571
-
-
Neugeborenen auf den Armen trug. Ju einiger Entfernung scheiden, ohne die Gelegenheit durch ein Abschiedsgedicht geziemend folgten Boisgelin und Lucas. Welche Erinnerungen er- verewigt zu haben. Wenn derlei auch etwas gefünftelt aussieht, wachten da, angesichts dieses nun zu einer Stätte der so hängt es doch mit der ganzen nationalen Eigenart enge zusammen. Brüderlichkeit gewordenen fürstlichen Wohnsizes, dieser hohen, In dem merkwürdigen nationalen Erziehungssystem nimmt die alten Stämme, dieser Nasenplätze, dieser Alleen, die nicht Poesie eine der ersten Stellen ein. Das Unterrichtswesen selbst ist mehr vom Lärm kostspieliger Feste, galoppierender Pferde auf breiter Basis entwickelt. Staatliche Elementarschulen sind in und bellender Hunde wiederhallten, wo aber die Armen dieser jeder Bezirks- oder Kreisstadt vorhanden. Daneben noch ElementarWelt sich endlich der köstlichen Ruhe in freier, gesunder Luft schulen, die von den Gemeinden und solche, die von Privaten einund im fühlen Schatten der Bäume erfreuen fonnten. Aller gerichtet sind. Die Anstalten werden fleißig, auch von den Kindern Lurus des prächtigen Landsizes war ihnen dienstbar gemacht, der armen Klasse, besucht. Die Begabten, die eine gelehrte Carriere das Rekonvalescentenhaus bot ihnen seine hellen Zimmer, und die Gelehrsamkeit ist hier die Vorbedingung für die Bewerbung um die höheren Beamtenstellen meinen einschlagen zu können, seine schönen Salons, feine wohlbestellten Küchen, ebenso rücken aus diesen Elementarschulen in die höheren auf. Niemand wie der Park seine schattigen Alleen, seine klaren Quellen, ist der Zugang versperrt. Mit zwei oder drei, anscheinend allerdings seine herrlichen, von Gärtnern in Stand gehaltenen Blumen- sehr schwierigen Prüfungen ist der Befähigungsnachweis für den beete. Hier wurde ihnen endlich ihr Teil an Schön- Eintritt in den höheren Beamtenstand den höchsten in China , heit und Lebenszier, der ihnen so lange war vorenthalten denn die Geburtsaristokratie ist nur schwach entwickelt- erbracht. worden. Und es war herrlich zu sehen, wie diese Kinder, Dabei werden aber nach uraltem, vielhundertjährigem Gebrauch diese Mütter, die seit Jahrhunderten in lichtlose, schmußige die Schüler, wie prosaisch die staatlichen Funktionen, zu denen sie Höhlen, in unentrinnbares Elend waren verbannt gewesen, sich vorbereiten, sein mögen, umnachsichtlich auch einer poetischen Sie müssen eigenhändig Verse drechseln nun plöglich der Freuden dieses Lebens, des Glüdanteils Prüfung unterworfen. fönnen, sonst werden sie nicht zugelassen. eines jeden menschlichen Wesens, des Lurus, des Genusses teilhaftig wurden, welche zahllose Generationen unglücklicher Enterbter nur von weitem sehnsüchtig erblickt hatten, ohne jemals daran rühren zu können.
Als nun das junge Paar, von den andren gefolgt, an einen Teich tam, dessen klare Fläche das Blau des Himmels widerspiegelte, sagte Lucas mit leisem Lachen:
Ach, liebe Freunde, welch eine ferne hübsche Erinnerung fehrt mir wieder! Ob ihr wohl noch daran denkt? Am Ufer dieses friedlichen, stillen Wassers haben sich Paul und Antoinette vor nun zwanzig Jahren verlobt!"
Er erzählte die reizende Kinderscene, deren Zeuge er damals, bei seinem ersten Besuche auf der Guerdache gewesen: das Eindringen der drei barfüßigen Proletarierfinder, Nanet, Lucien und Antoinette, die durch eine Hecke gekrochen waren, um sich von Ranet zu dem Teiche führen zu lassen, den er entdeckt hatte; und die geniale Erfindung Luciens, das Schiff, das von selber auf dem Wasser lief; und das Herbeikommen der drei Stadtkinder, Paul Boisgelin, Nise Delaveau und Louise Mazelle, die von dem Schiffe bezaubert, sogleich mit den drei andern gut Freund waren; und wie sich gleich von selbst drei kleine Paare gebildet hatten, Paul und Antoinette, Nife und Nanet, Louise und Lucien, unter der lächelnden Mitwirkung der guten Natur, der ewigen Allmutter.
Erinnert Ihr Euch nicht mehr?" fragte Lucas fröhlich Das junge Paar meinte lachend, es sei etwas lange her. „ Da ich damals vier Jahre alt war," sagte Antoinette, so wird mein Gedächtnis noch nicht viel wert gewesen sein." Aber Paul dachte angestrengt nach, verlor sich im Rückschauen in die Vergangenheit.
" Ich war schon sieben... Warten Sie, es tauchen schattenhafte Bilder in meinem Gedächtnis auf: ein Schiffchen, das wir mit einer Stange zurückholten, wenn die Räder sich nicht mehr drehten; und ein kleines Mädchen, das um ein Haar ins Wasser gefallen wäre; und dann, wie die Barfüßler davon liefen, als Leute kamen."
" Ja, so war's, so war's!" rief Lucas. Sie erinnern sich also noch! Und ich erinnere mich, daß mich an jenem Tage ein ahnungsvoller Schauer der Zukunft erfaßte, denn ich sah hier den Keim der einstigen Versöhnung entstehen. Die göttliche Kindheit bereitete da in ihrer reinen Unschuld einen neuen Schritt zum Frieden und zur Gerechtigkeit vor. Und was euch von neuem Glück zu genießen beschieden sein wird, das wird dieser kleine Herr hier für sich und seine Zeitgenossen noch erweitern und vermehren."
( Fortseyung folgt.)
( Nachbruck verboten.)
Dem entspricht es, daß die Versform vielfach auch für Darstellung von allerhand Regeln und Stoffe rein didaktisch, um die Einprägung in das Gedächtnis zu erleichtern, gebraucht wird. Alls vor einem halben Jahrhundert die Chinesen, von den englischen Truppen bedrängt, beim Friedensschluß fünf Häfen den Fremden öffnen mußten, gab der Kaiser Befehl, als Gegenmittel gegen dies Eindringen europäischer Auffassungen einen populären Auszug der alten chinesischen Weisheitslehren in Versform zu publizieren und im Wolfe zu verbreiten. Und was das Merkwürdigste in diesem didaktischen Genre ist, in China existiert eine vierzigbändige populäre Encyklopädie, ein gauzes Bolts Konversationslerifon, dessen Artikel durchweg in Bersen abgefaßt find.
N
Mit Ausnahme der eigentlich epischen Poesie findet man alle Dichtungsarten in der chinesischen Litteratur überreichlich vertreten. Da giebt es, den Epen anderer Völker verwandt, bereits aus den frühesten Zeiten historische Romane, in denen Kriege und Schlachten, wie das Treiben der Könige geschildert wird; dann phantastische Geschichten, Märchen, Legenden, ebenso wie nüchterne realistische Erzählungen aus dem gesellschaftlichen Leben, die unfern Romanen und Novellen ähneln; außerdem eine ebenfalls vielhundertjährige, außer ordentlich vielgestaltige dramatische Produktion, mit Possen mit Intriguen und und Trauerspielen, Sittenstücken. Die Theatervorstellungen selbst haben freilich die alten primitiven Formen noch bis auf den heutigen Tag bewahrt. Der Schauspieler, erzählt Herr Martin, spielt in demselben Stüd nicht nur verschiedene Rollen, sondern auf offener Scene kündet er auch diesen Rollenwechsel an, indem er rasch vor den Augen des Publikums die Kleider wechselt; 3. B. so: Jetzt bin ich. Euer ergebenster Diener, der Kaiser." Die naive Phantasie nimmt daran keinen Anstoß.or
Die Ihrische Poesie, aus deren verschiedenen Epochen Herr Martin einige charakteristische Proben giebt, reicht weit in die vorhistorische Seit zurüd. Das älteste Denfmal, das wir besigen, ist eine Gedichtjammlung, welche Confucius, der große nationale chinesische Moralphilofoph( im 6. Jahrhundert v. Chr.), dessen Lehre noch heute als Confucius selbst verbindliche Autorität gilt, herausgegeben. war einer der menschenfreundlichsten und liebenswürdigsten weisen, die die Geschichte kennt. Der Ernst seiner Lehren, die in Spritchform vorgetragen sich überall auf die Erfenntnis des richtigen Handelns in dieser Welt beziehen, und alles Unerforschliche, Jenseitige ruhig bei Seite schieben, hat nichts Düsteres an sich. Er liebte die Schönheit und die Künste. Laß die Boefie, so lautet eines seiner Worte, den Anfang, die Sittenlehre, die Mitte, und die Mufit das Ende der Ausbildung sein. Diese Sammlung, die er herausgab, eines der fünf, lassischen" Bücher der Chinesen, enthält zum Teil uralte, viele Jahrhunderte hinter Confucius Lebenszeit zurüdliegenden Stücke. Es sind Boltslieder, Balladen, Helden- und Todtengesänge, frisch und warm empfunden. Die frische Natürlichkeit vieler der aufgenommenen Liebeslieder hat, obwohl der weise Confucius ausdrücklich erklärte, alles, was die Reinheit der Seele bedrohe, ausgeschieden zu haben, dennoch bei dem prüden Geschmack späterer Zeitalter Anstoß erregt. Charakteristisch ist bei diesen alten Gedichten, daß sie am Anfang oder am Ende jeder Strophe irgend einen stimmungsvollen Refrain, eine Art Auftakt haben, der zu dem eigentlichen Inhalt der Gedichte in feiner flar zu präcisierenden Beziehung steht.
Ein neue Blüte erlebte die lyrische Poefte unter der Dynastie von Han( 206 v. Chr. bis 221 n. Chr.), im sog. chinesischen Mittelalter. Es war das die Zeit einer starten, allgemeinen, geistigen ein von Martin aus dieser Periode mitgeteiltes Abschiedslied von Bewegung. Ganz im einfachen, rührenden Volksliedton gehalten ist Su Wu an seine Frau, das in China außerordentlich beliebt und in ähnlichen Formen immer von neuem nachgeahmt ist.
Von der Poelie der Chinesen. Herr Martin, Präsident der kaiserlichen Universität in Pefing, spricht im letzten Heft der Northamericain Rewiew" recht interessant von den poetischen Neigungen der Chinesen und teilt einige Proben aus ihrer lyrischen Litteratur mit. Der gebildete Chinese ist nach diesen ein gründlicher Kenner von Land und Leuten, von allen Erdenmenschen der eifrigste Verehrer der Dichtkunst. Macht er eine größere Reise, so wird er nicht verfehlen, seine Eindrücke in Versform der Welt mitzuteilen. der Welt mitzuteilen. An jedem Neujahrs- pin freundlich verborgenes Nest, tage malt er ein paar neue, seibst verfertigte Strophen an die Thürpfofte seines Hauses; und ebenso läßt er teinen Gastfreund
Doch mag der Leser, dem wir freilich nur eine gewiß nicht einwandsfreie Uebertragung bieten können, selbst urteilen: Zivei Vögel hatten wir hoch im Baum,
Auseinander reißt uns das Schicksal mun, Uns scheidend wie Ost und West