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sie traumverloren in weite Fernen hinausblickend, ergriff nun die sinkende Sonne freundlich strahlte, die Allmutter, die das Wort, während ein Schauer tiefen Mitleids ihre Gestalt Befruchtende, deren segensreiche Kraft die Menschen nun ein­durchbebte: gefangen und aufgespeichert hatten. Und unter ihren goldenen Ach, der letzte Krieg, die letzte Schlacht! Sie waren so Strahlen erglänzten die blanken Dächer des glorreichen Beau­entseglich, daß die Menschen hierauf für immer ihre Schwerter clair, des von emsiger Thätigkeit summenden Bienenkorbes, und Kanonen zerbrochen haben. Es war am Anfang der wo die verjüngte, neugeordnete Arbeit nur Glückliche schaffte socialen Krisen, aus denen die Welt neugestaltet hervor- durch die gerechte Verteilung der Güter dieser Welt. Und gegangen ist, und ich habe die Schilderung des Grauenhaften jenseits der Wälle des Monts Bleuses, jenseits der weiten von Leuten, die beinahe den Verstand verloren, als Ebene der Roumagne bildete sich die Vereinigung aller Völker fie Zeugen waren des ungeheuren legten Zusammen- zu einem einzigen Volke, zu einer brüderlichen Menschheit, stoßes der Nationen. In den gewaltigen Krämpfen, die endlich ihre Bestimmung der Wahrheit, der Gerechtigkeit die die Welt schüttelten, als die Gesellschaftsordnung und des Friedens erreicht hat.

Taboremus. ( Berliner Theater.)

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der Zukunft geboren wurde, warf sich eine Hälfte Mit einem letzten Blick umfaßte Lucas die Stadt, den Europas auf die andre, die andren Kontinente folgten, Horizont, die ganze Erde, wo die Umgestaltung, die er be­Kriegsflotten trafen sich auf allen Meeren und kämpften um gonnen, sich fortsette und vollendete. Das Werk war ge­die Oberherrschaft zu Wasser und zu Lande. Nicht eine Nation schaffen, die Stadt war erstanden. Und Lucas gab den Geist konnte abseits bleiben, eine wurde durch die andre hinein auf, kehrte zurück in den ewigen Strom der Liebe und des gezogen, zwei ungeheure Armeen marschierten auf, beide Lebens. glühend von ererbtem Haß, jede grimmig entschlossen, die andre zu vernichten, als ob auf dem weiten, öden Felde von je zwei Menschen einer zu viel gewesen. Und die beiden ungeheuren Armeen der feindlichen Brüder trafen sich im Centrum Europas auf einer weiten Ebene, wo Millionen Menschen sich erwürgen konnten. Auf Meilen und Meilen wegischen Bergen Felssprengungen vornehme, um urbares Land zu Von Björnson hörte ich einmal erzählen, daß er in den nor­entwickelten sich die Truppen, unabsehbar folgten andre als gewinnen. Er soll bei dieser Gelegenheit geäußert haben, daß es Verstärkung nach, zwei so gewaltige Menschenströme wälzten im Grunde Pflicht eines jeden Norwegers sei, dem Vaterland ein sich gegeneinander, daß die Schlacht einen ganzen Monat Stück urbares Land zu hinterlassen, das vorher felfiger Boden war. dauerte. Immer neue Menschenleiber boten sich jeden Tag Selbst wenn mich in Bezug auf diese Aeußerung mein Ge­den Kugeln und Granaten. Man nahm sich keine Zeit, die dächtnis trügen sollte, was ich keineswegs annehme, wäre Es steckt in diesem Toten fortzufchaffen, sie häuften sich zu hohen Wällen fie für Björnson sehr charakteristisch. auf, hinter welchen immer wieder wieder neue Regimenter Dichter sehr viel Sinn für das Praktische, das Positive, für frucht­bare Arbeit, greifbare Resultate. Er will mit seiner Kunst nicht nur aufmarschierten, um sich töten zu lassen. erschüttern, er will auch nügen. In vielen seiner Arbeiten steckt ein

Die Nacht

unterbrach den Kampf nicht, das Morden wurde im pädagogisches Element, das gelegentlich unverhüllter hervortritt, als Finstern fortgesetzt. So oft die Sonne anfging, einem künstlerisch lieb sein kann. Selbst im zweiten Teil schien sie auf bergrößerte Seen von Menschenblut, auf eine von lleber unsre Kraft" durchbricht es im letzten Aft grauenhafte Schlachtbank, wo die Leiber sich zu immer den gewaltigen Stoff und wirkt ernüchternd. Laboremus", höheren Haufen schichteten. Gewaltige Kriegsmaschinen hüben das legte Drama des alten Dichters, ist ganz von diesem und drüben verrichteten ihr furchtbares Werk, ganze Armeen pädagogischen Element beherrscht, wie es wahrscheinlich auch aus wurden mit einem einzigen Donnerschlage zerschmettert. Die pädagogischen Erwägungen entstanden ist. Der norwegische Volts­Kämpfenden brauchten einander nicht nahe zu kommen, sich erzieher Björnson hat an dieser Arbeit größeren Anteil als der nicht einmal zu fehen; die Kanonen trugen auf viele Kilo Dichter gleichen Namens, der uns im Grunde näher liegt. " Laboremus" feiert die stählende Kraft der Arbeit und fordert meter Entfernung und warfen Geschoffe, welche über so zur Arbeit auf. Ein Kritiker hat die zunächst verblüffende Hektare von Terrain niedermähend hinsausten. Auch aus Frage aufgeworfen, haus об denn in unsrer Zeit der raftlosen den Lüften wurden von Ballons herab Bomben geschleudert Arbeit eine folche Aufforderung auch am Blaze sei. Er meint, und Feuerbrände in die Städte geworfen. Die Wiffen- daß wir eher an einem Zuviel, als an einem Zuwenig der schaft hatte Sprengmittel, Zerstörungswerkzeuge erfunden, Arbeit leiden und daß für die große Mehrzahl der Menschen der die Tod und Verderben auf ungeheure Entfernungen sandten, Ruf am Blaze wäre: Laßt uns iveniger arbeiten!" Der Gedanken­die ein ganzes Volt verschlingen konnten wie in einem Erd- gang ist an sich ohne Zweifel richtig, nur daß er Björnsons Dichtung nicht trifft, sondern sie im Gegenteil rechtfertigt. Jenem Extrem der beben. Und welch mörderisches Gemezel am letzten Tage dieser Arbeit, mit dem der Kritiker sich beschäftigt, steht ja eben ein Extrem Riesenschlacht! Nie noch hatte ein solches Menschenopfer zum des arbeitslofen Genusses gegenüber. Das Zusammenwohnen beider Himmel emporgedampft. Mehr als eine Million Menschen Extreme ist ein Kennzeichen unsrer Zeit, soweit es nicht überhaupt lagen da auf den unermeßlichen Schlachtfelde, auf die Zeit selber ist. Der arbeitslose Genuß gehört zu diesen den Wiesen, auf den Aeckern und in den Flüssen. goldenen Tagen wie die genußlose übermäßige Arbeit und Man konnte stunden- und stundenlang gehen, und so ist der Ruf: Laßt uns arbeiten!" ebensowohl am Platz, wie der fah immer dichtere Ruf: Macht uns frei von den Ketten unsrer Arbeit!" Das Haufen erschlagener Soldaten liegen, aus deren verglasten Augen und offenem, blut- Motiv der Weber" ist im besten Sinne aktuell, das Motiv von starrte... Das war die letzte Schlacht. Schaudern und leider zugleich die Schwächen der Dichtung. Soll das Motiv Be­Entsetzen machten allen das Leben in den Adern gefrieren am Morgen nach diesem grauenhaften Blutrausch; und die Menschen fahen, daß der Krieg fortan unmöglich war, an gesichts der Allmacht der Wissenschaft, die dazu bestimmt war, das Leben zu fördern und nicht den Tod."

bedecktem Munde der menschliche Wahnwit gen Himmetaboremus" iſt es auch. Rechtfertigt diese Betrachtung nun das Motiv, so enthüllt sie

Suzanne verfiel wieder in Schweigen, und ihre klaren Augen schienen in den Frieden der Zukunft hineinzuschauen. Und mit einer Stimme, so schwach wie ein Hauch, sagte Lucas noch:

deutung haben, so muß es auch den Hintergrund der Zeit erhalten, der es erst verständlich macht. Die Weber", in denen die Sklaven der Arbeit an ihren Ketten reißen, haben diesen Hintergrund; " Laboremus" hat ihn nicht. Wäre die Aufforderung des Dichters als ein düsterer Schatten durch die lichterfüllten Säle eines ver­weichlichten frivolen Geschlechts geglitten das Drama hätte eine Größe haben können, die ganz Björnsons würdig gewesen wäre. So aber bleibt die Arbeit in einem Einzelfall steden, der vielleicht für eine Novelle gereicht hätte, nicht aber für ein Drama. Dem Worte Laboremus" fehlt die tragische Wucht.

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Ja, der Krieg ist tot, die letzte Etappe ist erreicht, am Es kommt noch dazu, daß Björnsons Einzelfall nicht sonderlich Der Gutsbesitzer Wisby hat eine kränkliche Biele des langen, beschwerlichen, mühseligen Weges sinken die überzeugend wirft. Menschen einander in die Arme und geben sich den Bruder Frau. Da die totbringende Krankheit zugleich ansteckend ist, muß die Tochter aus dem Hause geschafft werden. Einer der Aerzte fuß. Mein Tagewerk ist vollbracht, nun fann ich schlafen." tommt auf den Gedanken, daß möglicherweise Musik auf die Kranke Er sprach nicht mehr. Süß und erhaben war diese legte wohlthätig einivirken könnte, und so bemüht man sich durch ein Minute. Jofine, Soeurette und Suzanne regten sich nicht, Konzertbureau um eine gute Pianistin. Lange findet man teine- harrten ohne Traurigkeit, mit inbrünstiger, weihevoller Liebe die Strankheit ist ja totbringend und ansteckend, aber schließlich dem Kommenden entgegen. Das Zimmer war erfüllt von meldet sich eine Künstlerin, die sogar auf ihrem Zustrument eine Wie kam sie dazu? Es ist im Grunde Blumenduft und Sonnenlicht. Drunten spielte die fröhliche große Künstlerin ist,

Schar der Kinder, und durchs Fenster drangen die Schreie doch unwahrscheinlich, daß eine berühmte Pianistin, die zudem durch ihre sinnlichen Reize die halbe Männerwelt zu der Kleinen, das Lachen der Großen herein, der Frohsinn der Narren, Schurken oder Selbstmördern macht- daß eine so begehrte Jugend, welche die Zukunft in sich barg, mit ihren immer Dame in ein Krankenzimmer geht, um einer todgeweihten Frau schöneren Freuden, ihrem immer größeren Glücke. Und etwas vorzuspielen und sich daneben einer ansteckenden Krankheit draußen spannte sich der unermeßliche blaue Himmel, an dem auszusetzen. Den Zug von Askese habe in an Frauen dieses Genres