unzufriedenheit auf die Schwierigkeiten mit seinem Pächter, Feuillat, zurückzuführen war, dessen Ansprüche sich Was geht Dich das an?" antwortete Hilde und legte von Jahr zu Jahr steigerten. Er würde wohl gezwungen Lenchen noch eine halbe Boulette auf. Der Direktor bezahlt sein, sich anläßlich der Pachterneuerung von ihm zu trennen, es ja... Lenchen, Papa hat wohl am Fenster gelauert? da der Pächter eine zehnprozentige Ermäßigung des Pacht- Ist das alles? Hast Du mir sonst nichts zu sagen? zinses verlange. Das schlimmste sei aber, daß der Waschlappen!" Pächter, da er fürchte, daß der Vertrag nicht erneuert werde, den Aeckern keine Sorgfalt mehr zuwende und sie nicht mehr genügend dünge, indem er sagte, daß er nicht nötig habe, für den Gewinn feines Nachfolgers zu arbeiten. Dadurch werde der Boden sterilisiert, dem langsamen Absterben über lassen. ,, Und so ist es überall," sagte Boisgelin. Es kommt zu teinem Einverständnis mehr, die Arbeiter wollen sich an Stelle der Eigentümer setzen, und die Landwirtschaft leidet unter dem Streite. Zum Beispiel in Combettes, dem Doife, deffen Aecker von den meinigen nur durch die Straße nach Bohrmann hatte sich jetzt angewöhnt, seine Zeitung von Formeries getrennt find Sie machen sich keine Vor- der ersten bis zur letzten Zeile zu lesen. Das brachte ihn stellung davon, wie da alles im Hader mit einander liegt, auf Gedanken, die ihm ganz gleichgültig waren. Er erfuhr welche Anstrengungen jeder Bauer macht, um seinem Vorgänge aus der politischen Welt, aus fernen Ländern, aus Nachbar zu schaden, wobei er sich zugleich selbst lähmt. dem Leben Berlins , aus der Verbrecherwelt, alles war ihm O, die Feudalherrschaft hatte ihr Gutes; alle diese Kerle neu, alles zerstreute ihn während des Lesens, und nichts, war würden arbeiten, wie sich's gebührt, wenn sie nichts hätten im stande, die nagende Sorge und die Unzufriedenheit mit sich und überzeugt wären, daß sie niemals etwas haben werden!" selbst zu verscheuchen:

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( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten).

Die bunke Reihe. Berliner Roman. Von Frik Mauthner.

XXXVI.

So ging es jeden Tag. Bohrmann suchte zweimal bei Fräulein Reymond... er wußte selbst nicht was: Trost, Ruhe, Rat. Beide Male traf er die Freundin nicht an. Sie scheine endlich Vernunft anzunehmen, sagte Frau Spindler. Sie ziehe täglich ihr einziges gutes Kleid an, das weiße, und Taufe ordentlich auf den Straßen herum. So sei es immer. Die Feinsten würden die Gemeinsten.

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Aber mit dem Gesicht wird sie nicht viel machen. Der Tod schaut ihr ordentlich schon aus den Nasenlöchern heraus!"

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Im Feuilleton des Doktor Raskel standen jetzt lange Artikel über das Kronprinzen Theater und über Doktor Hantinger. Einmal sollte das Publikum auf die merkwürdige Gattung der Mysterien vorbereitet werden, denen die Zukunft des deutschen Dramas gehörte und deren erster Versuch, ein Meisterversuch, gleich nach der Gelben Kaze" auf dieser interessantesten Berliner Bühne erscheinen würde.. Dann wurde Doktor Hantinger gegen die Angriffe irgend einer Seit diesem Abendbesuche Maschas wußte Bohrmann erst, andren Zeitung in Schutz genommen; irgend eine junge wie unglücklich der fündhafte Mensch werden kann. Bis jetzt Schauspielerin mochte eine Verzweiflungsthat begangen haben, war selbst seinen Gewissensqualen etwas Süßes beigemischt weil man ihr nicht Wort gehalten hatte, weil man ihr ge­gewesen, etwas Erinnerung und etwas Hoffnung; ja sogar kündigt hatte, ohne sie auch nur einmal auftreten zu lassen. die furchtbaren Nachtgesichte waren recht erträglich, wenn er Das schien aus der Antwort des Doktor Rastel hervor­sie mit den Gedanken verglich, die ihn jetzt beschäftigten, von zugehen. Tag zu Tag drängender und ausschließlicher. Er träumte nicht mehr, aber er schlief auch fast nicht mehr. Die wildeste Eifersucht hatte sich zunächst seiner be­mächtigt. Er hatte keine Gewißheit, aber der Verdacht verließ ihn nicht mehr. Wie eine Krankheit im Blute peinigte ihn der Verdacht, daß Mascha ihm nicht treu war. So sittentos, so verworfen, wie ihre schlechten Freunde ahnen ließen. das war ja nicht möglich, das gab es nicht unter Christen. Das gab es höchstens in der Weltgeschichte bei den Heiden , aber nicht unter deutschen Frauen. Nur daß sie ihm nicht treu war, das war möglich. Nicht gewiß fie hatte platonisch" gesagt... aber möglich! Daß sie ihn mit dem Schauspieler betrog, wie den Gatten mit ihm! Alles, sein Bestes, seine Seligkeit hätte Bohrmann hingegeben für die Gewißheit.

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Und um ihn ganz toll zu machen, hatte Mascha ihm noch eine kleine Eifersucht auf Hilde in den Kopf gesetzt. Die, drängte er zwar immer wieder zurück und schämte sich dieser Aufwallung. Sie war ein braves Weib, und er war sein Freund! Das tam von seiner eignen Schlechtigkeit, daß er jetzt allen andren solche Dinge zutraute.

Ja, schlecht war er! Er hatte gar kein Recht, sich gegen

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Man dürfe für die vielen Vertragslösungen nicht den un­bestechlichen Doktor Hantinger verantwortlich machen. Das feien alte Sünden des tüchtigen, aber schwachen Stanislaus Lopinsky. Er habe allerdings, uuter dem Einfluß seiner eigenen Gutmütigkeit und verführt von frivolen Geldmenschen, so viele Verträge unterschrieben, daß jedes Theater an diesen Lasten hätte zu Grunde gehen müssen. Uebrigens sei ja in jedem Vertrage die Kündigungsfrist vorgesehen gewesen. Doktor Hantinger sei immer gefeßlich vorgegangen.

Es war am Tage der Eröffnung des Kronprinzen­Theaters, acht Tage nach dem letzten Besuche Maschas, als Bohrmann zerstreut in seiner Klasse saß. Eben hatte er einen Knaben, den er sonst wegen seiner großen Begabung und seines musterhaften Fleißes zu schonen pflegte, hart an­gefahren. Nicht einmal dieses Unrecht vermochte ihn ganz zu seiner Aufgabe zurückzuführen.

Hilde hatte beim Kaffee sonderbare Reden geführt. Es sei endlich hohe Zeit, ein Ende zu machen. Was sie wohl damit meinte?

Da wurde Bohrmann vom Schuldiener hinaus gerufen, ein Herr wünsche ihn dringend zu sprechen.

Es war gegen die Grundsätze Bohrmanns, feine Klasse